Das Cochlea-Implantat im Blickpunkt hörbehindertenpädagogisch relevanter Fachzeitschriften Deutschlands


Examensarbeit, 2006

112 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung
1.3 Terminologische Hinweise

2 Das Cochlea Implantat und seine Stellung in der Hörbehindertenpädagogik
2.1 Begriffsbestimmung: Was ist ein Cochlea Implantat
2.2 Bestandteile und Funktionsweise eines Cochlea Implantats
2.3 Indikationen für und gegen eine Cochlea Implantation
2.4 Historische Entwicklung des Cochlea Implantats
2.5 CI-Träger im Bildungswesen für Hörgeschädigte in Deutschland

3 Die Bedeutung von Zeitschriften für den fachwissenschaftlichen Diskurs

4 Das Cochlea Implantat in der hörbehindertenpädagogischen Fachpresse der DDR

5 Methodisches Vorgehen
5.1 Auswahl und Ausschluss von Fachzeitschriften
5.1.1 Ausgewählte Zeitschriften
5.1.2 Nicht berücksichtigte Zeitschriften
5.2 Zeitrahmen
5.3 Datenerhebung

6 Quantitative Auswertung
6.1 Ergebnisse des ersten Untersuchungsgangs: Publikationshäufigkeit
6.1.1 Untersuchte Zeitschriften
6.1.1.1 Hörgeschädigtenpädagogik
6.1.1.2 hörgeschädigte kinder
6.1.1.3 Sprache - Stimme - Gehör
6.1.1.4 Das Zeichen
6.1.1.5 Forum
6.1.1.6 Spektrum Hören
6.1.2 Zusammenschau
6.2 Ergebnisse des zweiten Untersuchungsgangs
6.2.1 Vorbemerkungen
6.2.2 Datenblätter

7 Qualitative Analyse
7.1 Darstellung des Cochlea Implantats in den Zeitschriften
7.1.1 Hörgeschädigtenpädagogik
7.1.2 hörgeschädigte kinder
7.1.3 Sprache, Stimme, Gehör
7.1.4 Das Zeichen
7.1.5 Forum
7.1.6 Spektrum Hören
7.2 Ausgewählte inhaltliche Schwerpunkte

8 Zusammenfassung und Bewertung

Literatur

1 Einleitung

Kaum ein Thema ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten in der Hörge- schädigtenpädagogik so angeregt diskutiert worden wie das Cochlea Implan- tat. Diese zunächst rein medizinisch-technische Innovation stellte neben Hals-Nasen-Ohrenärzten und Audiologen nicht zuletzt auch Pädagogen vor neue Herausforderungen. Besonders für die Schwerhörigenpädagogik be- gann mit dem Besuch von Kindern mit Cochlea Implantaten an Hörgeschä- digtenschulen eine neue Ära, denn wie CLAUßEN (1991, S. 125) anmerkt, diente die Versorgung mit CIs zunächst dazu „aus gehörlosen Kindern schwerhörige zu machen, die bei der Entwicklung ihrer kommunikativen Möglichkeiten vorwiegend auditiv ausgerichtet sind.“ An Bildungseinrichtun- gen für Schwerhörige finden sich folglich gegenwärtig auch mehr als doppelt so viele Schüler mit CI wie an Bildungseinrichtungen für Gehörlose (vgl. GROßE 2003, S. 75). Dies erscheint schlüssig, da Kinder mit Cochlea Imp- lantaten in der Regel über ähnliche Förderbedürfnisse verfügen wie schwer- hörige Kinder und folglich auch nach den gleichen Methoden gefördert wer- den (BRAND 1998, S. 100).

Der Stellenwert des Cochlea Implantats und speziell seine Auswirkungen auf die Hörgeschädigtenpädagogik stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Diese sollen anhand einer Analyse fachlich relevanter Zeitschriften ermittelt wer- den. Im ersten Teil der Arbeit (Kap. 1-5) wird eine Einführung zum Cochlea Implantat gegeben, das methodische Vorgehen der Untersuchung erläutert sowie die Bedeutung von Fachzeitschriften für die Wissenschaft diskutiert. Außerdem beschäftigt sich ein Exkurs mit der Rolle des CIs in den hörge- schädigtenpädagogischen Fachzeitschriften der DDR. Im zweiten Teil (Kap. 6-8) werden die Ergebnisse der Auswertung von sechs hörbehindertenpäda- gogisch relevanten Fachzeitschriften der BRD systematisch vorgestellt und erläutert. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammenge- fasst und bewertet.

Immer wieder stehen Eltern mit einem hörgeschädigten Säugling oder Klein- kind vor der Entscheidung für oder gegen eine Cochlea Implantation ihres Kindes. In diesem Zusammenhang leisten Ärzte, Logopäden, Hörgerätetech- niker und multidisziplinär besetzte CI-Zentren wichtige Beratungsarbeit. Da- bei sollte gerade auch die pädagogische Perspektive, die besonders für die postoperative Nachsorgephase, den Rehabilitationsprozess und die gesamte weitere Erziehungszeit von hoher Bedeutung ist, nicht vernachlässigt wer- den. Diese Arbeit soll dazu beitragen, besonders den pädagogischen Blick- winkel auf dieses medizinisch-technische Hilfsmittel in den vergangenen zwanzig Jahren nachzuzeichnen. Dazu wurde der Zeitraum von 1986 bis 2005 in sechs hörgeschädigtenpäd]agogisch relevanten Fachzeitschriften nach Beiträgen durchsucht, die sich im engeren und weiteren Sinne mit dem Thema Cochlea Implantat beschäftigen. Folgende zentrale Fragen waren dabei ausschlaggebend:

- In welchem Zeitraum war die Publikationsdichte zum Thema CI am höchsten und warum?
- Wie hat sich die Haltung zum CI entwickelt, wie ist sie gegenwärtig zu beschreiben und welche Ursachen liegen diesen Positionen zugrun- de?
- Welchen Stellenwert nimmt das Thema CI zu welcher Zeit in den hör- geschädigtenpädagogischen Fachzeitschriften ein und welche inhaltli- chen Schwerpunkte sind dabei besonders bedeutsam?
- Welche Auswirkungen hatte das Cochlea Implantat auf die Hörbehin- dertenpädagogik und wie sind diese in den Zeitschriften dargestellt?

