Instrumente der Personalselektion - Eine Analyse der neuesten Trends der Personalauswahl in Deutschland


Diplomarbeit, 2006

71 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

B Abbildungsverzeichnis

I Einleitung

II Methodisches Vorgehen

III Instrumente der Personalselektion
1. Prüfung von Bewerbungsunterlagen
2. Einstellungsgespräch
3. Tests
4. Assessment-Center
5. Graphologische Gutachten
6. Fragebögen
7. Zusammenfassung

IV Prognostizierbarkeit von Berufserfolg

V Trends der Personalauswahl
1. Bewerberaufkommen
2. Verbreitung der Auswahlinstrumente
3. Entwicklung der Verbreitungsgrade
4. E-Recruiting
4.1. Jobbörsen und Online-Bewerbungen
4.2 Computergestützte Personalauswahl
4.3 Talent-Pools

VI Zusammenfassung und Ausblick

VII Literaturverzeichnis

VIII Anhang
i) Fragebogen
ii) Transkript
iii) Auswertung der Befragung

B Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Methodisches Vorgehen

Abbildung 2: Arten von Testverfahren

Abbildung 3:Unterscheidung von Auswahlverfahren nach ihrer prognostischen Validität

Abbildung 4: Veränderung des Bewerberaufkommens

Abbildung 5: Verbreitung der Auswahlinstrumente

Abbildung 6: Verbreitung der Auswahlinstrumente 1991

Abbildung 7: Auswahlinstrumente im europäischen Vergleich

Abbildung 8: Zusammenarbeit mit Jobbörsen

Abbildung 9: Nutzungskriterien für Online-Jobbörsen

Abbildung 10: Verbreitung von Talent-Pools

I Einleitung

Neben der Ausstattung mit Sachgütern und Finanzmitteln ist die quantitativ und qualitativ optimale Ausstattung mit Personal notwendig um den dauerhaften Erfolg eines jeden Unternehmens zu gewährleisten. Dabei gewinnt, gerade in Zeiten wirtschaftlicher Ernüchterung und hoher Arbeitslosigkeit, die Personalauswahl zunehmend an Bedeutung. Durch die hohe Anzahl an Arbeitslosen und damit auch an Arbeitssuchender, ist es für die Unternehmen dringend erforderlich ihre Personalauswahlinstrumente zu optimieren, um im entstehenden Wettbewerb um die besten Bewerber bestehen zu können.[1] Hierbei sind besonders die hohen Kosten einer falschen Personalauswahl zu beachten.

Die Personalauswahl basiert auf der Personalplanung. Die Personalplanung hat die Aufgabe den Nettopersonalbedarf einer Unternehmung, abhängig von verschiedenen Einflussgrößen, sowohl quantitativ als auch qualitativ zu ermitteln. An die Personalbedarfsplanung schließt sich die Maßnahmenplanung an, innerhalb derer der ermittelte Personalbedarf mit Hilfe von Personalbeschaffung, -entwicklung bzw. –abbau reguliert wird. Die Personalbeschaffung kann dabei sowohl über interne als auch über externe Arbeitsmärkte erfolgen.

Da sich die angestrebte Diplomarbeit auf die Personalselektion konzentriert, wird im Folgenden auf die anderen Elemente der Personalplanung nicht näher eingegangen. Des Weiteren werden interne Arbeitsmärkte vernachlässigt, und das Hauptaugenmerk auf die Rekrutierung aus externen Arbeitsmärkten gerichtet.

Das Ziel der Diplomarbeit ist, basierend auf den in der Literatur genannten Instrumenten der Personalselektion, neue Trends der Personalauswahl zu identifizieren und deren Auswirkungen auf die Unternehmen zu analysieren. Dafür werden zunächst die unterschiedlichen Personalauswahlverfahren einer kritischen Analyse unterzogen. Hierbei stehen besonders die in der Literatur am häufigsten genannten Verfahren im Mittelpunkt. Im Einzelnen sind dies:

- Prüfung von Bewerbungsunterlagen
- Einstellungsgespräch
- Assessment-Center
- Psychologische Tests
- Graphologische Gutachten
- Fragebögen

