Der Irak-Konflikt, der hier in der Zeit von 1990 - 2003 untersucht wird, ist in mehrfacher Hinsicht einmalig. Zum ersten Mal seit Gründung der UNO im Jahre 1945 versuchte ein Mitglied der Organisation ein anderes Mitgliedsland durch eine Aggression und nachfolgende Annexion auszulöschen. Gleichzeitig stellte der II. Golfkrieg einen Präzedenzfall dergestalt dar, dass das System kollektiver Sicherheit (SKS) im Sinne der UN-Charta seine volle Anwendung zu finden schien. Die neu gewonnene Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft ermöglichte die Errichtung des umfassendsten Sanktionsregimes in der Geschichte der UNO. Erstmals wurden Mitgliedstaaten durch ein Mandat des Sicherheitsrates zudem autorisiert, in den Krieg zu ziehen.
Der Optimismus, die UNO könne nun endlich die ihr zugedachte Rolle bei der Wahrung und Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit wahrnehmen, war zwar nicht unbegründet, rückblickend betrachtet aber zu hoch gegriffen. Denn die für die Funktionsfähigkeit des SKS der UNO notwendige Geschlossenheit der Staaten war nur von kurzer Dauer. Mitte der 90er-Jahre brach die Koalition des II. Golfkriegs infolge unterschiedlicher Ansichten darüber, wie der Irak zu einer Einhaltung seiner nach dem verlorenen Krieg 1991 eingegangenen Verpflichtungen bewogen werden könnte. Die Spaltung des Sicherheitsrates in der Irak-Frage führte im Frühjahr 2003 zu einer Lähmung des Gremiums. Ein Mandat für einen III. Golfkrieg wollte es nicht erteilen, konnte diesen aber auch nicht verhindern. Die UNO musste zusehen, wie die USA und ihre Alliierten einen völkerrechtlich höchst umstrittenen Krieg führten. Der Irak-Konflikt entwickelte sich mehr und mehr zum Prüfstein für die Handlungsfähigkeit des Sicherheitsrates und die Funktionsfähigkeit des UN-SKS insgesamt.
I. Einleitung
1. Darstellung des Themas
Über Nacht wich die Hoffnung auf eine bessere, konfliktfreiere Welt nach dem Ende des Ost-West-Konflikts der Ernüchterung. Mit dem Einmarsch des Irak in Kuwait führte Saddam Hussein im August 1990 der internationalen Staatengemeinschaft vor Augen, dass er nicht gewillt war, sich den Prinzipien des mit der United Nations Organization (UNO) errichteten Systems Kollektiver Sicherheit (SKS), allen voran dem Gewaltverbot, unterzuordnen.[1] Der irakische Präsident stellte darüber hinaus unter Beweis, dass in einer nach wie vor vitalen Staatenwelt Regierungen auf die Anwendung von Gewalt zurückgreifen, um ihre Interessen durchzusetzen.[2]
Unter UN-rechtlichen Gesichtspunkten ist der Irak-Konflikt in mehrfacher Hinsicht einmalig. Zum ersten Mal seit Gründung der UNO im Jahre 1945 versuchte ein Mitglied der Organisation ein anderes Mitgliedsland durch eine Aggression und nachfolgende Annexion auszulöschen. Gleichzeitig stellte der II. Golfkrieg erstmals einen Fall dar, in dem das SKS im Sinne der UN-Charta seine Anwendung zu finden schien. Die neu gewonnene Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft ermöglichte die Errichtung des umfassendsten Sanktionsregimes in der Geschichte der UNO. Erstmals wurden Mitgliedstaaten durch ein Mandat des Sicherheitsrates (SR) autorisiert, in den Krieg zu ziehen. Zudem ist der SR bislang nicht in vergleichbarem Umfang zur Abwehr von Menschenrechtsverletzungen tätig geworden.[3] Damit hat der SR nahezu das komplette Instrumentarium des UN-SKS ausgeschöpft, das in der völkerrechtlichen Praxis nach 1945 entgegen den Absichten der Schöpfer der UN-Charta kaum praktische Bedeutung erlangt hatte.[4]
Der Optimismus, die UNO könne nun endlich die ihr zugedachte Rolle bei der Wahrung und Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit effektiv wahrnehmen, war zwar nicht unbegründet, rückblickend betrachtet aber zu hoch gegriffen. Denn die für die Funktionsfähigkeit des SKS der United Nations (UN) notwendige Geschlossenheit der Staaten, vor allem derjenigen mit Sitz im SR und ganz besonders der mit dem Vetorecht ausgestatteten Großmächte,[5] erwies sich nur von kurzer Dauer. Mitte der 90er-Jahre brach die Koalition des II. Golfkriegs infolge unterschiedlicher Ansichten darüber, wie der Irak zu einer Einhaltung seiner nach dem verlorenen Krieg 1991 eingegangenen Verpflichtungen bewogen werden könnte. Insbesondere die Sanktionen, die schwere Konsequenzen für die Zivilbevölkerung hatten, rückten ins Zentrum der Auseinandersetzungen. Die Spaltung des SR in der Irak-Frage führte im Frühjahr 2003 zur Paralysierung des Gremiums. Die Mitglieder waren nicht in der Lage, sich auf das weitere Vorgehen im Irak zu einigen. Ein Mandat für einen III. Golfkrieg wollten sie nicht erteilen, konnten diesen aber auch nicht verhindern. Die UNO war handlungsunfähig geworden und musste zusehen, wie die USA und ihre Alliierten[6] einen völkerrechtlich höchst umstrittenen Krieg führten, der zudem auf einem fragwürdigen Argument basierte: der anhaltenden und massiven Bedrohung, die nach Ansicht der intervenierenden Staaten vom Irak aufgrund seines Besitzes von Massenvernichtungswaffen noch immer ausging – ungeachtet der jahrelangen, in vielen Bereichen erfolgreichen Waffeninspektionen.
Der Irak-Konflikt entwickelte sich in den Jahren von 1990 bis 2003 zum Prüfstein für die Handlungsfähigkeit des SR und die Funktionsfähigkeit des UN-SKS insgesamt. In allen Phasen des Konflikts, die in Kapitel I 1.3 der Arbeit dargestellt werden, sind normative, instrumentelle und institutionelle Schwächen im Sicherheitssystem der UN aufgetreten, die die Frage aufwerfen, ob die Organisation ihre Aufgabe, die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, effektiv erfüllen kann. Es geht dabei um nicht weniger als den Bestand der Völkerrechtsordnung, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Erwiderung zur Gewaltherrschaft Hitlers aufgebaut worden war.[7]
Insbesondere die Monopolstellung der USA überschattet die UNO. Eine derartige Verschiebung in der internationalen Gewichtung wichtiger Staaten, wie sie durch den Zusammenbruch der Sowjetunion erfolgt ist, kann nicht ohne Folgen für die internationale Ordnung und damit auch für die Konfliktbeilegung bleiben.[8] Wenn nicht notwendige Anpassungen am UN-SKS erfolgen, besteht die Gefahr, dass ein sicherheitspolitisches Vakuum entsteht. Die längst fälligen Reformen müssen daher darauf abzielen, vor allem das Instrumentarium der kollektiven Maßnahmen des Kapitel VII UN-Charta wesentlich zu stärken.
2. Forschungsstand
In der Literatur finden der Irak-Konflikt und seine Auswirkungen auf das UN-SKS große Beachtung. Vor allem über den II. Golfkrieg und das Sanktionsregime existieren viele – sowohl wissenschaftliche als auch populäre – Publikationen, die eine Auswahl schwierig machen. Zudem ist zu beobachten, dass die Sichtweisen über die Politik der Ständigen Mitglieder, vor allem der USA, sowie der Haltung des Irak gegenüber der UNO sehr von der Nationalität der Autoren abhängen. Es wurde dennoch versucht, eine geeignete Auswahl an Literatur zu treffen und vielen Meinungen Gehör zu schenken, um die verschiedenen Standpunkte in zahlreichen völkerrechtlichen Fragen, die der Irak-Konflikt aufwirft, zu zeigen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann und soll hier aber nicht erhoben werden.
Hinsichtlich des III. Golfkriegs existiert zwar ein breites Angebot an Artikeln der Tagespresse und Aufsätzen in Fachzeitschriften, jedoch sind aufgrund der Kürze der Zeit kaum umfangreiche, wissenschaftlich relevante Arbeiten vorhanden. Auffallend ist hier vor allem die schnell erschienene Menge an Populärliteratur, die mit zum Teil provokativen Titeln wie „No War. Krieg ist nicht die Lösung, Mr. Bush!“ oder „Krieg gegen den Irak. Was die Bush-Regierung verschweigt“ das Thema oftmals polarisierend diskutiert. Auch im Hinblick auf die völkerrechtliche Problematik, die die Errichtung der Flugverbotszonen durch die Alliierten sowie die Bombardements von 1998 auf den Irak betreffen, beschränkt sich die vorhandene Literatur im Wesentlichen auf Aufsätze und kurze Abschnitte in Büchern. Das Informationsangebot bezüglich notwendiger Reformen des UN-SKS ist insgesamt recht gut, zuweilen jedoch zu punktuell und unspezifisch. Aus diesem Grund wurden für den Teil der Arbeit, der die Reformdiskussion behandelt, in erster Linie aktuelle UN-Dokumente herangezogen.
Die Argumentationsführung der vorliegenden Abhandlung basiert somit auf unterschiedlichen Quellen. Im Wesentlichen wurden drei Literaturarten herangezogen: So weit als möglich stützt sich diese Arbeit auf Primärquellen wie die UN-Charta, weitere völkerrechtliche Dokumente und ausgewählte Resolutionen des SR. Eine vollständige Aufführung aller zum Irak relevanten Entschließungen des SR kann aufgrund der großen Anzahl jedoch nicht erfolgen. Unterstützend wurden Monographien und Aufsätze sowie Berichte und Stellungnahmen von Organisationen, Organen und Kommissionen verwendet, die sich in den vergangenen Jahren infolge eines UN-Mandats oder aus eigenem Antrieb mit dem Thema der kollektiven Sicherheit während des Irak-Konflikts und den Instrumenten des UN-SKS beschäftigt haben. Der ergänzenden Darstellung und Bewertung dienen Presseartikel und Internetbeiträge. Sie tragen dazu bei, eine umfassende und beispielhafte Gesamtdarstellung zu ermöglichen, da es den UN-Berichten oft an Anschaulichkeit und Transparenz fehlt.
3. Ziel und Aufbau
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Überprüfung der Funktionsfähigkeit des SKS der UNO, wie es sich gegenwärtig darstellt, während des Irak-Konflikts von 1990 bis 2003. Insbesondere soll herausgearbeitet werden, welche Schwächen sich bei der Handhabung des Konflikts offenbarten, und welche Konsequenzen sich daraus für den Reformprozess des UN-SKS ergeben.
Die Komplexität des Themas erfordert eine ausführliche Erörterung elementarer Defizite des UN-SKS unter besonderer Berücksichtigung völkerrechtlicher Aspekte auf theoretischer und praktischer Ebene. Dennoch muss eine Eingrenzung so weit als möglich vorgenommen werden. Die Arbeit konzentriert sich daher auf das Instrumentarium, das dem SKS zur Wahrung und Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zur Verfügung steht. Dies sind die Maßnahmen, die in Kapitel VII UN-Charta genannt werden sowie jene, die sich in der Entscheidungspraxis des SR unter Berufung auf Kapitel VII etabliert haben. Sie zählen zu den unverzichtbaren Bestandteilen eines funktionsfähigen SKS.[9]
Nicht eingehender werden in dieser Arbeit dagegen die Mittel der friedlichen Streitbeilegung nach Kapitel VI UN-Charta behandelt. Die Literatur zählt sie zu den nicht notwendigen Elementen eines SKS, weil sie nur bedingt in der Lage sind, einen Friedensbrecher derart in die Schranken zu weisen, dass er sein aggressives Verhalten ändert.[10] Der Völkerrechtler Rüdiger Wolfrum vertritt daher die Ansicht, dass Kapitel VI nicht für die Lösung schwerer Konflikte, die zum Krieg führen können, geeignet ist.[11] Einen solchen aber stellte die Invasion Kuwaits durch den Irak dar. Da eine Aggression bereits erfolgt war, war es 1990, dem Zeitpunkt, an dem diese Arbeit ansetzt, bereits zu spät für Maßnahmen der friedlichen Streitbelegung. Im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des UN-SKS während des Irak-Konflikts kommt ihnen keine entscheidende Bedeutung zu.[12]
Daran anknüpfend wird auch auf Kapitel VIII UN-Charta, das die Stellung der Regionalorganisationen im UN-SKS behandelt, nicht näher eingegangen. Gemäß Art. 52 Abs. 3 UN-Charta dienen Regionalorganisationen in erster Linie der friedlichen Streitbeilegung und dürfen nach Art. 53 Abs. 1 ohne Ermächtigung des SR allenfalls zivile Sanktionen verhängen. Zudem widerspricht eine zu dominante Rolle der Regionalorganisationen den Zielen des UN-SKS. Werden sie stark in das System eingebunden, besteht die Gefahr, dass die Zuständigkeit der UN in ihrem Kernbereich der internationalen Sicherheit ausgehöhlt wird.[13] Zu eigenständige regionale Systeme haben dysfunktionale Effekte auf den globalen Anspruch kollektiver Sicherheit.[14]
Peace-keeping Missionen gehören streng genommen ebenfalls nicht zum Kern eines SKS. Allerdings haben sie im UN-SKS inzwischen eine herausragende Position, die Brian Urquhart treffend charakterisiert hat: „There remains an almost Pavlovian response in a crisis situation to send in a peacekeeping force.“[15] Auf eine Behandlung dieser Form der Friedensschaffung und -sicherung, die auch während des Irak-Konflikts zum Einsatz kam und zudem zentraler Bestandteil der UN-Reformbemühungen ist, kann daher nicht verzichtet werden.
Die Untersuchung wird auf drei Ebenen vollzogen: der normativen Ausgestaltung des SKS in der UN-Charta, der zur Verfügung stehenden Instrumente und der die entsprechenden Maßnahmen der kollektiven Sicherheit treffenden Institution des SR. Dabei sollen folgende Thesen bestätigt werden:
1. Die Charta weist das System destabilisierende Lücken in ihrer normativen Ausgestaltung auf.
2. Der unklare Wortlaut von Resolutionen fördert eigenmächtiges Handeln der Mitgliedstaaten, das den völkerrechtlichen Normen der UN-Charta widerspricht.
3. Die Umsetzung eines SKS im Bereich der militärischen Zwangsmaßnahmen ist gescheitert.
4. Das Vetorecht macht den SR unfähig, seiner Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit gemäß Art. 24 Abs. 1 der Charta in der erforderlichen Weise nachzukommen, und beschädigt somit die Funktionsfähigkeit des UN-SKS schwer.
5. Die Ständigen Mitglieder versuchten während des Irak-Konflikts, den SR für ihre unterschiedlichen Interessen, vor allem solche, die nicht im Einklang mit den Prinzipien der UN-Charta standen, zu instrumentalisieren.
6. Ein funktionsfähiges SKS benötigt ein Mächtegleichgewicht.
Ausgangspunkt der Analyse ist die Anarchie des internationalen Systems, unter dem Staaten gezwungen sind, ihrer nationalen Sicherheit und Unabhängigkeit Priorität einzuräumen.[16] Vor diesem Hintergrund ist im II. Kapitel zunächst zu klären, welche Leistungen ein SKS für seine Mitgliedstaaten erbringen muss, um internationale Sicherheit zu gewährleisten. Dies erfolgt auf der Grundlage allgemeiner theoretischer Überlegungen sowie in Abgrenzung zu anderen Sicherheitssystemen der internationalen Politik, darunter vor allem dem System des Gleichgewichts der Mächte. Dabei ist den Bestandteilen eines SKS genauso Beachtung zu schenken wie den Voraussetzungen, die für ein funktionsfähiges System dieser Art gegeben sein müssen. Im Anschluss daran ist zu untersuchen, ob das SKS, das die UN-Charta errichtet, den Anforderungen eines SKS genügt. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei neben den Maßnahmen des kollektiven Zwangs dem Recht auf Selbstverteidigung nach Art. 51 gewidmet, auf das bei der Anwendung unilateraler Gewalt von Mitgliedstaaten extensiv zurückgegriffen wird. Eine spezielle Form der Gewaltanwendung, die auch während des Irak-Konflikts zum Einsatz kam, ist die humanitäre Intervention. Ein Exkurs beschäftigt sich daher mit dem Spannungsverhältnis zwischen Souveränitätsprinzip und dem Schutz der Menschenrechte und diskutiert die Legitimationsbasis für derartige Maßnahmen. Darüber hinaus wird eine Besonderheit des UN-SKS näher betrachtet, die sich in der UN-Charta bislang nicht wieder findet: das Konzept des „peace-keeping“.