Das Spannungsfeld, in dem sich Kinder mit CI seit seiner Einführung befin- den ist bereits vielfach dargestellt worden. Eine zusammenfassende Darstel- lung, die vorwiegend Fachzeitschriften mit hörbehindertenpädagogischem Bezug in den Fokus nimmt, ist jedoch deshalb besonders wichtig, da gerade Fachzeitschriften ein wichtiges Forum für Meinungsaustausch und Diskussi- on darstellen. In Monographien wird normalerweise nur die Sichtweise eines Verfassers publiziert, wohingegen in Zeitschriften viele Autoren zu Wort kommen.

Gerade für Pädagogen im Umfeld von Schule und Unterricht ist es hilfreich, den Entwicklungsprozess der Diskussion um das Cochlea Implantat zu ken- nen, um selbst Stellung beziehen zu können und sinnvolle Konsequenzen für das eigene pädagogische Handeln abzuleiten.

1.2 Zielstellung

Erklärtes Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung des Cochlea Implantats für die Hörgeschädigtenpädagogik in Deutschland anhand des Stellenwerts, den dieses Thema in den hörbehindertenpädagogisch relevanten Fachzeitschrif- ten einnimmt, zu untersuchen. Das vergleichsweise junge Themenfeld des Cochlea Implantats wird dabei aus einer historischen Perspektive von den Anfängen der Implantationen in Deutschland Mitte der 1980er Jahre bis zu den aktuellen Diskussionen im Jahr 2005 beleuchtet. Dabei wurde sowohl quantitativ als auch qualitativ gearbeitet.

Darüber hinaus soll die Entwicklung der Diskussion um dieses Thema be- leuchtet werden, indem auf die unterschiedlichen Meinungen und Einstellun- gen, die in den einzelnen Zeitschriften postuliert wurden, eingegangen wird. Die Analyse der Zeitschriften und der darin veröffentlichten Beiträge soll letzt- lich dazu dienen, Antworten auf die in der Problemstellung genannten Fragen zu finden.

1.3 Terminologische Anmerkungen

In der Fülle an wissenschaftlicher Literatur zum Thema Cochlea Implantat trifft man auf die unterschiedlichsten Schreibweisen eben dieses Begriffs. Im englischsprachigen Raum existiert die einheitliche Schreibweise ‚Cochlear Implant’. Darauf aufbauend hat sich im deutschsprachigen Raum zeitweilig die Bezeichnung ‚Cochlear Implantat’ etabliert. Diese Bezeichnung ist jedoch irreführend, da der lateinische Begriff cochlear dem deutschen Begriff Löffel entspricht. Dieser wiederum steht jedoch in keinem Zusammenhang zur Hör- schnecke, die im deutschsprachigen Raum auch ausdrücklich als ‚Cochlea’ bezeichnet wird. Die englischsprachige Bezeichnung ‚Cochlear Implant’ wird jedoch auch sehr häufig in deutschsprachigen Publikationen verwendet (sie- he z.B. LEONHARDT 1997). In den ersten Jahren finden sich darüber hinaus die Bezeichnungen Innenohr-Implantat oder aber auch Kochleaimplantat (siehe LÖWE, 1986, S. 122). Alle aufgeführten Schreibvarianten existieren sowohl in zusammen geschriebener und getrennter Schreibweise, mit und ohne Bindestrich.

Diese Hinweise sind deshalb bedeutsam, da sich in dieser Arbeit fast jede der erwähnten Schreibweisen findet, weil sie von vielen Autoren unterschied- lich verwendet werden. Jeder dieser Begriff bezeichnet jedoch dasselbe In- strument. Die Schreibweise des Cochlea Implantats wurde in Zitaten und Literaturangaben immer wie im Original belassen.

In dem vom Autor selbst verfassten Teil der Arbeit wird ausschließlich der Begriff ‚Cochlea Implantat’ verwendet, da dieser für den deutschsprachigen Raum adäquat erscheint. Die gängige und allgemein anerkannte Abkürzung CI wird ebenso verwendet.

Synonym zu den auch im Titel der Arbeit verwendeten Begriffen ,hörbehindertenpädagogisch’ bzw. ,Hörbehindertenpädagogik’ werden in die- ser Arbeit die Begriffe ,hörgeschädigtenpädagogisch’ bzw.

,Hörgeschädigtenpädagogik’ verwendet.

2 Das Cochlea Implantat und seine Stellung in der Hörbehindertenpä dagogik

2.1 Begriffsbestimmung: Was ist ein Cochlea Implantat

Der Name Cochlea Implantat bezeichnet eine elektrische Hörprothese, die das Innenohr künstlich zu ersetzen versucht. Es ist eine medizintechnische Hörhilfe für Personen mit schwerer bis hochgradiger Schallempfindungs- schwerhörigkeit bzw. Taubheit. Bei dieser Art des Hörverlustes können Hör- geräte nur bedingt helfen, weil sie Schalleindrücke verstärken, die funktionell ausgefallene Hörschnecke diese Informationen jedoch nicht verarbeiten und weitergeben kann. Ein Cochlea Implantat umgeht den nicht funktionierenden Teil der Cochlea und liefert Schallsignale durch einen operativ ins Innenohr eingesetzten Elektrodenträger direkt an den Hörnerv. Es stellt die bislang einzige Möglichkeit dar, bei ausgefallenem Innenohr „auditive Sensationen, also Hörempfindungen und Sprachverstehen zu ermöglichen“ (MÜLLER- DEILE 2004, S. 158).

Cochlea Implantate ersetzen die Funktion des Cortischen Organs (LEON- HARDT 1997, S.12) und stimulieren die Sinneszellen in der Cochlea auf e- lektronischem Weg. Sie werden sowohl bei kongenital gehörlosen Säuglin- gen und Kleinkindern als auch bei prä- oder postlingual ertaubten Kinder und Erwachsenen erfolgreich eingesetzt.

2.2 Bestandteile und Funktionsweise eines Cochlea Implantats

Aufgrund der Komplexität seines Aufbaus wird in der Literatur immer wieder auch von Cochlea Implantat Systemen gesprochen.

Im Folgenden werden Aufbau und Funktionsweise eines Cochlea Implantat Systems des österreichischen Herstellers MED-EL beschrieben. Der Aufbau von Systemen konkurrierender Hersteller wie z.B. Cochlear (Nucleus) oder Advanced Bionics (Clarion) unterscheidet sich geringfügig, ist aber vom Grundprinzip identisch. Deshalb kann die folgende Beschreibung exempla- risch für alle gängigen Cochlea Implantat Systeme gelten.

