Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Besteuerung nach § 6 AStG
2.1 Auslösung einer fiktiven Veräußerung nach § 6 AStG
2.1.1 Beendigung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht
2.1.2 Anteile gemäß § 17 EStG
2.2 Besteuerung der fiktiven Veräußerung nach § 6 AStG
2.3 Entrichtung der Steuer
2.4 Tatsächliche Veräußerung des Anteils
2.5 Praxisbeispiel
3. Europarechtskonformität des § 6 AStG
3.1 Niederlassungsfreiheit Art. 49 AEUV
3.2 Arbeitnehmerfreizügigkeit Art. 45 AEUV
4. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Aus den unterschiedlichsten Gründen ziehen gerade Unternehmer ins Ausland. Oft in einen Staat mit niedrigerem Steuersatz. Mit Beteiligungen an Gesellschaften wurde Vermögen (stille Reserven) in Deutschland aufgebaut, zur Besteuerung des Vermögens kommt es aber normalerweise erst bei Veräußerung.
Das Besteuerungsrecht der stillen Reserven, die in Deutschland aufgebaut wurden, soll jedoch durch einen Wegzug ins Ausland nicht verlorengehen. Nach den meisten deutschen DBA wäre dies allerdings der Fall.1 Deshalb gibt es die Regelung des § 6 AStG,, die bei Steuerentstrickungen von stillen Reserven im Privatvermögen, z.B. durch Wegzug eines Anteilseigners, eine fiktive Veräußerung des Anteils an einer Kapitalgesellschaft auslöst. Zuletzt wurden die Regelungen des § 6 AStG mit Wirkung zum 01.01.2022 geändert. Die Änderungen gehen aus der Verabschiedung des ATAD-Umsetzungsgesetzes hervor. Die ATAD (AntiSteuervermeidungsrichtlinie) verpflichtet die europäischen Mitgliedsstaaten ihre steuerlichen Maßnahmen an den europäischen Standard anzugleichen. Mit der neuen Fassung gehen eine Vielzahl von Vereinfachungen einher, allerdings ergeben sind auch Nachteile, insbesondere für Wegzüge innerhalb der EU bzw. des EWR.
Zunächst werden in dieser Arbeit die Tatbestandsmerkmale erläutert, die eine Besteuerung der fiktiven Veräußerung der Anteile auslösen. Danach wird die Ermittlung und Besteuerung des Veräußerungsgewinns dargestellt. Zum Schluss sollen die Regelungen des § 6 AStG vor dem Hintergrund der Unionskonformität in europarechtlichen Kontext gebracht werden.
2. Besteuerung nach § 6 AStG
Wie bereits beschrieben kann durch den Wegzug eines Anteilseigners das deutsche Besteuerungsrecht von in Deutschland aufgebauten stillen Reserven verlorengehen. Durch die Regelungen des § 6 AStG sollen die stillen Reserven zum Wegzugszeitpunkt der Besteuerung in Deutschland unterliegen.
Sofern die stillen Reserven bereits nach anderen Vorschriften besteuert werden können, z.B. § 21 UmwStG, gehen diese dem § 6 AStG vor.2
2.1 Auslösung einer fiktiven Veräußerung nach § 6 AStG
2.1.1 Beendigung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht
Die Regelung des § 6 AStG greift bei Steuerpflichtigen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre mindestens sieben Jahre in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG) waren. Ob der Steuerpflichtige die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt ist unerheblich.3
Jede natürliche Person, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist in Deutschland gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Ihr gesamtes Einkommen unterliegt somit der deutschen Einkommensteuer (Welteinkommensprinzip).
Die unbeschränkte Steuerpflicht wird durch Wegfall einer ihrer Voraussetzungen beendet (Aufgabe des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland). Damit wird der Anwendungsbereich des § 6 AStG eröffnet.
Es muss sich bei dem Sieben-Jahres-Zeitraum nicht um einen zusammenhängenden Zeitraum handeln. Bestand die unbeschränkte Steuerpflicht mehrere Male innerhalb von zwölf Jahren, so sind diese Zeiträume zusammenzuzählen.4
Die vorige Fassung des § 6 AStG bezog sich auf insgesamt zehn Jahre unbeschränkten Steuerpflicht, die auf die gesamte Lebenszeit eines Steuerpflichtigen entfallen konnte.
Die aktuellen Regelungen sind also eine deutliche Vereinfachung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 6 AStG.
2.1.2 Anteile gemäß § 17 EStG
Sachliche Voraussetzung für den Anwendungsbereich des § 6 AStG ist die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 1 EStG, bis auf die tatsächliche Veräußerung, zum Zeitpunkt des Wegzugs.
Danach muss eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vorliegen, die seit mindestens fünf Jahren vor dem Wegzugszeitpunkt besteht. Die Regelungen des § 17 EStG betreffen zudem nur Beteiligungen im Privatvermögen.
Innerhalb des Zeitraum muss der Steuerpflichtige zu mindestens 1 % am Stammkapital beteiligt sein (wesentliche Beteiligung). Bestand die Beteiligung nur kurzfristig zu mindestens 1 %, ist der Tatbestand ebenfalls er- füllt.5
Sofern die Anteile innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben wurden, tritt der Steuerpflichtige in die Fußstapfen seines Rechtsvorgängers. Es reicht also aus, wenn nur der Rechtsvorgänger in diesem Zeitraum wesentlich beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4). In diesem Fall kann es auch zu einer Besteuerung beim Wegzug kommen, obwohl der Steuerpflichtige zu diesem Zeitpunkt weniger als 1 % beteiligt ist.
2.2 Besteuerung der fiktiven Veräußerung nach § 6 AStG
Die Besteuerung des Wegzugs nach § 6 AStG fällt in den Veranlagungszeitraum des Wegzugs.
Die Ermittlung der Einkünfte erfolgt nach § 17 EStG. Hierzu ist zunächst der Veräußerungspreis zu ermitteln. Da keine tatsächliche Veräußerung stattfindet, tritt anstelle eines Veräußerungspreises der gemeine Wert (§ 9 BewG) des Anteils.
[...]
1 (Klein 2021, Rz. 1)
2 BMF-Schreiben vom 14.05.2004, IV B 4 - S. 1340 - 11/04, BStBl I 2004, Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes, § 6 AStG, Rz. 6.0.1; BFH-Urteil vom 28.02.1990, BStBl S. 615
3 BMF-Schreiben vom 14.05.2004, IV B 4 - S. 1340 - 11/04, BStBl I 2004, Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes, § 6 AStG 6.1.1.1
4 BMF-Schreiben vom 14.05.2004, IV B 4 - S. 1340 - 11/04, BStBl I 2004, Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes, § 6 AStG 6.1.1.1
5 BMF-Schreiben vom 14.05.2004, IV B 4 - S. 1340 - 11/04, BStBl I 2004, Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes, § 6 AStG 6.1.2.1
- Arbeit zitieren
- Esther Grabovski (Autor:in), 2022, Veräußerung von Gesellschaften gem. § 6 AStG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1193229
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