Das zentrale III. Kapitel der Arbeit untersucht im Einzelnen die Instrumente der kollektiven Sicherheit der UN, wie sie während des Irak-Konflikts zur Anwendung kamen. Zu ihnen zählen sämtliche Mittel zur Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit von der Anwendung militärischer Gewalt über nicht-militärische Sanktionen bis hin zu Maßnahmen der Friedenssicherung, die ebenfalls unter Kapitel VII UN-Charta beschlossen wurden. Zu nennen sind hier insbesondere die peace-keeping Mission United Nations Iraq-Kuwait Observation Mission (UNIKOM) und das Waffeninspektionsregime, aber auch das humanitäre Hilfsprogramm „Oil for Food“ (OFFP). Indem der SR die Bestimmungen zum OFFP mit Verweis auf Kapitel VII UN-Charta getroffen hat, erkannte er die massive Not der Bevölkerung als Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit an.
Ansetzen muss dieses Kapitel bei der Frage, inwiefern der Irak eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellte, da Mittel des kollektiven Zwangs nur eingesetzt werden können, wenn der SR dies feststellt. Die als Reaktion darauf vom SR getroffenen Maßnahmen werden im Folgenden anhand der relevanten Entschließungen des SR einer eingehenden Betrachtung unterzogen und auf ihre völkerrechtliche Kohärenz und Verhältnismäßigkeit hin überprüft. Die sich daraus ergebenden Defizite des UN-SKS auf normativer Ebene werden anschließend ebenso in den Mittelpunkt gerückt wie die Schwächen, die die Instrumente hinsichtlich ihrer Fähigkeit, ihr jeweiliges Ziel zu erreichen, offenbarten. Am offensichtlichsten zeigten sich die Mängel, die das UN-SKS derzeit aufweist, im Rahmen der von UN-Mitgliedstaaten ergriffenen militärischen Maßnahmen, die nicht ausdrücklich vom SR abgesegnet worden waren. Ins Zentrum der Diskussion rückt hier der III. Golfkrieg, den das SKS trotz der Anstrengungen vieler SR-Mitglieder nicht verhindern konnte. Aber auch der Schutz der Minderheiten, insbesondere die Errichtung der Flugverbotszonen 1991 und 1993, sind an dieser Stelle von Bedeutung sowie das viertägige Bombardement der USA und Großbritanniens auf den Irak im Jahre 1998, das rückblickend sogar als Vorbote des III. Golfkriegs gesehen werden kann.
Den Schlüssel zum Erfolg bei der Lösung internationaler Konflikte innerhalb der UN hält der SR in der Hand. Vor allem die fünf Ständigen Mitglieder, die durch ihren permanenten Sitz ein ganz anderes Maß an Macht ausüben können als andere Mitgliedstaaten der UNO, haben eine besondere Verantwortung. Deshalb widmet diese Arbeit ihren Interessen, Motiven und Positionen während des Irak-Konflikts einen eigenen Abschnitt. In Kapitel IV werden zudem die Fehler des SR in seiner Irak-Politik dargestellt. Abschließend wird aufgezeigt, welche strukturellen Schwächen sich aufgrund der Zusammensetzung des SR und des Vetorechts der Ständigen Mitglieder für die Funktionsfähigkeit des UN-SKS ergeben. In diesem Zusammenhang wird auch zu untersuchen sein, ob die USA, die nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die Stellung eines Hegemons einnimmt, eine ein SKS überfordernde Macht darstellen.
Der SR ist auch einer der zentralen Gegenstände der Reformbemühungen der UNO, die diese Arbeit im V. und letzten Kapitel diskutiert. Zwar können längst überfällige Verbesserungen der Instrumente auch ohne eine Reform des wichtigsten Gremiums vorgenommen werden – und sind zum Teil schon erfolgt –, jedoch steht und fällt die Glaubwürdigkeit der UNO im Allgemeinen und die Akzeptanz der Beschlüsse des SR im Besonderen mit der Bereitschaft der Mitglieder, auch den SR den neuen weltpolitischen Gegebenheiten anzupassen. Ihre Anpassungsfähigkeit hat die UNO in der Vergangenheit mit der Schaffung des peace-keeping-Konzepts unter Beweis gestellt. Diese Missionen stellen derzeit die einzige Form einer kollektiven Maßnahme unter dem Dach der UNO dar, die auch militärische Gewalt einbezieht, und sollten deshalb wesentlich gestärkt werden. Um eine optimale Koordinierung und damit den Erfolg dieser Missionen wie auch nicht-militärischer Maßnahmen zu ermöglichen, müssen weitere Reformvorschläge in Bezug auf das UN-Sekretariat umgesetzt werden.
4. Chronologischer Abriss des Irak-Konflikts
Der in dieser Arbeit behandelte Irak-Konflikt umfasst den Zeitraum von 1990 bis 2003 und lässt sich in vier Phasen einteilen, die nun in einem chronologischen Abriss kurz dargestellt werden sollen. Den Beginn der 1. Phase kann man im Juli 1990 ansetzen, als der Irak entlang der Grenze zu Kuwait mobil machte. Sie schließt den Überfall auf das Emirat, der das Thema des Kapitels III 1.1 ist, ebenso ein wie die unmittelbar im Anschluss daran verhängten Wirtschaftssanktionen durch den UN-SR, die Kapitel III. 2.1 dieser Arbeit zum Gegenstand hat. Mit der Verabschiedung der Resolution 678, die den II. Golfkrieg mandatierte, und dem Beginn der Kampfhandlungen am 15. Januar 1991 erreicht die 1. Phase des Irak-Konflikts ihren Höhepunkt, der in III. 3 behandelt wird. Die Annahme der Waffenstillstandsresolution 687 durch den Irak, mit der das Sanktionsregime aufrecht erhalten wurde und die den Irak unter anderem zu weit reichenden Abrüstungsmaßnahmen verpflichtete, ist Thema des Kapitels III. 2.2 und leitet bereits in die 2. Phase des Konflikts über. Wenn zeitlich auch erst nach Verabschiedung der Resolution 687 erfolgt, so sind die Entsendung von UNIKOM sowie die Verabschiedung der Resolution 688 zum Schutz der Kurden am 5. April 1991, beides nachzulesen in Kapitel III 4.1 und 5.1, ebenfalls noch der 1. Phase zuzurechnen, da die Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem II. Golfkrieg stehen.
Die 2. Phase, mit sieben Jahren die längste des Irak-Konflikts, zeichnet sich durch zwei Schwerpunkte aus. Den einen bildet das Sanktionsregime, dessen Druck dazu beitragen sollte, die Einhaltung der Waffenstillstandsverpflichtungen durch den Irak zu gewährleisten, sowie dessen Modifikationen. Mit der Implementierung des OFFP im Jahre 1996, das in Kapitel III 4.3 erläutert wird, versuchten die UN in dieser Zeit, die schweren Auswirkungen der Sanktionen auf die Zivilbevölkerung zu mildern. Der andere Schwerpunkt liegt auf dem Waffeninspektionsregime, das der Kontrolle der Abrüstungsmaßnahmen des Irak diente. Der zu diesem Zweck eingesetzten United Nations Special Commission (UNSCOM) kommt im Hinblick auf die Reduzierung des Bedrohungspotenzials, das die Mitglieder des UN-SR dem Irak aufgrund seines Besitzes von Massenvernichtungswaffen zuschrieben, entscheidende Bedeutung zu. Die Arbeit von UNSCOM wird daher in Kapitel III. 4.2.1 genauer durchleuchtet und auf ihre Erfolge und Misserfolge hin überprüft. Der Abzug von UNSCOM im Zuge wiederholter Provokationen durch die irakische Regierung, die den Inspektoren den Zutritt zu Gebäuden wie den Präsidentenpalästen verwehrt hatte, führte im Dezember 1998 schließlich zu der viertägigen Militäraktion „Desert Fox“, die ohne UN-Mandat stattfand und deren legitime Basis höchst umstritten ist, wie Kapitel III. 5.2 zeigen wird. Mit dieser unilateralen Operation der USA und Großbritanniens, die die 2. Phase beendet, entglitt der UNO endgültig die Kontrolle über den Irak-Konflikt.
In der dritten Phase, beginnend 1999, dominierte die Suche nach einem Kompromiss unter den Mitgliedern des SR im Irak-Konflikt, vor allem hinsichtlich einer Lockerung oder gar Aufhebung der Sanktionen. Während eine Einigung in dieser Frage unmöglich schien, beschloss der SR im Dezember 1999 mit Resolution 1284 immerhin die Aufstellung der United Nations Monitoring, Verification and Inspection Commission (UNMOVIC), die die Nachfolge von UNSCOM antrat. Als Gegenleistung für die Anerkennung der Waffeninspektoren wurde der irakischen Regierung die Aussetzung der Sanktionen angeboten. Bagdad jedoch wies die Resolution vehement zurück und forderte eine komplette Aufhebung der Sanktionen. UNMOVIC konnte ihre Arbeit im Irak, mit der sich Kapitel III 4.2.2 beschäftigt, daher erst nach Verabschiedung der Resolution 1441 Ende 2002 aufnehmen, in der dem Irak eine letzte Möglichkeit gegeben wurde, die Waffenstillstandsverpflichtungen zu erfüllen. Für den Fall, dass Bagdad nicht kooperiere, wurden ernste Konsequenzen angedroht. US-Präsident George W. Bush, der die UN-Forderungen als nicht erfüllt ansah, stellte Hussein schließlich ein Ultimatum, bis 19. März 2003 das Land zu verlassen. Als dieser der Forderung nicht nachkam, begann am 20. März der III. Golfkrieg – ohne UN-Mandat. Mit dem Sieg der unter US-Kommando geführten Koalition und der offiziellen Einstellung der Kampfhandlungen, deren völkerrechtliche Legitimität in Kapitel III 5.3 untersucht wird, am 1. Mai 2003 ist die 3. Phase beendet.
Daran schließt sich nun die 4. Phase an, die von den Bemühungen um den Wiederaufbau des Irak geprägt ist. Sie dauert bis dato noch an und findet in dieser Arbeit nur wenig Berücksichtigung, da hier die Instrumente kollektiver Sicherheit kaum Anwendung finden. Einzige Ausnahme stellt die peace-keeping Mission United Nations Assistance Mission for Iraq (UNAMI) dar, die 2003 mit SR-Resolution 1500 eingesetzt wurde. Aufgrund der prekären Sicherheitslage im Irak ist UNAMI derzeit nicht in der Lage, ihren Auftrag vollständig auszuführen.
II. Das System der Kollektiven Sicherheit in Theorie und Praxis
1. Theoretische Grundlagen
Die Idee der kollektiven Sicherheit besteht zwar bereits seit dem 16. Jahrhundert[17], dennoch ist der Begriff der „kollektiven Sicherheit“ beziehungsweise des „kollektiven Sicherheitssystems“[18] in der internationalen Politik eine relativ junge Schöpfung.[19] Das Interesse der Staaten an einem SKS resultierte aus der Offenbarung der Schwächen eines auf Gegenseitigkeit beruhenden Systems der Nichtangriffspakte und Verteidigungsbündnisse, das bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 das vorherrschende Ordnungsprinzip in der internationalen Politik dargestellt hatte. Der unter Federführung des damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson 1920 gegründete Völkerbund[20] stellte erstmals die praktische Umsetzung der Überzeugung dar, dass im Rahmen einer auf Multilateralität basierenden universellen Organisation die Sicherheitsbedürfnisse der einzelnen Staaten besser gewährleistet sind als durch unilaterale Verteidigungsmaßnahmen.[21]
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Idee der kollektiven Sicherheit, mit der das internationale System nach dem Ersten Weltkrieg reformiert werden sollte und die sich heute in der UN-Charta wieder findet, an Klarheit eingebüßt. Der Begriff „kollektive Sicherheit“ wird für die Beschreibung vieler verschiedener Maßnahmen wie vorbeugende Diplomatie, friedliche Streitbeilegung und die generelle Förderung des Weltfriedens herangezogen.[22] Daher bemüht sich diese Arbeit im ersten Teil dieses Kapitels darum, diesem Begriff Konturen zu verleihen. Trotz einer Vielfalt zwar ähnlicher, aber doch verschiedener Definitionen von kollektiver Sicherheit in der vorliegenden Literatur wird zunächst der Versuch unternommen, den Begriff in seinen einzelnen Komponenten sowie im Ganzen zu definieren, bevor das SKS gegenüber anderen Sicherheitsarrangements in der internationalen Politik abgegrenzt wird. Schließlich werden Charakteristika eines SKS und seine Voraussetzungen untersucht.
