In den folgenden Kapiteln wird, nach einer vorangegangen Begriffsdefinition, analysiert und anschaulich dargestellt, wie die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten des Mittelalters ihre Freizeit genutzt haben. Zur Vereinfachung wurde unterteilt in den Stand der Bauern, der Stadtbewohner und der Adeligen.
In Deutschland haben die Einwohner im Schnitt an 2537 Stunden, das sind 29 Prozent der Jahreszeit, frei, doch von Erholung und „Nichtstun“ ist bei den meisten kaum die Rede. Vielmehr haben die Menschen heutzutage den Drang dazu, mehrere Aktivitäten auf einmal durchzuführen, aus Angst etwas zu verpassen. Im Schnitt werden pro Woche 23 verschiedene Aktivitäten ausgeübt, vor 20 Jahren hingegen waren es noch zwölf. Dies zum Teil gleichzeitig, oder aber jeweils kürzer. Kann man dieses Verhalten wirklich „Leben“ nennen, wie im vorangehenden Sprichwort erwähnt, oder ist unsere Existenz darauf ausgelegt, möglichst viel mit ins Grab zu nehmen?
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2.Allgemeine Definition der Freizeit
3.Freizeitverhalten der Menschen im Mittelalter
4. Fazit
5. Quellen
1. Einleitung
„Der Unterschied zwischen existieren und leben liegt im Gebrauch der Freizeit.“1, so ein bekanntes Sprichwort aus den USA. Anhand dieses Zitates lässt sich die Bedeutung erahnen, die Freizeit für eine Gesellschaft hat. In Deutschland haben die Einwohner im Schnitt an 2537 Stunden, das sind 29 Prozent der Jahreszeit, frei, doch von Erholung und „Nichtstun“ ist bei den meisten kaum die Rede. Vielmehr haben die Menschen heutzutage den Drang dazu, mehrere Aktivitäten auf einmal durchzuführen, aus Angst etwas zu verpassen. Im Schnitt werden pro Woche 23 verschiedene Aktivitäten ausgeübt, vor 20 Jahren hingegen waren es noch zwölf. Dies zum Teil gleichzeitig, oder aber jeweils kürzer.2 Kann man dieses Verhalten wirklich „Leben“ nennen, wie im vorangehenden Sprichwort erwähnt, oder ist unsere Existenz darauf ausgelegt, möglichst viel mit ins Grab zu nehmen? Diese Pessimistische Ansichtsweise in Bezug auf die Freizeit, wird in ein neues Licht gerückt, wenn man betrachtet, wie die Menschen im Mittelalter ihre übrig gebliebene Zeit genutzt haben. In den folgenden Kapiteln wird, nach einer vorangegangen Begriffsdefinition, analysiert und anschaulich dargestellt, wie die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten des Mittelalters ihre Freizeit genutzt haben. Zur Vereinfachung wurde unterteilt in den Stand der Bauern, der Stadtbewohner und der Adeligen. Die Kirche wurde bewusst außen vor gelassen, da diese meist jegliche Aktivitäten kritisch sahen und ihr oft die Rolle des Spaßverderbers zukam.
2.Allgemeine Definition der Freizeit
2.1: Der Freizeitbegriff
Der Duden definiert Freizeit heute als „Zeit, in der jemand nicht zu arbeiten braucht, keine besonderen Verpflichtungen hat; für Hobbys oder Erholung frei verfügbare Zeit“.3
Die Ursprünge des Wortes liegen um das Jahr 1350 n.Chr, wo es erstmals in der deutschsprachigen Literatur auftaucht. Ihm kam aber nicht dieselbe Bedeutung zu wie heutzutage, der mittelalterliche Begriff „frey zeyt“ hatte vielmehr die Bedeutung „Marktfriedenszeit“. Die „frey zeyt“ gewährte den reisenden Marktleuten und Kunden sicheres Geleit und garantierte allen Marktbesuchern Sicherheit gegen Gewalt und Störungen aller Art. Somit lässt sich dem Ausdruck „frey zeyt“ die Bedeutung Friedenszeit sowie auch Freiheitszeit zuschreiben.4
Die ursprüngliche Bedeutung hat also wenig mit unserer heutigen Definition, der Freizeit als Arbeitsruhe, zu tun. Erst mit dem Entstehen der Industriegesellschaft, als sich Arbeit und Privatleben zunehmend voneinander trennten, stellte sich die Frage nach der Freizeit in unserer heutigen Sichtweise.5
2.2: Funktion der Freizeit
Die wichtigste Funktion der Freizeit stellt wohl die Erholung dar. Sie ist essentiell für die Regeneration der Psyche sowie der körperlichen Gesundheit. Lange war sie auch die einzige Funktion der Freizeit, vor allem in der Zeit der Industrialisierung,6 als die Wochenarbeitszeit in der Regel noch 72 Stunden betrug und von Montag bis einschließlich Samstag gearbeitet wurde.7
