Der Streit der Thronbewerber von 1002 – ein Machtkampf der Bischöfe?

Der deutsche Episkopat und sein Einfluss auf die Thronkandidaten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Problem der Thronvakanz

3 Die Stellung der Bischöfe vor 2002

4 Die „Parteien“ der Thronbewerber
4.1 Die Mainzer Partei
4.2 Die Sächsische Partei
4.3 Die Aachener Partei

5 Fazit

6 Quellen:

7 Literatur:

1 Einleitung

Als am 23. Januar 1002 Kaiser Otto III. zweiundzwanzigjährig im italienischen Paterno starb, hinterließ er weder Nachfahren, noch hatte er sonst jemanden zu seinem Nachfolger bestimmt. Das Herrschergeschlecht der Ottonen war im Hauptstamm somit ausgestorben. Aus den potentiellen Nachfolgekandidaten hatten sich nach dem freiwilligen Ausscheiden Ottos von Kärnten, der über die weibliche Ottonenhauptlinie noch am ehesten Erbrechtsansprüche verwandtschaftlich hätte begründen können, drei Thronbewerber herauskristallisiert, denen eines gemeinsam war: Sie konnten – und mussten – sich auf einen Bischof berufen, der ihre Kandidatur unterstützte. Gerd Althoff bezeichnete das Kräftespiel zwischen Königtum, Kirche und Adel daher als Rahmenbedingung ottonischer Königsherrschaft.[1] Hinzu kommt, dass die sich herausbildenden Reichsinstitutionen noch stark personengebunden waren, und mit den Amtsinhabern und deren Beziehungen zu anderen Amtsträgern die Bedeutung der Ämter auf- oder abgewertet werden konnte[2]. Amicitia und Coniuratio – Freundschafts- und Treuebündnisse waren Methoden, mit denen man sich Mehrheiten und Bündnisse gegen andere Parteien verschaffen konnte. Ziel dieser Arbeit ist es, innerhalb dieses Kräftespiels die Bedeutung der Bischöfe um die erste Jahrtausendwende herauszuarbeiten. Waren sie nur das Werkzeug des Thronbewerbers oder reichte ihr Einfluss so weit, dass man von ihnen als „Königsmacher“ sprechen kann? Kann man sogar von einem Parteien- oder Lagerwahlkampf sprechen? Ging das Bischofsamt gestärkt oder geschwächt aus dem Thronstreit hervor? Und wie hat sich diese Auseinandersetzung auf das Kräfteverhältnis nach 1002 ausgewirkt?

2 Das Problem der Thronvakanz

Aufgrund der personalen Begründung der Herrschaft im 10. Jh. führte der Tod eines Herrschers notwendig zu einer Krisensituation[3]. In der Karolingerzeit hat es dieses Problem noch nicht gegeben: Mindestens ein Sohn hatte stets zur Verfügung gestanden, der die Herrschaft übernehmen konnte. Dies gab dem Reich die erforderliche Stabilität und Kontinuität. Mit dem frühen Tod Ottos III. fehlte jedoch die für die Königskrönung erforderliche Bestimmung durch den Vater (designatio). Somit war plötzlich ein Machtvakuum entstanden, das Ordnung und Sicherheit gefährdete. Es war die Stunde des Hochadels und die drei aussichtsreichsten Kandidaten begannen ihren Kampf um die Krone. Diese Kandidaten standen jeweils den gentilen Adelsverbänden der Bayern (Heinrich), Schwaben (Hermann) und Sachsen (Ekkehard) vor, verfügten also bereits – mehr oder weniger – über entsprechenden Rückhalt in den eigenen Reihen.

Jeder von ihnen stand in persönlichen Kontakten zu einem Bischof, denn ohne das Amt des Bischofs war keine Königskrönung möglich: „Basis jeder Königsherrschaft im Mittelalter war ihre sakrale Legitimierung“[4]. Aus der Paarung Thronbewerber/Bischof bildeten sich 1002 folgende „Thronbewerbungsparteien“[5] heraus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Die Stellung der Bischöfe vor 2002

Unter der Regierung von König Heinrich I. hatte sich ein Herrschaftssystem etabliert, „…in dem den Trägern der Königsherrschaft, Adel und Kirche, in beträchtlichem Ausmaß Möglichkeiten des Mitgestaltens eingeräumt wurden“[7]. Otto der Große hatte von Papst Agapit das Privileg verliehen bekommen, Bistümer zu gründen, wo er wolle. Damit hatte sich der Kaiser ein wichtiges Machtinstrument geschaffen, das er vor allem auch gegen unliebsame Bischöfe einsetzen konnte. Auf der anderen Seite hatte Otto aber auch die weltliche Fürstenmacht der Bischöfe begründet und durch die Vereinigung des geistlichen Amtes mit politischen Herrschaftsrechten das bischöfliche Amt verfassungsrechtlich umgestaltet[8]. Die Bischöfe, die so immer mehr herzogähnliche Rechte erlangen, wurden mitunter auch als königliche Notare eingesetzt[9] und hatten auf diese Weise in einer Zeit deutlich zurückgegangenen Schriftgebrauchs eine Art Kommunikationsmonopol inne. Hinzu kamen Aufsichtspflichten für den Münzbetrieb[10]. Die politischen Pflichten drängten die geistlichen Funktionen der Bischöfe dabei zunehmend in den Hintergrund[11].