Diese Instrumente werden zunächst auf die „klassischen“ Gütekriterien von Personalauswahlverfahren, d.h. Reliabilität, Objektivität und Validität hin geprüft. Das Ziel dabei ist, neben den theoretischen Grundlagen auch die Stärken und Schwächen der einzelnen Instrumente aufzuzeigen. Es soll gezeigt werden, welche Verfahren sich in welchen Situationen am Besten zur Personalauswahl eignen. Des Weiteren wird geprüft werden, ob es unterschiedliche Anwendungsgebiete der einzelnen Auswahlinstrumente gibt, so z.B. bei der Einstellung von Führungskräften, und wie sich die Anwendungsgebiete sowie die verwendeten Instrumente im Laufe der Zeit gewandelt haben.

Im Anschluss daran wird untersucht, in welchem Umfang die einzelnen Instrumente der Personalauswahl in Deutschland eingesetzt werden und wie die Entscheider mit den Unsicherheiten der einzelnen Verfahren umgehen. Das Ziel besteht hierbei, nach der wissenschaftlichen Untersuchung der einzelnen Personalauswahlinstrumente, zu einer aktuellen, empirisch gesicherten Aussage über deren Verbreitung zu gelangen, sowie die Gründe hierfür herauszuarbeiten. Hierbei ist es von besonderem Interesse herauszufinden, wie die Entscheider mit den Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren umgehen, welche Folgen aus Fehlentscheidungen resultieren und welche Faktoren innerhalb der einzelnen Verfahren die Entscheidung am Nachhaltigsten beeinflussen.

Ein weiterer Aspekt der Personalauswahl, der innerhalb der Diplomarbeit untersucht werden soll, sind EDV-gestützte Selektionsverfahren. Dabei geht es um die Frage ob es inzwischen rein EDV-gestützte Selektionsverfahren gibt und wieweit diese bereits verbreitet sind. Interessant dabei ist sicherlich die Untersuchung des Faktors „Internet“ d.h. die Analyse der Bedeutung von online-Bewerbungen über die Unternehmens-Homepage bzw. über Internet-Jobbörsen und deren Auswirkungen auf die Unternehmen.

II Methodisches Vorgehen

Das methodische Vorgehen kann mit dem folgenden Ablaufplan verdeutlicht werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Methodisches Vorgehen

Die Analyse erfolgt dabei in drei Schritten. Zunächst anhand ausgewählter, personalwissenschaftlicher Lehrbücher. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um die Werke von DRUMM, OECHSLER, RIDDER und SCHOLZ. Die Auswahl dieser, im weiteren Verlauf der Arbeit auch als Standardliteratur bezeichneten Lehrbücher, beruht auf zwei Kriterien:

- Es handelt sich, mit Ausnahme von RIDDER, dessen Erstauflage jüngeren Datums ist, um Lehrbücher, die in höherer Auflagenzahl erschienen sind.
- Alle Lehrbücher werden vom Lehrstuhl BWL-APO der Universität Trier als Basisliteratur empfohlen.

Dies lässt darauf schließen, dass die in ihnen geäußerte Lehrmeinung sowohl an der Universität Trier, als auch allgemein im deutschen Sprachraum einen hohen Verbreitungsgrad genießt und bietet somit einen idealen Ausgangspunkt für die Analyse und Argumentation innerhalb der vorliegenden Arbeit.

Darauf aufbauend folgt der zweite Analyseschritt, der in der Analyse spezieller Monographien besteht. Hierzu werden die Arbeiten von Autoren analysiert auf die bereits in der Standardliteratur Bezug genommen wurde. Durch die hohe Zahl an Veröffentlichungen zum Thema Personalselektion aus dem Bereich der Psychologie, speziell aus dem Teilbereich der Organisationspsychologie, besteht die Möglichkeit, disziplinübergreifend zu arbeiten, was die Analyse umfassender werden lässt.

