Gerard Hendrik (Geert) Hofstede ist ein niederländischer Sozialpsychologe und ehemaliger IBM Management-Trainer. Während seiner Zeit bei der amerikanischen Computerfirma IBM führte er eine empirische Mitarbeiteruntersuchung durch, bei der 116.000 Mitarbeiter in insgesamt 93 Ländern befragt wurden. Die Umfrage beinhaltet mehr als über 100 Fragen, die das Verhalten von Menschen in großen Organisationen analysieren sollen und wie diese miteinander kollaborieren. Interessant dabei ist es, dass die Untersuchung sich dabei ausschließlich auf die normative Ebene und nicht auf das tatsächlich praktizierte Handeln der Mitarbeiter und Führungskräfte bezieht.
Inhaltsverzeichnis
Geert Hofstede
IBM Studie
Machtdistanz (PDI)
Unsicherheitsvermeidung (UAI)
Individualismus vs. Kollektivismus (IDV)
Maskulinität vs. Femininität (MAS)
Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung (LTO)
Nachgiebigkeit vs. Beherrschung (IVR)
Kritik
Literaturverzeichnis
Buchquellen
Internetquellen
Geert Hofstede
Gerard Hendrik (Geert) Hofstede ist ein niederländischer Sozialpsychologe und ehemaliger IBM Management- Trainer. Er ist Professor der organisationalen Anthropologie und des internationalen Managements an der Universität Maastricht. Er erlangte seinen M. Sc. in Maschinentechnik im Jahr 1953 und machte seinen PhD in Sozialpsychologie. Er trat IBM international als Management- Trainer und Manager der Personalforschung 1965 bei und gründete dort die Personalforschungsabteilung. Des weiteren lehrte er von 1971-1973 am International Institut für Managemententwicklung (IMEDE) und wurde 1980 Mitbegründer und Direktor des Internationalen Instituts für Erforschung von interkulturellen Kooperationen. Schließlich wurde er 2011 zum Ritter des „Ordens der niederländischen Löwen“ geschlagen.1
IBM Studie
Während seiner Zeit bei der amerikanischen Computerfirma IBM führte er eine empirische Mitarbeiteruntersuchung durch, bei der 116.000 Mitarbeiter in insgesamt 93 Ländern befragt wurden. Der Fragebogen wurde in 20 Sprachen übersetzt.2 Die Umfrage beinhaltet mehr als über 100 Fragen, die das Verhalten von Menschen in großen Organisationen analysieren sollen und wie diese miteinander kollaborieren. Interessant dabei ist es, dass die Untersuchung sich dabei ausschließlich auf die normative Ebene und nicht auf das tatsächlich praktizierte Handeln der Mitarbeiter und Führungskräfte bezieht. „Die Fragen wurden so formuliert, dass die interviewten Personen angeben sollten, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten, was sie von einer Führungskraft erwarten und wie sie ihren Arbeitsstil selbst einschätzen würden.“3
Seine Schlüsse publizierte er 1980 in seinem Buch „Culture’s consequences: differences in work related values“; hierbei versucht wird die Basis der Kulturen zu identifizieren und diese in unterschiedliche Dimensionen zu gliedern. Zunächst in vier, welche in Folgestudien um zwei weitere Dimensionen erweitert wurden.4
Machtdistanz (PDI)
Innerhalb der sogenannten „Machtdistanz“ wird die Verteilung der Macht im Unternehmen untersucht. „Machtdistanz spiegelt das Spektrum der möglichen Antworten wider, die in den verschiedenen Ländern auf die grundsätzliche Frage, wie man mit der Tatsache umgehen soll, dass die Menschen ungleich sind, gegeben wurden.“5 Gesellschaften mit einer hohen Machtdistanz nehmen ihren Vorgesetzten als „Vaterfigur“ wahr - gegenüber ihm werden Widersprüche nur sehr selten geäußert. Eine hierarchische Kultur lässt sich stark erkennen. Am anderen Pol herrscht eine Interdependenz zwischen der Führungsposition und dem Mitarbeiter. Kritik und Anregungen können hier, aufgrund der flachen Hierarchien, offen geäußert werden und der Vorgesetzte ist immer offen ansprechbar.6
Unsicherheitsvermeidung (UAI)
Die zweite Dimension beschreibt den Umgang einer Kultur mit unbekannten und ungewissen Situationen. Je nachdem, ob sich die Gesellschaft dadurch schnell bedroht fühlt oder in ungewissen Situationen neue Chancen sieht, wird sie entweder der Kategorie der starken bzw. schwachen Unsicherheitsvermeidung zugeordnet. Offene Kulturen sind risikobereiter und innovationsfreundlicher. Im Gegenzug dazu neigen, schnell bedroht fühlende, Gesellschaften dazu ungewisse Konfrontationen durch Planung, Gesetze und Regeln von vornherein zu vermeiden und wechseln in der Regel weniger häufig den Arbeitsplatz.7
Individualismus vs. Kollektivismus (IDV)
Individualisten sorgen in erster Linie für sich und ihre engste Familie, wohingegen in kollektivistischen Gesellschaften jeder Mensch in eine Wir-Gruppe hineingeboren wird- Im Gegenzug wird eine bedingungslose Loyalität erwartet.8 Wenn es sich um eine berufliche Beurteilung handelt spielen in individualistischen Kulturen ausschließlich die eigenen Fähigkeiten und Leistungen eine Rolle, in kollektivistischen Kulturen ist jedoch die Gruppenzugehörigkeit von entscheidender Bedeutung. Individualismus ist negativ korreliert mit Machtdistanz was bedeutet, dass höhere Punktzahlen von Individualismus zusammenhängen mit niedrigen auf der PDI und vice versa.9