1.1 Begriffsbestimmung
In Anlehnung an die Allgemeine Systemtheorie lässt sich ein System wie folgt definieren:
„Ein System ist ein – in der Regel auf Dauerhaftigkeit angelegtes – Ganzes, das aus den Einheiten, den Relationen sowohl zwischen den Einheiten als auch zwischen den Einheiten und dem Systemganzen sowie dem vorgegebenen Zweck derart besteht, dass es von anderen Systemen mittels einer Grenze getrennt ist.“[23]
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein System aufgrund der ihm immanenten Wirkungsweisen andere Ergebnisse erzielen kann, als der Zweck ihm eigentlich vorgibt.[24]
Der Begriff der Sicherheit geht auf das lateinische Wort securitas zurück. Übersetzt bedeutet er so viel wie Sorglosigkeit und Furchtlosigkeit[25], womit eine subjektive Befindlichkeit ausgedrückt wird: das Gefühl des Geschütztseins.[26] Daher versteht man unter Sicherheit im Allgemeinen „einen Zustand der Abwesenheit von tatsächlicher oder subjektiv empfundener Gefahr oder Bedrohung“[27]. Dementsprechend können im zwischenstaatlichen Bereich objektive und subjektive Sicherheit unterschieden werden. Objektive Sicherheit ist gegeben, wenn keine materiell erkennbare Gefahr für die Unversehrtheit eines Staates vorliegt. Die subjektive Sicherheit ist dagegen eine Befindlichkeit, die die politisch relevanten Personen eines staatlichen Gemeinwesens betrifft. Dabei ist das Verhältnis von objektiver und subjektiver Sicherheit interdependent. So kann eine falsche Beurteilung der äußeren Lage eines Staates zum Wegfall der subjektiven Sicherheit führen. Dies wiederum mag politische Handlungen nach sich ziehen, die die objektive Sicherheit beeinträchtigen.[28]
Auf der staatlichen Ebene lassen sich zwei Arten von Gefahren unterscheiden: Solche, die von außen auf den Staat oder die Gesellschaft einwirken, sowie die Gefahren, die aus dem Staat oder der Gesellschaft selbst entspringen. Wenn die nationale Sicherheit mehrerer, zum Beispiel in internationale Organisationen eingebundener Staaten bedroht ist, spricht man von einer Gefahr für die internationale Sicherheit, die je nach Umfang der zusammengeschlossenen Staaten in regionale und globale Sicherheit eingeteilt werden kann. Gefahren für die nationale Sicherheit bzw. für die internationale Sicherheit stellen unter anderem angedrohte oder tatsächliche Interventionen in die äußeren und inneren Angelegenheiten eines Staates oder mehrerer Staaten dar.[29]
Bedrohungen der nationalen Sicherheit begegnet ein Staat gewöhnlich mit militärischen Mitteln. In traditioneller Hinsicht gilt die nationale Sicherheit dann als gewährleistet, wenn ein Staat aus eigenem Vermögen oder im Militärverbund mit anderen Staaten in der Lage ist, Territorium und Bürger vor kriegerischer Gewalteinwirkung zu schützen sowie die Autonomie des politischen Systems zu bewahren.[30] Allerdings ist darauf zu verweisen, dass der Sicherheitsbegriff in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich erweitert wurde. Die fortschreitende technologische und wirtschaftliche Entwicklung schuf eine Situation, die sich durch eine wachsende Interdependenz zwischen den Nationalstaaten auszeichnet.[31] Inzwischen spricht man nicht mehr nur von der traditionellen politisch-militärischen Sicherheit, sondern auch von einer ökonomischen, ökologischen, demographischen sowie einer informationstechnischen Dimension der Sicherheit.[32]
Aus der Tatsache, dass Staaten auf internationaler Ebene in Beziehung zueinander stehen, ergibt sich, dass Sicherheit kein absoluter, sondern ein relativer Begriff ist. Die Problematik des Sicherheitsdilemmas zeigt, dass die eigene Sicherheit von dem Sicherheitsstreben anderer Staaten abhängt.[33] Sicherheit ist ein unteilbares Gut, das nur durch gemeinsame Anstrengungen der Staaten erworben und dauerhaft bewahrt werden kann.[34]
Die Gemeinsamkeit der Bemühungen um nationale und internationale Sicherheit drückt sich in dem Wort „kollektiv“ aus. Seinem ursprünglichen Sinn nach bedeutet er „gesammelt, zusammengefasst“[35]. Der Teilbegriff stellt damit ein typisierendes Merkmal einer gemeinschaftlichen Organisation im Gegensatz zur einzelstaatlichen Gewährleistung von Sicherheit dar. Unter kollektiv lässt sich aber auch kollegial verstehen. In diesem Fall kennzeichnet der Begriff die Friedenssicherung[36] durch ein internationales Kollegium souveräner Staaten. Alle Staaten werden durch den Zusatz „kollektiv“ aufgefordert, ihren Teil zur Friedenssicherung im Rahmen einer Art universellen Amtsgenossenschaft beizutragen.[37]
Der Begriff kollektiv hat demnach eine doppelte Bedeutung: Zum einen besagt er, dass Sicherheit in einem SKS von der Abwesenheit einer Gefahr oder Bedrohung für alle Mitglieder des Systems abhängt. Zum anderen bedeutet kollektiv, dass Mitglieder gemeinsam gegen einen Friedensbrecher vorgehen. Auf diese Weise soll Krieg vermieden sowie gewährleistet werden, dass nicht die Durchsetzung nationaler, sondern kollektiver Interessen – die Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit – betrieben wird. Zudem trägt die Kollektivität zur Legitimität der beschlossenen und durchgeführten Maßnahmen bei.[38] Die Sicherheit wird durch den Zusatz der Kollektivität zur res communis inter gentes, möglicherweise sogar zur res communis supra gentes gemacht. Folglich steht kollektive Sicherheit für ein Konzept zwischen- oder überstaatlicher Sicherheit, das für das klassische Allianzdenken keinen Raum mehr lässt. Dieses der Bündnispolitik entgegen gesetzte Verständnis der Gewährleistung von Sicherheit spielte bei der Entwicklung und normativen Verankerung des Sicherheitssystems der UNO eine entscheidende Rolle.[39]
Auf eine prägnante Formel bringt Inis Claude die Begriffe „Sicherheit”, „kollektiv” und „System”: „,Security’ represents the end; ,collectivity’ defines the nature of the means; ,system’ denotes the institutional component of the effort to make the means serve the end.“[40]
Die Einheiten, die sich zu kollektiven Sicherheitssystemen zusammenschließen, sind Staaten.[41] Daher ist kollektive Sicherheit ferner zu verstehen als „method of managing the power relations of nation states through a partially centralized system of security arrangements”[42]. Hautpanliegen eines SKS ist demnach die Institutionalisierung der erlaubten Gewaltanwendung und das Zurückdrängen der Selbsthilfe.[43] Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die zusammengeschlossenen Staaten zwar mit dem Beitritt zu einem SKS weder ihren Staatscharakter noch ihre Völkerrechtssubjektivität verlieren. Allerdings treten sie äußere, unter Umständen sogar innere Souveränitätsrechte an das System bzw. seine Institutionen ab.[44] Entscheidend ist für ein SKS, dass das jus belli aus dem Bereich staatlicher Souveränität herausgelöst und bei einem zwischen- oder überstaatlichen Sicherheitsorgan zentralisiert wird.[45] Als Kompensation für die Abgabe des Rechts der Staaten, jederzeit zum Krieg zu schreiten, dient der Schutz des Kollektivs.
Fasst man die einzelnen soeben dargestellten Komponenten zusammen, lässt sich ein SKS wie folgt definieren:
„(…) several states cooperate to obtain common security. Armed force against one state is perceived as an attack on the whole community of states. As a reaction to this, the community will defend the victim according to the principle ,all for one – one for all’. In this system it is not profitable to act aggressively, because the collective resistance will always be stronger than one is capable to defend. This perception creates stability. Collective security can be expressed in different forms of institutionalization.”[46]
1.2 Abgrenzung zu konkurrierenden Sicherheitssystemen
Ein SKS unterscheidet sich wesentlich von anderen Sicherheitssystemen der internationalen Politik, von denen die für eine nähere Eingrenzung eines SKS wichtigsten kurz vorgestellt werden sollen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf das Gleichgewicht der Mächte (Balance of Power) gelegt werden, da es das wohl älteste und hartleibigste System der internationalen Politik darstellt.[47] Außerdem ist dieses Konzept[48] der Regelung internationaler Beziehungen von besonderer Relevanz für diese Arbeit, da durch die Etablierung des UN-SKS das System des Gleichgewichts der Mächte überwunden werden sollte.
Das Konzept des Gleichgewichts der Mächte steht in engem Zusammenhang mit der Realistischen Denkschule. Realisten gehen davon aus, dass das ein System des Gleichgewichts der Mächte die logische Konsequenz der anarchischen Struktur des internationalen Systems ist[49], in dem die Staaten nach Machterhalt und Machtgewinn streben.[50] Um ihre eigene Unabhängigkeit und Sicherheit in diesem System der Selbsthilfe zu erreichen, bilden Staaten Allianzen, um jedem expansionistischen Streben eines anderen Staates, das ihre Souveränität oder ihr Überleben bedroht, entgegen zu wirken.[51]
Ziel der Gleichgewichtspolitik ist, keine Macht so stark werden zu lassen, dass sie einem Bündnis anderer Staaten trotzen und die Vorherrschaft an sich reißen kann.[52] Ist diese Politik erfolgreich, schützt sie die Struktur des Systems und die sich darin bewegenden Staaten.[53] Jedoch schafft ein Gleichgewicht der Mächte keine sichere Stabilität, denn schon der Bündniswechsel eines Staates verändert die machtpolitische Lage und führt zu Instabilität.[54]
Auf die Erhaltung bzw. Veränderung der Machtverteilung zur Sicherung eines territorialen, politischen und kulturellen Pluralismus oder auch zugunsten der eigenen Machtentfaltung achteten die jeweils herrschenden Großmächte[55], wobei einer von ihnen die Rolle des Stabilisators übernahm. In ihrer Blütezeit während des 17. und 18. Jahrhunderts war die europäische Gleichgewichtspolitik ein Prozess ständiger Machtumverteilung zwischen rechtlich autonomen und gleichgestellten Staaten. Die Mittel, die sie dazu anwandten, waren neben der Bildung oder dem Wechsel von Bündnissen die Androhung und Anwendung von Gewalt, Teilung von Staaten sowie Aufrüstung.[56]
Der fundamentale Unterschied eines Systems des Gleichgewichts der Mächte zu einem SKS liegt im jeweiligen Ordnungsprinzip. Im Gegensatz zu einem SKS, das sich gegen jede Art von aggressiver Politik wendet und damit universal auf den Schutz aller Mitglieder abzielt, richtet sich das Gleichgewicht der Mächte selektiv gegen übersteigerte Macht.[57] Das jus ad bellum bleibt in diesem Konzept unberührt[58] und stellt vielmehr die typische Form des Schutzes der einzelstaatlichen Interessen dar. Demgegenüber erlaubt das Konzept der kollektiven Sicherheit militärische Gewaltanwendung im zwischenstaatlichen Bereich nur noch als gemeinsame Aktion der Staatengemeinschaft oder als rechtlich gestattete Selbstverteidigung. Das System des Gleichgewichts der Mächte ist demnach individualistisch-kompetitiv ausgerichtet, wohingegen sich ein SKS durch einen kooperativen Ansatz auszeichnet.[59]
Den Prinzipien Macht und Stärke in einem Gleichgewicht der Mächte werden im SKS Recht und Gerechtigkeit als Leitmotiv zwischenstaatlicher Beziehungen entgegengesetzt. Dies führt zu einer rechtlichen Gleichbehandlung von großen und kleinen Mächten. Ein SKS ist in dem Sinne egalitär, dass es sein Ordnungsprinzip gleichmäßig auf alle anwendet, die seine Grundnormen verletzen. Im Gegensatz zu einem Konzept des Gleichgewichts der Mächte hat ein SKS damit einen „legalistischen Kern, da es sich weigert, auf der Grundlage von Stärke, Eigeninteresse und anderen besonderen Einzelfallumständen“[60] zu differenzieren.[61]
Kollektive Sicherheit ist zudem von einem weiteren, ähnlich klingenden Konzept zu unterscheiden: der Kollektiven Verteidigung. Charakteristisch ist für beide Modelle, dass sie die Friedenserhaltung und -wiederherstellung als eine Angelegenheit ansehen, die alle Mitglieder betrifft. Bricht ein Staat den Frieden und gefährdet die Sicherheit anderer Staaten, soll auch bei der Kollektiven Verteidigung gemeinsam mit militärischen Sanktionen gegen den Verursacher vorgegangen werden. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch hinsichtlich des Adressaten.
Die Mitglieder eines Systems kollektiver Verteidigung – zu dem beispielsweise die North Atlantic Treaty Organization (NATO) gezählt wird[62] – vereinbaren, gegen einen oder mehrere akute oder potenzielle Gegner außerhalb des Systems vorzugehen. Demgegenüber verpflichten sich die Staaten in einem SKS dazu, automatisch gemeinsam gegen jeden – und damit auch gegen Mitglieder des Systems selbst – Maßnahmen zu ergreifen, der versucht, seine Ziele gewaltsam gegen die Partner des Systems durchzusetzen.[63] Ein SKS ist somit im Gegensatz zum System kollektiver Verteidigung zum einen nach innen orientiert, zum anderen nicht gegen einen bestimmten Staat oder eine Staatengruppe gerichtet, sondern gegen einen zum Zeitpunkt der Begründung noch unbekannten Friedensbrecher.[64]
Auch wenn ein SKS von seinen Mitgliedern ein hohes Maß an Kooperation, die Unterordnung unter das Kollektiv und die Aufgabe des Rechts zur Durchsetzung der eigenen Interessen mit militärischen Mitteln verlangt, bleiben die Staaten doch souveräne Völkerrechtssubjekte.[65] Darin unterscheidet sich ein SKS ganz wesentlich vom Weltstaat, mit dessen Gründung die Mitglieder ihre Völkerrechtssubjektivität verlieren.[66] In einem Weltstaat geben die Mitglieder jede Souveränität an eine ihnen übergeordnete Institution ab und existieren nur noch als Bundesstaaten eines föderalen Systems. In einem SKS hingegen bleibt die multipolare internationale Ebene erhalten; es geht ausschließlich um die Herausnahme der Sicherheit aus dem Bereich der exklusiven einzelstaatlichen Zuständigkeit, wenn auch eingeräumt werden muss, dass es sich dabei um einen neuralgischen Punkt[67] von Staaten handelt.[68]
Neben den hier vorgestellten Systemen gibt es noch andere – denkbare wie existierende – Sicherheitssysteme in den internationalen Beziehungen, deren Erörterung jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.[69]
In Abgrenzung zu den behandelten Konzepten der Gewährleistung internationaler Sicherheit lässt sich ein SKS als Arrangement zwischen zwei extremen Sicherheitssystemen bezeichnen: dem Gleichgewicht der Mächte einerseits und der Idee des Weltstaats andererseits.[70] Die Attraktivität eines SKS gegenüber diesen beiden konkurrierenden Konzepten bringt Andreas Bauer auf den Punkt:
„Die Vorzüge eines solchen Systems (…) lagen und liegen darin, daß es fortschrittlich genug ist, um die ,alte Ordnung in den internationalen Beziehungen’ zu überwinden und durch die Idee vom ,Frieden durch Recht’ zu ersetzen und gleichzeitig die Mitgliedsstaaten nicht zu einer Aufgabe ihrer Integrität und Souveränität zwingt, sondern den Fortbestand der Einzelstaaten sogar zur unverzichtbaren Voraussetzung für die Erreichung des Weltfriedens erklärt.“[71]
1.3 Elemente eines SKS
1.3.1 Kollektive Sicherung der Herrschaft des Rechts
Wie bereits die Definition des Begriffs „kollektives Sicherheitssystem“ impliziert, besteht der Zweck eines SKS darin, „nationale durch internationale Sicherheit im geographischen Geltungsbereich des Systems“[72] zu gewährleisten, wobei jeder potenzielle Gegner in das System integriert[73] ist.[74] Die Basis, um dieses Ziel im Rahmen eines SKS zu erreichen, bildet ein völkerrechtlicher Vertrag, in dem die Signatarstaaten bindende Verhaltensvorgaben anerkennen.[75] Darin müssen drei Elemente enthalten sein, die das Wesen eines SKS ausmachen. Erstens das Gewaltverbot, das die Grundlage eines jeden SKS darstellt. Dahinter steht die Idee einer universal gültigen Rechtsordnung, die über staatliche Interessen und Rechtsansprüche erhaben ist. Wie im innerstaatlichen Bereich sollen auch im zwischenstaatlichen Bereich rechtliche Normen und Verfahren im Sinne einer Herrschaft des Rechts (rule of law) die gewaltsame Austragung von Konflikten ersetzen.[76]
Allein das Bekenntnis zum Gewaltverbot garantiert allerdings noch nicht dessen Beachtung. Wenn eine universal gültige Rechtsordnung an die Stelle primitiver Gewaltanwendung treten soll, dann muss die Gemeinschaft Staaten, die sich nicht an diese Rechtsordnung halten, in ihre Schranken verweisen und notfalls bestrafen können.[77] Das zweite Element eines SKS besteht daher in der Verhängung von Sanktionen gegen Rechtsbrecher. Im Falle einer Verletzung der festgeschriebenen Normen haben die Mitglieder des Systems die Pflicht, im Namen des gemeinsamen Interesses[78] mit kollektiven Sanktionen gegen den betreffenden Staat vorzugehen und dem Recht Geltung zu verschaffen.
