The Hobbesian problem of order - Entstehen und Vergehen gesellschaftlicher Ordnung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Thomas Hobbes’ Zwangslösung – Der ‚Leviathan’
2.1 Hobbes’ Menschenbild und der Naturzustand der Gesellschaft
2.2. Der Gesellschaftsvertrag
2.3 Das Hobbes’sche Gefangenendilemma

3. Talcott Parsons und das ‚Hobbesian Problem of Order’
3.1 Parsons’ Ausweg aus dem Ordnungsdilemma

4. Soziale Ordnung durch Tausch und wiederholte Kooperation

5. Resümee

1. Einleitung

Die Frage nach den Entstehungsgründen sozialer Ordnung ist seit jeher eine Grundkategorie menschlichen Denkens. Die Versuche, gesellschaftliche Stabilität und die – zumindest überwiegende – Abwesenheit von anomischem Chaos zu erklären, ziehen sich durch zahlreiche Traditionen der Sozialwissenschaften und bilden so ihren latenten, allgegenwärtigen Bezugspunkt.

Gerade vor dem Hintergrund auflösender Ordnung durch Terror und Bürgerkriege in einigen Ländern der so genannten Dritten Welt oder der ungeklärten Regelungsfrage des internationalen Staatensysstems, bleibt die Frage, was Ordnung in ihren Grundfesten ausmache, aktuell.

Die vorliegende Arbeit soll verschiedene Ansätze zur Beantwortung der Frage nach sozialer Ordnung[1] gegenüberstellen und stellt selbst die Frage, ob eine dieser Denkrichtungen das Problem der Ordnung in seiner Vielfalt erfassen und einen Erklärungsvorteil liefern kann.

Als klassischer Ausgangspunkt für eine individualistische Sichtweise auf das Problem gesellschaftlicher Ordnung gilt Thomas Hobbes. Er beschreibt in seinem Hauptwerk „Leviathan“ (1651), vor dem Hintergrund des englischen Bürgerkriegs, ein gedankliches Experiment, in welchem er Prämissen eines pessimistischen Menschenbildes in Zusammenhang mit einem fiktiven gesellschaftlichen Zustand bringt. Dieser Zustand gleicht einer kriegerischen Anarchie und kann, nach Hobbes, nur durch einen Souverän wieder zur Ordnung geführt werden.[2] In Kapitel 2 wird das Hobbes-Konstrukt theoretisch spezifiziert und mit modernen individualistischen Begriffskategorien rekonstruiert.

Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit ist die kritische Auseinandersetzung mit der Sichtweise Hobbes’, welche in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts vor allem durch Talcott Parsons geprägt wurde.[3] In Kapitel 3 wird das von Parsons propagierte Hobbes’sche Ordnungsproblem beleuchtet, durch dessen Formulierung er nicht Hobbes allein, sondern die gesamte utilitaristische Denktradition zweier Jahrhunderte kritisiert.[4] Parsons kommt nicht umhin, selbst eine Antwort auf das ‚Hobbesian problem of order’ zu suchen und scheint diese in der Formulierung einer ‚voluntaristischen Handlungstheorie’ zu finden.[5]

Modernere sozialwissenschaftliche Ansätze, vor allem der Spiel- und Austauschtheorie, bringen das Ordnungsproblem zurück zu seinen radikal-utilitaristischen Wurzeln, finden jedoch Teil-Auswege aus den immanenten Erklärungslücken, welche Parsons dieser Denktradition anlastet. Diese Ansätze sollen in Kapitel 5 vorgestellt und erläutert werden.

2. Thomas Hobbes’ Zwangslösung – Der ‚Leviathan’

Noch in der Antike und im Mittelalter wurde die Ordnungsfrage gewissermaßen transzendent-kollektivistisch über die praktische Philosophie, mit dem Gottesbezug oder mit tradierten Ständesystemen beantwortet und legitimiert. Ordnung stellte sich zumeist als gegebenes Phänomen dar, ohne wesentlichen gedanklichen Rückbezug auf die in gesellschaftlicher Ordnung involvierten Individuen.

Thomas Hobbes bricht dabei im Jahr 1651n.Chr. mit einer zweitausendjährigen Tradition politischen Denkens und stellt einen theoretisch, sowie methodisch völlig neuen Ansatz vor.[6]

2.1 Hobbes’ Menschenbild und der Naturzustand der Gesellschaft

Zunächst sei anzumerken, dass Thomas Hobbes’ Menschenbild, entgegen oftmaliger Annahmen, nicht grundsätzlich negativ ist. Vielmehr bringt der Zustand eines regellosen Systems, bei denen nur einige wenige Akteure bösartige Absichten hegen, alle Menschen dazu sich selbst unfriedlich verhalten zu müssen.[7] Zudem beschreibt Hobbes nicht die Realität oder versucht gar historische Entwicklungen zu erklären, sondern versucht mithilfe eines Gedankenexperiments ein Modell sozialer Ordnung zu entwerfen, welches als gesellschaftlicher Idealtyp[8] unter genannten Prämissen gelten kann.

Grundsätzlich geht Hobbes davon aus, dass die Menschen von der Natur mit etwa gleichen Fähigkeiten ausgestattet sind.[9] Das heißt, niemand kann sich von Natur aus über andere erheben, aufgrund konkurrenzloser geistiger oder körperlicher Kräfte.