Die Kirche stieg dabei insgesamt in ihrer Bedeutung, aber auch in ihrer Abhängigkeit zum Königtum. Umgekehrt unterlag das Königtum einer zunehmenden Verkirchlichung[12].

Die drei Erzbischöfe von Trier, Mainz und Köln bildeten schon lange eine herausragende Stellung innerhalb des deutschen Klerus. Sie waren es auch gewesen, die 961 gemeinsam König Otto II. in Aachen gesalbt hatten. Die beiden Letztgenannten hatten dabei ihren Einfluss unter dem Kaiser immer mehr zu einer Stellvertreterposition ausbauen können[13]

Insgesamt war es den Bischöfen gelungen, ihre Position vom bloßen Instrument des Königtums in karolingischer Zeit in eine Mitträgerschaft der Königsherrschaft aufzuwerten.[14] Daraus folgt, dass die Könige, und erst recht Thronbewerber auf ihre Zusammenarbeit und Einbeziehung ihrer Wünsche angewiesen waren.[15] Die wachsende Macht der Bischöfe war nicht zuletzt deshalb unvermeidlich, weil sie aufgrund ihrer lokalen Präsenz einen höheren Einfluss aufbauen konnten, als der ständig umherziehende König[16].

Die Rom-orientierte Politik Ottos III. hatte den Bischöfen viele Freiheiten wieder genommen. Mit der Thronvakanz von 2002 sah der Klerus seine Chance gekommen, wieder aktiv in die Politik einzugreifen.

[...]


[1] Vgl. Althoff, Gerd: Ottonen, S. 231

[2] Vgl. Leyser, Karl: Ottonian Government, S. 733

[3] Althoff, Gerd: Ottonen, S. 153

[4] Ders., ebda., S. 237

[5] Während das Zusammengehen Heinrichs mit Willigis, sowie Ekkehards mit Bernward in den Quellen hinreichend belegt ist, gibt es keinen solchen Beweis für die Zusammenarbeit Hermanns mit Heribert. Aufgrund ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen kann diese Koalition nur angenommen werden. So z.B. von Müller (Müller, Heribert: Kanzler Ottos III., S. 147). Andere anstelle von Hermann in Frage gekommenen Kandidaten, wie z.B. Pfalzgraf Ezzo v. Lothringen, werden von Müller als haltlos ausgeschlossen. (Müller, Heribert: Kanzler Ottos III., S, 155). Vielmehr dürfte Ezzo lediglich als Insignienverwahrer in Frage gekommen sein (Müller, Kanzler Ottos III., S. 156). Stefan Weinfurter führt hingegen neben diesen Thronkandidaten, Otto v. Worms und Ezzo auch noch Hzg. Dietrich I. v. Oberlothringen und Hzg. Bernhatrd I. v. Sachsen als mögliche Thronkandidaten auf (Weinfurter, Heinrich II., S. 37f.)

[6] Die Parteienbezeichnungen sind keine historischen Begriffe und dienen der vereinfachenden Darstellung

[7] Althoff, Gerd: Ottonen, S. 67

[8] Vgl. Fried, Johannes: Europa, S. 184

[9] Vgl. ders., ebda, S. 175

[10] Vgl., ders., ebda., S. 185

[11] Vgl., ders., ebda, S. 184

[12] Vgl. ders., ebda, S. 63

[13] Vgl. Althoff, Gerd: Ottonen S. 112

[14] Vgl., ders., ebda, S. 231

[15] Vgl., ders., ebda., S. 232

[16] Vgl. Warner, David A.: Adventus, S. 272

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Streit der Thronbewerber von 1002 – ein Machtkampf der Bischöfe?
Untertitel
Der deutsche Episkopat und sein Einfluss auf die Thronkandidaten
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Königserhebungen im 10., 11. und 12. Jahrhundert
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V124667
ISBN (eBook)
9783640298273
ISBN (Buch)
9783640303496
Dateigröße
448 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Königserhebungen, Episkopat, Heinrich II., Ottonen, Königsherrschaft, Gandersheimer Streit, Sophie von Gandersheim
Arbeit zitieren
Matthias Wühle (Autor:in), 2009, Der Streit der Thronbewerber von 1002 – ein Machtkampf der Bischöfe?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124667

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