Der mediierende Einfluss eines negativen Affekts. In dem Zusammenhang von Stress auf Abusive Supervision


Bachelorarbeit, 2018

39 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Literaturüberblick
2.1 Literaturüberblick zu Stress
2.2 Literaturüberblick zu Abusive Supervision
2.3 Literaturüberblick zu negativem Affekt

3 Theoretischer Hintergrund und Hypothesen
3.1 Affective Events Theory
3.2 Stress und negativer Affekt
3.3 Negativer Affekt und Abusive Supervision
3.4 Stress, negativer Affekt und Abusive Supervision

4 Methode
4.1 Stichprobenbeschreibung
4.2 Forschungsdesign
4.3 Messinstrumente
4.4 Datenanalyse

5 Ergebnisse
5.1 Korrelationen
5.2 Hypothesentest

6 Diskussion
6.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
6.2 Limitationen und Ideen für zukünftige Forschungen
6.3 Praktische Implikationen
6.4 Abschlussbewertung

7 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Forschungsmodell

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Deskriptive Statistik und Korrelationen

Tabelle 2: Ergebnisse der Mediationsanalyse

Einleitung

Der Anspruch fortschrittlicher Arbeitsorganisationen auf eine gesteigerte Effizienz, hohe Pro­duktivität und Wettbewerbsfähigkeit hat dazu beigetragen, dass Stressfaktoren am Arbeitsplatz für Arbeitnehmer zum Alltag gehören (Burton, Hoobler, & Scheuer, 2012; McGowan, Gardner, & Fletcher, 2006). Seit mehr als 40 Jahren beschäftigen sich deshalb zahlreiche Studien mit den Auswirkungen des berufsbedingten Stresses auf die psychische und physische Gesundheit (Be­ehr & Newman, 1978; Jamal, 1985). Alleine in Deutschland zeigt die Mikrozensus­Zusatzerhebung, dass im Jahr 2013 rund 21,3% aller Erwerbstätigen von psychischen Belastun­gen betroffen waren (Liersch, 2014).

Somit lässt es sich nicht ausschließen, dass auch Führungskräfte häufig unter Stress am Arbeitsplatz leiden. Studienergebnisse belegen diese Behauptung. Eine außerordentliche An­zahl von 88% der befragten Manager berichtete von erhöhten berufsbedingten Stressleveln (Tillson, 1997). Neuere Daten des statistischen Bundesamtes zeigen, dass Führungskräfte auch in den letzten Jahren die am stärksten betroffene Personengruppe sind, die unter berufsbeding­tem Stress leidet (Crößmann, Günther, & Marder-Puch, 2017). Das bringt einige negative Fol­gen mit sich. Unter anderem bedingt Stress am Arbeitsplatz gesundheitliche und psychische Probleme, zunehmende Fehlzeiten und Kündigungen, sowie eine abnehmende Produktivität und Arbeitszufriedenheit. Die Kosten, die sich daraus ergeben, werden auf bis zu $300 Billio­nen pro Jahr geschätzt (DeFrank & Ivancevich, 1998). Außerdem kann sich Stress auch auf das Führungsverhalten von Vorgesetzten auswirken (Burton et al., 2012).

Eine mögliche Reaktion auf berufsbedingten Stress kann Abusive Supervision sein (Burton et al., 2012). Damit ist ein Führungsverhalten gemeint, das von den Mitarbeitern als wiederholt oder andauernd feindselig und aggressiv wahrgenommen wird (Tepper, 2000). Umfragen zeigen, dass 65%-75% der Angestellten ihren unmittelbaren Chef als den schlimmsten Aspekt ihrer Arbeit empfinden (Hogan & Kaiser, 2005). Steigende Kündigungs­raten, erhöht auftretende psychische Belastungen und verminderte Arbeits- und Lebenszufrie­denheit unter den betroffenen Mitarbeitern werden als Konsequenz dieses Führungsverhaltens betrachtet (Tepper, 2000), was die betroffenen Unternehmen teuer zu stehen kommt. Alleine in den USA ergeben sich jährliche Kosten in Höhe von $23.8 Billionen, die sich auf Abusive Supervision zurückführen lassen (Tepper, Duffy, Henle, & Lambert, 2006). Jedoch weist das Forschungsgebiet zu den Prädiktoren von Abusive Supervision noch Lücken auf, da sich bis­herige Studien überwiegend mit den Konsequenzen von Abusive Supervision auseinanderge­setzt haben (Mawritz, Folger, & Latham, 2014).