Die Verpflichtung zu kollektiven Beugemaßnahmen im Falle von Rechtsbrüchen stellt den Kern eines SKS dar.[79] Sie besteht selbst dann, wenn die eigenen nationalen Interessen nicht berührt sind.[80] Ein Rechtsbruch gegen ein Mitglied des Systems muss von jedem anderen so betrachtet werden, als sei er gegen das eigene Land gerichtet, und kollektiv geahndet werden. Wichtig ist allerdings auch, dass der rechtliche Rahmen eines SKS die Grenzen der Sanktionsbefugnisse festlegt und ihre Einhaltung sicherstellt.[81]
Das dritte Element eines SKS, die Abschreckung, knüpft unmittelbar daran an.[82] Das System muss ein hinreichendes Abschreckungspotenzial gewährleisten, um Verstöße gegen die universale Rechtsordnung als nicht lohnenswert erscheinen zu lassen.[83] Die Aussicht auf Strafaktionen des übermächtigen Kollektivs soll einen möglichen Aggressor davon abhalten, einen Rechtsbruch zu begehen. In diesem Zusammenhang ist von elementarer Bedeutung, dass das System ein automatisches Eingreifen zum Schutz aller Mitglieder vorsieht.[84]
Auch wenn ein SKS nicht gegen einen spezifischen Gegner gerichtet ist, sondern sich gegen jede Art aggressiver Politik wendet[85], ist es nicht pazifistisch.[86] Die Mitglieder des Systems müssen bereit sein, bei der Erfüllung des Ziels, der Gewährleistung von Sicherheit, in letzter Konsequenz im Kollektiv und für dieses „Krieg für den Frieden“ zu führen.[87] Gesetzt den Fall, dass das System sein Ziel, die Gewaltvermeidung, trotz Abschreckung verfehlt, muss es versuchen, die Wiederherstellung des status quo ante zu erreichen. Dazu ist erforderlich, die erfolgte Aggression rückgängig zu machen, indem der Aggressor mit friedlichen oder militärischen Maßnahmen sanktioniert wird. Eine weitere Aufgabe des SKS besteht darin, den Aggressor wieder in die Gemeinschaft der fried- und rechthaltenden Staaten einzugliedern. Nur auf diese Weise kann das SKS die globale Geschlossenheit garantieren, die kennzeichnend für ein SKS ist.[88]
Kollektive Sicherheitssysteme sind prinzipiell auf Dauer angelegt. Dennoch gibt es Entwicklungen, die das Ende eines SKS bewirken können. Dazu zählen zum Beispiel eine derartig starke Veränderung der Interessenlage der Mitglieder, dass das System nicht länger aufrechterhalten werden kann, sowie das Kollabieren des Systems infolge verfehlter kollektiver Maßnahmen. Vor allem zwei Konstellationen überfordern jedes SKS: Wenn mehrere Staaten gemeinsam eine Aggression begehen oder viele – auch voneinander unabhängige – Aggressionen oder andere Rechtsverletzungen begangen werden, auf die das System gleichzeitig reagieren muss.[89]
1.3.2 Effektive Instrumente
Ein SKS wird umso funktionsfähiger sein, je effektiver die Instrumente ausgestaltet sind. Dabei gilt die Summe all der Mittel, die zur zwangsweisen Durchsetzung der verbindlichen Verhaltensvorgaben eingesetzt werden, als SKS im engeren Sinne, während bei einem SKS im weiteren Sinne ergänzende, aber nicht unbedingt erforderliche Verhaltensmuster hinzukommen.[90] Das wichtigste und damit absolut notwendige Instrument innerhalb eines SKS sind die bereits erwähnten Sanktionen, die sowohl militärischer als auch nicht-militärischer Natur sein können und bestimmten Kriterien genügen sollen. Sie müssen verhältnismäßig, ausreichend und reversibel sein.[91] Zu den Sanktionen, die mit dem SKS kompatibel sind, zählen neben militärischem Eingreifen auch der Abbruch oder die Einschränkung wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und technologischer Kooperation; das Einfrieren von Guthaben sowie die Stornierung von Krediten; die Streichung von Militär-, Wirtschafts- und Entwicklungshilfe sowie anderer finanzieller Zuwendungen; die Unterbrechung der Verkehrs- und Kommunikationswege; das Aussetzen diplomatischer Kontakte sowie der Ausschluss von internationalen Sportveranstaltungen und die Ausgrenzung beim Kulturaustausch.[92]
Darüber hinaus können gemessen am Adressaten der Sanktionen Exekutionen von Interventionen unterschieden werden. Eine Exekution wird gegen die rechtmäßige Regierung eines Staates vollstreckt, die gegen die Verhaltensauflagen des von den Bündnismitgliedern geschlossenen Vertrages verstößt, und ist die typische Sanktionsmaßnahme in einem SKS. Demgegenüber ist eine Intervention eine Hilfeleistung, die das SKS einer Regierung zukommen lässt, die „offensichtlich zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen zwar willens, aber nicht fähig ist“[93]. Eine Intervention kann beispielsweise in einer Situation erfolgen, in der ein Bürgerkrieg die Sicherheit der Nachbarstaaten bedroht. Allerdings stellt die Intervention eine eher untypische Maßnahme innerhalb eines SKS dar, da damit eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates verbunden ist, was dem Souveränitätsgedanken widerspricht.[94]
Zu den nicht notwendigen Merkmalen eines SKS zählen Verfahren der friedlichen Streitbeilegung, Maßnahmen der Friedenssicherung wie Grenzsicherung und die Überwachung von Waffenstillstandsabkommen, das Prinzip des „peaceful change“[95] sowie der Schutz von Menschenrechten und Minderheitenrechten.[96]
1.3.3 Institutionen
Von großer Bedeutung für die Stabilität und Funktionsfähigkeit eines SKS ist die Existenz von Institutionen.[97] Ein SKS kann nicht als autopoietisches System funktionieren, das sich mit unsichtbarer Hand von selbst organisiert.[98] Durch die Komplexität der internationalen Politik bedürfen die Einheiten des Systems eines dauerhaften institutionalisierten Arrangements von Rollen und Beziehungen[99]. Ein SKS sollte daher über einen entsprechenden administrativen Unterbau in Form eines Sekretariats verfügen. Die Aufgabe dieser Institution besteht unter anderem darin, den besten Überblick über die Aktivitäten des Systems zu haben.[100] Vor allem aber muss es eine Institution geben, die die Rechtswidrigkeit des Verhaltens eines mutmaßlichen Aggressors feststellt, die zu ergreifenden Maßnahmen festlegt und bestimmt, wer die beschlossenen Sanktionen schlussendlich ausführt.[101] Aber auch Folgemaßnahmen, Streitangelegenheiten und Verfahrensfragen müssen unter der Autorität dieser Institution stehen.[102]
Hinsichtlich der Zusammensetzung dieses Gremiums bieten sich mehrere Optionen an. Eine erste Möglichkeit ist, dass jedes Systemmitglied eine gleiche oder unterschiedlich große Anzahl von Vertretern bzw. Stimmen besitzt. Die Regelung hat den Vorteil, dass Beschlüsse dieses Gremiums auch Beschlüsse der Staatengemeinschaft und nicht einiger privilegierter Staaten sind. Dies kann wiederum für die Legitimität von Zwangsmaßnahmen entscheidend sein, da jene umso größer sein wird, je mehr Staaten hinter einer Entschließung stehen. Der Nachteil dieses Konzeptes liegt jedoch in der Größe des Gremiums. Je mehr Mitglieder ihm angehören, desto langsamer und unflexibler werden seine Entscheidungen sein. Eine zweite Variante sieht vor, dass nicht jedes Mitglied in dieser Institution vertreten ist. In einem derartigen Gremium könnten zudem ständige und nichtständige Sitze unterschieden werden, wobei die Inhaber ständiger Sitze gegenüber denen der nichtständigen privilegiert sind, da sie zu einem dauerhaften Einfluss an entscheidender Stelle des Systems in der Lage sind. Die egalitäre Konzeption des SKS[103] würde somit unterlaufen. Ernsthaft beschädigt wird das SKS dann, wenn mit dem Einnehmen eines ständigen Sitzes weitere Rechte verbunden sind, wie das Vetorecht. Denkbar ist drittens auch die Schaffung eines Gremiums in Form eines supranationalen Organs, das aus weisungsunabhängigen Personen besteht. Diese Variante begünstigt ein Zurückdrängen nationaler Partikularinteressen. Allerdings steht die Installierung einer Institution innerhalb eines SKS, auf das die Mitglieder nur geringen Einfluss nehmen können, im Widerspruch mit der postulierten Souveränität der Staaten und ist in einer nach wie vor vitalen Staatenwelt kaum realistisch.[104]
Zudem wirkt sich die Art, wie das Gremium Entscheidungen fällt, auf seine Fähigkeit zur Systemsteuerung aus. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens eine Beschlussfassung nach dem Konsensprinzip, die jedoch den Nachteil hat, dass dabei geltend gemachte nationale Partikularinteressen dem Sicherheitsanliegen der Staatengemeinschaft übergeordnet werden. Der zweite Modus ist eine Entscheidung nach Mehrheitsprinzip, was dem Grundgedanken kollektiver Sicherheit entspricht.[105] Es ist zudem zu überlegen, ob für Beschlüsse mit unterschiedlicher Reichweite oder Schwere verschiedene Quoren gelten sollen. Auf diese Weise könnte die Handlungsfähigkeit des Systems verbessert werden, da in weniger gravierenden Fällen der Bedrohung der internationalen Sicherheit schneller Beschlüsse gefasst werden können.[106]
Desweiteren muss, soll ein SKS effektiv funktionieren, die Reaktionsfähigkeit des Systems gesichert sein. Bei der Umsetzung militärischer Sanktionen sind im operativen Bereich mehrere Varianten denkbar, die sich im Wesentlichen zwischen zwei Polen bewegen: An dem einen Ende befindet sich eine Streitmacht, die sich aus im Bedarfsfall gestellten Kontingenten der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Am anderen Ende steht eine vollständig ausgerüstete Streitmacht, die ausschließlich unter dem Oberbefehl des Systems bzw. seiner Institutionen handelt. Probleme bereiten indes beide Vorgehensweisen. Bei der ersten Möglichkeit hängt die Handlungsfähigkeit des Systems von der Loyalität der Mitglieder im jeweiligen Fall ab. Bei der zweiten Variante ist die Reaktionsfähigkeit im Fall einer groben Verletzung der Rechtsordnung zwar weitestgehend garantiert, doch müssen die Mitglieder vorher willens sein, teilweise auf unmittelbare Einflussnahme zu verzichten. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Funktionsfähigkeit des Systems in dem Maße steigt, wie das Wirken seiner Institutionen nicht durch einzelne Mitglieder beeinträchtigt wird.[107]
Im Idealfall ist die Wirkung eines SKS mit dessen Zwecksetzung – der Gewährleistung internationaler Sicherheit – identisch. Eine Garantie besteht dafür jedoch nicht. Dazu ist die reale Welt der internationalen Politik, die eine Vielfalt von Möglichkeiten kennt, zu komplex.[108]
1.4 Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit eines SKS
Das Konzept eines Systems kollektiver Sicherheit erkennt das anarchische Ordnungsprinzip der internationalen Politik, in dem egoistische Staaten die entscheidenden Akteure sind, als Ausgangsvoraussetzung an.[109] Damit ein SKS vor dem Hintergrund eines per se anarchischen Systems in der dargestellten Weise funktionieren kann, bedarf es einiger elementarer Voraussetzungen, die sowohl auf der objektiven wie auf der subjektiven Ebene gegeben sein müssen. Auf der objektiven Ebene sind die Bedingungen zu nennen, die das System selbst bereitstellen muss, damit es funktionsfähig sein kann. Auf der subjektiven Ebene hingegen geht es um die Bereitschaft der Staaten zur Übernahme der mit der kollektiven Sicherheit verbundenen Verantwortung.[110]
1.4.1 Objektive Ebene
Zu den objektiven Voraussetzungen zählt zunächst die Universalität der Mitgliedschaft.[111] Die kollektive Macht der Staatengemeinschaft muss in jedem Fall groß genug sein, um jedem Aggressor – selbst einer Großmacht – erfolgreich entgegen wirken zu können. Daher ist für ein SKS insbesondere die Beteiligung der Großmächte[112] von entscheidender Bedeutung.[113] Darüber hinaus müssen dem System jene Staaten angehören, die in einer sicherheitspolitisch relevanten Beziehung zueinander stehen, damit gewährleistet ist, dass potenzielle Gegner Probleme hinsichtlich ihrer Sicherheit kooperativ und nicht konfrontativ lösen.[114]
Um ein hinreichendes Machtübergewicht zugunsten des Kollektivs herzustellen, ist es theoretisch notwendig, dass die Staatengemeinschaft aus etwa gleich mächtigen Staaten besteht, die einzeln nicht über zu viel Macht – vor allem auf dem militärischen Sektor – verfügen. Daher ist eine ausgewogene Verteilung militärischer Macht eine weitere Voraussetzung für ein funktionsfähiges SKS. In der Realität jedoch koexistieren Staaten mit höchst unterschiedlichem Machtpotenzial. Zwar ist ein kollektives Sanktionssystem auch dann noch funktionsfähig, wenn nicht der Idealfall einer Vielzahl militärisch gleich starker Staaten gegeben ist.[115] Doch ist ein SKS zwangsläufig zum Scheitern verurteilt, wenn einzelne Mitglieder eine so große Stärke besitzen, dass ihnen gegenüber auch die Gesamtheit der übrigen Staaten nicht mehr das nötige Machtübergewicht aufbringen kann, um eine militärische Niederwerfung im Falle der Bedrohung der internationalen Sicherheit durch diesen Staat zu ermöglichen.[116] Damit dieser Fall nicht eintritt, ist es notwendig, dass ein SKS die Verpflichtung zur Abrüstung vorsieht.[117] Die militärischen Kapazitäten aller Staaten müssen auf ein zur Verteidigung erforderliches Mindestmaß begrenzt sein.[118]
Die Forderung nach Abrüstung zieht eine weitere Voraussetzung nach sich: Die Sanktionen in einem SKS müssen ohne bedeutende militärische Anstrengungen zum Erfolg führen. Dies trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass nur bei möglichst geringem eigenen Einsatz Staaten bereit sein werden, bei jedem – auch einem ihre unmittelbaren Interessen nicht beeinträchtigenden – Verstoß gegen das Gewaltverbot an Sanktionsmaßnahmen teilzunehmen. Bedeutet die Ergreifung von Sanktionen die Führung eines Krieges mit einem hohen Maß an Verlusten, werden letztlich nur die Staaten dazu bereit sein, deren Interessen durch den Verstoß gegen das Gewaltverbot unmittelbar betroffen sind.[119]
Die Erhebung von Sanktionen im Falle einer regelwidrigen Aggression setzt darüber hinaus eine einheitliche Aggressionsdefinition voraus. Es ist von elementarer Bedeutung, dass von allen Mitgliedern anerkannt ist, wer als Aggressor gilt und was als Aggression zu bezeichnen ist.[120] Liegt kein Übereinkommen in dieser Frage vor, besteht die Gefahr, dass je nach Interessenlage der Staaten in unterschiedlichen Fällen mit zweierlei Maß gemessen wird. Als wichtigstes Kriterium dafür, ob eine Aggression vorliegt oder nicht, kann der Grad der Verletzung des Gewaltverbotes gelten.[121]
1.4.2 Subjektive Ebene
Die wichtigste unter den subjektiven Voraussetzungen ist die Anerkennung des festgelegten status quo von allen Mitgliedern eines SKS.[122] Darüber hinaus müssen alle Mitglieder willens sein, den Weltfrieden jederzeit zu verteidigen und sich gegen jede Art von Friedensbedrohung oder -bruch zu wehren. Dies impliziert eine notwendige Akzeptanz der Unparteilichkeit und der Anonymität in der Anwendung des Systems. Da der Rechtsbrecher nicht von vornherein fest steht, müssen die Mitglieder des Systems unabhängig von traditionellen Allianzen und eigenen Interessen bereit sein, gegen jedes Mitglied unverzüglich die notwendigen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Folglich ist für ein SKS neben einer großen Bereitschaft zu internationaler Solidarität[123] auch ein hohes Maß an Flexibilität seitens der Mitgliedstaaten erforderlich. Gleichzeitig verlangt die Idee der kollektiven Sicherheit damit von den Staaten die Bereitschaft, ihre nationalen Interessen auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik dem kollektiven Interesse der Staatengemeinschaft unterzuordnen.[124] In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, dass die Mitglieder eines SKS der Institution, die über eine gerechte Lösung internationaler Streitfälle entscheidet, ex ante eine hinreichende Problemlösungskapazität zuerkennen. Nur dann kann eine funktionsfähige internationale Friedensordnung in der Lage sein, eine für alle Beteiligten annehmbare Streitbeilegung verbindlich herbeizuführen.[125]
Ein SKS verlangt zwar den Verzicht von wesentlichen Souveränitätsrechten im Bereich der Sicherheit[126], belässt den Staaten im Übrigen aber ihre innen- und außenpolitische Souveränität. Das außenpolitische Handeln wird auch in einem SKS von nationalen Interessen geleitet sein, denen umso mehr Bedeutung zukommt, als die entscheidenden Akteure in einem SKS die Nationalstaaten sind. Die einzelstaatlichen Interessen, mit denen das System bzw. seine Institutionen rechnen müssen, schaffen – wie besonders während der Irak-Krise deutlich wurde – positive wie negative Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit eines SKS. Von entscheidender Bedeutung ist vor allem, dass sich die Staaten mit ihren partikularen Anliegen nicht in einem grundsätzlichen Widerspruch zu den Systemverpflichtungen befinden.[127]
Günstig sind Kosten-Nutzen-Kalküle, die auf der Annahme basieren, die eigene nationale Sicherheit sei untrennbar mit der internationalen Sicherheit verknüpft. In diesem Fall wird jede Maßnahme im Dienste der internationalen Sicherheit als ein Handeln im eigenen Interesse und nicht als Selbstaufopferung gewertet werden. Je nachhaltiger und offensichtlicher eine solche Interdependenz zwischen nationaler und internationaler Sicherheit ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in nationale Überlegungen Eingang findet. Wenn beispielsweise ein Aggressor ein Land annektiert, an dem viele andere Mitglieder selbst Interessen aufgrund reicher Rohstoffvorkommen haben, werden die Staaten eher bereit sein, sich aus finanziellen und innenpolitischen Gründen dem Kollektiv unterzuordnen, das dann auch ihre Interessen verteidigt. Ein Kalkül kann auch positiv für ein SKS sein, wenn ein Staat von anderen bedroht ist oder sich bedroht fühlt. Die Leistung des Systems verspricht ihm dann einen zusätzlichen Schutz, der höher veranschlagt wird als die Kosten, die er für das System – zum Beispiel in Form finanzieller Unterstützung – aufwenden muss. Allerdings stellt ein grundsätzlich positives Kosten-Nutzen-Kalkül keine Garantie für ein positives Kosten-Nutzen-Kalkül im Einzelfall dar.[128]
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jedoch werden sich nationale Interessen negativ auswirken, falls ein Staat die zu tragenden Lasten höher einschätzt als den Nutzen. Dies kann geschehen, wenn ein Staat seine Sicherheit gar nicht oder nur geringfügig bedroht sieht. Unter diesen Umständen würde ein Staat nicht oder kaum von der Schutzleistung des Systems profitieren, müsste aber eventuell erhebliche Leistungen zum Schutz anderer erbringen. Ein nationales Kosten-Nutzen-Kalkül fällt auch dann negativ aus, wenn ein Staat die eigenen Interessen über den Willen des Kollektivs stellt oder der Ansicht ist, seine Sicherheit nur mit Waffengewalt gewährleisten zu können, also nicht auf den Schutzmechanismus eines SKS vertraut. Nationale Vorbehalte dieser Art dürfen entweder nicht vorhanden oder zumindest nicht handlungsleitend sein, sollen sie nicht zu einer Gefahr für das SKS werden. Die Konsequenzen eines negativen Kosten-Nutzen-Kalküls, bei dem nationale Interessen das Handeln von Staaten bestimmen, ließen sich während des Irak-Konflikts beobachten.[129] Ein SKS muss daher Lösungen für folgendes Problem finden: Wie kann vor allem den sicherheitspolitischen Interessen seiner Mitglieder Rechnung getragen werden, damit ein negatives Kosten-Nutzen-Kalkül von vornherein vermieden wird? Eine befriedigende Antwort auf diese Frage bleibt bislang sowohl die Literatur als auch die Praxis schuldig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit eines SKS grundsätzlich dann am besten sind, wenn „as many states as possible participate and (…) all act according to universal rules and principles”[130]. Damit dies gesichert ist, muss innerhalb eines SKS zugleich ein Machtgleichgewicht vorhanden sein, das im Gegensatz zum Konzept des Balance of Power jedoch nicht auf Allianzen gegeneinander beruht, sondern auf der Bereitschaft zur Abrüstung und Abgabe von Souveränitätsrechten im Bereich der Sicherheitspolitik. Nur auf diese Weise kann unilaterales Vorgehen in einem SKS vermieden werden.[131]
2. Umsetzung eines SKS in der UNO
Die UNO wurde auf den Trümmern errichtet, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hatte. Nach dem Scheitern des Völkerbundes und dem Ende des Krieges versuchten die Siegermächte – USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion – erneut, eine belastbare Friedens- und Sicherheitsordnung zu schaffen. Dabei haben sie an die Idee der kollektiven Sicherheit angeknüpft und die von Präsident Wilson begonnenen Bemühungen um ein tragfähiges SKS fortgesetzt.[132] Tatsächlich erfüllt die UNO zahlreiche Voraussetzungen, um als kollektives Sicherheitssystem fungieren zu können.[133]
2.1 Systematik der UN-Charta
Die UNO besitzt mit der am 25. Juni 1945 von 50 Staaten[134] – den Gründungsmitgliedern – unterzeichneten Charta eine vertragliche Grundlage. Zugleich wurde in diesem Dokument auch sichergestellt, dass es allen anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen übergeordnet ist. Nach Art. 103 UN-Charta haben die Pflichten, die die Charta den Mitgliedstaaten auferlegt, Vorrang gegenüber den in anderen Verträgen getroffenen Bestimmungen.[135] Die Systematik des Dokuments beruht auf drei Ebenen: der Zielsetzung, den Grundsätzen und den Verfahren.