Im abschließenden Analyseschritt werden aktuelle Veröffentlichungen in Fachzeitschriften zum Thema Personalauswahl untersucht. Da die vorliegende Arbeit das Ziel hat, aktuelle Trends der Personalauswahl in Deutschland aufzuzeigen und zu analysieren, beschränkt sich die Auswahl der Fachzeitschriften auf die letzten Jahrgänge deutscher, praxisnaher Personalzeitschriften. Auf Suchmaschinen und Datenbanken wie EMERALD wird ebenfalls zurückgegriffen, um auch Beiträge aus dem angelsächsischen Sprachraum in die Analyse mit einzubeziehen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass nur solche Beiträge verwendet werden, die einen direkten Bezug zum Thema der Arbeit, also zu den Entwicklungen in Deutschland, aufweisen.

Um die Verbreitung der einzelnen Instrumente in Deutschland zu ermitteln werden aktuelle Studien zum Thema Rekrutierung ausgewertet, bspw. die Studie „Recruiting Trends 2005“. Hierbei handelt es sich um eine, von der FH Koblenz durchgeführte, empirische Untersuchung von 600 Unternehmen zu den Themen Recruiting von Führungskräften, E-Recruiting und Recruiting-Trends.

Zudem sollen, mit Hilfe der psychologischen Datenbank PSYNDEX, aktuelle psychologische Studien gefunden und in die Untersuchung integriert werden

Die gewonnenen Ergebnisse werden abschließend, anhand von Experteninterviews, einer kritischen Beurteilung unterzogen. Das methodische Vorgehen besteht hierbei in der Ausarbeitung eines Fragebogens, der Versendung des Fragebogens per E-Mail, wobei auf die Datenbank des WiSo-Absolventenvereins zurückgegriffen wird, sowie der anschließenden Auswertung.

Im letzten Abschnitt der Diplomarbeit werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und einer kritischen Betrachtung unterzogen. Hierbei steht besonders die Frage im Mittelpunkt, wie die einzelnen Instrumente, die in ihrer Idealform zu Beginn der Arbeit vorgestellt wurden, letztlich in der Realität angewendet werden und wo die Gründe, sowohl für die Verbreitung, als auch für Abweichungen vom Idealzustand, liegen.

III Instrumente der Personalselektion

In diesem Teil der Arbeit sollen die am häufigsten in der Literatur genannten Auswahlinstrumente der Personalselektion kritisch untersucht werden. Im Einzelnen sind dies:

- Prüfung von Bewerbungsunterlagen
- Einstellungsgespräch
- Tests
- Assessment-Center
- Graphologische Gutachten
- Fragebögen

1. Prüfung von Bewerbungsunterlagen

Die Prüfung und Auswertung der Bewerbungsunterlagen ist Bestandteil und Grundlage nahezu jedes Personalauswahlverfahrens. Die Bewerbungsunterlagen umfassen üblicherweise Anschreiben, Lebenslauf, Foto, Zeugnisse, Referenzen sowie u.U. Arbeitsproben. Die Bewerbungsunterlagen geben dabei erste Hinweise auf die formale Qualifikation der jeweiligen Bewerber, doch ist dabei zu beachten, dass die Unterlagen, infolge berufsvorbereitender Ausbildung und kommerzieller Beratung, heute ein hohes Maß an formaler Übereinstimmung aufweisen. Dadurch ist „die Aussagekraft im Hinblick auf formale Kriterien gering und dient zunächst der Vorselektion,“[2] d.h. es wird von den Unternehmen eine bestimmte formale Qualifikation der Bewerber vorausgesetzt. Hierzu zählen Struktur, Aufbau und Konsistenz der Bewerbung, wobei Sorgfalt, Fehlerfreiheit und Vollständigkeit als Selektionskriterien dienen.[3]

Der beigefügte Lebenslauf und die Zeugnisse geben Aufschluss über die qualifikatorische Übereinstimmung des Bewerbers mit der zu besetzenden Stelle, sowie über dessen Engagement, Zielstrebigkeit und Beständigkeit.[4] Auch künftige Entwicklungschancen lassen sich hieraus ableiten, wobei gerade bei den Zeugnissen zu beachten ist, „dass Bewertungsstandards unterschiedlich gehandhabt werden.“[5]