Da sowohl berufsbedingter Stress, als auch Abusive Supervision eine außerordentliche Masse an Arbeitnehmern betreffen, ist es wichtig zu verstehen, durch welchen Mechanismus Stress zu einem missbräuchlichen Führungsverhalten gegenüber den Mitarbeitern führen kann. In mehreren Studien, die sich mit Stressoren und Verhalten am Arbeitsplatz beschäfti­gen, wird auf die mediierende Rolle von Affekten und Emotionen aufmerksam gemacht (Hoobler & Hu, 2013; Gooty, Connelly, Griffith, & Gupta, 2010). Affekte sind gekennzeich­net durch das Erleben von intensiven, relativ kurz andauernden Gefühlszuständen (Eschen- beck, 2009) und können das Verhalten einer Person maßgeblich beeinflussen (George & Brief, 1992). Besonders negative Affekte, die durch das Empfinden von negativen Emotionen gekennzeichnet sind (Watson & Clark, 1984), spielen im beruflichen Kontext eine wichtige Rolle. Studienergebnisse belegen, dass berufsbedingte Ereignisse zu negativen Affekten bei Führungskräften führen können. Durch den negativen Affekt und die damit ausgelösten nega­tiven Emotionen kann kontraproduktives Arbeitsplatzverhalten entstehen (Fox & Spector, 1999; Hoobler & Hu, 2013).

Ein ähnlicher Zusammenhang könnte auch zwischen berufsbedingtem Stress, einem ne­gativen Affekt der Führungskraft und Abusive Supervision bestehen. Um den mediierenden Mechanismus von negativen Affekten im beruflichen Kontext zu untersuchen und einen Bei­trag zu dem bisher noch relativ jungen Forschungsgebiet der Prädiktoren von Abusive Super­vision zu leisten (Mawritz et al., 2014; Tepper, Moss, & Duffy, 2011), adressiert die vorlie­gende Bachelorarbeit folgende Frage: Löst berufsbedingter Stress einen negativen Affekt bei Führungskräften aus, wodurch das unmittelbare Führungsverhalten eines Vorgesetzten negativ beeinflusst wird und Abusive Supervision entsteht? Diese Frage soll mit Hilfe der Affective Events Theory (AET) von Weiss und Cropanzano (1996) untersucht werden, da die Theorie die Annahme zugrunde legt, dass Affekte als mediierende Variable zwischen affektiven Er­eignissen und affektbasiertem Verhalten wirken.

Literaturüberblick

Literaturüberblick zu Stress

Während der Ausdruck Stress den meisten Menschen ein Begriff ist, besteht in der Wissen­schaft kein Konsens über eine allgemein anerkannte Definition (Beehr & Newman, 1978; Mo- towidlo, Packard, & Manning, 1986). Vielmehr verfügen die meisten Stress-Theorien über ihre eigene Herleitung und Definition (Beehr & Newman, 1978; Nelson & Simmons, 2003). Ursprünglich wurde der Begriff Stress von Hans Selye als eine unspezifische körperliche Re­aktion auf eine physische oder psychische Anforderung beschrieben (Selye, 1956). Andere Stresstheorien betrachten weniger die biologische Stressreaktion, sondern fokussieren sich auf die Umweltereignisse, durch die Stress ausgelöst wird, und die Art und Weise, wie Menschen versuchen mit Stress umzugehen (Hobfoll, 1989; Lazarus & Folkman, 1984). Zwei der wich­tigsten Definitionen von Stress entspringen den Theorien von Lazarus (Lazarus & Folkman, 1984) und Hobfoll (1989). Hobfoll legt Stress als eine Reaktion auf die Umwelt fest, in der ein Ressourcenverlust droht, ein Ressourcenverlust eintritt oder nach einem Ressourcenein­satz kein Ressourcengewinn erfolgt (Hobfoll, 1989). Lazarus und Folkman definieren Stress als eine individuelle psychologische Reaktion auf ein Ereignis, welches als die eigenen Res­sourcen übersteigend und das eigene Wohlergehen gefährdend bewertet wird (Lazarus & Folkman, 1984).

