Frühkindlicher Autismus. Symptomatik und Intervention anhand eines Fallbeispiels


Hausarbeit, 2020

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Frühkindlicher Autismus - Symptomatik, Verlauf und Komorbidität
2.1 Sozialelnteraktion
2.2 Verbale und nonverbale Kommunikation
2.3 Verhalten, Interessen und Fähigkeiten
2.4 Verlauf
2.5 Komorbidität

3. Falldarstellung
3.1 Fallbeispiel
3.2 Normgerechter Entwicklungsverlauf.
3.3 Abweichungen vom normgerechten Entwicklungsverlauf im Fallbeispiel
3.3.1 Defizite
3.3.2 Stärken

4. Förder- und Interventionsstrategie
4.1 Zielsetzung
4.2 Umsetzung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der frühkindliche Autismus gehört, wie auch das bekanntere Asperger-Syndrom, zum sogenannten Autismus-Spektrum. Diese werden unter dem Begriff „Autismus-Spek­trum-Syndrom“, kurz ASS, zusammengefasst. Bei ihnen handelt es sich um tiefgreifen­de Entwicklungsstörungen. Zu ihren Charakteristika zählen unter anderem Probleme im Bereich der verbalen und nonverbalen Kommunikation, sowie der sozialen Interaktion. Hinzu kommen stereotype, repetitive Verhaltensmuster und zwanghafte Routinen im Alltag. Studien zufolge, die bis zum Jahre 2000 durchgeführt wurden, litten ca. 7 von 10.000 Kindern an frühkindlichem Autismus und rund 20 von 10.000 Kindern an ASS. Die Tendenz ist seither gestiegen. Studien, die nach dem Jahr 2000 durchgeführt wur­den, deuten daraufhin, dass 17 von 10.000 Kinder an frühkindlichem Autismus und 62 von 10.000 an ASS leiden (Warnke & Taurines, 2015, S. 1).

Wie könnte nun also ein geeignetes Förder- oder Interventionskonzept aussehen, um ein Kind, beispielsweise mit frühkindlichem Autismus, zu therapieren? Um diese Frage zu beantworten, wird in dieser Hausarbeit zunächst der frühkindliche Autismus, zusam­men mit seinen Symptomen, näher betrachtet und dargelegt. Daraufhin wird sich diese Hausarbeit einem Fallbeispiel widmen, mit dessen Hilfe der normgerechte Entwick­lungsverlauf und der Verlauf bei einem Kind mit frühkindlichem Autismus einander ge­genübergestellt werden. Danach wird in dieser Hausarbeit eine geeignete Interventions­maßnahme erarbeitet.

2. Frühkindlicher Autismus - Symptomatik, Verlauf und Komorbidität

Der frühkindliche Autismus ist normalerweise angeboren, jedoch kann er sich noch bis zum 30. Lebensmonat entwickeln. Die Symptome des frühkindlichen Autismus bilden sich zumeist in den ersten fünf Lebensjahren des Kindes aus. Die Diagnose erfolgt sel­ten vor dem vierten Lebensjahr. Die Symptome, die sich hierbei entwickeln, ähneln in weiten Teilen denen des Asperger-Syndroms und des atypischen Autismus. Kinder, die an frühkindlichem Autismus leiden, haben Probleme in der sozialen Interaktion und der Kommunikation. Zudem entwickeln sie stereotype, repetitive Verhaltensmuster und bil­den in manchen Fällen eingeschränkte Spezialinteressen aus (Warnke & Taurines, 2015, S.5). Die im Folgenden weiter ausgeführten Symptome sind nicht zwingend bei jedem Kind, welches an frühkindlichem Autismus leidet, vorzufinden.