Als besonders problematisch wird in der Literatur die Analyse von Arbeitszeugnissen angesehen da, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, das Arbeitszeugnis das weitere berufliche Fortkommen nicht erschweren darf. Dies führt dazu, dass Arbeitszeugnisse wegen einer „zweifelhaften Konvention der Zeugnisformulierung und der Bewertung derzeit kaum noch brauchbare Hinweise auf Stärken und Schwächen der Bewerber geben.“[6]

2. Einstellungsgespräch

Das Ziel eines Einstellungsgespräches oder Bewerbungsgespräches ist das gegenseitige Kennen lernen von Unternehmen und Bewerbern. Die Interviewer von Seiten des Unternehmens versuchen aus den Aussagen der Bewerber Rückschlüsse auf deren Interessens- und Qualifikationspotentiale zu ziehen, während es für die Bewerber relevant ist den zukünftigen Arbeitsplatz und die damit verbundenen Leistungsanforderungen einzuschätzen.

Von Seiten der Unternehmen sind beim Bewerbungsgespräch Fragen gestattet nach:

- Vorstrafen, die konkret mit dem zukünftigen Arbeitsfeld zu tun haben;
- Chronischen und ansteckenden Krankheiten, die für den Arbeitsplatz von Bedeutung sind;
- Der Höhe des bisherigen Gehalts;
- Der Schwerbehinderung;
- Der Staatsangehörigkeit;

Nicht gestattet sind Fragen nach:

- Der Gewerkschafts-, Partei- oder Konfessionszugehörigkeit;
- Dem Gesundheitszustand allgemein;
- Den Vermögensverhältnissen;
- Der Abstammung und Herkunft;
- Dem Bestehen einer Schwangerschaft, was dem Gleichheitsgrundsatz zuwiderläuft (falls nicht nur Frauen eingestellt werden; ansonsten Ausnahme von Nacht- Schichtarbeitsplätzen etc.).[7]

Um Beurteilungsfehler zu vermeiden ist es für die Unternehmen ratsam, dass Bewerbungsgespräche nicht von Einzelpersonen, sondern von mehreren Personen in Form des Jury- oder Gruppeninterviews geführt und protokolliert werden. DRUMM stellt dazu fest, dass auf diese Weise „das Risiko von Beurteilungsfehlern reduziert sowie eine objektivierte Auswertung des Gesprächs nach Verhaltens-, Kenntnis- und Fähigkeitsmerkmalen möglich ist“.[8] In Anlehnung an CASCIO, DOMSCH/GERPOTT und MAY schätzt DRUMM die „Validität des Bewerbungsgesprächs als unstrukturierter Ansatz der Bewerberselektion“ als „bescheiden“ ein. Somit ist für ihn „mit dem Bewerbungsgespräch … lediglich eine Vorselektion der Bewerber für die Fortsetzung der Bewerberauswahl in einer dritten Stufe möglich. Eine bereits nach Abschluss der zweiten Stufe endgültige Bewerberauswahl verbietet sich somit“.[9]

Auf die geringe Validität des unstrukturierten Interviews verweist auch RIDDER. Er bezieht sich dabei auf SCHULER, der auf folgende mögliche Fehlerquellen hinwies:

- „Frühe Eindrücke haben dominantes Gewicht und steuern das Verhalten der Interaktionspartner.
- Negative Informationen werden überbewertet. Ursachen hierzu können sein, dass von vornherein eine überzogene Selbstdarstellung erwartet wird und der Interviewer nach negativen Informationen sucht, da eine Fehlentscheidung bei Einstellung des Bewerbers ihm angelastet wird, eine Fehlentscheidung bei Ablehnung des Bewerbers aber ohne Sanktionen bleibt.
- Interviewer neigen zur Komplexitätsreduktion, konzentrieren sich also auf wenige Merkmale und interpretieren dies als Konsistenz ihres Vorgehens.
- Sozialer Stress vermindert die Informationsverarbeitungskapazität und führt dazu, dass Interviewer mehr sprechen als zuhören.“[10]

Neben diesen Effekten verweist RIDDER auch auf die Bedeutung non-verbalen Verhaltens wie Augenkontakt oder Gesichtsausdruck und verweist dabei auf ANDERSON/SHACKLETON, die zu dem Schluss kamen „häufig … kommt es nicht darauf an, was ein Bewerber sagt, sondern wie er es sagt.“[11]