In dieser Studie wurde sich auf berufsbedingten Stress fokussiert. Berufsbedingter Stress kann auftreten, wenn die typischen Verhaltensweisen eines Menschen nicht ausreichen, um den Anforderungen seiner Arbeit gerecht zu werden (House & Wells, 1978). Die Auslöser für berufsbedingten Stress sind vielfältig (Cooper & Marshall, 1976). Unterschieden werden chronische und akute Stressoren (Eckenrode, 1984; Lazarus & Folkman, 1984). Beispielswei­se kann berufsbedingter Stress aus chronischen Stressoren wie einer Arbeitsüberlastung, Rol­lenkonflikten, zwischenmenschlichen Konflikten, situationsbedingten Belastungen oder Zwei­deutigkeit einer Rolle resultieren (Chen & Spector, 1991; Frone & McFarlin, 1989). Eine un­zureichende Anpassung der Verhaltensweise an berufsbedingten Stress kann schwerwiegende Folgen haben. In Studien zur organisatorischen Stressforschung finden sich etliche Folgen von berufsbedingtem Stress wieder.

Unter anderem kann berufsbedingter Stress zu einer Verschlechterung der allgemeinen Gesundheit führen (Syrotuik & D'Arcy, 1982). Es wurde gezeigt, dass Stress am Arbeitsplatz die Entwicklung von depressiven Symptomen (Revicki & May, 1985), sowie die Entstehung von Angst fördern kann (Motowidlo et al., 1986). Zudem gibt es eine Reihe an Studien, die zeigen, dass Stress am Arbeitsplatz einen Einfluss auf die Leistung der betroffenen Personen haben kann (Jamal, 1985). Die Studie von Jamal (1985) belegt, dass eine negative lineare Be­ziehung zwischen berufsbedingtem Stress und der überwachten Leistung der betroffenen Per­sonen besteht. Mit steigendem Stress sank die Leistung der Arbeiter zunehmend ab. Zusätz­lich zu den Folgen, die die Gesundheit und die Leistung betreffen, kann sich Stress auch auf die Gewohnheiten von Menschen auswirken. Die Studie von Conway, Ward, Vickers und Rahe (1981) zeigt, dass ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen hohem berufsbe­dingtem Stress und dem Konsum von Zigaretten und Kaffee besteht. Unter hohen Stressleveln wurde deutlich mehr geraucht und Kaffee getrunken.

Des Weiteren kann berufsbedingter Stress zu einer Veränderung von Emotionen und Stimmungen führen (Bolger, DeLongis, Kessler, & Schilling, 1989). Mearns und Cain (2003) betrachten in ihrer Studie die Beziehung zwischen berufsbedingtem Stress bei Lehrern und dem Auftreten von Burnout und Distress. Sie fanden heraus, dass mit zunehmendem Stress die Anpassung an eine Situation abnimmt und das Erleben von Distress (negativen Emotio­nen) und Burnout zunehmen.

Schließlich kann Stress das Arbeitsplatzverhalten von Menschen beeinflussen. Donner­stein und Wilson (1976) führten eine Studie durch, in der die Teilnehmer unter Lärm Mathe­matikaufgaben lösen mussten. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Teilnehmer, die keine Kontrol­le über den Stressor empfanden, zu einem aggressiven Verhalten neigten (Donnerstein & Wil­son, 1976). Eine ähnliche Entdeckung machten Burton et al. (2012) in ihrer Studie. Sie konn­ten zeigen, dass Mitarbeiter ein verstärktes Verhalten von Abusive Supervision wahrnahmen, wenn ihre Führungskraft unter hohem beruflichem Stress litt. Moderiert wurde diese Bezie­hung durch das Trainingsniveau der Führungskraft. Eine hohe körperliche Betätigung neben dem Job, pufferte den Effekt von Stress auf Abusive Supervision, möglicherweise weil die körperliche Betätigung als eine Art Ausgleich zu hohem Stress gesehen werden kann.