2.1 Soziale Interaktion

Kinder, die an frühkindlichem Autismus leiden, weisen oftmals Probleme bei der Steue­rung nonverbalen Verhaltens auf, wenn sie damit eine soziale Interaktion steuern sollen. Dies drückt sich darin aus, dass betroffene Kinder meist den Blickkontakt gezielt ver­meiden und erst sehr spät oder gar kein soziales Lächeln entwickeln. Außerdem haben sich bei ihnen keine differenzierten Gesichtsausdrücke für bestimmte Gefühlslagen ent­wickelt. Zudem scheint die Fähigkeit Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen gestört oder nicht vorhanden zu sein. Das Interesse an anderen Menschen scheint zu fehlen. Oft sind betroffene Kinder Einzelgänger, die keine Freundschaften schließen, weil sie kein Interesse am Spiel mit Gleichaltrigen zeigen und auf soziale Interaktionen eher abwehrend reagieren. Stattdessen kommt es vor, dass Kinder mit frühkindlichem Autismus ihre Mitmenschen wie Werkzeuge benutzen. Das Interesse an anderen Men­schen scheint also nur vorhanden zu sein, wenn sich ihnen dadurch eine Möglichkeit bietet ihre eigenen Ziele verfolgen zu können. Sie sind oftmals nicht in der Lage Freude, Leid oder Aufmerksamkeit mit ihren Mitmenschen zu teilen und wechselseitiges Mitge­fühl zu empfinden (Warnke & Taurines, 2015, S. 5).

2.2 Verbale und nonverbale Kommunikation

Im Bereich der verbalen Kommunikation ist festzustellen, dass ungefähr die Hälfte aller Kinder, die an frühkindlichem Autismus leiden, keine Sprache erlernen. Diese sprachli­chen Defizite sind auch nicht durch Mimik oder Gestik kompensierbar, da die Kinder Probleme mit Imitation, Fantasiespielen und Symbolspielen haben und diese daher nicht durchführbar sind. Bei den Kindern, die eine Sprache erlernen, sind oftmals Besonder­heiten im Sprachgebrauch, wie zum Beispiel stereotype Wort- und Satzfolgen, Neolo­gismen, pronominale Umkehr und Echolalie zu beobachten. Außerdem verwenden sie die Sprache vornehmlich monologisch und nicht dialogisch. Die Intonation und der Sprachrhythmus können ebenfalls gestört sein (Warnke & Taurines, 2015, S. 5).

2.3 Verhalten, Interessen und Fähigkeiten

Bezüglich des Verhaltens betroffener Kinder ist festzuhalten, dass sie, wie es bei vielen Kindern mit ASS der Fall ist, zu stereotypem, repetitivem Verhalten neigen. Sie bilden je nach Ausprägung des ASS stark eingeschränkte Spezialinteressen aus und können ein großes Interesse an Geruch, Geschmack oder Geräusch von Objekten oder Lebewesen entwickeln (Wamke & Taurines, 2015, S. 5). Die Intelligenz ist bei ca. 50% der Betrof­fenen aufgrund einer geistigen Behinderung unterdurchschnittlich (Bölte, 2010, S. 211).

2.4 Verlauf

Im frühkindlichen Alter fällt den betroffenen Kindern meist das Erreichen der ersten Meilensteine, beispielsweise die ersten Schritte und die ersten Worte, schwer. Zudem fallen die stereotypen Verhaltensweisen und besondere sensorische Reaktionen auf. Die Symptomatik des frühkindlichen Autismus verändert sich mit dem voranschreitenden Alter der Kinder. Die Kinder können durchaus ein soziales Interesse entwickeln, bleiben dabei jedoch vornehmlich passiv. Die Prognose für ca. 75% der Betroffenen deutet dar­aufhin, dass sie Zeit ihres Lebens auf externe Hilfe angewiesen sein werden. Nur ca. 1­2% der Betroffenen lebt im Erwachsenenalter unauffällig. Die Wenigsten sind in ihrem Alltag selbstständig und führen eine Partnerschaft (Wamke & Taurines, 2015, S. 9).