Deutlich bessere Prognosewerte im Vergleich zum unstrukturierten Interview weist das strukturierte Interview auf, wenn

- „Eine anforderungsbezogene Gestaltung des Interviews vorgenommen wird,
- Der Interviewverlauf und die Fragenabfolge strukturiert sind,
- Validierte Merkmale verwendet werden,
- Information und Entscheidung getrennt werden und
- Mehrere unabhängige und kompetente Beurteiler beteiligt sind“.[12]

Ein Instrument mit vergleichsweise hoher prognostischer Validität ist somit das multimodale Einstellungsinterview, d.h. ein aus mehreren, strukturierten Modulen bestehendes Bewerbungsgespräch.[13]

3. Tests

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Arten von Testverfahren

Tests können definiert werden als Verfahren, „das personale Handlungsdispositionen misst, und zwar so, dass von einem Handlungsausschnitt Rückschlüsse auf überdauernde Merkmale des Handelns einer Person gezogen werden.“[14] RIDDER und OECHSLER unterscheiden hierbei zwischen:

- Intelligenztests
- Leistungstests
- Persönlichkeitstests

Nach OECHSLER lassen sich Intelligenz- und Leistungstests den Psychometrischen Tests zuordnen, „die so konzipiert sind, dass sie die Ausprägung bestimmter Handlungsdimensionen messen“[15], während es sich bei Persönlichkeitstests um Projektive Verfahren handelt, die sich nicht auf spezielle Merkmale richten, „sondern darauf angelegt sind, die gesamte Persönlichkeit zu erfassen.“[16]

Zusätzlich zu Projektiven Tests, bei denen versucht wird, „durch psychologische Techniken die tiefer liegende Persönlichkeitsstruktur von Bewerbern zu ergründen,“ definiert SCHOLZ noch Subjektive Tests, bei denen das Testprinzip „für den Probanden durchschaubar ist“ und er durch seine Antworten das Ergebnis beeinflussen kann, sowie Objektive Tests bei denen „dem Probanden das Prinzip des Tests verborgen bleibt.“[17]

Die Beurteilung Testverfahren fällt in der Literatur unterschiedlich aus. DRUMM verweist auf KOMPA der folgende Vorteile darstellt:

- Die Standardisierung von Tests erzeugt Chancengleichheit für alle Bewerber
- Tests sind objektiv.
- Tests werden nach einem rationalen Schema entwickelt, methodisch überprüft und müssen sich empirisch bewähren.
- Tests liefern quantitative oder quantifizierbare Ergebnisse, die den Interpretationsspielraum einengen und eindeutige Aussagen im Hinblick auf die erhobenen Merkmale zulassen.
- Bewertungsmaßstäbe und Bezugsgruppen werden offen gelegt. Die Ergebnisse können miteinander verglichen werden.
- Tests können eingesetzt werden, um vorhandene Informationen zu ergänzen oder zu korrigieren, die auf anderem Wege nicht zu beschaffen sind.[18]

Da allerdings Verhaltensmerkmale Schwankungen unterliegen, d.h. Eigenschaften sind situativ, temporär invariant weisen Universalität auf und sind bei allen Menschen in unterschiedlicher Intensität ausgeprägt, und sich auch durch Lernprozesse verändern, beruhen die Ergebnisse von Tests auf Annahmen, die fragwürdig sind.

RIDDER hebt weiterhin auch die Kritik in methodischer Hinsicht hervor, die sich im Wesentlichen auf mangelnde Reliabilität und Validität konzentriert.[19]

Des Weiteren sprechen ethische Gesichtspunkte gegen den Einsatz von psychologischen Testverfahren. Wie auch OECHSLER betont handelt es sich bspw. bei dem TAT (Thematic Apperception Test) um einen Test, der ursprünglich entwickelt wurde um psychisch Kranken, die nicht fähig sind ihr Leiden zu artikulieren, zu helfen. Nach OECHSLER liegt die Problematik solcher Tests daher darin, „dass sie den Bewerber zwingen, in seine Intimsphäre Einblick zu geben, und dass sie ursprünglich nur diagnostische Hilfsmittel für therapeutische Maßnahmen waren, was mit Personalauswahl recht wenig zu tun hat. Weiterhin fehlt für projektive Testverfahren ein standardisiertes Auswertungsmuster.“[20]