Das erste Ziel der UNO ist die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Damit wird die Grundidee eines kollektiv und kooperativ gestalteten Systems internationaler Sicherheit reflektiert. Dies klingt sowohl in der Präambel der UN-Charta[136] als auch in Art. 1 Abs. 1[137] an, in dem sich die UNO das Primärziel setzt, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren“. Letzteres steht jedoch nicht für sich allein, sondern ist eingebettet in eine Reihe weiterer Zielvorstellungen wie der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen (Art. 1 Abs. 2). Zudem soll die UNO „ein Mittelpunkt (…) sein, in dem die Bemühungen der Nationen zur Verwirklichung dieser gemeinsamen Ziele aufeinander abgestimmt werden“ (Art. 1 Abs. 4) und dazu dienen, „eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art (…) zu fördern und zu festigen“ (Art. 1 Abs. 3). Integraler Bestandteil des SKS der UNO ist damit auch, durch die Schaffung vertiefter internationaler Kooperation die Ursachen potenzieller Konflikte zu beseitigen.[138] Mit der Anerkennung, dass sich auch eine nicht funktionsfähige Wirtschaft und humanitäre Not zu einer Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit entwickeln können, trägt die UN-Charta der oben angesprochenen Erweiterung des Sicherheitsbegriffs in den internationalen Beziehungen Rechnung.
Im Einklang mit den Zielen steht die zweite Ebene der handlungsleitenden Grundsätze, die in Art. 2 UN-Charta zum Ausdruck kommt. Art. 2 Abs. 2 wiederholt den völkerrechtlichen Grundsatz „pacta sunt servanda“[139]. Art. 2 Abs. 3 und 4 wiederum bekräftigen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Lösung internationaler Streitigkeiten durch friedliche Mittel sowie den Verzicht auf „jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt“[140]. Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 ist das konstituierende Prinzip der Staatengemeinschaft[141] und somit Ausgangspunkt des SKS der UN. Es zählt zu den zwingenden Normen des Völkerrechts. Dies bedeutet, dass die Staaten davon auch einvernehmlich nicht abweichen können. In Abkehr der Maxime, dass Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei[142], verbietet es den Einsatz von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen.[143] Im Unterschied zum Briand-Kellogg-Pakt[144] wird nicht nur Krieg für völkerrechtswidrig erklärt, sondern jede Verwendung von Gewalt untersagt.[145] Damit richtet sich das UN-SKS gegen Aggression per se, nicht gegen einen bestimmten Aggressor.
Art. 2 Abs. 5 verpflichtet die Mitglieder darüber hinaus dazu, der UNO „jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme zu leisten, welche die Organisation im Einklang mit dieser Charta ergreift“. Dagegen müssen die Teilnehmer des UN-SKS Staaten, die Ziel der betreffenden Vorbeugungs- oder Zwangsmaßnahmen der UNO sind, jeglichen Beistand versagen.[146] Potenzielle Aggressoren werden somit in das System einbezogen, was ein kennzeichnendes Merkmal für ein SKS ist. Die Beistandspflicht wird in Art. 25 erneut aufgegriffen, der den Mitgliedern auferlegt, die Beschlüsse des SR, der gemäß Art. 24 UN-Charta die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt, anzunehmen und durchzuführen.[147]
In Art. 2 der UN-Charta ist noch ein weiterer zentraler Grundsatz festgelegt, der bereits in Art. 1 Abs. 2 mit dem „Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker“ anklingt. Abs. 1 des Art. 2 nennt explizit das Prinzip der „souveränen Gleichheit aller Mitglieder“ der Weltorganisation. Komplementär dazu verweist Absatz 7 darauf, dass die Zuständigkeit der UNO in der Souveränität der Staaten bei der Regelung ihrer inneren Angelegenheiten ihre Grenze findet.[148] Mit dieser Bestimmung nimmt die Charta eine wichtige Einschränkung ihres Sicherheitskonzepts vor und engt den Handlungsbereich der UN ein. Die Begrenzung der Zuständigkeit der UNO auf zwischenstaatliche Konflikte durchzieht die gesamte Charta und findet sich bei den Kompetenzzuweisungen an die verschiedenen Organe[149], allen voran die Generalversammlung (GV) (Art. 11 Abs. 1) und den SR (Art. 24 Abs. 1), sowie den Verfahren der Streitbeilegung wieder.[150]
Allerdings werden das Souveränitätsprinzip und das daraus abgeleitete Einmischungsverbot inzwischen nicht mehr so strikt gehandhabt. Bereits Ende der 80er-Jahre verstärkten sich Tendenzen, den Kreis innerer Angelegenheiten enger zu ziehen und damit die Zuständigkeit der UN vorsichtig auszuweiten.[151] Vor allem im Bereich des Menschenrechtsschutzes wurde das Souveränitätsrecht der Staaten wesentlich aufgeweicht, wozu in entscheidendem Maß auch der SR mit seiner Interventionspraxis in den 90er-Jahren – unter anderem auch im Irak – beigetragen hat.[152]
Die Charta nennt aber nicht nur Ziele und Grundsätze, sondern gibt den Mitglieder auch entsprechende Instrumente an die Hand. Dies wird bereits in Art. 1 Abs. 1 deutlich, wonach die Staatengemeinschaft zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit angehalten ist:
„wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen.“[153]
Betont wird hier erneut die friedliche Streitbeilegung, zu der die Mitgliedstaaten verpflichtet sind. Ihre konkrete Ausgestaltung findet die Forderung nach einer friedlichen Lösung von Konflikten in Kapitel VI, das Maßnahmen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten vorsieht. Die Gründer der UNO waren sich jedoch der Tatsache bewusst, dass Kapitel VI nur bedingt geeignet sein würde, einen Friedensbrecher in seine Schranken zu weisen.[154] Daher erteilt die Charta auch die Befugnis, „wirksame Kollektivmaßnahmen“[155] zu ergreifen, falls die Mittel der friedlichen Streitschlichtung als unzureichend angesehen werden.
Kapitel VII, das speziell die Maßnahmen zur Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit behandelt[156], sieht bei „Bedrohung oder (…) Bruch des Friedens“[157] die Verhängung nicht-militärischer und militärischer Zwangsmaßnahmen gegen einen Aggressor vor. Militärische Sanktionen gemäß Kapitel VII sind neben dem Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Art. 51 die einzige Ausnahme vom allgemeinen Gewaltverbot[158], das insofern nicht absoluter Natur ist.[159] Im Einzelnen handelt es sich dabei um politische, wirtschaftliche und militärische Sanktionen sowie um militärische Zwangsmaßnahmen, zu deren Durchführung Art. 25[160] UN-Charta die Mitgliedstaaten verpflichtet, wobei sie sich gemäß Art. 49[161] UN-Charta gegenseitig Beistand leisten müssen. Dadurch wird gewährleistet, dass Sanktionen, die auf einer SR-Resolution basieren, stets kollektive Maßnahmen sind.[162]
Die Instrumente nach Kapitel VII bilden die Kernelemente des SKS der UN, wobei die militärischen Sanktionen von den Gründern der UNO als Herzstück der kollektiven Sicherheit betrachtet wurden.[163] Erst durch sie erhält das Kollektiv der Staatengemeinschaft das nötige Gewicht. Nur mittels der Möglichkeit, militärisch gegen einen Friedensbrecher vorzugehen, wird die Übermacht der Staatengemeinschaft gewährleistet, die einem potenziellen Aggressor einen Verstoß gegen die Rechtsordnung als nicht lohnenswert erscheinen lassen soll. Somit dient Kapitel VII nicht nur der Wiederherstellung von Frieden und internationaler Sicherheit, sondern auch der Abschreckung.[164]
2.2 Die Mittel des kollektiven Zwangs
Kapitel VII der UN-Charta hat zum Ziel, das Gewaltverbot mit repressiven Maßnahmen durchzusetzen. Ihre Anwendung ist allein dem SR vorbehalten, dem dabei ein nahezu unbegrenzter Ermessensspielraum hinsichtlich der Notwendigkeit zum Eingreifen und der zu treffenden Maßnahmen eingeräumt wird.[165] Bevor Sanktionen auf der Grundlage von Art. 39 verhängt werden, kann der SR zudem gemäß Art. 40 UN-Charta vorläufige Maßnahmen treffen, die die Rechte, Ansprüche und Stellung der beteiligten Staaten unberührt lassen. Schließlich differenziert die Charta zwischen nicht-militärischen Zwangsmaßnahmen nach Art. 41 und militärischen Maßnahmen unter Einsatz von Streitkräften aller Art gemäß Art. 42.[166] Es lässt sich sagen, dass die Charta in ihren Bestimmungen zur Friedenssicherung und -wiederherstellung einer Leiter gleicht, an deren höchster Stufe die militärischen Maßnahmen stehen, die zugleich das letzte Mittel des Systems kollektiver Sicherheit darstellen.[167]
Damit der Mechanismus der kollektiven Sicherheit in Gang gesetzt werden kann, ist gemäß Art. 39 UN-Charta die Feststellung des SR notwendig, dass eine Friedensbedrohung, ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Ist dies nach Ansicht des SR der Fall, ist er dazu angehalten, „wirksame Kollektivmaßnahmen“[168] auf Grundlage der Artikel 41 und 42[169] zu treffen, um „Bedrohungen des Weltfriedens zu verhindern oder zu beseitigen“[170]. Problematisch in dieser Hinsicht ist, dass es im UN-SKS keine verbindliche Definition des Aggressionsbegriffs gibt.[171] Zwar hat die GV den Tatbestand der Aggression in ihrer Resolution 29/3314[172] präzise gefasst, für den SR ist sie jedoch nicht bindend. Zudem wird im Operativen Paragraph (OP) 4 des Anhangs der Resolution ausdrücklich erklärt: „(…) the acts enumerated (…) are not exhaustive and the Security Council may determine that other acts constitute aggression under the provisions of the Charter“. Seinen weiten Entscheidungsspielraum in dieser Frage hat das Gremium in der Vergangenheit vielfach ausgeschöpft. So wurden sowohl die Unterstützung von terroristischen Aktivitäten durch Staaten im Falle Libyens[173] als auch innerstaatliche Vorgänge wie Bürgerkrieg oder Menschenrechtsverletzungen wie in Ruanda und Somalia als Friedensbedrohungen angesehen, die kollektive Zwangsmaßnahmen rechtfertigen können. Allerdings hat der SR eine Angriffshandlung im Sinne des Art. 39 UN-Charta selbst in relativ eindeutigen Fällen wie der irakischen Invasion in Kuwait noch nie festgestellt.[174]
Bei seiner Aufgabe, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen, ist der SR aber auch Einschränkungen unterworfen. Art. 24 Abs. 2 der UN-Charta verpflichtet den SR, „im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“[175] zu handeln. Zu ihnen zählt auch die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.[176] Daher findet die Autorität des SR ihre Grenze im System selbst. Auch Sanktionen, die dazu dienen sollen, „den Weltfrieden oder die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen“[177] sind völkerrechtlichen Einschränkungen unterworfen.[178]
Aufgrund der Block- und der daraus folgenden Blockadesituation im SR während des Kalten Krieges wurden Sanktionen bis 1990 nur in Ausnahmefällen verhängt. Nicht-militärische Sanktionen nach Art. 41 gab es in zwei Fällen – gegen Südafrika und das damalige Rhodesien. Hingegen wurde in den 90er-Jahren sehr häufig auf dieses Mittel zurückgegriffen.[179] Nur in zwei Fällen hat der SR zum Mittel des militärischen Zwangs gegriffen: in Korea 1950 und im Irak 1990/91.[180] An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, dass manche Autoren im II. Golfkrieg auch eine Maßnahme der Selbstverteidigung nach Art. 51 sehen.[181]
2.2.1 Friedliche Sanktionen
Im Sicherheitsgefüge der UNO haben Sanktionen[182] nach Artikel 41 eine exponierte Stellung. Zwischen den diplomatischen Maßnahmen des VI. Kapitels und den militärischen Zwangsmaßnahmen nach Art. 42 angesiedelt, stellen sie das letzte der nicht-militärischen Instrumente des SR dar. Sie sollen mehr sein als diplomatische Vermittlung und weniger als militärischer Zwang, jedoch „die Drohung beinhalten, dass dieser als nächster Schritt folgen könnte“[183]. Gegenüber den militärischen Maßnahmen des Art. 42 haben sie Vorrang.[184]
Ziel nicht-militärischer Sanktionen ist, eine Regierung von einer Politik abzuhalten oder abzubringen, die vom SR als Gefährdung oder Bruch des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit eingeschätzt wird. Einige Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, nennt Art. 41 der UN-Charta explizit:
„Der SR kann beschließen, welche Maßnahmen (...) zu ergreifen sind, um seinen Beschlüssen Wirksamkeit zu verleihen. (...) Sie können die vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegraphen- und Funkverbindungen sowie sonstiger Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen einschließen.“[185]
Da diese Formulierung lediglich eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung ist, lässt sie Raum für weitere nicht-militärische Maßnahmen.[186] Es ist möglich, Sanktionen auch auf internationale Beziehungen im kulturellen Bereich auszudehnen. Eine weitere Möglichkeit sind Reisebeschränkungen. Selbst Tribunale, wie sie der SR in Den Haag für das ehemalige Jugoslawien zur Verfolgung von Kriegsverbrechern sowie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen Völkermord eingerichtet hat, können zu den Maßnahmen nach Art. 41 gezählt werden. Insgesamt wurden über 50 mögliche Sanktionsfelder identifiziert. Die Sanktionen können in jedem Bereich dosiert und miteinander kombiniert werden.[187]
Um ihr angestrebtes Ziel zu erreichen, müssen Sanktionen nach Ansicht des Sanktionsexperten Manfred Kulessa effizient und effektiv sein. Effizienz bedeutet, dass die Vorgaben des SR in Recht und Verwaltung der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Nötig ist dazu ein entsprechender politischer Wille auch der Nachbarn und Freunde des sanktionierten Staates. Deshalb ist mit der Frage der Effizienz auch die Verhängung von Sekundärsanktionen[188] gegen umsetzungsunwillige Staaten eng verbunden.[189] Effektiv sind Sanktionen dann, wenn die Zwangsmaßnahmen die „beabsichtigte negative Wirkung auf das Ansehen oder die Wirtschaft des Sanktionslandes ausüben“[190].