2.5 Komorbidität

Bei frühkindlichem Autismus sind 65-88% der Betroffenen geistig behindert. Die Kin­der leiden zudem oft unter Angstzuständen, haben Phobien, Ess- und Schlafstörungen. Zudem weisen sie oft eine Hypermotorik auf. Hinzu kommen aggressive, sowie autoag­gressive Verhaltensweisen, die oft der Grund dafür sind, dass die Kinder außerhalb der Familie betreut werden müssen. Außerdem leiden betroffene Kinder in manchen Fällen zusätzlich an Gefahrenblindheit, Enuresis, also chronischem Einnässen, Enkopresis, chronischem Einkoten und Pica, dem Verzehren von Dingen, die nicht für die Nah­rungsaufnahme bestimmt oder geeignet sind. Diese zusätzlichen Krankheiten, sowie ag­gressives oder autoaggressives Verhalten machen eine fortwährende Beobachtung und Pflege in manchen Fällen unabdingbar. Zudem leiden ca. 30-40% der Betroffenen bis zu ihrem 30. Lebensjahr unter epileptischen Anfällen (Warnke & Taurines, 2015, S. 10).

3. Falldarstellung

3.1 Fallbeispiel

Lukas ist ein Junge, der mit 4 Jahren in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgestellt wurde. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos und sein nachgeburtli­cher Zustand wich nicht von der Norm ab. Auch nach der Geburt gab es kaum Auffällig­keiten. Erwähnenswert istjedoch, dass er nicht gestillt werden konnte und daher mit der Flasche gefüttert werden musste. Auch die Umstellung von flüssiger auf breiige bzw. feste Nahrung verlief schleppend. Zudem schlief er als Säugling viel und reagierte kaum auf Außenreize (Kamp-Becker & Bölte, 2011, S. 8-9).

Die frühkindliche Phase verlief sehr auffällig. Die motorische Entwicklung war be­einträchtigt, so dass Lukas erst spät begann zu sitzen. Auch das Krabbeln hatte nicht eingesetzt. Hieraus resultierend erhielt Lukas ab dem Alter von 9 Monaten eine kran­kengymnastische Behandlung. Das Laufen begann mit 20 Monaten. Jedoch war Lukas auch in seiner Sprachentwicklung beeinträchtigt. Die Sprachfähigkeit setzte verzögert ein und ein Brabbeln konnte nicht beobachtet werden. Die fehlende Sprachentwicklung versuchte er nicht mit Hilfe von Mimik oder Gestik zu kompensieren. Stattdessen nutzte er ab einem gewissen Zeitpunkt ausschließlich Silben, die er in einem melodischen Singsang äußerte. Auch zum Zeitpunkt seiner Vorstellung konnte er noch keine sinnvol­len Sätze formulieren, zudem war seine Sauberkeitsentwicklung noch nicht abgeschlos­sen (Kamp-Becker & Bölte, 2011, S. 8-9).

Deutlich zu erkennen war außerdem, dass Lukas keinen Kontakt zu anderen Men­schen suchte, auch nicht zu seiner Mutter. Er hatte Probleme damit, Blickkontakt herzu­stellen und aufrechtzuerhalten. Auch war kein Bedürfnis eine Beziehung zu seiner Mut­ter aufzubauen erkennbar. Sein Spielverhalten folgte stereotypem, repetitiven Mustern. So versuchte er alle Gegenstände und Spielzeuge zum Drehen oder Kreiseln zu bringen. Am Spielen oder am generellen Kontakt mit anderen Kindern zeigte er keinerlei Interes­se. Er baute ein zunehmendes Interesse an sich drehenden Gegenständen auf und lernte erst mit circa 3 Jahren, dass die Gegenstände auch andere Funktionen haben (Kamp-Be­cker &Bölte, 2011,S. 8-9).