Eine andere Funktionsweise der Freizeit ist die Befreiung aus den Zwängen des Arbeitslebens. Die bereits angesprochenen psychischen Belastungen, die vor allem in der Monotonie des Arbeitsprozesses liegen, würden „den Menschen auf die Dauer […] hoffnungslos ausliefern. wenn er nicht immer wieder von seinen einseitigen Belastungen befreit würde“, so Erich Weber.8
Weiter schreibt er, dass die Freizeit eine „emanzipatorische“ Aufgabe in diesem Bereich hat, da sie dem Menschen Zeit gibt, „sich wieder seiner selbst bewusst zu werden.“ [7]
Die Vernachlässigung vieler Lebensbereiche während der Arbeit lässt auf die dritte Funktion schließen, die Ausgleichsfunktion. Sie ist dazu da, um Abwechslung in das Leben zu bringen, durch Zeit mit der Familie, Sport und Spiel, Reisen und Hobbies sowie Geselligkeit. Moderner gedacht könnte man diese Liste durch Medienkonsum aller Art erweitern.9
Man kann also sagen, dass Freizeit in diesem Fall dazu dient, vermeintlich Verpasstes nachzuholen. Vervollständigt wird diese Funktionsreihe durch die wirtschaftlich relevanteste Funktion, die des Konsums. In der modernen Gesellschaft stellt sie den zentralen Wert dar. Viele Arbeiter „scheinen die Belastungen der Arbeitswelt nur als Voraussetzungen dafür zu ertragen, dass sie sich in der Freizeit etwas leisten können“, so erneut Erich Weber.10
Man kann also sagen, dass die Konsumchancen die Arbeitsanstrengung kompensieren. Bei einem Blick in die Haushaltsfinanzen stellt man fest, dass die privaten Konsumausgaben der Haushalte im Jahr 2018 bei durchschnittlich 2704 € im Monat liegen11.Die Lebenserhaltungskosten, also die Kosten die für ein Überleben unabdingbar sind, liegen allerdings nur bei 790 € pro Monat für einen Ein-Personen Haushalt, bei jeder weiteren Person im Haushalt kann man mit rund 200 € mehr rechnen.12 Daraus ergibt sich, dass rund 70% der privaten Konsumausgaben des Durchschnittsdeutschen Ausgaben sind, die er in seiner Freizeit tätigt.
2.3: Der Freizeitbegriff im Mittelalter
Wie bereits erwähnt steht der mittelalterliche Ausdruck „frey zeyt“ für die Marktfriedenszeit, er bildet die Grundlage für unseren heutigen Begriff der „Freizeit“ und hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Dadurch, dass sich der Begriff erst um das Jahr 1350 in der deutschen Literatur etabliert hat, lässt sich erahnen, welche Rolle die Freizeit für die frühe mittelalterliche Gesellschaft darstellte. [3] Dieses Phänomen lässt sich damit erklären, dass die Arbeit fest in den übrigen Lebensablauf integriert war. Sowohl räumlich als auch gedanklich bildete die Arbeit die Grundlage des Alltags, für Freizeit war schlicht kaum Zeit. Wie und ob die Menschen im Mittelalter überhaupt „frey zeyt“ hatten, wird im folgenden Kapitel analysiert. [4]
3.Freizeitverhalten der Menschen im Mittelalter
3.1 Freizeitverhalten der Kinder
Zunächst einmal muss man, wenn man über „die Kinder“ spricht, sich Bewusstwerden, dass natürlich die Kinder der unterschiedlichen Stände auch verschiedenes Freizeitverhalten auf-wiesen. Außerdem muss man wissen, dass die Kindheit, laut mittelalterlicher Lehre, in drei Phasen geteilt war. Die erste Phase, die „infantia“, begann mit der Geburt und endete circa mit dem siebten Lebensjahr. Ausschlaggebend für den Übergang in die zweite Phase, die „pueritia“, waren die erworbene Sprachfähigkeit und die Fähigkeit eigene Entscheidungen zu fällen. Die „pueritia“ war geprägt von Bildung und Erziehung sowie Arbeit und bei den Mädchen ca. mit dem 12. Lebensjahr, bei den Jungen hingegen mit dem 14. Lebensjahr, beendet. Den Übergang in die „adolescentia“, die dritte Phase, markierte die Eigenschaft selbstständig zu arbeiten sowie Verantwortung zu übernehmen. Wann ein Jugendlicher dann als Erwachsen galt, lässt sich nicht abschließend sagen, da es keine einheitliche Vorstellung von Volljährigkeit gab.13
3.1.1 Die Adelskinder