Diese Gleichheit ist für Hobbes allerdings der Ausgangsgrund für Unsicherheit und Krieg. Die Gleichheit der Fähigkeiten verleite die Menschen gewissermaßen zu Hoffnungen über das Erreichen vergleichbarer individueller Leidenschaften und Ziele. „Und wenn daher zwei Menschen das gleiche verlangen, in dessen Genuß sie dennoch nicht beide kommen können, werden sie Feinde.“[10]

In Parsons’ Interpretation der Ausführungen Hobbes’ spielt an diesem Punkt der Begriff der Macht eine wichtige Rolle. „In Hobbes’ thinking the reason for this danger of conflict is to be found in the part played by power. (...) Hence power as a proximate end is inherently a source of division between men.”[11] Macht als ein Ziel, das unmöglich von jedermann erreicht werden kann und welches gleichzeitig als Mittel für das Erreichen anderer Ziele von Bedeutung ist, wird von allen Menschen in Hobbes’ Konstrukt angestrebt. Die Spirale des Kampfes um Macht in einem unsicheren Umfeld, bildet bei Hobbes den Kern seiner Beschreibung des Naturzustands. „Und aus dieser gegenseitigen Unsicherheit führt für keinen Menschen ein vernünftiger Weg, sich zu sichern, als zuvorkommen; das heißt, alle Menschen, soweit er es vermag, mit Gewalt oder List solange zu unterwerfen, bis er keine andere Macht sieht, die groß genug ist, um ihn zu gefährden.“[12]

Aus den voran beschriebenen Annahmen der Gleichheit, der Unsicherheit und des immerwährenden Machtstrebens entsteht, laut Hobbes der viel zitierte „Krieg eines jeden gegen jeden“.[13] Dabei meint er mit diesem Krieg allerdings nicht, dass stets eine kämpferische Auseinandersetzung zwischen den Akteuren stattfindet, sondern Krieg besteht auch, „in einem Zeitraum, in dem der Wille zum Kampf hinreichend bekannt ist“.[14] Hobbes sieht die Bedrohung durch einen Rückfall zum Naturzustand gegeben, wenn in einem sozialen Raum die Autorität eines Souveräns in Frage gestellt wird.[15]

2.2. Der Gesellschaftsvertrag

Der gedankliche gesellschaftliche Urzustand[16], lässt sich also nach Hobbes ausschließlich befrieden durch die Zwangsherrschaft eines Souveräns. Doch wie kommen die Menschen zur Einigung auf eine regelnde Instanz?

Der vertraglich geregelte Zusammenschluss der Menschen zu einem politischen Gemeinwesen beruht für Thomas Hobbes nicht auf einem Sozialvermögen oder einer altruistischen Eigenschaft des Menschen, sondern auf dem von Furcht gelenkten rationalen Nutzenkalkül.[17] Die Angst vor dem Kriegszustand lässt die Menschen daran glauben, dass jede Art einer Herrschaft lohnender[18] ist als die Regellosigkeit. Dazu müssen die Akteure allerdings ihr Recht auf Machtstreben an den Souverän abtreten. „Der einzige Weg, solch eine gemeinsame Macht zu errichten, die fähig ist, die Menschen vor dem Angriff Fremder und vor gegenseitigem Unrecht zu schützen (…), besteht darin, all ihre Macht und Stärke einem Menschen oder einer Versammlung von Menschen zu übertragen, die den Willen jedes einzelnen durch Stimmenmehrheit zu einem einzigen Willen machen“.[19]

Der Gesellschaftsvertrag als ordnungsstiftende Instanz erhält nur die Macht eines ‚Leviathans’[20], wenn alle Individuen sich aus oben genannten Rationalitätsgründen verpflichten den Vertrag einzuhalten.[21]

[...]


[1] Soziale Ordnung gilt in diesem Kontext zwar im Weber’schen Sinne als Kostrukt stabiler sozialer Beziehungen, jedoch (nicht im Weber’schen Sinne)wertfrei und nicht an Vorstellungen über Ordnung von Seiten der Beteiligten begriffen. (Vgl. Max Weber, 1921/1984, S. 54f.) – wenngleich Talcott Parsons darauf rekurriert

[2] Thomas Hobbes, 1651/1996.

[3] Talcott Parsons, 1937/1968.

[4] Vgl. Viktor Vanberg, 1975: S. 172.

[5] Vgl. Talcott Parsons, 1937/1968.

[6] Vgl. Herfried Münkler, 2001: S. 9.

[7] Ebd.: S. 80.

[8] Im Weber’schen Sinne.

[9] Vgl. Thomas Hobbes, 1996: S. 102.

[10] Ebd.: S. 103.

[11] Vgl. Talcott Parsons, 1937/1968: S.89f.

[12] Vgl. Thomas Hobbes, 1996: S.103.

[13] Ebd.: S.104.

[14] Ebd.: S. 104.

[15] Vgl.: Herfried Münkler, 2001,S. 95.

[16] bei dem Hobbes durchaus Analogien zum englischen Bürgerkrieg seiner Zeit knüpft.

[17] Vgl. Herfried Münkler, 2001: S. 107f.

[18] in Bezug auf das Erreichen des individuellen Zieles Selbsterhaltung.

[19] Vgl.: Thomas Hobbes, 1996: S.144f.

[20] Hobbes greift hierbei auf die Metapher des biblischen Ungeheuers ‚Leviathan’ zurück.

[21] Vgl.: Thomas Hobbes, 1996, S. 145.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
The Hobbesian problem of order - Entstehen und Vergehen gesellschaftlicher Ordnung
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die Politik der Ordnung
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V118636
ISBN (eBook)
9783640220618
ISBN (Buch)
9783640222933
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit bekam ausschließlich sehr gutes Feedback und wurde als gut strukturiert und meinungsstark kommentiert.
Schlagworte
Politik, Hobbes, Parsons, Spieltheorie, Gefangenendilemma, Ordnung, Naturzustand
Arbeit zitieren
Konrad Langer (Autor:in), 2008, The Hobbesian problem of order - Entstehen und Vergehen gesellschaftlicher Ordnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118636

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