Literaturüberblick zu Abusive Supervision

Der Begriff Abusive Supervision wird häufig in Forschungen zu negativem Arbeitsplatzver­halten angetroffen und kann in die Kategorie des kontraproduktiven Arbeitsplatzverhaltens eingeordnet werden (Hoobler & Brass, 2006). Im Sinne von Tepper wird Abusive Supervision als ein Führungsverhalten definiert, dass von den Mitarbeitern als wiederholt oder andauernd feindselig und aggressiv wahrgenommen wird. Dabei kann es sich sowohl um verbales als auch um nonverbales missbräuchliches Führungsverhalten handeln, das jedoch physische Übergriffe ausschließt (Tepper, 2000). Ein wichtiges Merkmal dieser Definition ist die sub­jektive Einschätzung der Untergebenen, ob das beobachtete Verhalten des Vorgesetzten als missbräuchlich empfunden wird oder nicht (Tepper, 2000). Zudem werden einmalige Ver­haltsweisen ausdrücklich von der Definition ausgeschlossen. Eine Führungskraft, die einen schlechten Tag hat und das an ihren Mitarbeitern auslässt, fällt deshalb nicht unter die Katego­rie eines Abusive Supervisors (Tepper, 2007).

Als Beispiele für Abusive Supervision gelten heftige und laute Ausbrüche, Unhöflich­keit, öffentliches Verspotten, unangemessene Schuldzuweisung, Herabwürdigungen und Ein­griffe in die Privatsphäre anderer Menschen (Tepper et al. 2006; Bies, 2001). Vermutlich wer­den Führungskräfte, die schnell die Beherrschung verlieren, einen Zwang ausüben und sich arrogant und unfair gegenüber ihren eigenen Mitarbeitern verhalten, aufgrund ihres Verhaltens mit Abusive Supervision in Verbindung gebracht (Bamberger & Bacharach, 2006; Bies, 2001). Wie einige Forschungen belegen, entstehen durch Abusive Supervision zahlreiche ne­gative Konsequenzen, sowohl für die Opfer, als auch für die Unternehmen. Zu den negativen Konsequenzen zählen unter anderem emotionale Erschöpfung (Wu & Hu, 2009), verminderte Arbeits- und Organisationszufriedenheit (Tepper, 2000), verminderte organizational citizens­hip behavior (OCB) (Tepper, 2000), reduzierte Produktivität (Tepper, 2000), zunehmende Abwesenheit der Mitarbeiter (Tepper, 2000), zunehmende Fluktuationsraten und psychologi­sche Belastungen (Tepper, 2000), sowie zunehmende Konflikte zwischen Arbeit und Familie (Hoobler & Brass, 2006).

Außerdem gibt es mehrere Führungsstile, die sich mit Abusive Supervision in unter­schiedlich hohem Maße überschneiden, jedoch eindeutig von Abusive Supervision abgegrenzt werden können (Tepper, 2007). Die größten Überschneidungen mit Abusive Supervision be­sitzen die beiden Führungsstile Petty Tyranny (Ashforth, 1994) und Supervisors Undermining (Duffy, Ganster, & Pagon, 2002). Supervisors Undermining bezeichnet ein beabsichtigtes Verhalten, um positive interpersonelle Beziehungen zu verhindern (Hershcovis, 2011), wo­hingegen Abusive Supervision nicht darauf abzielt, den Mitarbeitern Schaden zuzufügen (Tepper, 2000). Petty Tyranny beschreibt ein breiteres Konzept als Abusive Supervision, wel­ches ein Verhalten umfasst, das nicht zwangsläufig als feindlich angesehen werden muss (Tepper, 2007). Im Gegensatz dazu bezeichnet Abusive Supervision immer ein wahrgenom­menes feindseliges Verhalten durch die Mitarbeiter (Tepper, 2000).

In den letzten Jahren beschäftigten sich immer mehr Studien mit den Antezedenzien von Abusive Supervision. Unter anderem wurde aufgezeigt, dass das Empfinden von Angst und depressiven Symptomen einen positiven Einfluss auf Abusive Supervision haben kann (Byrne et al., 2014). Als weitere Prädiktoren werden Ressourcenverluste und die daraus resultierende emotionale Erschöpfung genannt (Lam, Walter, & Huang, 2017). Menschen, deren psycholo­gische Ressourcen erschöpft sind, neigen dazu, auf destruktive Weise zu handeln und können mit missbräuchlichem Führungsverhalten gegenüber ihren untergebenen Mitarbeitern reagie­ren (Collins & Jackson, 2015). Zusätzlich dazu wurde gezeigt, dass die Persönlichkeitseigen­schaften von Mitarbeitern eine Rolle im Bezug auf Abusive Supervision spielen. Abusive Supervision wurde besonders von Mitarbeitern wahrgenommen, welche eine hohe negative Affektivität als Persönlichkeitseigenschaft aufweisen. Möglicherweise haben diese Mitarbeiter schlechtere Beziehungen zu ihren Vorgesetzten und werden aufgrund ihrer hohen negativen Affektivität als einfache Opfer für missbräuchliches Führungsverhalten wahrgenommen (Aquino, Grover, Bradfield, & Allen, 1999).