Ein Cochlea Implantat System besteht aus zwei Hauptteilen:

1. Das Implantat

Es wird operativ unter die Haut platziert und besteht aus einem Elektronikge- häuse, einem Elektrodenträger und einer Referenzelektrode. Der Elektroden- träger wird bei der Operation in die Cochlea eingeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Implantierbarer Teil des Cochlea Implantat Systems Quelle: Fa. MED-EL

(http://www.medel.com/LANG/GER/10_Understanding_CI/20_Understanding_the_CI/040_u nderstanding_ci.asp)

2. Der Sprachprozessor

Er wird ähnlich wie ein HdO-Hörgerät hinter dem Ohr getragen und besteht aus einer Prozessoreinheit (mit Mikrofon, Lautstärke- und Empfindlichkeits- regler), einem Batterieteil und einer Spule mit Kabel. Die Spule wird über ei- nen Magneten mit dem implantierten Teil des CIs verbunden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Externer Teil des Cochlea Implantat-Systems Quelle: Fa. Med-El

(http://www.medel.com/LANG/GER/10_Understanding_CI/20_Understanding_the_CI/040_u nderstanding_ci.asp)

Cochlea Implantat Systeme wandeln Schall in elektrische Pulse um. Diese elektrischen Pulse stimulieren den Hörnerv, und das Gehirn interpretiert sie als akustisches Ereignis. Da das Gehirn Schallinformationen sehr schnell erhält, hört man das Schallereignis zum Zeitpunkt, zu dem es auftritt.

Die Schallwellen werden vom Mikrofon des Sprachprozessors aufgenommen und in elektrische Signale umgewandelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Schemaskizze eines implantierten CI-Systems Quelle: Fa. MED-EL

(http://www.medel.com/LANG/GER/10_Understanding_CI/20_Understanding_the_CI/050_h ow_ci_works.asp#)

Der Sprachprozessor analysiert die über das Mikrofon empfangenen Schall- schwingungen und wandelt sie in ein spezielles elektrisches Pulsmuster um. Dieses Pulsmuster wird zur Spule und anschließend durch die Haut zum Implantat geleitet. Das Implantat entschlüsselt das Pulsmuster und leitet es an die Elektroden in der Cochlea weiter. Die Elektroden stimulieren daraufhin die Sinneszellen der Cochlea.

Der Hörnerv empfängt das Signal und schickt es an das Hörzentrum im Ge- hirn. Das Gehirn erkennt das Signal schließlich als akustisches Ereignis (Ge- räusch, Sprache).

2.3 Indikationen für und gegen eine Cochlea-Implantation

Grundsätzlich kommt eine Cochlea-Implantation immer dann in Frage, wenn eine beidseitige Innenohrtaubheit vorliegt und der Hörnerv und das zentrale Gehörsystem funktionsfähig sind (LENARZ 1998, S. 15). SZAGUN (2001, S.

65) hält das CI in diesem Fall gar für die bestmögliche Hilfe, da selbst mit hochverstärkenden Hörgeräten für diese Personen kein Wortverständnis mehr erzielt werden könnte. Inzwischen wird empfohlen, die Versorgung mit einem CI möglichst innerhalb der ersten beiden Lebensjahre, spätestens je- doch bis zum dritten Lebensjahr vorzunehmen.

Kontraindikationen:

LENARZ (1998, S. 104) verweist in seiner Publikation auf eine Reihe von Bedingungen, unter denen keine Implantation vorgenommen werden sollte. Zu diesen Kontraindikationen gehören vor allem:

„- Verwertbares Hörvermögen mit konventionellen Hörgeräten
- Neuronale Taubheit
- Schwere intellektuelle Defizite
- Schwere Innenohrmissbildungen
- Mittelohraffektionen
- Alter über 8 Jahre bei kongenitaler/prälingualer Taubheit
- Fehlende Rehabilitationsfähigkeit oder Einrichtung für eine postoperative Rehabilitation“

Bis etwa Mitte der neunziger Jahre wurden Kinder mit vorhandenen Hörres- ten grundsätzlich nicht mit einem CI versorgt. Inzwischen hat sich allerdings die Auffassung durchgesetzt, dass auch bei Innenohrschwerhörigen mit Restgehör eine CI-Versorgung die möglichen Erfolge von Hörgeräten bei der Sprachentwicklung übertrifft (GÜNTHER 2002a, S. 8). Obwohl diese Auflis- tung nach wie vor grundsätzliche Gültigkeit hat, werden auch einige andere der hier aufgeführten Kontraindikationen inzwischen neu diskutiert. Darauf wird im Verlauf dieser Arbeit noch genauer eingegangen.

2.4 Historische Entwicklung des Cochlea Implantats

„Die Geschichte des Cochlea Implantats beginnt mit dem Bemühen, das funktionell ausgefallene Innenohr durch elektrische Impulse zu ersetzen“ (LEHNHARDT 1997, S. 19). Die ersten, die dies über eine implantierte Drahtspule versuchten, waren der Ohrenarzt EYRIES und der Physiker DJOURNO in Paris. 1957 wurde ihr erster Patient implantiert, mit sehr be- schränktem aber dennoch messbarem Erfolg. In Deutschland, vor allem aber in den USA und Australien, versuchten sich von da an diverse Mediziner und Ingenieure an der konzeptionellen und technischen Weiterentwicklung dieses Systems, was dazu führte, dass seit den 1960er Jahren weltweit verschiede- ne Systeme dieser elektrischen Innenohrprothese implantiert wurden. Erst mit der professionellen Fertigung von CIs durch die Firma Nucleus setzte sich eine intracochleäre und mehrkanalige Version als gängige Variante durch.

In den frühen 1980er Jahren begann man, angeregt von den Erfolgen in Australien, auch in Deutschland und Österreich mit der Implantation von Cochlea Implantaten, zunächst jedoch ausschließlich bei ertaubten Erwach- senen. Obwohl schon Anfang der achtziger Jahre in Los Angeles Cochlea Implantationen bei Kindern vorgenommen wurden, verhielten sich deutsche HNO-Ärzte zunächst zurückhaltend auf diesem Gebiet. Bevor man Kinder mit CIs ausstattete, sollte sich das System bei in Deutschland implantierten Erwachsenen als effektiv erwiesen haben (vgl. LEHNHARDT 1997, S. 25). Nachdem dieses Kriterium als erfüllt angesehen werden konnte, wagte man 1986 die ersten Implantationsversuche bei durch Meningitis ertaubten Klein- kindern Schnell wurde die Möglichkeit erkannt, auch gehörlos geborenen Kindern durch das CI die Wahrnehmung von akustischen Ereignissen möglich zu machen. Dazu bestand jedoch die Notwendigkeit einer frühzeitigen Implanta- tion, um dem Gehirn so früh wie möglich die Verarbeitung auditiver Sprach- eindrücke zu ermöglichen. Bei entsprechend früh erfasstem Hörschaden kann heute schon in den ersten Lebensmonaten eine CI-Versorgung stattfin- den.