Aus der dargestellten Problematik heraus folgert auch DRUMM, dass „wenn dennoch Tests oder Testbatterien zur Bewerberauswahl eingesetzt werden, so sind Standardtests allen von der Unternehmung selbst entwickelten Tests vorzuziehen.“[21] Persönlichkeitstest hält er für weniger geeignet, da sie sich als weitgehend invalide erwiesen haben. Fähigkeitstests hingegen haben sich dann bewährt, „wenn es sich um Auswahltests für einfache Tätigkeiten handelt, der Testinhalt weitgehend Tätigkeitselemente aufgreift und in die Nähe einer Arbeitsprobe rückt.“[22]

Auch SCHOLZ argumentiert in seiner Kritik ähnlich und betont, dass z.B. Intelligenztests nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf die berufliche Eignung erlauben und es schwer fällt Intelligenzquotienten in ein berufliches Anforderungsprofil zu integrieren. Ferner verweist SCHOLZ auf das potentielle Motivationsproblem überqualifizierter Mitarbeiter, welches der Regel, im Zweifelsfall den intelligenteren Bewerber einzustellen, entgegensteht.[23]

Um die Schwierigkeiten von herkömmlichen Testverfahren zu reduzieren verweist SCHOLZ auf situative Tests. In diesen werden „die Bewerber mit realistischen Situationen aus dem Arbeitsleben konfrontiert und ihre Verhaltensweisen in ihrem zukünftigen Tätigkeitsfeld beobachtet. Beispiele für situative Verfahren sind Plan- und Rollenspiele sowie Gruppendiskussionen.“[24] Eine spezielle Form von situativen Testbatterien ist das Assessment-Center.

4. Assessment-Center

Assessment-Center (AC) kann definiert werden als „multiple Verfahrenstechnik, zu der mehrere eignungsdiagnostische Instrumente oder leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden.“[25] Diese dienen zur Einschätzung aktueller Kompetenzen oder der Prognose zukünftiger beruflicher Entwicklung und Bewährung.

Ursprünglich wurde die AC-Methode um das Jahr 1915 in Deutschland entwickelt und diente im militärischen Bereich bei der Auswahl von Offiziersanwärtern. Nachdem AC auch in England und den USA zur Selektion von Offiziersanwärtern bzw. Geheimagenten eingeführt wurden entwickelte sich die industrielle Form des AC und verbreitete sich insbesondere in den 70er Jahren in den USA und seit den 80er Jahren auch in Europa bzw. Deutschland-

Ein Vergleich der maßgeblichen Literatur auf dem Gebiet des AC zeigt neun Einzelziele, die mit diesem Verfahren verfolgt werden:

1. Auswahl von externen und internen Bewerbern um vakante Stellen
2. Auswahl von Führungskräftenachwuchs und Vorgesetzten
3. Auswahl von Trainees und Arbeitsgruppen
4. Schulung und Entwicklung des Personals
5. Ermittlung von Kenntnis- und Fähigkeitsdefiziten
6. Ermittlung von Kenntnis-, Fähigkeits- und Entwicklungspotentialen
7. Überprüfung der Potentialentwicklung nach Entwicklungsmaßnahmen
8. Erhöhung der Kompetenz von Beobachtern bei der Beurteilung des Sozialverhaltens von Kandidaten
9. Förderung der Selbsterkenntnis von AC-Probanden[26]

Vor dem Hintergrund dieser Ziele werden dann Spiel- und Testsituationen unter Laborbedingungen modelliert, denen die Probanden im Rahmen des AC ausgesetzt werden. Ein AC erstreckt sich üblicherweise über 2-3 Tage mit 6-12 Teilnehmern und 3-6 Beobachtern. Als Beobachter werden dabei sowohl ranghohe, potentielle Vorgesetzte, als auch wissenschaftlich geschulte Beobachter eingesetzt.