Besonders Führungskräfte, welche Konflikte mit Mitarbeitern erleben, tendieren dazu, sich missbräuchlich und feindselig gegenüber ihren Mitarbeitern zu verhalten. Von diesem missbräuchlichen Verhalten sind besonders die Untergebenen betroffen, mit denen die Füh­rungskraft eine qualitativ niedrige Leader-Member-Exchange (LMX) Beziehung hat (Harris, Harvey, & Kacmar, 2011). Weitere Studien machen im Zusammenhang mit Abusive Supervi­sion auf verlagerte Aggression aufmerksam. Führungskräfte, die keine Verfahrensgerechtig­keit empfinden, weil ihnen Entscheidungskontrolle verweigert wird (Tepper et al., 2006), Füh­rungskräfte, die eine Vertragsverletzung durch höhere Instanzen wahrnehmen (Hoobler & Brass, 2006) und Führungskräfte, welchen Ungerechtigkeit durch höhere Instanzen widerfah­ren ist (Hoobler & Hu, 2013), neigen dazu, ihren eigenen Ärger an den untergebenen Mitar­beitern durch missbräuchliches Führungsverhalten auszulassen (Tepper et al., 2006).

Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt die Studie von Lian, Ferris, Morrison & Brown (2014). Sie betrachten in ihrer Studie die Mitarbeiter nicht als Opfer von Abusive Supervisi­on, sondern als mögliche Auslöser. Dafür untersuchten Sie die Beziehung zwischen einem abweichenden Verhalten von organisatorisch festgelegten Normen durch die Mitarbeiter und Abusive Supervision. Es wurde gezeigt, dass eine organisatorische Abweichung durch Mitar­beiter zu Abusive Supervision führen kann, jedoch wurde ein gegenläufiger Effekt nicht bes­tätigt. Zusammengefasst kann Abusive Supervision als eine Folge von berufsbedingtem Stress, Erschöpfung der eigenen Ressourcen, verlagerter Aggression, Konflikten mit Kolle­gen, dem Empfinden von Ungerechtigkeit und durch eine organisatorische Abweichung der Mitarbeiter entstehen.

Literaturüberblick zu negativem Affekt

Affekte lassen sich in zwei voneinander abzugrenzende Stimmungsfaktoren einteilen. Zum einen in die Dimension des positiven Affekts und zum anderen in die Dimension des negati­ven Affekts (Watson & Tellegen, 1985). Beide Dimensionen gelten als dominant und sind relativ unabhängig voneinander, da sie nicht eindimensional, sondern orthogonal zueinander stehen (Watson & Tellegen, 1985). Eine weitere wichtige Unterscheidung liegt in der Abgren­zung zwischen den Begriffen Affekt und Affektivität. Der Affekt beschreibt das Erleben eines intensiven, relativ kurz andauernden Gefühlszustandes (Eschenbeck, 2009) und wird in der Literatur gelegentlich gleichbedeutend zu dem Begriff Emotion, Stimmung oder Gefühl ver­wendet (Frijda, Mesquita, Sonnemans, & van Goozen, 1991). Im Gegensatz dazu wird unter dem Begriff der Affektivität eine stabile Eigenschaft einer Person bezeichnet, die ausschlag­gebend für das Empfinden von positiven und negativen Stimmungslagen ist (Watson & Pen- nebaker, 1989; George & Brief, 1992). Obwohl in dieser Studie der Affekt als vorübergehen­der Zustand betrachtet wird, wird zum Verständnis auch auf Affektivität als Persönlichkeits­eigenschaft eingegangen.

Unter dem Begriff der positiven Affektivität wird die stabile Eigenschaft einer Person verstanden, Lebensfreude zu empfinden. Damit verbunden sind vorübergehende Zustände angenehmer Erregung, Aktivierung oder auch Engagement (Watson, Clark, & Tellegen, 1988). In der Literatur zur organisatorischen Stressforschung wird jedoch häufiger der Begriff der negativen Affektivität angetroffen. Eine Definition für diesen Stimmungsfaktor liefern Watson & Clark (1984). Sie beschreiben negative Affektivität als eine eindimensionale stabile Disposition, welche ausschlaggebend für das Empfinden von negativen Emotionen in ver­schiedenen Situationen und über die Zeit hinweg ist. Zurückgeführt wird dieses negative Erle­ben auf tiefgreifende individuelle Unterschiede in negativer Emotionalität und dem Selbst­konzept.