Inzwischen ist die Cochlea Implantation in der HNO-Medizin zu einem fast alltäglichen Eingriff geworden, den in Deutschland viele Kliniken durchführen können. Die Medizinische Hochschule Hannover, in Person des HNO-Arztes LEHNHARDT, war hierzulande Pionier auf diesem Gebiet und beherbergt bis heute das größte und eines der wichtigsten CI-Zentren der Welt.

2.5 CI-Träger im Bildungswesen für Hörgeschädigte in Deutschland

Gemessen an den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung von GRO- ßE aus dem Jahr 2003 nimmt die Population der CI-Kinder an den Schulen für Hörgeschädigte noch einen vergleichsweise niedrigen Stellenwert ein. Insgesamt wurden in diesem Forschungsprojekt 1179 Hörbehinderte mit ei- nem Cochlea Implantat in 71 unterschiedlichen Einrichtungen für Hörbehin- derte erfasst. Bezogen auf die Gesamtzahl der dort betreuten Kinder und Jugendlichen (15848) beträgt der Anteil der Hörbehinderten, die mit einem CI versorgt sind, 7,4 % (vgl. GROßE 2003, S. 33). Dieser Prozentsatz erscheint vergleichsweise gering.

Zum Vergleich: Der Anteil der Hörgeräteträger an der Gesamtpopulation der hörgeschädigten Kinder und Jugendlichen beträgt in dieser Untersuchung 56,9 % (GROßE 2003, S. 33).

Ausdrücklich berücksichtigt werden muss bei dieser Sichtweise jedoch, dass dabei ausschließlich diejenigen CI-Träger erfasst wurden, die auch an Bil- dungseinrichtungen für Hörgeschädigten gefördert wurden.

Aufgrund der hohen Anzahl an integrativ geförderten Kindern mit einem Cochlea Implantat in Regelkindergärten (GROßE 2003, S. 35) ist davon aus- zugehen, das ein vergleichsweise großer Anteil CI-versorgter Kinder auch integrativ beschult werden kann. Aus den Daten einer aktuellen Stichprobe des Cochlear Implant Centrums Berlin-Brandenburg geht hervor, dass 31 % der CI-versorgten Kinder nach der Implantation in einer Integrationseinrich- tung untergebracht werden können und 23 % sogar in einer Regeleinrich- tung, während zusammen nur 37 % der dort erfassten Kinder ein Förderzent- rum für Schwerhörige oder Gehörlose besuchen (ZICHNER, BERGER, AUST 2004, S. 26). Betrachtet man diese Daten als repräsentativ, so ist da- von auszugehen, dass nur ca. ein Drittel der CI-Träger eine hörbehinderten- pädagogische Sondereinrichtung besucht. Möglicherweise handelt sich hier- bei jedoch um ein regionales, auf Berlin und Brandenburg bezogenes Phä- nomen. Die Daten, die einer Untersuchung von DILLER zugrunde liegen stammen aus dem CIC Rhein-Main und führen zu leicht abweichenden Er- gebnissen: Danach besuchen zwar 61 % der Kinder, bei denen die Implanta- tion zum Untersuchungszeitpunkt zwei Jahre zurücklag eine Regeleinrich- tung; bei Kindern, deren Implantation jedoch vier oder sechs Jahre zurück- liegt, sind diese Werte mit 40% bzw. 44 % deutlich geringer (DILLER 2002, S. 60). Auf das gesamte Bundesgebiet bezogen kann also angenommen werden, das zwischen der Hälfte und zwei Drittel der Kinder mit CI eine In- tegrations- oder Regeleinrichtung besuchen. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass ein recht großer Teil dieser Kinder trotzdem zusätzlich sonderpädago- gisch gefördert wird. Dies wurde jedoch in den o. g. Untersuchungen nicht gesondert erfasst.

Es kann insgesamt davon ausgegangen werden, dass die Population der CI- Träger an Hörbehindertenschulen noch weiter zunehmen wird. Viele Kinder, die in den letzten Jahren in sehr jungem Lebensalter mit einem Cochlea Imp- lantat versorgt wurden, erreichen jetzt erst das schulpflichtige Alter. Mit dem wachsenden Informationsstand der Eltern (davon ist aufgrund zunehmender Beratungsangebote und Informationsmöglichkeiten auszugehen), sinkt die Skepsis oder Angst vor dem CI und es werden sich voraussichtlich immer mehr Eltern für ein Cochlea Implantat entscheiden, je mehr Kinder bereits erfolgreich mit einem CI versorgt sind. Dies belegen auch die Ergebnisse einer Untersuchung von LEONHARDT (2005, S. 105), nach denen zuneh- mend auch gehörlose Eltern ihre gehörlos geborenen Kinder mit einem CI versorgen lassen .

Dass es sich bei der Population der CI-Träger nicht um eine zu vernachlässi- gende Größe handelt, belegt also nicht nur die Zahl der Kinder die direkt in einer hörgeschädigtenpädagogischen Spezialeinrichtung versorgt werden, sondern gerade auch der erfreulicherweise große Anteil der Kinder, denen das Cochlea Implantat zu einer besseren schulischen und gesellschaftlichen Integration verholfen hat.

3 Die Bedeutung von Zeitschriften für den fachwissenschaftlichen Diskurs

Fachzeitschriften gehören innerhalb der Klassifikation von Presseerzeugnis- sen ebenso wie beispielsweise Zeitungen zur Gruppe der periodisch er- scheinenden Druckerzeugnisse (vgl. BÖHME 1992, S. 15). Wesentliches Merkmal von Zeitschriften ist ihre normalerweise regelmäßige Erschei- nungsweise, Periodizität genannt. Die in dieser Arbeit ausgewerteten Zeit- schriften erscheinen zweimonatlich, vierteljährlich, dreimal jährlich, halbjähr- lich und jährlich.