Um eine möglichst realitätsnahe Auswahl treffen zu können, müssen die jeweils relevanten Anforderungen, auf die die Probanden im AC getestet werden, im Vorfeld möglichst exakt erhoben und in entsprechende Übungen innerhalb des AC transferiert werden. Hier bietet sich das Verfahren der kritischen Verhaltensbeschreibung an, in welchem Führungskräfte nach kritischen Ereignissen aus ihrem eigenen Arbeitsumfeld befragt werden. „Aus diesen Ereignissen und ihren Lösungsmöglichkeiten werden dann Anforderungen ermittelt, die auf Basis von realitätsnahen Übungen im AC beobachtet werden können.“[27]

DRUMM skizziert folgende typische Spiel- und Testsituationen innerhalb eines AC:

- Postkorbanalysen, bei denen in 2-3 Stunden Briefe, Telefonnachrichten, Notizen usw. abgearbeitet werden müssen
- Führerlose Gruppendiskussionen mit und ohne feste Rollenverteilung über vorgegebene Probleme wie z.B. Beförderungspolitiken
- Ausarbeitung schriftlicher oder mündlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu vorgegebenen Problemen
- Interviews über Erwartungshaltungen zu beruflichen und sozialen Zielen, zu Werthaltungen zu persönlichen Interessen und zu Aspekten der Allgemeinbildung
- Unternehmensplanspiele mit und ohne feste Rollenverteilung sowie Fallstudien
- Unternehmensspezifische oder standardisierte Kenntnis- und Fähigkeitstests
- Rollenspiele zu vorgegebenen Problemen aus der Praxis[28]

Die Kritik an der AC-Methode ist in den ausgewählten Standardlehrbüchern am Anschaulichsten bei RIDDER aufgezeigt. Er spricht eine Reihe von Nachteilen des AC an, die im Folgenden dargestellt und anhand der weiterführenden Literatur vertieft werden.

Die Kritik konzentriert sich im Wesentlichen auf die Validität der AC-Methode. So ist es, laut RIDDER, „bislang weitgehend ungeklärt, ob mit Hilfe der Übungen tatsächlich die Fähigkeiten erfasst werden, die man zu messen beabsichtigt.“[29] Neben dieser allgemeinen Validität, erläutert RIDDER noch die „prognostische Validität“ sowie die „soziale Validität“.

Unter der prognostischen Validität versteht man die Frage, „ob das AC tatsächlich gut geeignet ist, innerbetriebliche Karriere zu prognostizieren.“[30] Hierbei geht es um den Zusammenhang von Erfolg im AC und anschließendem Karriereerfolg. Dabei wird vermutet, „dass das AC zwar nachgewiesen hat, dass erfolgreiche Teilnehmer von AC auch persönliche Karriere machen, es wurde aber nicht nachgewiesen, ob diese Teilnehmer nicht ohnehin Karriere gemacht hätten.“[31]

Der Grund, warum erfolgreiche Teilnehmer an AC Karriere machen, liegt also weniger in dem erfolgreichen Durchlaufen der methodischen Schritte des AC, als vielmehr in der Vorselektion, innerhalb derer nur solche Kandidaten zu einem AC zugelassen werden, denen ohnehin Karrierechancen eingeräumt werden. Die Eignungsdiagnostik findet also in der Vorauswahl anhand der Bewerbungsunterlagen statt.

Der Begriff der sozialen Validität geht auf SCHULER und STEHLE zurück und behandelt die Soziale Situation von Bewerbern. Zwar gelten ACs üblicherweise als fair, „da hier Willkürentscheidungen weitgehend ausgeschlossen werden, die Bewerber den gleichen Übungen unterliegen und in einem Abschlussgespräch die Gründe einer Ablehnung transparent gemacht werden.“[32] Doch kann es gerade im Rahmen der internen Personalauswahl zu negativen Effekten von ACs kommen. Hierunter fällt besonders die ungewollte Stigmatisierung, d.h. eine Teilnahme an einem AC führt für den betroffenen Mitarbeiter zu einem Urteil „Potential ja oder nein“. „Diese ungewollte Stigmatisierung begleitet die Mitarbeiter über eine lange Wegstrecke.“[33]

SCHULER nennt vier Aspekte, die im Rahmen der sozialen Validität beachtet werden müssen:

[...]