Um Effektivität zu gewährleisten, müssen Sanktionen so konzipiert sein, „dass sie die betreffende Regierung bzw. Führungselite an einem Punkt treffen, der so sensibel ist, dass sie ihre friedensgefährdende Politik freiwillig aufgibt“[191]. Besonders häufig werden daher die schlagkräftigsten unter den nicht-militärischen Zwangsmaßnahmen angewandt: die Wirtschaftssanktionen.[192] Zu ihnen zählen Handelsembargos, Finanzboykotte und das Sperren von Konten im Ausland.[193] Vor allem Waffenembargos stellen – vorausgesetzt, sie werden eingehalten – eines der mächtigsten und wirksamsten Instrumente des SR dar, da sie unmittelbar zur Friedenssicherung beitragen.[194] Besonders zielgruppenorientiert hingegen sind diplomatische Sanktionen wie der Entzug der Visen von Diplomaten oder politischen Machthabern, da sie ausschließlich die Führungselite eines bestimmten Landes treffen.[195]
Bei der Anwendung von Sanktionen muss darauf geachtet werden, unerwünschte Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung sowie auf Drittstaaten gering zu halten.[196] Gerade Handelsboykotte, die meist den gesamten Handel eines Landes bis auf wenige Ausnahmen, meist humanitäre Güter, lähmen, ziehen immer schwerwiegende Folgen für die wirtschaftliche Situation eines Landes nach sich. Diese hat jedoch selten die Elite zu tragen, sondern – ganz besonders im Irak[197] – die Zivilbevölkerung.[198] Drittstaaten sind formal über die UN-Charta geschützt. Insoweit sie von Sanktionen wirtschaftlich besonders betroffen sind, haben sie nach Art. 50 UN-Charta[199] das Recht, den SR zu konsultieren.
Hinsichtlich der Überwachung der Einhaltung der getroffenen Sanktionsbestimmungen durch die Mitgliedstaaten hat der SR die Möglichkeit, nach Art. 29 UN-Charta[200] einen Sanktionsausschuss ins Leben zu rufen und ihn mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das Mandat eines derartigen Komitees, das sich aus Vertretern der 15 SR-Mitglieder zusammensetzt, kann sich auch auf die Unterstützung von Staaten und internationalen Organisationen bei der Durchführung der Zwangsmaßnahmen sowie auf die Beurteilung der Forschritte bei der Umsetzung, die in Form von Berichten an den SR weitergeleitet werden, erstrecken.[201] Darüber hinaus berät der Sanktionsausschuss über humanitäre Ausnahmeregelungen von den geltenden Sanktionsbestimmungen sowie über die Probleme, die sich durch die Zwangsmaßnahmen für betroffene Drittstaaten ergeben.[202] Bislang hat der SR für die meisten Sanktionsregime einen Ausschuss eingerichtet[203], so auch mit Resolution 661 für den Irak[204].
2.2.2 Militärische Zwangsmaßnahmen
Ist der SR der Ansicht, dass wirtschaftliche oder diplomatische Zwangsmaßnahmen gemäß Art. 41 „unzulänglich sein würden oder sich als unzulänglich erwiesen haben, so kann er mit Luft-, See- oder Landstreitkräften die zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen durchführen“[205]. Diese reichen von bloßen Machtdemonstrationen über Blockaden bis hin zu Kampfeinsätzen.[206] Dabei muss zwischen der gewaltsamen Durchsetzung nicht-militärischer Sanktionen und echten militärischen Sanktionen nach Art. 42 unterschieden werden. Während im ersten Fall primär die effektive Umsetzung der getroffenen nicht-militärischen Zwangsmaßnahmen sichergestellt werden soll, zielen echte militärische Zwangsmaßnahmen darauf ab, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu erhalten oder wiederherzustellen.[207] Was den Übergang von wirtschaftlichen zu militärischen Zwangsmaßnahmen angeht, enthält die Charta keine näheren Bestimmungen. Die Entscheidung darüber, ob nicht-militärische Maßnahmen unzureichend sind oder waren, liegt allein im Ermessen des SR.[208]
Hinsichtlich der Durchführung von militärischen Sanktionen hatten die UNO-Gründer ursprünglich vorgesehen, dem SR eine eigene stehende Armee zur Verfügung zu stellen, die im Falle einer Bedrohung oder eines Bruchs des Weltfriedens in der Lage ist, sofort zu reagieren.[209] Daher sieht Art. 43 Abs. 1 vor:
„Alle Mitglieder der Vereinten Nationen verpflichten sich, zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dadurch beizutragen, daß sie nach Maßgabe eines oder mehrerer Sonderabkommen dem SR auf sein Ersuchen Streitkräfte zur Verfügung stellen, Beistand leisten und Erleichterungen einschließlich des Durchmarschrechts gewähren, soweit dies zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlich ist.“[210]
Für die strategische Leitung aller dem SR zur Verfügung gestellten Streitkräfte ist nach Art. 47 Abs. 3 ein Generalstabsausschuss verantwortlich, dem die Generalstabschefs der Ständigen Mitglieder des SR angehören.[211] Er konstituierte sich zwar, kam jedoch kaum zum Einsatz.[212]
Theoretisch stellt die Bereitstellung von Truppen unter ein UN-Kommando eines der Kernelemente des UN-SKS dar.[213] Auf diese Weise ließe sich am besten das nötige Abschreckungspotenzial herstellen und die Fähigkeit zum schnellen und wirksamen Handeln gewährleisten.[214] Doch auch 60 Jahre nach Gründung der UNO ist noch immer kein einziges dieser Sonderabkommen geschlossen worden. Die Gründe dafür lagen zunächst in dem gespannten Verhältnis zwischen den USA und der Sowjetunion nach dem Ausbruch des Ost-West-Konflikts.[215] Die Ständigen Mitglieder des SR konnten sich weder auf die Größe einer Truppe unter UN-Kommando insgesamt noch auf das Ausmaß der Beteiligung der einzelnen Staaten einigen.[216] Die Tatsache jedoch, dass auch nach der Beendigung des Ost-West-Konflikts die Mitgliedstaaten bislang nicht zur Unterzeichnung von Sonderabkommen bereit waren, macht deutlich, wie groß offensichtlich ihr grundsätzliches Unbehagen ist, auf Abruf eigene Truppen dem Befehl der UN zu unterstellen.[217]
Die Gründungsväter der UNO waren weitsichtig genug, die widerstrebende Haltung der Mitgliedstaaten in dieser Frage einzubeziehen und durch entsprechende Bestimmungen die Handlungsfähigkeit der Organisation zu gewährleisten. So sieht Art. 106[218] der UN-Charta für die Übergangszeit bis zum Abschluss der Abkommen vor, dass Maßnahmen nach Art. 42 auch von den Unterzeichnern der Moskauer Viermächte-Erklärung (1943) sowie Frankreich – und damit von einem mit den Ständigen Mitgliedern des SR identischen Kreis – durchgeführt werden können.[219]
Darüber hinaus kann der SR gemäß Art. 48 und 49 alle oder einige UN-Mitglieder zur Durchführung seiner Beschlüsse ermächtigen. Allerdings setzt diese Möglichkeit voraus, dass sich Staaten finden, die willens sind, im Auftrag des SR Krieg zu führen. Eine Bereitschaft dazu besteht von Seiten der Staaten in der Regel aber nur, wenn ihre eigenen Interessen berührt sind. Eine dritte Option besteht für den SR nach Art. 53 Abs. 1[220] darin, regionale Abmachungen oder Einrichtungen zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen zu ermächtigen.[221]
In welcher Form der SR militärische Maßnahmen ergreift, ist allein in sein Ermessen gestellt. Dazu zählt auch die Entscheidung über die Frage, welche Staaten bzw. Organisationen mit der Durchführung der Maßnahmen beauftragt werden und wie stark sie dabei an den SR gebunden sind.[222]
2.3 Das Recht auf Selbstverteidigung
Die zweite Ausnahme des Gewaltverbots von Art. 2 Abs. 4 stellt das bereits erwähnte „naturgegebene Recht zur Selbstverteidigung“[223] nach Art. 51 dar, das nur von Staaten in Anspruch genommen werden kann.[224] Nach Ansicht von Albrecht Randelzhofer hat sich das Selbstverteidigungsrecht in der Praxis als die einzig bedeutsame Ausnahme vom Gewaltverbot herauskristallisiert.[225] Art. 51 wurde vor allem auch hinsichtlich der Interventionen im Irak zum Zentrum der Diskussionen über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Gewalt in den gegenseitigen Beziehungen der Staaten.
Das Recht auf Selbstverteidigung, das aus dem staatlichen Souveränitätsprinzip resultiert, ist für Staaten innerhalb eines SKS die einzige Möglichkeit, sich im Einklang mit dem Völkerrecht ohne eine Autorisierung des SR gegen die Verletzung seiner Rechte zu schützen und unilateral militärische Gewalt anzuwenden.[226] Allerdings ist gemäß dem Geist und der Logik der UN-Charta der Spielraum, in dessen Rahmen sich Staaten auf Art. 51 berufen können, begrenzt.[227]
2.3.1 Voraussetzungen und Grenzen
Damit sich ein Staat auf sein Selbstverteidigungsrecht berufen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein[228], deren wichtigste Art. 51 gleich am Anfang nennt: „Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung (…).“[229] Im Zentrum des Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 steht klar der „bewaffnete Angriff“. Er muss vorliegen, damit ein Staat sich innerhalb eines SKS auf dieses „naturgegebene Recht“ berufen kann. Seine Auslegung entscheidet darüber, inwieweit einzelstaatliche Gewaltanwendung zulässig ist. Wichtig für die Effektivität der völkerrechtlichen Regelung zur Kriegsverhütung ist daher eine einheitliche Definition und Interpretation des Begriffs „bewaffneter Angriff“[230], die jedoch im Rahmen des UN-SKS nicht vorliegt. Auch die anderen Schlüsselworte, „naturgegebenes Recht“ und „Selbstverteidigung“ werden in der Charta nicht näher spezifiziert und lassen daher breiten Raum für Interpretationen.[231]
Die Probleme, die aus der mangelnden Klarheit der Begriffe resultieren, sollen im folgenden Kapitel in Bezug auf die Diskussion um ein präventives Recht auf Selbstverteidigung näher durchleuchtet werden. Als Minimalkonsens[232] gilt an dieser Stelle festzuhalten, dass das Recht zur Selbstverteidigung in jedem Fall dann gegeben ist, wenn ein Staat mit militärischer Gewalt gegen einen anderen Staates vorgeht.[233] Zudem muss Klarheit darüber herrschen, welche Ziele angegriffen sein müssen, damit Art. 51 zur Anwendung kommt. Als Angriffsobjekte in diesem Sinne anerkannt sind das Hoheitsgebiet eines Staates, die Land- und Seestreitkräfte sowie die zivile See- und Luftflotte eines Staates.[234]
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die zur Selbstverteidigung ergriffenen Maßnahmen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum erfolgten Angriff stehen müssen. So ist es nicht erlaubt, unter Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht wieder zu militärischen Mitteln zu greifen, wenn ein Waffenstillstand nicht mehr nur vorübergehend existiert, sondern bereits über einen längeren Zeitraum anerkannt und eingehalten wurde. Schließlich hat die Praxis der vergangenen Jahrzehnte im Rahmen des UN-SKS auch gezeigt, dass ein bewaffneter Angriff ein Mindestmaß an Intensität haben muss, damit sich ein Staat auf sein Recht auf Selbstverteidigung nach Art. 51 berufen darf.[235]
Wie aus dem Wortlaut eindeutig hervorgeht, spricht Art. 51 einem Staat jedoch nicht nur das Recht zur individuellen, sondern auch zur kollektiven Selbstverteidigung zu, wodurch der kollektive Charakter des UN-SKS erneut unterstrichen wird. Somit können Staaten, die selbst nicht Opfer eines bewaffneten Angriffs wurden, einem angegriffenen Staat mit militärischen Mitteln zu Hilfe kommen, ohne dass dies einen Verstoß gegen das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 darstellt. Für die Ausübung kollektiver Nothilfe ist es allerdings erforderlich, dass der betroffene Staat sein Einverständnis dazu gibt bzw. ausdrücklich um die Unterstützung anderer Staaten ersucht.[236]
Doch auch wenn die oben genannten Voraussetzungen gegeben sind und eindeutig ein bewaffneter Angriff vorliegt, gilt die Befugnis zur individuellen wie kollektiven Selbstverteidigung für den angegriffenen Staat und seine Verbündeten nicht uneingeschränkt. Handeln ein oder mehrere Staaten gemäß Art. 51 UN-Charta, haben sie dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.[237] Dies bedeutet, dass die eingesetzten Mittel keine drastische Wirkungsweise entfalten dürfen.[238] Eine Intervention unter Berufung auf das Recht auf Selbstverteidigung muss auf die Abwehr des bewaffneten Angriffs beschränkt bleiben. Eine Ausweitung der Selbsthilfe hin zu Vergeltungs- und Bestrafungsaktionen ist nicht akzeptabel.[239]
Darüber hinaus verpflichtet Art. 51 die Mitgliedstaaten, „Maßnahmen, die sie in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts“[240] treffen, „dem SR sofort anzuzeigen[241] “. Bei dieser Mitteilungspflicht handelt es sich jedoch nur um eine formelle Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung nicht zum Erlöschen des Selbstverteidigungsrechts führt.[242] Dagegen erlischt es automatisch, sobald der SR „die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“[243]. Die Bestimmung macht die grundsätzlich subsidiäre Stellung deutlich, die die Selbstverteidigung im Rahmen des UN-SKS einnimmt.[244] Die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts ist in der Praxis somit möglicherweise nur von kurzer Dauer, wenn der SR seiner Verantwortung zur Wahrung von Weltfrieden und internationaler Sicherheit schnell nachkommt. Ist dies aber nicht der Fall bzw. wird ein Vorgehen des SR von einem Ständigen Mitglied per Veto blockiert, kann das Selbstverteidigungsrecht zu einem Dauerzustand werden. Wird zudem das Fehlen einer satzungsgemäßen Verpflichtung des SR zum Eingreifen berücksichtigt, besteht die Gefahr, dass das allgemeine Gewaltverbot ausgehebelt wird. Die Verantwortung, dies zu verhindern, liegt allein bei den Mitgliedstaaten – allen voran den Ständigen Mitgliedern des SR.[245]
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Pflicht, die Selbstverteidigung einzustellen, sobald der SR die zur Friedenssicherung erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, für das völkergewohnheitsrechtliche Selbstverteidigungsrecht als nicht gültig angesehen wird.[246] Insofern ist das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht, dessen Existenz in Bezug auf die Selbstverteidigung der Internationale Gerichtshof (IGH) 1986 anerkannt hat[247], weiter gefasst.[248]
2.3.2 Recht auf präventive Selbstverteidigung?
Wie bereits gezeigt wurde, fasst die UN-Charta das Recht auf Selbstverteidigung sehr eng und knüpft es an bestimmte Voraussetzungen.[249] Franck zufolge haben in der Praxis jedoch auch andere völkerrechtliche Verletzungen, die unterhalb der Schwelle eines erfolgten bewaffneten Angriffs liegen, als Rechtfertigungsgrundlage für eine Selbstverteidigung im Rahmen des UN-SKS gedient. Zu ihnen zählt er auch den Anspruch von Staaten, einem unmittelbaren bewaffneten Angriff vorbeugen oder zuvor kommen zu dürfen.[250]
Ausgelöst durch den expliziten Verweis der USA auf ihr Recht zur Ausübung eines „preemptive strike“ in der National Security Strategy (NSS)[251] sowie die SR-Diskussionen im Vorfeld des III. Golfkriegs rückte erneut die Frage in den Mittelpunkt, ob ein präventiver Militäreinsatz im Falle einer Bedrohung durch einen Staat innerhalb eines SKS nicht doch möglich sei. Daher soll nun untersucht werden, ob sich eine präventive Selbstverteidigung mit den Bestimmungen der UN-Charta vereinbaren lässt bzw. ob die begrifflichen Unklarheiten, die aus Art. 51 folgen, eine derartige Interpretation zulassen.