Daneben gehören Merkmale wie Aktualität, Publizität, Kontinuität, Mannigfal- tigkeit der Berichterstattung sowie die Herausstellung wissenschaftlicher Merkmale zu einer treffenden Beschreibung des Mediums Fachzeitschrift (BÖHME 1992, S. 21). Besonders die vergleichsweise hohe Aktualität perio- disch erscheinender Zeitschriften ist ein wesentlicher Faktor, der der Fach- zeitschrift ein hohes Gewicht innerhalb der Fachliteratur verleiht. STICKEL- WOLF und WOLF (2005, S. 131) halten Fachzeitschriftenartikel sogar für die fraglos wichtigste Informationsquelle innerhalb des Spektrums wissenschaft- lich relevanter Informationsträger, da in Fachzeitschriften der Schwerpunkt des wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts dokumentiert ist. Die Aktualität und Verfügbarkeit der neuesten internationalen wissenschaftlichen Erkennt- nisse ist für alle Bereiche der Forschung sowie für die Umsetzung von For- schungsergebnissen in die Praxis von wesentlicher Bedeutung (LAMP- RECHT 1986, S. 9). Diesem Anspruch kann die wissenschaftliche Fachzeit- schrift am ehesten gerecht werden.

Wichtige Aufgaben von Fachzeitschriften sind „Unterrichtung, Fortbildung und Belehrung fachlich und/oder beruflich interessierter Leser meist entspre- chender Vorbildung durch Schaffung eines Forums, auf dem die wissen- schaftlichen und praktischen Probleme diskutiert werden können“ (BÖHME 1992, S. 22). Gerade die Funktion als Diskussionsforum weist den Fachzeit- schriften einen besonderen Stellenwert zu, auf den im Folgenden noch ge- nauer eingegangen wird.

Wie jedes Medium erfüllt die Fachzeitschrift aber auch die Funktion der Be- einflussung der öffentlichen Meinung (vgl. BÖHME 1992, S. 17), selbst wenn sie sich ausschließlich die Dokumentation wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Aufgabe gemacht hat.

In einer Fachdisziplin wie der Hörgeschädigtenpädagogik, die verglichen mit anderen Wissenschaftsdisziplinen aufgrund ihrer hohen Spezifikation als ,exotisch’ angesehen wird, ist der Bereich der Fachliteratur überschaubar und speziell die Anzahl von Publikationen, die als Monographie heraus ge- bracht werden, nicht besonders groß.

Dies liegt zweifellos in der Tatsache begründet, dass sich der Absatzmarkt für solche Bücher vorwiegend auf Personen beschränkt, die entweder von einer solchen Behinderung direkt oder indirekt betroffen sind oder die sich aufgrund beruflicher Belange damit befassen.

Um so wichtiger ist in einem solch kleinen Fachgebiet die Rolle, die Fach- zeitschriften einnehmen. Im Unterschied zu Monographien, die normalerwei- se den aperiodischen Presserzeugnissen zugerechnet werden (BÖHME 1992, S. 15), können in Fachzeitschriften aufgrund der regelmäßigen Er- scheinungsweise wissenschaftliche Erkenntnisse vergleichsweise zeitnah veröffentlicht und diskutiert werden. Teilweise werden sogar Forschungspro- jekte bereits im laufenden Prozess in Fachzeitschriften vorgestellt oder Vora- bergebnisse auszugsweise veröffentlicht, bevor die Ergebnisse dann ge- sammelt in einem Buch oder als Zeitschriftenartikel erscheinen.

Außerdem ist gerade ein Diskurs nur in sehr beschränkter Form auf der Ba- sis von Monographien möglich. In Zeitschriften kann aufgrund der regelmä- ßigen Erscheinungsweise ein Meinungs- und Positionsaustausch stattfinden, an dem alle Interessierten teilhaben können und der damit gerade aufgrund der Dialektik auch zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn beiträgt: „Im Rahmen der publizierten wissenschaftlichen Ergebnisse nimmt die Form der Veröffentlichung in einer Zeitschrift einen bedeutenden Platz ein“ (LAMP- RECHT 1986, S. 11).

Um dieser besonderen Bedeutung wissenschaftlicher Fachzeitschriften Rechnung zu tragen ist die gezielte Auswertung hörgeschädigtenpädago- gisch relevanter Zeitschriften nach Beiträgen, die das Cochlea Implantat betreffen, auch Hauptgegenstand dieser Arbeit. Mit dieser zeitschriftenbasierten Dokumentation und Analyse wird versucht, den Stellenwert des CIs und seine Entwicklung innerhalb der Hörgeschädigtenpädagogik treffend zu beleuchten.

4 Das Cochlea Implantat in der hörbehindertenpädagogischen Fachpresse der DDR

In der DDR existierten auch hörbehindertenpädagogische Fachzeitschriften, wie z.B. Gemeinsam – Organ des Gehörlosen- und Schwerhörigenverban- des der DDR oder deren Vorgänger DGZ – Zeitschrift für Hörgeschädigte der DDR. Diese werden in diesem Absatz gesondert betrachtet und nicht in die quantitative Auswertung mit einbezogen, da die Anzahl der Artikel zum Coch- lea Implantat, die zu berücksichtigen gewesen wären, zu gering ist.

Die Möglichkeit zur Cochlea Implantation nahm in diesen Zeitschriften nie einen wichtigen Stellenwert ein. Dies liegt zweifellos darin begründet, dass die Zeitschrift Gemeinsam – Organ des Gehörlosen- und Schwerhörigenver- bandes der DDR 1991 und damit kurz nach der Wiedervereinigung mit der Bundesrepublik Deutschland eingestellt wurde und zu diesem Zeitpunkt die Medizintechnologie noch nicht so weit fortgeschritten war, das Implantatio- nen an einer signifikant großen Population durchgeführt wurden. In einem Beitrag von Das Zeichen wird sogar irrtümlich behauptet, das CI hätte zu DDR-Zeiten noch gar nicht existiert (vgl. HEßMANN 1994, S.120). In der Zeitschrift Gemeinsam wird jedoch in drei Beiträgen zwischen 1987 und 1990 auf Cochlea Implantationen eingegangen. Ursprünglich wurden in der DDR von der Technischen Universität Karl-Marx-Stadt eigene Implantate entwi- ckelt und an der Berliner Charité implantiert (FISCHER 1987, S. 29), offenbar jedoch nicht mit lang anhaltendem Erfolg. Wie aus Abbildungen zu entneh- men ist, unterschieden sich diese Implantate in Aufbau und Funktions- und Implantationsweise erheblich von den in der westlichen Welt verwendeten Geräten (vgl. FISCHER 1987, S. 28). Es wurde sogar noch das zu Beginn der 1980er Jahre in der ‚westlichen Welt’ übliche Prinzip der offenen Ste- ckerverbindung mit perkutaner Übertragung verwendet, das heißt die Ste- ckerverbindung zum Implantat ragte durch die Haut nach außen, anstatt der inzwischen üblichen induktiven drahtlosen Übertragung.