Der negative Affekt als Zustand drückt sich hingegen durch das vorübergehende Emp­finden von negativen Emotionen wie beispielsweise Angst oder Zorn aus (Rodell & Judge, 2009). Außerdem ist der negative Affekt nicht nur durch das Empfinden von negativen Emo­tionen gekennzeichnet, sondern gilt als eine allgemeine Dimension von Distress (Watson & Clark, 1984; Watson & Pennebaker, 1989) und kann sich durch das Empfinden von aversiven Stimmungen, wie unangenehmer Erregung und Besorgnis, äußern (Watson & Clark, 1984; Watson, Clark, & Tellegen, 1988). Negative Affekte werden besonders häufig von Menschen mit einer hohen Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus wahrgenommen (Larsen & Ketelaar, 1991). Des Weiteren ist bekannt, dass negative Affekte mit einem höhe­ren Stressniveau, Depressionen, schlechteren psychischen und physischen Wohlbefinden so­wie geringerem Selbstwertgefühl in Beziehung stehen (Dua, 1993).

Negative Affekte spielen außerdem eine wichtige Rolle im Arbeitskontext, da sie durch verschiedene berufsbedingte Events ausgelöst werden können. Zu diesen auslösenden Events zählen unter anderem die Handlungen des Managements und der Kollegen, ein Mangel an Zielerreichung, sowie ein Mangel an Kontrolle, das Machen von Fehlern, eine hohe Arbeits­belastung und aufgabenbezogene Probleme (Basch & Fisher, 1998). Außerdem ist bekannt, dass sich negative Affekte auf das Führungsverhalten von Menschen auswirken können (Zhang & Bednall, 2016). Fox und Spector (1999) konnten nachweisen, dass frustrierende Arbeitsplatzereignisse einen negativen Affekt auslösen können. Der ausgelöste negative Af­fekt kann sich negativ auf das nachfolgende Verhalten auswirken, wodurch ein kontraproduk­tives Arbeitsplatzverhalten hervorgerufen werden kann (Fox & Spector, 1999). Zusammenge­fasst können negative Affekte durch eine Reihe von Ereignissen ausgelöst werden und sowohl das Wohlbefinden als auch das Verhalten von Menschen beeinflussen.

Theoretischer Hintergrund und Hypothesen

Affective Events Theory

Um die Verbindung zwischen berufsbedingtem Stress und Abusive Supervision zu erklären, bietet sich die Affective Events Theory (AET) von Weiss und Cropanzano (1996) an. Im Hin­blick auf diese Erklärung, kann die AET weniger als eine testbare Theorie, sondern mehr als ein Rahmenmodell gesehen werden, welches das Verhalten am Arbeitsplatz mit Hilfe von affektiven Elementen zu erklären versucht (Weiss & Beal, 2005).

„Things happen to people in work settings and people often react emotionally to these events. These affective experiences have direct influence on behaviors and attitudes” (Weiss & Cropanzano, 1996, S.11).

Die Grundannahme der AET besagt, dass affektbasierte Verhaltensweisen, wie beispielweise Hilfeverhalten oder Absentismus, eine emotionale Reaktion auf berufsbedingte Ereignisse am Arbeitsplatz darstellen (Weiss & Cropanzano, 1996). Berufsbedingte Ereignisse, auch als Events bezeichnet, können durch eine wahrgenommene Veränderung von Umständen ausge­löst werden und zu emotionalen Reaktionen führen. Sie gelten somit als Auslöser für affektive Reaktionen und Veränderungen in der Stimmung (Weiss & Cropanzano, 1996).