[...]
[1] Vgl. Skaaren-Fystro, Gro: A Victory for the Collective Security – the UN and the Gulf Crisis, Oslo 1994, S. 34.
[2] Vgl. Gareis, Sven Bernhard/Varwick, Johannes: Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente, Reformen, Opladen 2002, S. 67.
[3] Vgl. Heinz, Ursula/Philipp, Christiane/Wolfrum, Rüdiger: Zweiter Golfkrieg: Anwendungsfall von Kapitel VII der UN-Charta, in: Vereinte Nationen Bd. 39 Heft 4 (1991), S. 127.
[4] Vgl. Randelzhofer, Albrecht: Art. 51, in: Simma, Bruno (Hrsg.): Die Charta der Vereinten Nationen. Kommentar, S. 618.
[5] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 73.
[6] Anm.: Bei ihrer Militäroperation „Iraqi Freedom“ vom 20. März bis 1. Mai 2003 wurden die USA von 45 Staaten unterstützt, darunter Großbritannien, Spanien, Bulgarien und Australien.
[7] Vgl. Tomuschat, Christian: Völkerrecht ist kein Zweiklassenrecht. Der Irak-Krieg und seine Folgen, in: Vereinte Nationen Bd. 51 Heft 2 (2003), S. 41.
[8] Vgl. Gasteyger, Curt: Neue Konflikte und internationale Ordnung, in: Schorlemer, Sabine (Hrsg.): Praxishandbuch UNO. Die Vereinten Nationen im Lichte globaler Herausforderungen, Berlin/Heidelberg 2003, S. 9.
[9] Vgl. Faust, Dominik: Effektive Sicherheit, Wiesbaden 2002, S. 109.
[10] Vgl. ebd., S. 110.
[11] Anm.: Mit Professor Rüdiger Wolfrum, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg und Richter am Internationalen Gerichtshof, wurde am 19. Januar 2004 ein Interview geführt.
[12] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 58.
[13] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 107-108.
[14] Vgl. Jaberg, Sabine: Kollektive Sicherheit: Mythos oder realistische Option? Sechs Perspektiven, Hamburg 1999, S. 55-56.
[15] Urquhart, Brian: The United Nations’ Capacity for Peace Enforcement, unter: http://www.iisd.org/security/unac/urqudoc.htm (Stand: 23.03.2004).
[16] Vgl. Buzan, Barry: Balance of power, in: McLean, Iain (Hrsg.): The Concise Oxford Dictionary of Politics, Oxford 1996, S. 30
[17] Anm.: Erste Entwürfe zu einem derartigen System internationaler Sicherheit finden sich unter anderem bei Maximilian Sully (1560-1641), Emeric Crucé (1590-1648), Abbé St. Pierre (1658-1743) und Immanuel Kant (1724-1804), Vgl. Opitz, Peter J.: Kollektive Sicherheit, in: Ferdowsi, Mir A. (Hrsg.): Sicherheit und Frieden zu Beginn des 21. Jahrhunderts, München 2002, S.57.
[18] Vgl. Jaberg, Sabine: Zum Friedens- und Sicherheitsverständnis kollektiver Sicherheit, in: Sicherheit und Frieden, Bd. 16 Heft 3 (1998), S. 145.
[19] Anm.: In der Literatur taucht der Begriff erst Anfang der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts auf (vgl. Bauer, Andreas: Effektivität und Legitimität. Die Entwicklung der Friedenssicherung durch Zwang nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen unter besonderer Berücksichtigung der neueren Praxis des Sicherheitsrates, Berlin 1996, S. 24).
[20] Vgl. Weber, Hermann: Vom Völkerbund zu den Vereinten Nationen, Bonn 1987, S. 25-26.
[21] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 24.
[22] Vgl. Zacher, Mark W.: International Conflicts and Collective Security 1946-77, New York u.a. 1979, S. 3.
[23] Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 12.
[24] Vgl. ebd., S. 12.
[25] Vgl. Langenscheidt (Hrsg.): Großes Schulwörterbuch Lateinisch-Deutsch, Berlin/München 1991, S. 1082.
[26] Vgl. Menk, Thomas: Gewalt für den Frieden, Berlin 1992, S. 18.
[27] Faust, a.a.O., S. 85.
[28] Vgl. Menk, a.a.O., S. 19-20.
[29] Vgl. ebd.
[30] Vgl. Jaberg, Friedens- und Sicherheitsverständnis, S. 146.
[31] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 4.
[32] Vgl. Faust, a.a.O., S. 85-86.
[33] Anm.: Ergreift Staat X militärische Maßnahmen zur Stärkung der eigenen Sicherheit, die andere Staaten bedrohen können oder als Bedrohung wahrgenommen werden, steigt die Gefahr, dass Staat Y Gegenmaßnahmen trifft, die wiederum die Sicherheit von X beeinträchtigen können (vgl. Jaberg, Friedens- und Sicherheitsverständnis, S. 147).
[34] Vgl. Jaberg, Friedens- und Sicherheitsverständnis, S. 147.
[35] Vgl. Langenscheidt, a.a.O., S. 212.
[36] Anm.: Kollektive Sicherheit strebt primär nach internationaler Sicherheit, zumindest nach negativem Frieden im Sinne der Abwesenheit von Krieg (vgl. Jaberg, Friedens- und Sicherheitsverständnis, S. 145, 149).
[37] Vgl. Menk, a.a.O., S. 16.
[38] Vgl. Faust, a.a.O., S. 93-94.
[39] Menk, a.a.O., S. 15.
[40] Claude, Inis: Power and International Relations, New York 1962, S. 250.
[41] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 13.
[42] Thompson, K., zitiert nach Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 5.
[43] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 24-25.
[44] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 13.
[45] Vgl. Menk, a.a.O., S. 46.
[46] Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 5.
[47] Vgl. Buzan, a.a.O., S. 30.
[48] Anm.: Unter dem Begriff Konzept wird in dieser Arbeit die Idee, die hinter dem System steht, verstanden.
[49] Vgl. Buzan, a.a.O., S. 30-31.
[50] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 26.
[51] Vgl. Buzan, a.a.O., S. 30.
[52] Vgl. Noack, Paul/Stammen, Theo (Hrsg.): Grundbegriffe der politikwissenschaftlichen Fachsprache, München 1976, S. 92.
[53] Vgl. Buzan, a.a.O., S. 30.
[54] Vgl. Noack/Stammen, a.a.O., S. 92.
[55] Anm.: Darunter Spanien, Frankreich, England, Österreich, Preußen und Russland.
[56] Vgl. Haufe, Gerda: Das Gleichgewichtskonzept in der neueren Geschichte, in: Nohlen, Dieter: Pipers Wörterbuch zur Politik, München 1984, S. 172-173
[57] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 26, 29.
[58] Vgl. Opitz, Peter J.: Das System der Vereinten Nationen – dargestellt an zentralen Tätigkeitsbereichen, in: ders.: Die Vereinten Nationen. Geschichte, Struktur, Perspektiven, München 2002, S. 40.
[59] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 27-28, 30.
[60] Ebd., S. 26.
[61] Vgl. ebd., S. 26, 30.
[62] Anm.: Allerdings gibt es hierzu auch andere Meinungen: Nach Kissinger wurde die NATO als regionales System kollektiver Sicherheit ins Leben gerufen. In einem Memorandum erklärte das US-Außenministerium, die NATO „habe nicht zum Ziel, den Status quo in Europa zu verteidigen“. Dem Atlantischen Bündnis gehe es vielmehr um den Schutz von Prinzipien, nicht um Territorien; es stelle sich nicht Veränderungen entgegen, sondern allein dem Einsatz von Gewalt. Zudem betonte die Analyse, dass sich der Nordatlantikpakt gegen niemanden richtet. Er richte sich nur gegen Aggression. Die USA wollten die NATO damit als Beitrag zur Entwicklung des Systems kollektiver Sicherheit verstanden wissen (vgl. Kissinger, Henry A.: Die Vernunft der Nationen. Über das Wesen der Außenpolitik, Berlin 1996, S. 491).
[63] Vgl. Lutz, Dieter S.: Sicherheit ist „Gemeinsame Sicherheit“. Zur Idee und Entstehung einer neuen sicherheitspolitischen Konzeption, in: Mediatus Bd. 7 Heft 7 (1987), S. 5.
[64] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 28-29.
[65] Vgl. ebd., S. 28.
[66] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 28.
[67] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 40.
[68] Vgl. ebd., a.a.O., S. 28.
[69] Anm.: Der Vollständigkeit halber sei jedoch darauf hingewiesen, dass zur Gewährleistung der Sicherheit Staaten auch zurückgreifen auf: Konzerte, Systeme gemeinsamer Sicherheit, Systeme kooperativer Sicherheit sowie das Konzept hegemonialer Stabilität (vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 27-28 sowie Jaberg, Sabine: Kants Friedensschrift und die Idee kollektiver Sicherheit. Eine Rechtfertigungsgrundlage für den Kosovo-Krieg der NATO?, Hamburg 2002, S. 28)
[70] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 6.
[71] Bauer, a.a.O., S. 29.
[72] Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 24.
[73] Anm.: Systeme kollektiver Sicherheit sind primär global ausgerichtet. Insofern es sich nicht um ein globales, sondern lediglich um ein regionales SKS handelt, muss das System sowohl auf eine Minimierung seiner relevanten Außenwelt bedacht sein als auch seine Außenbeziehungen soweit als möglich freundschaftlich und kooperativ gestalten. Nichtsdestotrotz erfüllt ein SKS in diesem Fall eine Doppelfunktion: Nach innen wirkt es als kollektives Sicherheitssystem, nach außen als Verteidigungsbündnis. Diese Möglichkeit ist mit heutigem Völkerrecht vereinbar, wenn entsprechende Bestimmungen – vor allem hinsichtlich Kapitel VIII UN-Charta –getroffen werden. (vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 23, 25)
[74] Vgl. Faust, a.a.O., S. 94.
[75] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 14.
[76] Vgl. Frei, Daniel: Die Organisation der Vereinten Nationen (UNO). Eine Einführung in 15 Vorlesungen, Grüsch 1990, S. 13-14.
[77] Vgl. Frei, a.a.O., S. 14.
[78] Anm.: Der Verweis auf das gemeinsame, kollektive Interesse stellt sicher, dass die durchgeführten Aktionen nicht den Charakter eines Krieges annehmen, sondern den einer Polizeiaktion behalten (vgl. Bauer, a.a.O., S. 34).
[79] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 14.
[80] Vgl. Faust, a.a.O., S. 94.
[81] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 32.
[82] Vgl. Frei, a.a.O., S. 15.
[83] Vgl. ebd., S. 15.
[84] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 8.
[85] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 26.
[86] Vgl. Faust, a.a.O., S. 93-94.
[87] Vgl. Lutz, a.a.O., S. 5.
[88] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 24-25.
[89] Vgl. ebd., S. 20, 26.
[90] Vgl. Faust, a.a.O., S. 95.
[91] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 14.
[92] Vgl. Faust, a.a.O, S. 95.
[93] Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 14-15.
[94] Vgl. ebd., S. 15.
[95] Anm.: Unter „peaceful change“ versteht man rechtliche Möglichkeiten der Abänderung bestehenden Rechts, die durch die Institution der internationalen Gerichtsbarkeit nicht gegeben sind und auch durch den konsequenten Ausbau der internationalen Gerichtsbarkeit nicht erreicht werden können (vgl. Faust, a.a.O., S. 95).
[96] Vgl. Faust, a.a.O., S. 95-96.
[97] Vgl. ebd., S. 95.
[98] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 15.
[99] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 8.
[100] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 19.
[101] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 32.
[102] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 15.
[103] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 40.
[104] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 15-16.
[105] Anm.: Eine Entscheidung nach Mehrheitsprinzip entspricht dem egalitären Charakter, das einem SKS innewohnt.
[106] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 16.
[107] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 18.
[108] Vgl. ebd., S. 25.
[109] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 69.
[110] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 40.
[111] Vgl. ebd., S. 41.
[112] Anm.: Das Scheitern des Völkerbundes wurde stets auch darauf zurückgeführt, dass die USA nicht Mitglied dieses SKS waren (vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 41).
[113] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 41.
[114] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 13.
[115] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 20.
[116] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 41.
[117] Vgl. ebd., S. 42.
[118] Vgl. Opitz, Peter J.: Kollektive Sicherheit, in: Volger, Helmut (Hrsg.): Lexikon der Vereinten Nationen, München 2000, S. 307.
[119] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 42.
[120] Vgl. Clark, Mark T.: The Trouble with Collective Security, in: Orbis Bd. 39 Heft 2 (1995), S. 241.
[121] Vgl. Faust, a.a.O., S. 94-95.
[122] Vgl. Clark, a.a.O., S. 241.
[123] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit in Volger, S.307
[124] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 40-41.
[125] Vgl. Menk, a.a.O., S. 20-21.
[126] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit in Volger, S. 307.
[127] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 20.
[128] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 20-21.
[129] Vgl. ebd., S. 21.
[130] Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 5.
[131] Anm.: Als Beispiel für ein solches Machtgleichgewicht kann das Beispiel der USA und der UdSSR während des Kalten Kriegs dienen, das sich zwar nicht durch große Erfolge im Bereich der Abrüstung auszeichnete, aber gerade aufgrund der relativ gleichwertigen vor allem nuklearen Stärke beider Staaten für Stabilität sorgte und Alleingängen der Großmächte vorbeugte (vgl. Link, Werner: Die Entwicklung des Ost-West-Konflikts, in: Knapp, Manfred/Krell Gert: Einführung in die internationale Politik, München 1996, S. 247, 254).
[132] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 42.
[133] Vgl. Jaberg, Kollektive Sicherheit, S. 42.
[134] Anm.: Polen, das an der Gründungskonferenz in San Francisco nicht teilnehmen konnte, trat später als 51. Gründungsmitglied hinzu (vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 32).
[135] Vgl. UN-Charta, Art. 103.
[136] Anm.: In der Präambel der UN-Charta heißt es: „Wir, die Völker der Vereinten Nationen – fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren (…) und für diese Zwecke unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren (…).
[137] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 42-43.
[138] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit in Volger, S. 308.