Maskulinität vs. Femininität (MAS)
Die 4. Dimension untersucht, ob die gesellschaftlichen Wertvorstellungen eher weiblich oder männlich geprägt sind. Was als maskulin oder feminin angesehen wird ist stark gesellschaftsabhängig. In feministischen Gesellschaften sind Zwischenmenschliche Beziehungen und die Lebensqualität besonders wichtig, es existiert eine generelle Menschenorientierung und man versucht Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Anders sieht es in maskulinen Gesellschaften aus. Hier haben Herausforderungen, Einkommen, Erkenntnis und Fortschritt ein hohen Stellenwert, außerdem sind sie stark monetär und materiell orientiert.10
Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung (LTO)
Diese Dimension wurde von Hofstede 1993 hinzugefügt und basiert auf der empirischen Studie von Michael Harris Bond. Hofstede definiert die Kurzzeitorientierung als die Pflege von Tugenden, die in Verbindung zur Vergangenheit und Gegenwart in einer Gesellschaft stehen. Solche wie Nationalstolz, Respekt von Traditionen, Wahrung des Gesichts und die Erfüllung von sozialen Pflichten (gegenwarts- und vergangenheitsorientiert). Langzeitorientierung andererseits wird definiert als die Pflege von pragmatischen Tugenden in Gesellschaften, die sich an zukünftige Belohnungen orientieren, vor allem Ausdauer, Wirtschaftlichkeit und Adaption an sich verändernde Umstände (zukunftsorientiert).11
Nachgiebigkeit vs. Beherrschung (IVR)
Die sechste und letzte Dimension wurde von Hofstede erstmals 2010 in seinem Buch „Cultures and Organizations: Software of the Mind“ erwähnt. Er extrahierte und analysierte gemeinsam mit Michael Minkov die weltweite Kulturanalyse „World Values Survey“. Nicht nur steht sie in Beziehung zu dem nationalen Niveau der subjektiven Glückseligkeit und Lebenskontrolle, sondern untersucht auch die Lebensumstände der Kultur. „Indulgence“, der originale englische Begriff, wird in diesem Kontext nicht nur mit Nachgiebigkeit übersetzt, sondern auch Genuss.12
„Genuss steht für die Tendenz, eine relativ großzügige Befriedigung grundlegender natürlicher Bedürfnisse des Menschen zu ermöglichen, die darin bestehen, das Leben zu genießen und Spaß zu haben.“13 Die Beherrschung wird als Unterdrückung der Bedürfnisbefriedigung und als Regulierung durch strikte gesellschaftliche Normen definiert.14
Kritik
Das kulturelle Dimensionsmodell von Hofstede ist einigen Einwänden ausgesetzt.
Der Hauptkritikpunkt an der Empirie ist wohl die Tatsache, dass Kultur für die meisten kein klar umrissenes, objektiv erfassbares und statisches Ganzes ist. Indem er versucht klare kulturelle Grenzen festzuschreiben fördert er eine starke Stereotypenbildung. Des Weiteren basiert die Studie auf nur einem Unternehmen (IBM), welches keineswegs genügend Informationen über die Gesamtheit der nationalen Kulturen liefern könnte- Vor allem unter Betracht der Tatsache, dass die International Business Machines Corporation sich durch eine starke Unternehmenskultur auszeichnet und dabei immer wieder bestimmte Rekrutierungspraktiken gepflegt werden und die Mitarbeiter einem Unternehmensdruck ausgesetzt sind. Das ursprüngliche 4- Dimensionenmodell ist stark von der westlichen Kultur geprägt, was bedeutet, dass einige Fragen der Studie für andere Kulturen ohne Bedeutung sein können, sogar verwirrend. Doch trotz der ganzen Kritik an Hofstedes Arbeit bezüglich der Methodik und des Kontextes kultureller Dimensionen ist sie die am weitesten verbreitete interkulturelle Studie. Schlussendlich ermöglicht es trotzdem eine Einordnung und einen Vergleich von Nationen anhand verschiedener Kriterien.15
[...]
1 Vgl. Jan, (2020)
2 Vgl. o.V., (o.J. a)
3 Vgl. Rothlauf (2009), S.35
4 Vgl. Schlamelcher (2003), S. 39-40
5 Schlamelcher (2003), S. 40
6 Vgl. Rothlauf (2009), S.36
7 Vgl. Schlamelcher (2003), S. 39
8 Hofstede, G.; Hofstede, G.J.; Minkov (2017), S. 65
9 Vgl. Hofstede, G.; Hofstede, G.J.; Minkov (2017), S. 74-75
10 Vgl. Haas, Neumair (2006), S. 366
11 Vgl. Hofstede, G.; Hofstede, G.J.; Minkov (2017), S. 206/207
12 Vgl. Haas, Neumair (2006), S. 362-367
13 Vgl. Hofstede (2001), S. 227
14 Vgl. Thomas (2011), S. 12
15 Vgl. Hofstede, G.; Hofstede, G.J.; Minkov (2017), S. 121
- Quote paper
- Liridona Gashi (Author), 2020, Interkulturelles Management nach Geert Hofstede, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1182674
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