Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Durch die trägen blauen Fluten gleitet seit Tagen schon südwärts das Schiff. In dem traumhaften Flimmern und Verschwimmen von Himmel und Wasser ist alles nur Wiegen und Wallen, Ineinanderströmen und Sichlösen. Sonnenlicht, das, mit blendenden Strahlen Wogen durchleuchtend, in des Ozeans Abgrund erlischt, - Wassertropfen, die, von Sehnsucht getrieben, aufwärts sich heben und als bläulicher Dunst in den heißen Lüften zerfließen. Meereseinsamkeiten voll schimmernder Farbenflecken, die spielend wechseln, ehe das Gedächtnis ihren Namen noch fand, - Himmelsunendlichkeiten, die die Blicke in sich aufsaugen, wo das Bewußtsein sich verliert im Ahnen vergangener und werdender Welten.
Und inmitten dieser opalisierenden Ungreifbarkeiten, dieser umrißlosen Gegenwarten verflattern auch die Erinnerungen, entweichen die Begriffe, vergeht alles Festgewähnte. Altgewohnte Vorstellungen versinken, werden verdrängt durch ein Schwanken zwischen wimmelnden Möglichkeiten. Und plötzlich taucht der Gedanke auf, daß alles je Gedachte auch umdenkbar sein müßte.
Andere Augen und alles würde anders erscheinen, denn nicht zwei Wesen sehen das gleiche Bild. Verschiedene Welten schafft sich ja ein jedes einzelne Leben in seinem kurzen Laufe, wechselnde Glauben hegte es hoffend, nur um ihnen enteilend zu sagen:»Ihr wart nicht die wahren, denn ich selbst erdachte euch ja.«Sollten sie mehr gelten, weil einst viele sich zu ihnen bekannten?
Inhaltsverzeichnis
- Am Ende der Welt
- Ein jedes einzelne Leben
- Stunden, wo sich dann solch fragendes Zweifeln an allem Bestehenden wie ein Mittagsgespenst hervorwagt!
- Wirklichkeit, das ist Festland
- Alltäglich ausschauende, gelangweilt dreinblickende Menschen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text erforscht die Natur der Wahrnehmung und die Relativität von Wahrheit und Wirklichkeit. Er beschreibt eine Schiffsreise und nutzt die sich verändernde Umgebung als Metapher für den Wandel des Denkens und der Weltanschauung.
- Die Relativität der Wahrnehmung
- Der Wandel von Wahrheit und Wirklichkeit
- Die Suche nach Halt und Sicherheit in einer flüchtigen Welt
- Die Symbolik des Meeres und der Berge
- Die Individualität des Erlebens
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschreibt die Reise auf See und die damit verbundenen sinnlichen Eindrücke. Es wird die Frage nach der Relativität der Wahrnehmung aufgeworfen. Das zweite Kapitel vertieft die Thematik, indem es die individuellen Welten der Menschen betont und die Fragilität von Überzeugungen beleuchtet. Der dritte Abschnitt beschreibt ein Gefühl des Zweifels und die Suche nach Halt inmitten der Unbeständigkeit. Kapitel vier beschreibt die kontrastierende feste Küstenlinie als Gegenpol zur Unbeständigkeit des Meeres. Schließlich wird in Kapitel fünf eine besondere Passagierin vorgestellt, die die Symbolik des Geschehens versteht.
Schlüsselwörter
Wahrnehmung, Relativität, Wirklichkeit, Wandel, Wahrheit, Sicherheit, Symbolik, Meer, Berge, Individuum.
- Quote paper
- Elisabeth von Heyking (Author), 2008, Am Ende der Welt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119658