Akustische Reize wurden von Lukas unterschiedlich wahrgenommen. Auf seinen laut gerufenen Namen beispielsweise reagierte er nicht, während er auf leise gesprochene Sätze durchaus eine Reaktion zeigte. Körperkontakt mied Lukas vorzugsweise, es sei denn er ging von ihm selbst aus. Zudem war eine Schmerzunempfmdlichkeit erkennbar, die sich darin äußert, dass er eine Verletzung als solche nicht erkannte und daher auch kein Bedürfnis zeigte getröstet werden zu müssen. Er hatte eine sehr geringe Aufmerk­samkeitsspanne und konnte sich nicht lange auf eine Sache konzentrieren. Auch eine motorische Unruhe wird im Fallbeispiel beschrieben (Kamp-Becker & Bölte, 2011, S. 8-9).

3.2 Normgerechter Entwicklungsverlauf

Bezüglich der auditorischen und visuellen Wahrnehmung von Kindern ohne ASS, er­klärt Christine M. Freitag, dass das Wahrnehmen und Unterscheiden von bekannten, so­wie unbekannten Stimmen bereits ab der 3. Schwangerschaftswoche beginnt. Schon im Säuglingsalter entwickelt sich das Erkennen von sich wiederholenden externen Stimuli. Die Säuglinge können Rhythmus, Richtung und verschiedene Tonhöhen wahmehmen, was die Basis für das spätere Sprachverständnis darstellt. Im Alter von 8-10 Monaten spezialisieren sich die Säuglinge auf die Muttersprache. Zudem entwickelt sich die Fä­higkeit sprachliche Laute von Hintergrundgeräuschen zu trennen. Auf die Entwicklung dieser Fähigkeiten folgt ab dem 2. Lebensjahr das Sprachverständnis mit der Ausbil­dung des Wortschatzes und der anschließenden expressiven Sprache (Teufel et al., 2017, S. 10).

Auch die visuelle Wahrnehmung ist laut Freitag schon im Säuglingsalter weit entwi­ckelt. Am Ende des ersten Lebensjahres hat die visuelle Wahrnehmung, durch die Ent­wicklung zahlreicher Bereiche, das Niveau eines erwachsenen Menschen erreicht, was das dreidimensionale Wahmehmen und eine grundlegende Orientierung ermöglicht. Laut Freitag wird angenommen, dass sich die Objekt- und Mustererkennung zunächst getrennt von der Bewegungs- und räumlichen Wahrnehmung entwickelt und diese sich dann im weiteren Verlauf integrieren. Die Entwicklung der visuellen Wahrnehmung ist die Grundlage für die motorische Exploration und die Visuomotorik, die wiederum für die Ausbildung weiterer Lernprozesse, wie dem Lernen durch Imitation, von entschei­dender Wichtigkeit sind (Teufel et al., 2017, S.10).

Bezogen auf die Motorik und das damit zusammenhängende Explorationsverhalten zeigen Säuglinge in den ersten sechs Monaten eine Entwicklung der Hand-Mund-Koor­dination. Ab dem 6. Lebensmonat findet eine Kombination aus visueller, auditorischer und olfaktorischer Exploration statt. Das grundlegende Greifen entwickelt sich über motorische und visuelle Lernprozesse bis ins Vorschulater in gezielte und effektive Bewegungusmuster.

[...]

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Details

Titel
Frühkindlicher Autismus. Symptomatik und Intervention anhand eines Fallbeispiels
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Pädagogische Psychologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
23
Katalognummer
V1169249
ISBN (eBook)
9783346579720
ISBN (Buch)
9783346579737
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frühkindlicher Autismus, Autismus, Intevention, Symptomatik, Fallbeispiel, Pädagogische Psychologie, Pädagogik, Psychologie
Arbeit zitieren
M.Ed. Timmy Paul (Autor:in), 2020, Frühkindlicher Autismus. Symptomatik und Intervention anhand eines Fallbeispiels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169249

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