Auffällig ist, dass die Autorin schon von der komplett implantierbaren Prothe- se als Zukunftsziel spricht und auch die Implantation von Kleinkindern in Er- wägung zieht. Die an der Charité verwendete Operationsmethode sei sogar „für die Implantation der Prothese bei Kindern im Gegensatz zu internationa- len Techniken ideal“ (vgl. FISCHER 1987, S. 31). Dies erscheint insofern erstaunlich, als dass es letztlich in der DDR nicht zu Implantationen von Kleinkindern kam.

In Ausgabe 5/1988 erschien ein Interview mit einem Oberarzt der Berliner Charité über die Möglichkeiten und Chancen einer „Gehörprothese“. Daraus geht hervor, dass große Hoffnungen auf das CI gesetzt wurden; man hoffte langfristig 2000 bis 4000 Patienten allein in der DDR damit ausstatten zu können (vgl. BERNDT 1988, S. 28). Die Implantate stammten inzwischen von dem österreichischen Hersteller MED-EL (GROßE, 2006), der zu diesem Zeitpunkt seine ersten serienreifen CIs auf den Markt brachte. Tatsächlich gab es bis zur Wiedervereinigung 1990 jedoch nur sehr wenige Implantatio- nen. ILCHMANN (1990, S. 23) spricht in ihrem Beitrag von „14 von Geburt an gehörlosen Menschen im Alter von 14 bis 39 Jahren“, die mit einer „Innen- ohrprothese“ ausgestattet wurden. Besonders erstaunlich ist, dass in diesem Zusammenhang über positive Ergebnisse in der Rehabilitation berichtet wird. Nach mehr als einem Jahr im Hörtraining könnten alle betreuten Patienten „die elementaren Stufen für das Hören gut bis sehr gut bewältigen“ (ILCH- MANN 1990, S. 23). Dabei kann es sich eigentlich nur um sehr basale Kom- petenzen gehandelt haben, denn nach gegenwärtiger neurologischer Lehr- meinung ist eine CI-Implantation bei von Geburt an Gehörlosen in derart fort- geschrittenem Lebensalter nicht erfolgsversprechend, da das Gehirn dann nicht mehr in der Lage ist, auditive Spracheindrücke adäquat zu verarbeiten. Die positiven Ergebnisse beziehen sich wohl vor allem auch auf die Perzep- tion und Diskrimination von Tönen und Lauten. ILCHMANN (1990, S. 23) macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass hohe Erwartungen, die Spra- che wie Hörende zu verstehen, durch die Innenohrprothese nicht zu erfüllen sind und berichtet auch von Problemen bei der Sprachperzeption. Die Ge- schichte des Cochlea Implantats in der DDR war folglich von recht kurzer Dauer und ging schließlich in den gesamtdeutschen Bemühungen um die CI- Technologie auf, über die in den folgenden Kapiteln ausführlich berichtet wird.

5 Methodisches Vorgehen

5.1 Auswahl und Ausschluss von Fachzeitschriften

5.1.1 Ausgewählte Zeitschriften

Gegenstand der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchung sind deutschsprachige Fachzeitschriften mit hörbehindertenpädagogischem Be- zug. Die sechs ausgewerteten Zeitschriften werden im Folgenden kurz vor- gestellt:

Hörgeschädigtenpädagogik

Die Zeitschrift Hörgeschädigtenpädagogik wird seit 1971 als Folgeblatt der Blätter für Taubstummenbildung (erschienen von 1887 bis 1934) und der Neuen Blätter für Taubstummenbildung (erschienen von 1946 bis 1970) vom Bund Deutscher Taubstummenlehrer (BDT) herausgegeben. 1991 wurde der BDT in Berufsverband Deutscher Hörgeschädigtenpädagogen (BDH) umbe- nannt. Im untersuchten Zeitraum (seit 1986) erschien die Zeitschrift Hörge- schädigtenpädagogik mit jeweils sechs Ausgaben pro Jahr.

Die Zeitschrift Hörgeschädigtenpädagogik gilt aufgrund der vergleichsweise häufigen Erscheinungsweise und des großen Einflusses des BDH auf die Hörgeschädigtenpädagogik in Deutschland als eines der bedeutendsten Fachblätter für hörgeschädigtenpädagogische Themen im deutschsprachi- gen Raum

hörgeschädigte kinder

Die Zeitschrift hörgeschädigte kinder erschien von 1964 bis 2002 vierteljähr- lich und wurde von der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Hör- Sprach-Geschädigten herausgegeben.

Seit 2003 erscheint die Zeitschrift unter dem Titel hörgeschädigte Kinder, erwachsene hörgeschädigte und hat damit auch nach außen sichtbar ihren Schwerpunkt auf das Erwachsenenalter erweitert. Herausgeber ist seitdem die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e. V. Trotz der Veränderung des Titels und dem Wechsel des Herausgebers handelt es sich noch um dieselbe Zeitschrift, da optisches Erscheinungsbild, Schriftleitung und Redaktion erhalten geblieben sind. hörgeschädigte kinder erschien über den gesamten betrachteten Zeitraum mit vier Ausgaben pro Jahr.

Sprache - Stimme - Gehör

Wie schon dem Titel zu entnehmen ist, hat die Zeitschrift Sprache - Stimme - Gehör keinen ausschließlich hörgeschädigtenpädagogischen Schwerpunkt. Darauf weist auch der Untertitel Zeitschrift für Kommunikationsstörungen hin. Die Hörgeschädigtenpädagogik ist neben der Sprachbehindertenpädagogik jedoch der zentrale Bezugspunkt der Zeitschrift. Sprache-Stimme-Gehör zeichnet sich durch einen recht deutlichen medizinisch-audiologischen Fokus aus. Herausgegeben wird sie von der Deutschen Logopädischen Gesell- schaft und erscheint seit 1977 mit vier Ausgaben pro Jahr.

Das Zeichen

Das Zeichen erscheint seit 1987 und wird herausgegeben von der Gesell- schaft für Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser e.V.. Von 1988 bis 2002 erschien die Zeitschrift vierteljährlich, seit 2003 nur noch mit drei Ausgaben pro Jahr.

Diese sehr umfangreiche Zeitschrift zeichnet sich besonders durch ihren Fo- kus auf die Gehörlosenkultur und die Gebärdensprache aus und ist damit die wichtigste speziell gehörlosenspezifische Fachzeitschrift im deutschsprachi- gen Raum.