Unterschieden wird zwischen positiven und negativen Events, die jeweils unterschiedli­che affektive Reaktionen nach sich ziehen können. Negative Events lösen stärkere subjektive Affektgefühle aus und besitzen die Fähigkeit, negative Ergebnisse für das Individuum zu er­zeugen (Taylor, 1991; Rozin & Royzman, 2001). Beispielsweise gelten stressvolle Ereignisse, Arbeitsgruppenmerkmale oder Belohnungen und Bestrafungen durch die Organisation als auslösende Arbeitsplatzereignisse (Brief & Weiss, 2002). Die dadurch ausgelösten affektiven Reaktionen können sich sowohl durch das Empfinden von positiven Emotionen (positive Af­fekte), als auch durch das Empfinden von negativen Emotionen (negative Affekte) äußern. Jedoch ist bekannt, dass negative Events insbesondere negative Emotionen auslösen (Rozin & Royzman, 2001).

Menschen, die einem Affekt ausgesetzt sind, neigen dazu, sich von dem emotionalen Zustand stark beeinflussen oder sogar beherrschen zu lassen, was sich auf das nachfolgende Verhalten übertragen kann (Weiss & Cropanzano, 1996; Mawritz et al., 2014). Die AET un­terscheidet zwischen zwei unterschiedlichen Verhaltensweisen. Zum einen das affektbasierte Verhalten und zum anderen das urteilsbasierte Verhalten. Affektbasiertes Verhalten entsteht als direkte und kurzfristige Reaktion auf Emotionen und Stimmungen. Urteilsbasiertes Ver­halten entsteht durch eine längerfristige Bewertung der Arbeit und gilt als ein Ergebnis von bewussten Entscheidungen (Weiss & Cropanzano, 1996). Die AET nimmt an, dass sich Men­schen auf Verhaltensweisen einlassen, um mit ihren emotionalen Reaktionen umzugehen (Weiss & Cropanzano, 1996). Je nach dem, ob durch ein Event positive oder negative Emoti­onen ausgelöst werden, wird auch das nachfolgende affektbasierte Verhalten und die Einstel­lung unterschiedlich beeinflusst (Weiss & Cropanzano, 1996).

Da die AET als eine „Makrostruktur“ betrachtet werden kann (Weiss & Beal, 2005), können durch das Modell Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen affektiven Events und Verhaltensweisen dargestellt werden. In dieser Studie wird die AET verwendet, um mit Hilfe von negativen Affekten den Zusammenhang zwischen Stress und Abusive Supervision zu erklären. Die Abbildung 1 zeigt das Forschungsmodell dieser Arbeit. Hypothese 1 betrachtet Stress als ein affektives Event und untersucht die Beziehung zwischen Stress und negativen Affekten. Hypothese 2 untersucht die Beziehung zwischen negativen Affekten und Abusive Supervision und schließlich befasst sich die dritte Hypothese mit der mediierenden Rolle von negativen Affekten in dem Zusammenhang von Stress auf Abusive Supervision.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stress und negativer Affekt

Die Grundannahme der AET besagt, dass Menschen auf Ereignisse, die im organisatorischen Umfeld stattfinden, emotional reagieren können (Weiss & Cropanzano, 1996). Führungskräf­te berichten bereits seit vielen Jahren von erheblichen Stressleveln am Arbeitsplatz (Tillson, 1997), was beispielweise durch Arbeitsplatzstressoren, wie einer Arbeitsüberlastung, Rollen­konflikten, zwischenmenschlichen Konflikten, situationsbedingten Belastungen oder Zwei­deutigkeit einer Rolle resultieren kann (Chen & Spector, 1991; Motowidlo et al., 1986). Ver­schiedene Studien, die sich mit Stressoren am Arbeitsplatz beschäftigen, konnten nachweisen, dass berufsbedingte Stressoren das Entstehen von negativen affektiven Reaktionen hervorru­fen können (Bruk-Lee & Spector, 2006; Harris et al., 2011). Berufsbedingter Stress kann so­mit als ein wesentliches Beispiel für ein affektives Ereignis am Arbeitsplatz gesehen werden, wodurch negative emotionale Reaktionen und Stimmungsschwankungen ausgelöst werden können (Rodell & Judge, 2009; Brief & Weiss, 2002).

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Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Der mediierende Einfluss eines negativen Affekts. In dem Zusammenhang von Stress auf Abusive Supervision
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
39
Katalognummer
V1183162
ISBN (Buch)
9783346607843
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abusive Supervision, Stress, berufsbedingter Stress, negativer affekt
Arbeit zitieren
Jana Gath (Autor:in), 2018, Der mediierende Einfluss eines negativen Affekts. In dem Zusammenhang von Stress auf Abusive Supervision, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1183162

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