Diejenigen Kinder, die das Glück hatten in eine Adelsfamilie geboren zu werden, genossen meist die einfachste Kindheit, vor allem im Blick auf die „infantia“. Diese Kinder wurden nach der Geburt von zahlreichen Frauen versorgt, gepflegt und gestärkt. Die wenigsten Adelskinder mussten Hunger Leiden und Angst um ihr Leben haben, da die (medizinische) Versorgung deutlich besser war als auf dem Land. Spielzeuge waren im Mittelalter generell Mangelware, obwohl es für die adeligen Kinder noch am einfachsten war an Spielgeräte zu gelangen. Die Jungs spielten meist mit Holzfiguren- und Waffen, die Mädchen hingegen mit Puppen. Allgemein waren auch Spiele wie Verstecken, diverse Ballspiele oder Fangen beliebt und auch das Steckenpferd war weit verbreitet. Verpflichtungen hatten die Adelskinder hingegen in ihren ersten Jahren kaum, so dass sie viel Freizeit hatten und ihren kindlichen Bedürfnissen nachgehen konnten. Mit dem Erreichen der „pueritia“ hingegen, wurde die Freizeit immer weniger und die Verpflichtungen und Regeln wuchsen.14
Die Mädchen wurden in einer Adelsfamilie den Jungen generell untergeordnet, was dazu führte, dass ihre Erziehung und Ausbildung sekundär war. Mit dem Erreichen der „pueritia“ wurden die adeligen Mädchen, je nach Entscheidung der Eltern, weitergebildet. Die Mädchen wurden in den seltensten Fällen an andere Höfe oder in Klöster geschickt, denn meist wurden sie am eigenen Hof von Hauslehrern so unterrichtet, dass sie zumindest Grundkenntnisse in Lesen und Schreiben sowie Latein hatten. Ihre Erziehung und Ausbildung verfolgte stets das Ziel, sie zu guten Ehefrauen zu machen. Nicht selten wurden die jungen Mädchen schon im Alter von 12 Jahren verheiratet und führten dann ein Leben als gefügige Ehefrau. Ihre erworbenen Kenntnisse in Lesen und Schreiben dienten lediglich dazu, den Hof bei einem Ableben des Ehemannes weiterführen zu können.15
[...]
1 https://www.gutzitiert.de/zitat_autor_sprichwort_thema_freizeit_zitat_8294.html (09.09.2020)
2 https://www.wz.de/panorama/so-verbringen-die-deutschen-ihre-freizeit_aid-32893495 (5.11.2020)
3 https://www.duden.de/rechtschreibung/Freizeit (09.09.2020)
4 vgl. Opaschowik, Horst W.: Pädagogik der Freizeit. Bad Heilbrunn 1976, S.18, in Pribyl, Herbert: Freizeit und Sonntagsruhe. Biblos-Verlag und Echter-Verlag. Wien, Würzburg, Tarnów, 2005. S.13.
5 vgl. Golomb, Egon: Die Freizeit, S.398, in: Arnold, Franz Xaver (u.a. Hg.): Handbuch der Pastoraltheologie. Bd.4. Freiburg/Breisgau 1969, S.397-411, in Pribyl, Herbert, S.13.
6 vgl. Nahrstedt, Wolfgang: Die Entstehung der Freizeit. Göttingen 1972, S. 126-128, in Pribyl, Herbert, S.67f
7 vgl. Auer, Alfons: Ethos der Freizeit. Düsseldorf 1972, S.12-25, in Pribyl, Herbert, S.67
8 Weber, Erich: Das Freizeitproblem. München 1963, S. 171, in Pribyl, Herbert, S.68
9 vgl. Hanhart, Dieter: Arbeiter in der Freizeit. Bern 1964, S.107-156, in Pribyl, Herbert: Freizeit und Sonntagsruhe, S.69
10 Weber, Erich, S. 171f, in Pribyl, Herbert , S.70
11 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164774/umfrage/konsumausgaben-private-haushalte/ (14.09.2020)
12 https://www.pt-magazin.de/de/gesellschaft/deutschland/lebenshaltungskosten-in-deutschland_k1q3zo0h.html (14.09.2020)
13 vgl. Shahar, Shuluamith: Kindheit im Mittelalter. 4. Aufl., Düsseldorf 2004. S.29-37, in Damrath, Marc: Die adelige Kindheit im Mittelalter. Strenge und Härte oder Spiel und Spaß. GRIN Verlag 2015. S.7ff
14 vgl. Arnold, Klaus: Kind und Gesellschaft in Mittelalter und Renaissance. Beiträge und Texte zur Geschichte der Kindheit (Schriften zur Entwicklung und Erziehung im Kleinkind- und Vorschulalter, Reihe B, 2), Paderborn u. München 1980. S.113ff, und Fouquet, Gerhard/Mayer, Ulrich (Hg.): Alteuropa 800-1800 (Lebenswelten. Quellen zur Geschichte der Menschen in ihrer Zeit 2), 1.Auflage, Stuttgart 2001. S.68ff und 145, in Damrath, Marc, S.10f
15 vgl. Rösener, Werner: Leben am Hof. Königs- und Fürstenhofe im Mittelalter. Ostfildern 2008. S.166. und Shahar, Shulamith, S.251ff, in Damrath, Marc, S.17.
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