Forum

Die hörgeschädigtenpädagogische Fachzeitschrift Forum wird seit 1993 vom Deutschen Fachverband für Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik (DFGS) herausgegeben. In den ersten Jahren ihres Bestehens erschien sie halbjährlich, seit 2001 jedoch nur noch mit einer Ausgabe pro Jahr. Im Forum werden sowohl aktuelle hörbehindertenpädagogische Themen diskutiert als auch verbandsinterne Neuigkeiten publiziert. Es ist somit gleichermaßen eine fachwissenschaftliche Zeitschrift als auch ein für Verbandsmitglieder bedeut- sames Informationsforum.

Spektrum Hören

Spektrum-Hören - Zeitschrift für lautsprachliche Erziehung hörgeschädigter Kinder wird herausgegeben von der Bundesgemeinschaft der Eltern und Freunde hörgeschädigter Kinder e.V..

Wie dem Untertitel zu entnehmen ist, liegt ihr Schwerpunkt auf der Berichter- stattung über die lautsprachliche Förderung hörgeschädigter, besonders schwerhöriger und ertaubter Kinder. In Spektrum Hören kommen Fachwis- senschaftler, aber auch Betroffene und ihre Angehörigen zu Wort. Sie er- scheint seit 1995 als Folgezeitschrift der Verbandszeitschrift Mitteilungen, die aufgrund ihrer mangelnden wissenschaftlichen Relevanz nicht mit in die Un- tersuchung einbezogen wurde.

Von 1995 bis 1998 erschien Spektrum Hören sechs mal pro Jahr, seit 1999 jedoch nur noch vierteljährlich.

Insgesamt wurden im Rahmen dieser Untersuchung über 500 Zeitschriften- beiträge erfasst, gelesen und ausgewertet. Dabei handelt es sich sowohl um mehrseitige fachwissenschaftliche Artikel als auch um Berichte oder kurze Mitteilungen, die häufig nicht einmal eine ganze Zeitschriftenseite einneh- men. Im Literaturverzeichnis dieser Arbeit sind nur die Beiträge aufgeführt, auf die sich im Text ausdrücklich bezogen wird oder die wörtlich zitiert sind.

5.1.2 Nicht berücksichtigte Zeitschriften

Über die oben vorgestellten Zeitschriften hinaus existiert eine Vielzahl weite- rer Zeitschriften, in denen das Cochlea Implantat thematisiert wird und wur- de. Diese berichten jedoch vorwiegend aus medizinischer und audiologischer Perspektive. Dazu zählen z. B. die Zeitschriften Hörbericht, Laryngo-Rhino- Otologie oder Zeitschrift für Audiologie. In diesen Zeitschriften wird detailliert auf Operationstechniken bei der Implantation von CIs oder die individuelle Anpassung von Sprachprozessoren berichtet. Dennoch wurden diese Zeit- schriften in der Untersuchung nicht berücksichtigt, da sie kaum eine pädago- gische Relevanz haben und damit nicht als hörbehindertenpädagogische Fachzeitschrift gelten können. Außerdem nicht berücksichtigt wurden Zeit- schriften, die zwar einen pädagogischen Schwerpunkt haben, aber ihren Fo- kus ausdrücklich auf die Sprachheilpädagogik und Logopädie richten, wie zum Beispiel die Zeitschrift Die Sprachheilarbeit.

Ebenfalls von der Untersuchung ausgeschlossen wurde die Zeitschrift „Die Schnecke“, obwohl darin durchaus auch auf pädagogische Konsequenzen einer Cochlea Implantation eingegangen wird. Da diese von der Deutschen Cochlear Implant Gesellschaft (DCIG) herausgegebene Fachzeitschrift sich jedoch ausschließlich mit CIs und cochlea-implantierten Personen befasst, erwies sie sich als ungeeignet um einen Entwicklungsverlauf in Bezug auf Publikationshäufigkeit und die relative Bedeutung des Themas CI im Verhält- nis zu anderen pädagogisch relevanten Themen auszuarbeiten.

Nicht mit in die Untersuchung einbezogen wurden ebenso die Beihefte zur Zeitschrift Hörgeschädigtenpädagogik, in denen einmal pro Jahr ausgewählte hörbehindertenpädagogisch relevante Inhalte vertiefend dargestellt werden. Diese Beihefte sind jedoch aufgrund ihres Umfanges und der Erscheinungs- weise eher als Monographie zu werten. In den meisten Katalogen werden sie auch als solche geführt und wurden deshalb von der Untersuchung ausge- schlossen.

Ebenfalls ausgeschlossen wurden Verbandszeitschriften, die vor allem als Mitteilungs- und Informationsforum für Mitglieder dienen und in denen auch, aber nur wenige Beiträge aus fachwissenschaftlicher Perspektive publiziert werden. Dazu gehören vor allen die Verbandszeitschriften des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB), DSB-Report und des Deutschen Gehörlosen- bundes (DGB), Deutsche Gehörlosenzeitung (DGZ), die nicht als Fachzeit- schriften bezeichnet werden können und damit gemäß der Themenstellung der Arbeit auch in diese Untersuchung nicht mit einbezogen werden.

Obwohl es sich bei den Zeitschriften Hörgeschädigtenpädagogik, Spektrum Hören und Forum im erweiterten Sinne auch um Verbandszeitschriften han- delt wurden sie nicht von der Untersuchung ausgeschlossen, weil es sich um Organe von Pädagogen- oder Elternverbänden handelt, die vorwiegend Arti- kel mit fachwissenschaftlichem Hintergrund veröffentlichen. Damit werden sie zu den Fachzeitschriften gezählt und auch als für diese Untersuchung rele- vant erachtet.

Nicht in die Untersuchung mit einbezogen wurden außerdem fremdsprachige Fachzeitschriften, da anzunehmen ist, dass diese keine Auskünfte über den Stellenwert des Cochlea Implantats in Deutschland geben. Eine vergleichen- de Perspektive auf deutschsprachige und fremdsprachige Fachzeitschriften wäre ein möglicher weiterer Forschungsgegenstand, der über die Themenstellung dieser Arbeit hinaus geht.

5.2 Zeitrahmen

In den sechs oben erwähnten Fachzeitschriften wurde ein Zeitraum von zwanzig Jahren systematisch untersucht und ausgewertet. Es erschien sinn- voll, dabei von 1986 auszugehen, dem Jahr, in dem in Deutschland erste Cochlea-Implantationen an Kindern vorgenommen wurden (DILLER 1997, S. 9) und dies bis zum Jahr 2005 fortzuführen, um besonders auch den aktuel- len Stellenwert des Themas im fachwissenschaftlichen Diskurs bewerten zu können.