[139] Anm.: Art. 2 Abs. 2 der UN-Charta besagt: „Alle Mitglieder erfüllen, um ihnen allen die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Rechte und Vorteile zu sichern, nach Treu und Glauben die Verpflichtungen, die sie mit dieser Charta übernehmen.“
[140] UN-Charta, Art. 2 Abs. 4.
[141] Vgl. Wolfrum, Rüdiger: The Attack of September 11, 2001, the Wars Against the Taliban and Iraq: Is There a Need to Reconsider International Law on the Recourse of Force and the Rules in Armed Conflict, in: Max Planck Yearbook of United Nations Law, Band 7, Koninklijke Brill 2003, S. 8.
[142] Anm.: Aufgstellt wurde diese Maxime von Clausewitz in seinem Buch „Vom Kriege“. Darin schreibt er: „So sehen wir also, dass der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln.“ (Clausewitz, Carl von: Vom Kriege, Bonn 1991, S. 210).
[143] Vgl. Wolfrum, Rüdiger: Irak – eine Krise auch für das System der kollektiven Sicherheit, Heidelberg 2003, S. 2.
[144] Anm.: In Art. 1 des Briand-Kellogg-Pakt, der auch den Namen Kriegsächtungspakt trägt und 1928 geschlossen wurde, erklären die Vertragsparteien Deutschland, USA, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Polen und die Tschechoslowakei, „dass sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten.“ (Briand-Kellogg-Pakt vom 27.08.1928, aus: Weber, a.a.O., S. 162)
[145] Vgl. Weiler, Heinrich: Der Konflikt am Persischen Golf aus völkerrechtlicher Sicht, Frankfurt a.M. 1992, S. 49.
[146] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 43.
[147] Vgl. UN-Charta, Art. 24 Abs. 1 und Art. 25.
[148] Anm.: Art. 2 Abs. 7 der UN-Charta besagt: „Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung aufgrund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden.“
[149] Die Hauptorgane der UNO sind: Generalversammlung, Sicherheitsrat, Wirtschafts- und Sozialrat, Sekretariat, Internationaler Gerichtshof und Treuhandrat, wobei letzterer mit der Entlassung des letzten Treuhandgebietes, der seit 1947 von den USA verwalteten Republik Palau, in die Unabhängigkeit seine Bedeutung verloren hat (vgl. Opitz, Peter J.: Gründung, Aufbau und grundlegende Veränderungen in den Vereinten Nationen, 1945-2002, in: Ders., a.a.O., S. 15, 23).
[150] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 60-61.
[151] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 44; siehe zu dieser Frage auch: Exkurs: Humanitäre Intervention.
[152] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 165.
[153] UN-Charta, Art. 1 Abs. 1.
[154] Vgl. Faust, a.a.O., S. 110.
[155] UN-Charta, Art. 1 Abs. 1.
[156] Vgl. Faust, a.a.O., S. 101.
[157] UN-Charta, Art. 39.
[158] Anm.: Formal sieht die Charta noch eine weitere Ausnahme vor, die sogenannte Feindstaatenklausel nach Art. 53 sowie Art. 107. Demnach dürfen Zwangsmaßnahmen gegen Staaten, die während des Zweiten Weltkriegs Feind eines Unterzeichners der Charta waren – unter anderem Deutschland – auch ohne Ermächtigung des SR durchgeführt werden. Mit dem Beitritt aller „Feindstaaten“ zur UNO wurde diese Bestimmung jedoch obsolet (vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 87).
[159] Vgl. Wolfrum, Is There a Need to Reconsider International Law?, S. 10.
[160] Anm.: Art. 25 der UN-Charta besagt: „Die Mitglieder der Vereinten Nationen kommen überein, die Beschlüsse des Sicherheitsrats im Einklang mit dieser Charta anzunehmen und durchzuführen.“
[161] Anm.: Art. 49 der UN-Charta besagt: „Bei der Durchführung der vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen leisten die Mitglieder der Vereinten Nationen einander gemeinsam handelnd Beistand.“
[162] Carver, Jeremy P.: Making Financial Sanctions work. Preconditions for successful implementation of sanctions by the implementing state, unter: www.smartsanctions.ch/Papers/1carver.pdf (Stand: 23.03.2004), S.2.
[163] Vgl. Faust, a.a.O., S. 109-110.
[164] Frei, a.a.O., S. 15.
[165] Vgl. Bauer, a.a.O., S. 76.
[166] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 46.
[167] Anm.: Für diese Sichtweise spricht der Wortlaut des Art. 42. In der Literatur wird allerdings zuweilen die Ansicht vertreten, dass der SR auch die Möglichkeit hat, unter Bezugnahme auf Art. 39 UN-Charta sofort militärische Sanktionen zu verhängen, wenn er davon ausgeht, dass nicht-militärische Sanktionen nicht ausreichend sein würden, um einer Aggression zu begegnen. In diesem Fall wird die Anwendung von Gewalt nicht als ultima ratio angesehen (vgl. Faust, a.a.O., S. 119; Gareis/Varwick, a.a.O., S. 104).
[168] UN-Charta, Art.1 Abs. 1.
[169] UN-Charta, Art. 39.
[170] Ebd.
[171] Vgl. Frei, a.a.O., S. 17.
[172] Anm.: A/RES/29/3314 vom 14.12.1974 nennt in Absatz 3 des Anhangs sieben Handlungsweisen, die alle eine Aggression darstellen können, zum Beispiel Waffengewalt eines Staates gegen das Territorium eines anderen Staates, Blockade von Häfen und Küsten durch bewaffnete Truppen und bewaffnete Angriffe von Banden, die im Auftrag eines Staates handeln.
[173] Vgl. Cortright, David/Lopez, George: The Sanctions Decade. Assessing UN-Strategies in the 1990s. Boulder 2000, S. 107.
[174] Vgl. Gareis/Varwick, S. 83-84.
[175] UN-Charta, Art. 24 Abs. 2.
[176] Vgl. UN-Charta, Art.1 Abs. 3.
[177] UN-Charta, Art. 39.
[178] Anm.: Das Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte verbietet ausdrücklich „Waffen, Geschosse und Material sowie Methoden der Kriegführung zu verwenden, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen“ sowie das „Aushungern von Zivilpersonen als Mittel der Kriegsführung“ (Zusatzprotokoll I der Genfer Konvention von 1977, Art. 35 Abs. 2 und 54 Abs. 1, unter:
http://www.jura.uni-sb.de/BGBl/TEIL2/1990/19901551.2.HTML,Stand: 23.03.2004)
[179] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 47, 49.
[180] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 103.
[181] Vgl. Saroohsi, Danesh: The United Nations and the Development of Collective Security, Oxford 1999, S. 176.
[182] Anm.: Die UN-Charta verwendet zwar den Begriff Sanktionen nicht, sondern bezieht sich in Art. 1 Abs. 1 auf „wirksame Kollektivmaßnahmen“ und in Art. 2 Abs. 5 auf „Vorbeugungs- oder Zwangsmaßnahmen“. Jedoch werden in dieser Arbeit die Begriffe synonym verwendet, da sich auch in SR-Resolutionen das Wort „Sanctions“ findet (vgl. Frei, a.a.O., S. 30).
[183] Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 63.
[184] Vgl. Beyerlin, Ulrich/Strasser, Wolfgang: Sanktionen, in: Wolfrum, Rüdiger/Prill, Norbert J./Brückner, Jens A.: Handbuch Vereinte Nationen, München 1977, S. 376.
[185] UN-Charta, Art. 41.
[186] Vgl. Frowein, Jochen A.: Art. 41, in: Simma, a.a.O., S. 578.
[187] Vgl. Kulessa, Manfred/Starck, Dorothee: Frieden durch Sanktionen? Empfehlungen für die deutsche UN-Politik, in: Policy Paper der Stiftung Entwicklung und Frieden Nr. 7 (1997), S. 2, 4, 7.
[188] Anm.: Unter Sekundärsanktionen wird die Verhängung von Zwangsmaßnahmen gegen Drittstaaten verstanden, die die UN-Sanktionen brechen, indem sie zum Beispiel trotz eines Waffenembargos waffenfähiges Material an den sanktionierten Staat exportieren.
[189] Vgl. Kulessa/Starck, a.a.O., S. 4; Starck, Dorothee: Die Rechtmäßigkeit von UNO-Wirtschaftssanktionen in Anbetracht ihrer Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung: Grenzen der Kompetenzen des Sicherheitsrates am Beispiel der Maßnahmen gegen den Irak und die Bundesrepublik Jugoslawien, Berlin 2000, S. 79.
[190] Kulessa/Starck, a.a.O., S. 4.
[191] Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 63.
[192] Vgl. Kulessa/Starck, a.a.O., S. 8.
[193] Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 63.
[194] Vgl. Cortright, David/Lopez, George A.: Sanctions and the search for security. Challenges to UN Action, Boulder 2002, S.153
[195] Kulessa/Starck, a.a.O., S. 8
[196] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 63.
[197] Vgl. Ahtisaari, Martti: Report to the Secretary-General on humanitarian needs in Kuwait and Iraq in the immediate post-crisis environment by a mission to the area led by Mr. Martti Athisaari, Under-Secretary-General for Administration and Management, 10-17 March 1991, 20.03.1991, S/22366, Paragraph (Para) 37, unter: http://www.un.org/Depts/oip/background/reports/s22366.pdf (Stand: 23.03.2004).
[198] Vgl. Bergstermann, Sabine: Die UN-Sanktionen gegen den Irak: Internationale Beuge- oder Strategiemaßnahmen?, München 2003, S. 19.
[199] Anm.: Art. 50 der UN-Charta besagt: „Ergreift der SR gegen einen Staat Vorbeugungs- oder Zwangsmaßnahmen, so kann jeder andere Staat (…), den die Durchführung dieser Maßnahmen vor besondere wirtschaftliche Probleme stellt, den SR zwecks Lösung dieser Probleme konsultieren.“
[200] Anm.: Art. 29 der UN-Charta besagt: „Der SR kann Nebenorgane einsetzen, soweit er dies zur Wahrung seiner Aufgaben für notwendig hält.“
[201] James C. Ngobi: The United Nations Experience with Sanctions, in: Cortright, David/Lopez, George A. (Hrsg.): Economic Sanctions. Panacea or Peacebuilding in a Post-Cold War World, Boulder 1995, S. 22
[202] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 63; Note by the President of the Security Council: Work of the Sanctions Committees, 29.01.1999, S/1999/92, Para 11,
unter: http://www.un.org/sc/committees/sanctions/s9992.pdf (Stand: 23. 02.2004)
[203] Vgl. UN Sanctions’ regime, unter :
http://www.un.int/france/frame_anglais/france_and_un/sanctions_regime/sanctions.htm (Stand: 23.03.04).
[204] Anm.: S/RES/661 (1990), Operativer Paragraph (OP) 6: „beschließt (…) einen aus sämtlichen Ratsmitgliedern bestehenden Ausschuss des SR einzusetzen, mit dem Auftrag, die nachstehenden Aufgaben wahrzunehmen, dem Rat Bericht zu erstatten und Bemerkungen und Empfehlungen dazu vorzulegen.“
[205] UN-Charta, Art. 42.
[206] Vgl. ebd..
[207] Vgl. Faust, a.a.O., S. 117.
[208] Vgl. Heinz/Philipp/Wolfrum, a.a.O., S. 125.
[209] Vgl. Gray, Christine: International Law and the Use of Force, Oxford 2000, S. 144.
[210] UN-Charta, Art. 43 Abs. 1.
[211] Vgl. UN-Charta, Art. 47 Abs. 1-3.
[212] Vgl. Opitz, Das System der Vereinten Nationen, S. 53.
[213] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 13.
[214] Vgl. Faust, a.a.O., S. 120.
[215] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 64.
[216] Vgl. Skaaren-Fystro, a.a.O., S. 66.
[217] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 64.
[218] Anm.: Art. 106 der UN-Charta besagt: Bis das Inkrafttreten von Sonderabkommen der in Artikel 43 bezeichneten Art den SR nach seiner Auffassung befähigt, mit der Ausübung der ihm in Artikel 42 zugewiesenen Verantwortlichkeiten zu beginnen, konsultieren die Parteien der am 30. Oktober 1943 in Moskau unterzeichneten Viermächte-Erklärung und Frankreich (…) einander und gegebenenfalls andere Mitglieder der Vereinten Nationen, um gemeinsam alle etwa erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Namen der Organisation zu treffen.“
[219] Vgl. Heinz/Philipp/Wolfrum, a.a.O., S. 125-126.
[220] Anm.: Art. 53 Abs. 1 der UN-Charta besagt: „Der Sicherheitsrat nimmt gegebenenfalls diese regionalen Abmachungen oder Einrichtungen zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen unter seiner Autorität in Anspruch.“
[221] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit, S. 64.
[222] Vgl. Heinz/Philipp/Wolfrum, a.a.O., S. 126.
[223] UN-Charta, Art. 51.
[224] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 86.
[225] Vgl. Randelzofer, a.a.O., S. 618.
[226] Vgl. Wolfrum, Is There a Need to Reconsider International Law?, S. 28.
[227] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 85.
[228] Vgl. Faust, a.a.O., S. 57.
[229] UN-Charta, Art. 51.
[230] Vgl. Randelzhofer, a.a.O., S. 624.
[231] Vgl. Franck, Thomas M.: Recourse to Force. State Action Against Threats and Armed Attacks, Cambridge 2002, S. 51.
[232] Anm.: Aufgrund der fehlenden Klärung in der UN-Charta wird an dieser Stelle Resolution A/RES/29/3314 der GV herangezogen.
[233] Vgl. A/RES/29/3314 Anhang, Art. 3a; Gareis/Varwick, a.a.O., S. 85.
[234] Vgl. A/RES/29/3314 Anhang, Art. 3a, 3b, 3d; Faust, a.a.O., S. 59.
[235] Vgl. Faust, a.a.O., S. 58-59.
[236] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 86.
[237] Vgl. Randelzhofer, a.a.O., S. 619.
[238] Anm.: Zumindest dürfen die Maßnahmen keine drastischere Wirkung entfalten als der Angriff selbst. Problematisch ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich die NATO, die ebenfalls gemäß Art. 51 zum Eingreifen ermächtigt werden kann, im Rahmen der „flexible response“ das Recht des Einsatzes von Atomwaffen vorbehält (vgl. Graham, Thomas Jr./Mendelsohn, Jack: NATO’s Nuclear Weapons Policy and the No-First-Use Option, in: The International Spectator Bd. 34 Nr. 4 (1999), S. 5).
[239] Vgl. Faust, a.a.O., S. 59.
[240] UN-Charta, Art. 51.
[241] Ebd..
[242] Vgl. Faust, a.a.O., S. 59.
[243] UN-Charta, Art. 51.
[244] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 86.
[245] Vgl. Opitz, Kollektive Sicherheit in Volger, S. 309.
[246] Vgl. Faust, a.a.O., S. 59.
[247] Anm.: In seinem sogenannten Nicaragua-Urteil bezieht sich der IGH ausdrücklich auf das Recht der „invocation of the right of collective self-defence in customary international law“. (vgl. Urteil des IGH: Nicaragua gegen die USA wegen militärischer und paramilitärischer Aktivitäten in und gegen Nicaragua, 27.06.1986, Para 230, unter:
http://212.153.43.18/icjwww/icases/inus/inus_ijudgment/inus_ijudgment_19860627.pdf (Stand: 23.03.2004)).
[248] Vgl. Wolfrum, Is There a Need to Reconsider International Law?, S. 28.
[249] Vgl. Gareis/Varwick, a.a.O., S. 85-86.
[250] Vgl. Franck, Recourse to Force, S. 52.
[251] National Security Strategy (NSS) der USA, Vorwort und S. 6: “In the new world we have entered, the only path to peace and security is the path of action. (…) We will disrupt and destroy terrorist organizations by: (…) defending the United States, the American people, and our interests at home and abroad by identifying and destroying the threat before it reaches our borders. While the United States will constantly strive to enlist the support of the international community, we will not hesitate to act alone, if necessary, to exercise our right of self defense by acting preemptively against such terrorists, to prevent them from doing harm against our people and our country; (…)”, 17.09.2002, unter: http://www.whitehouse.gov/nsc/nss.pdf (Stand: 23.03.2004).
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- Magister Artium Julia Hagn (Autor:in), 2004, Der Irak-Konflikt - Das UN-System kollektiver Sicherheit auf dem Prüfstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120950
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