[1] Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Begriff „Bewerber“ in einer unisexuellen Form verwendet, d.h. wenn von „Bewerbern“ gesprochen wird impliziert dies sowohl männliche, als auch weibliche Bewerber. Sollten signifikante Unterschiede bezüglich des Geschlechts der Bewerber auftreten, wird dies deutlich kenntlich gemacht.

[2] Vgl.: Ridder, Hans-Gerd: Personalwirtschaftslehre, Stuttgart 1999, S. 161

[3] Vgl.: ebenda S.161

[4] Für eine detaillierte Darstellung der Analyse und Beurteilung von Bewerbungsunterlagen siehe auch: Knebel, Heinz: Das Vorstellungsgespräch, 13. Auflage, Freiburg im Breisgau 1992, S. 17ff

[5] Vgl: Oechsler, Walter: Personal und Arbeit: Einführung in die Personalwirtschaft unter Einbeziehung des

Arbeitsrechts, 6. überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1997, S. 98

[6] Siehe: Drumm, Hans-Jürgen: Personalwirtschaftslehre, 3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Berlin u.a. 1995, S. 289

[7] Siehe: Oechsler, a.a.O., S. 101

[8] Siehe: Drumm Hans-Jürgen, a.a.O., S. 290

[9] Siehe: Drumm Hans-Jürgen, a.a.O., S. 290

[10] Siehe: Ridder Hans-Gerd, a.a.O., S. 163f

[11] Siehe: ebenda, S. 164

[12] Siehe: ebenda, S. 164

[13] Für eine ausführliche Darstellung der Forschungsergebnisse zu Einstellungsinterviews vgl. Stehle Willi: Personalauswahl mittels biografischer Fragebogen. In: Schuler, Heinz; Stehle, Willi (Hrsg.): Biografische Fragebogen als Methode der Personalauswahl, 2. Auflage, Stuttgart 1990, S. 44ff

[14] Siehe: Oechsler, a.a.O., S. 98

[15] Siehe: Oechsler, a.a.O., S. 99

[16] Siehe: ebenda S. 99

[17] Siehe: Scholz,C.: Personalmanagement, 2. verb. Auflage, München 1991 S. 166f

[18] Vgl.: Kompa, A.: Personalbeschaffung und Personalauswahl, 2. Auflage, Stuttgart 1989, S. 140ff

[19] Vgl.: Ridder,a.a.O., S. 166f

[20] Siehe: Oechsler, a.a.O., S. 100

[21] Siehe: Drumm, a.a.O., S. 290

[22] Siehe: ebenda S. 291

[23] Vgl.: Scholz, a.a.O., S. 168

[24] Siehe: ebenda, S. 168f

[25] Siehe: Ridder, a.a.O., S. 170

[26] Siehe: Drumm, a.a.O., S. 90

[27] Siehe: Ridder, a.a.O., S. 173

[28] Siehe: Drumm, a.a.O., S. 91

[29] Siehe: Ridder, a.a.O., S.174

[30] Siehe: ebenda S.175

[31] Siehe: ebenda S.175

[32] Siehe: ebenda S.176

[33] Siehe: Aumüller, R.; Beutel, K.; Fischer, H.-P.: Die Post-Assessment-Center Ära: Vorgesetzte wählen Führungskräftenachwuchs aus. In: Zeitschrift für Personalforschung, 1/1993, S.67

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Instrumente der Personalselektion - Eine Analyse der neuesten Trends der Personalauswahl in Deutschland
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
71
Katalognummer
V124112
ISBN (eBook)
9783640293773
ISBN (Buch)
9783640293810
Dateigröße
750 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Instrumente, Personalselektion, Eine, Analyse, Trends, Personalauswahl, Deutschland
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Daniel Kayser (Autor:in), 2006, Instrumente der Personalselektion - Eine Analyse der neuesten Trends der Personalauswahl in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124112

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