Zweifellos ist es nicht auszuschließen, dass auch bereits vor 1986 in einigen dieser Zeitschriften über das CI berichtet wurde. Diese möglicherweise vor- handenen Beiträge können jedoch als nicht relevant betrachtet und damit vernachlässigt werden, da sie sich zweifellos auf Implantationsversuche bei Erwachsenen beschränken. Erst mit dem Beginn der Implantation von Kin- dern war ein pädagogischer Bezug hergestellt, der letztlich auch bewirkte, dass dem Thema in der hörgeschädigtenpädagogischen Fachpresse zu- nehmend mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Veröffentlichungen nach 2005 wurden nicht mehr berücksichtigt, da zum Zeitpunkt der Erstellung der Arbeit der Jahrgang 2006 nicht vollständig vorlag und somit auch nicht objektiv bewertet werden konnte.

5.3 Datenerhebung

Im ersten Untersuchungsgang wurden die einzelnen Jahrgänge der Zeit- schriften auf die Anzahl der Beiträge untersucht, die das Cochlea Implantat zum Thema haben. In der Zusammenschau lässt sich so der quantitative Wert des Themas CI verteilt auf die einzelnen Jahrgänge grafisch darstellen (siehe Kap. 6.1). Erfasst wurden zunächst alle Beiträge, in denen das Coch- lea Implantat als Hauptgegenstand besprochen wurde. Dies ging meist schon aus dem Titel des Beitrags hervor. Neben fachwissenschaftlichen Arti- keln handelt es sich dabei vor allem um Leserbriefe, Buchbesprechungen, Stellungnahmen, Mitteilungen oder Veranstaltungsberichte. Ebenfalls erfasst wurden Beiträge, in denen das Cochlea Implantat nicht oder nicht der einzige Hauptaspekt war, die sich aber trotzdem mit dem CI als einem zentralen As- pekt beschäftigten. Dies ging meistens nicht aus dem Titel des Beitrags her- vor, sondern die Erfassung dieser Beiträge bedurfte einer genaueren inhaltli- chen Analyse.

Diese Beiträge werden in den Grafiken gesondert aufgeführt, da sie einen anderen Hauptgegenstand als das CI hatten, es aber dennoch als Randas- pekt mit vergleichsweise geringer Bedeutung erwähnt oder diskutiert wurde. Diese Beiträge sind im Folgenden mit der Bemerkung „Erwähnung“ gekenn- zeichnet.

Im zweiten quantitativen Untersuchungsgang wurden die erfassten Beiträge nach unterschiedlichen Kriterien weiter untersucht. So wurde erfasst um wel- che Art von Zeitschriftenbeitrag es sich handelt, welchen fachwissenschaftli- chen Schwerpunkt der jeweilige Artikel bzw. Verfasser hat, welche wesentli- che Absicht der Autor mit der Veröffentlichung verfolgt und welche Funktion der Beitrag dadurch einnimmt sowie welche Einstellung oder Grundhaltung zum CI in diesem Artikel vermittelt wird.

Um eine bessere Übersichtlichkeit und Verwertbarkeit der Daten zu errei- chen, wurden auf Grundlage der Ergebnisse des ersten quantitativen Unter- suchungsschrittes die untersuchten Jahrgänge in drei sinnvolle Gruppen zu- sammengefasst:

1. Jahrgang 1986 bis 1993
2. Jahrgang 1994 bis 1999
3. Jahrgang 2000 bis 2005

Bei Zeitschriften, deren Erstveröffentlichung nach 1986 lag, wurde entspre- chend erst mit dem ersten Erscheinungsjahrgang begonnen und folglich ge- gebenenfalls nur zwei Jahrgangsgruppen gebildet.

Aus den Ergebnissen dieses zweiten Untersuchungsganges lassen sich auch wesentliche qualitative Aussagen ableiten, die in Kapitel 7 vertiefend dargestellt werden.

6 Quantitative Auswertung

6.1 Ergebnisse des ersten Untersuchungsgangs: Publikationshäufigkeit

6.1.1 Untersuchte Zeitschriften

6.1.1.1 Hörgeschädigtenpädagogik

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Entwicklung der Häufigkeit von Publikationen zum CI in der Zeitschrift Hörgeschädigtenpädagogik

Die Entwicklung der Publikationshäufigkeit verläuft in der Zeitschrift Hörge- schädigtenpädagogik zwischen 1986 und 1993 auf relativ gleichmäßigem aber niedrigem Niveau. Von 1993 bis 1996 nimmt die Anzahl der Beiträge zum CI pro Jahrgang stark zu, danach bis zum Jahr 2000 wieder um etwa die Hälfte ab. Zwischen 2000 und 2001 ist dann wieder ein Anstieg zu ver- zeichnen, gefolgt von einer erneuten Abnahme. 2004 und 2005 ist mit jeweils sechs Beiträgen wieder ein Wert wie etwa zu Beginn der neunziger Jahre erreicht .

6.1.2.2 hörgeschädigte kinder

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Entwicklung der Häufigkeit von Publikationen zum CI in der Zeitschrift hörgeschädigte kinder

In der Zeitschrift hörgeschädigte kinder verläuft die Entwicklung der Publika- tionshäufigkeit in zwei sehr ähnlichen Wellen. Der Kurvenverlauf von 1986 bis 1995 gleicht sehr stark dem Verlauf von 1996 bis 2005. Einer Phase mit schwankender aber recht niedriger Anzahl von Beiträgen folgt ein steiler An- stieg mit einem kurzen Höhepunkt und anschließender steiler Abnahme. Zwischen 1992 und 1994 sowie zwischen 2001 und 2003 wird jeweils eine große Anzahl von Beiträgen veröffentlicht. In den Jahrgängen zwischen 1995 und 1998, den Jahrgängen mit den insgesamt meisten Artikeln, wird in hör-geschädigte kinder nur sehr wenig zum Cochlea Implantat veröffentlicht

[...]

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Das Cochlea-Implantat im Blickpunkt hörbehindertenpädagogisch relevanter Fachzeitschriften Deutschlands
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Rehabilitationswissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
112
Katalognummer
V119702
ISBN (eBook)
9783640236367
ISBN (Buch)
9783640238392
Dateigröße
1380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cochlea, Implantat, Blickpunkt, Fachzeitschriften, Deutschlands
Arbeit zitieren
Sebastian Baltes (Autor:in), 2006, Das Cochlea-Implantat im Blickpunkt hörbehindertenpädagogisch relevanter Fachzeitschriften Deutschlands, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119702

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Cochlea-Implantat im Blickpunkt hörbehindertenpädagogisch relevanter Fachzeitschriften Deutschlands



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden