Zwischen nationalem Freiheitskampf und Bürgerkrieg. Die litauische antisowjetische Widerstandsbewegung in Litauen 1940-1953

Akteure, Dynamik und Kontroversen


Lizentiatsarbeit, 2009

125 Seiten, Note: 5,5

Laima Maldunaite-Christ (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Die Folgen des Zweiten Weltkrieges für Litauen
1.2 Fragestellung und Vorgehensweise
1.2.1 Aufbau der Arbeit
1.3 Forschungsstand
1.3.1 Die Werke in der Diaspora
1.3.2 Die sowjetische Geschichtsschreibung
1.3.3 Die zeitgenössische Historiografie

2 Die politische Unabhängigkeit zwischen Deutschland, der Sowjetunion und Polen
2.1 Die Genesis und Kontinuität der litauischen Nationalstaatlichkeit
2.1.1 Die Machtübernahme durch den autoritären Antanas Smetona
2.2 Die politische Entwicklung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges
2.2.1 Der Hitler-Stalin-Pakt 1939
2.3 Die Annexion Litauens im Jahre 1940
2.3.1 Die Auflösung der litauischen Armee
2.4 Reaktionen des Westens

3 Die Entstehung der nationalen Widerstandsbewegung
3.1 Die Periodisierung der Widerstandsbewegung
3.2 Der Einfluss des antinazistischen Widerstands und seine Kontinuität
3.3 LAF – Litauische Aktivisten Front
3.3.1 Die parteipolitischen Rivalitäten

4 Der bewaffnete Widerstand 1944-1953
4.1 Die zweite sowjetische Okkupation Litauens 1944
4.1.1 Litauer gegen Litauer
4.1.2 Das Widerstandsrecht und die Gewaltmobilisation
4.2 Die Beziehungen der Partisanen zur Zivilbevölkerung
4.3 Motivation und Ziele des antisowjetischen Widerstands
4.3.1 Freiheit als höchste Zielsetzung der Partisanen
4.3.2 Die litauischen nationalen Symbole in der Widerstandsästhetik
4.4 Die Organisation und Struktur der Widerstandsgruppen
4.4.1 Die Bedeutung der Litauischen Freiheitsarmee LLA
4.4.2 VLIK - das Oberste Komitee zur Befreiung Litauens
4.5 Die Problematik der Zentralisierung und der Führung
4.6 Die LLKS und die Unabhängigkeitsdeklaration vom 16. Februar 1949

5 Die antisowjetische Partisanenpresse
5.1 Forschungsstand
5.2 Die litauische Untergrundpresselandschaft
5.2.1 Die Aufgaben, Themen und Autoren der Partisanenpresse
5.2.2 Die litauische Sprache und die Verbreitungswege der Untergrundspresse

6 Die Bekämpfung des litauischen antisowjetischen Widerstands Seitens der Sowjetunion
6.1 Die Deportationen aus Litauen
6.2 Die Rolle der Kommunistischen Partei
6.3 Die Zerschlagung des bewaffneten Widerstands

7 Schlussbetrachtungen

8 Bibliografie

9 Abkürzungsverzeichnis
Abbildung 1. Die Bilanz der Verluste Legende der Farben: rot-gefallen an der Front; gelb- aus Litauen geflüchtet, violett- verbannt (exklusiv die Gefangenen in den litauischen Gefängnissen), grün - die ermordeten Widerständler und ihre Familienangehörigen (exklusiv die in den Gefängnissen und während der Ermittlungen verstorbenen Personen). Quelle: www.genocid.lt
Abbildung 2. Der Hitler-Stalin-Geheimpakt und Sowjetische Annexionen 1939/1940
Abbildung 3. Ausstellung zum Partisanenkampf, Museum für die Opfer des Genozids, Vilnius, Quelle: http://www.kakanien.ac.at/beitr/materialien/SMachein_ASimon1.pdf
Abbildung 4. Das Schema der LLKS
Abbildung 5. Liste der Partisanenpresse

1 Einführung

Am 9. Mai 2005, an den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag seit Kriegsende, sagte der damalige Präsident Russlands, Vladimir Putin, in Anwesenheit zahlreicher mit Orden geschmückter Veteranen und aus der ganzen Welt angereister Staatsoberhäupter: „Wir erinnern uns immer an die Heldentaten der Generation der Sieger und wir werden sie immer ehren. Sie haben unser Recht auf Leben verteidigt. Unser Volk hat nicht nur seine Heimat verteidigt. Es hat elf Staaten Europas befreit. Auf den Kampffeldern von der Barentssee bis zum Kaukasus wurde die Militärmaschine des Nazismus gebrochen.“[1] Unter den elf befreiten Staaten befand sich auch Litauen, aber trotzdem entschied sich der Präsident Litauens, Valdas Adamkus, der Moskauer Siegeszeremonie fern zu bleiben, um das Datum reflektiert „mit dem eigenen Volk“ zu begehen.

The Russian people paid a particularly high price for this victory, just like Belarussians, Ukrainians, Jews and other European nations, Lithuanians including. [...] The Second World War inflicted very deep wounds on Lithuania. Occupation, deportation and imprisonment, the terrible tragedy of the Holocaust, concentration camps, forced emigration – this was a most devastating blow by the totalitarian regimes to the Lithuanian nation.[...]. The perpetration of such crimes continued in our country when the cruellest war in the history of mankind was officially over. (Hervorgehoben von der Autorin L.M.C.) [...] The name of Lithuania disappeared from the map of Europe for five decades.[2]

Der Gründer der Bewegung Sąjūdis[3] und litauische Held des Freiheitskampfes von 1991, Professor Vytautas Landsbergis, heute Abgeordneter im Europaparlament, drückte in einem Interview[4] aus, dass mit der Einladung nach Moskau die einst versklavten Staaten gebeten wurden, ihre eigene Gefangenschaft zu feiern.

Infolgedessen verknüpft die Mehrheit der Litauer das Ende des Zweiten Weltkrieges zwar mit der Erlösung von der Zugehörigkeit zum Reichskommissariat Ostland, doch viel ausschlaggebender für sie ist die Wiederkehr der sowjetischen Okkupation, die ein halbes Jahrhundert andauerte.[5] Da die Russische Föderation als die Rechtsnachfolgerin der UdSSR gilt, ist aus litauischer Sicht auch der aktuelle Adressat der Geschichtsverantwortung dieser Zeitperiode juristisch-formal klar definiert. Im Gegensatz zu Deutschland weigert sich Russland jedoch, die Tatsache der unrechtmässigen sowjetischen Okkupation und des Genozids offiziell anzuerkennen und somit die Gerechtigkeitslücke zu schliessen. Die in den letzten Jahren entbrannten Kontroversen zwischen Russland und den drei neuen EU[6] - und NATO- Mitgliedstaaten Estland, Lettland und Litauen resultieren aus einem mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Konflikt, der am Ende des Zweiten Weltkrieges zur Spaltung Europas in zwei feindliche ideologische Lager geführt und zur Zuspitzung der Positionen zwischen Ost und West beigetragen hat. Vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg stand Litauen unter abwechselnder Besatzung und wurde zermalmt zwischen Hitlers „Drang nach Osten“ und der stalinistischen Expansionspolitik nach Westen, die gemäss Propaganda als freundschaftliche „Nationalitätenpolitik“ präsentiert wurde. Gemäss dem Hitler-Stalin-Pakt und nach dem Zugeständnis von sowjetischen Militärbasen in Litauen im Herbst 1939 annektierte die UdSSR am 15. Juni 1940 das Land. Nach Scheinwahlen wurde Litauen schliesslich als Sowjetrepublik in die UdSSR eingegliedert. Der bekannte Freiheitskämpfer Juozas Daumantas beschrieb die Ereignisse im Nachkriegslitauen in seinem Buch „Partisanai“ (dt. die Partisanen) wie folgt:

So far, the Lithuanian people had been „liberated“ three times in nearly as many years. In 1940, the Russians had come marching into our land to „liberate“ us from the „capitalist and Fascist exploiters.“ In 1941, the Germans had marched in after them and thereby „liberated“ us from „Bolschevik bondage.“ And now, the Russians were back again−this time to „liberate“ us from the „tyranny of Nazi hangmen.“ Naturally, they expected us to be overcome with delight. But since we still recalled how they had gone about „liberating“ us the last time, we didn`t think we had any cause to rejoice. And we were right: the second Soviet „liberation“ turned out to be even worse than the first one.[7]

Anschliessend an die militärische Besetzung machten sich die Sowjets unverzüglich daran, ihre Macht zu etablieren, die alte kapitalistische Ordnung zu zerschlagen und das kommunistische System einzuführen. Schon im Sommer 1940 begann in Litauen der brutale Prozess der Sowjetisierung des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft und der Kultur, der seinen Höhepunkt in den Deportationen vom Juni 1941 fand. Moskau begann mit Repressionen gegen die diejenigen Teile der Bevölkerung, die vom Sowjetregime als „Volksfeinde“ oder „antisowjetische Elemente“ abgestempelt worden waren.[8] Für eine erfolgreiche Sowjetisierung mussten zunächst die alten politischen und sozialen Eliten ausgeschaltet werden. In Litauen wurden allein zwischen dem 15. und 17. Juni 1941 12'562 Personen, vor allem der politischen und akademischen Elite, ins Innere der SU deportiert.[9] Zudem wurde die europäisch geprägte litauische Gesellschaft mit einer fremden Kultur, Sprache und Tradition geknechtet. Wie die übrige Sowjetunion hat sie unter Terror und Willkürherrschaft gelitten, aber darüber hinaus auch unter „asiatischer“ nationaler Fremdherrschaft.[10] Doch als Staat hat Litauen zu dieser Zeit keinen Widerstand geleistet, nur als Nation.[11]

„Wenn die litauische Regierung 1940 nicht eine tödliche Sünde begangen hätte, könnte die Sowjetunion heute nicht von einem freiwilligen Anschluss sprechen. Die Sünde bestand darin, dass sie keinen bewaffneten Widerstand leistete. Motiv dieses Verzichts auf Waffenwiderstand war die Furcht, es könnten viele Soldaten umkommen. Die Folge war ein Genozid am ganzen Volk und der Verlust vieler Menschenleben im Widerstandskampf nach dem Zweiten Weltkrieg, in Sibirien und in den Gefängnissen. Denjenigen, die den Verzicht auf Widerstand positiv bewerten, die sogar heute noch sagen, dass Stalin das ganze Volk deportiert hätte wie seinerseits die Tataren von der Krim, muss man entgegenhalten, dass Litauen ein Staat war und deshalb das, was mit den Tataren geschah nicht mit Litauen vergleichbar ist.[12]

Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 brachte Litauen dann jedoch für drei Jahre unter deutsche Herrschaft. Unter diesen Umständen war es kaum verwunderlich, dass viele Litauer die einmarschierenden deutschen Truppen als Befreier begrüssten. Eine Ausnahme bildeten die Juden, die etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten, sowie diejenigen, die mit den Sowjets zusammengearbeitet hatten.[13]

Mit der Rückkehr der Roten Armee im Sommer 1944 geriet Litauen geriet zum zweiten Mal in die Füge des totalitären sowjetischen Unterdrückungssystems, die kommunistischen Regierungs-organe konnten restituiert werden. Das ZK der Kommunistischen Partei Litauens (LKP) wandte sich am 5. Juli 1944 an die litauische Bevölkerung: “Schon ist die lang ersehnte Befreiungsstunde herangekommen. Die Zeit ist gekommen, da wir mit Freude die Rote Armee der Befreier bei ihrem Einmarsch begrüssen können.“[14] Doch wurden die sowjetischen Truppen 1944 in Litauen − anders als die deutschen im Jahre 1941 − nicht als Befreier begrüsst, sondern stiessen auf klare Ablehnung innerhalb grosser Teile der litauischen Bevölkerung.[15] Der Übergang von der nazideutschen Besatzungsherrschaft zur Wiederetablierung des sowjetisierten politischen Systems war mit brutalen Umwälzungen verbunden: Die litauische Bevölkerung spaltete sich dabei in mehrere Lager. Die eine Seite stand hinter der sowjetischen Diktatur und kollaborierte mit den Kommunisten, auf der anderen Seite flüchteten Zehntausende[16] ins westliche Ausland oder griffen auf seit Jahrhunderten ausgeübte Widerstandsformen, darunter den Rückzug in die Wälder,[17] zurück.

Im Stadium der beginnenden Auseinandersetzung waren die Waldbrüder[18] nicht auf sich alleine gestellt.[19] Noch lebten in den Gebieten, die erst nach 1940 zu Litauen kamen, Reste anderer Nationalitäten. So wurde die Gegend um Vilnius mehrheitlich von Polen besiedelt und in Memelland, das nach dem Krieg wieder litauisch geworden war, gab es noch deutsche Bevölkerung. In Nordlitauen lebte seit jeher eine lettische Minderheit. Bei all diesen Völkern war die Ablehnung der sowjetischen Okkupation gross.[20] Der litauische Zweig der nationalen polnischen Armee Armia Krajowa, die Polska Armia Wojskowa, wurde durch Zwangsumsiedlungen im Jahre 1944 und durch die Liquidierung des Stabes im Jahre 1945 seitens der Sowjetunion unterdrückt.[21] Die in Litauen verbliebenen entschlossenen Kämpfer überlegten im Rahmen einer Lagebeurteiltung aktiv, ob sie sich widersetzen oder auf günstigere politische Lösungen der Alliierten in der Nachkriegszeit warten sollten.[22] Falls man den Widerstand wählte, auf welche Weise und in welcher Form sollte dies geschehen? Vielen erschien ein offensiver bewaffneter Widerstand wegen der damit verbundenen Opfer an Menschenleben als zu riskant, vor allem weil Litauen nach dem Zweiten Weltkrieg sehr stark dezimiert war. Die Führer des VLIK (lt. Vyriausiasis Lietuvos Išlaisvinimo Komitetas, dt. Oberstes Komitee zur Befreiung Litauens) K. Bielinis, A. Gineitis, P. Šilas begriffen, dass jeglicher Widerstand gegen die unaufhaltsam heranrollende grosse gegnerische Armee zu unsinnigem Blutvergiessungen führen würde.[23] Deshalb forderten sie das Volk auf, nicht mit Waffen zu widerstehen, sondern zu passiven Widerstand überzugehen. Und um eine Rekrutierung in die sowjetische Armee zu vermeiden, sollte man sich bis zum Kriegsende verstecken und hoffen, dass die grossen westlichen Länder die Sowjetunion dann zwingen würden, ihre Armee aus Litauen abzuziehen. Die nationale Opposition hatte selbstverständlich Interesse an der Gründung einer eigenen Armee. Das mit Ausnahme der Kommunisten alle politischen Gruppen repräsentierende Litauische Befreiungskomitee VLIK teilte in einem Aufruf vom 16.2.1944 in Wilna mit, es werde „die Wiederaufstellung des litauischen Heeres auf jede Art fördern.“[24] Die Widerstandstaktiker der Litauischen Freiheitsarmee (lt. Lietuvos Laisvės Armija, LLA) beschlossen fast zur gleichen Zeit, die sowjetischen Okkupanten nicht nach Litauen einzuzulassen, sondern ihnen mit Waffen entgegenzutreten.[25] Im Befehl Nr. 4 der LLA[26] wurde auch betont, dass man nicht auf die Hilfe des Westen zählen solle, was sich wesentlich von der Position des VLIK unterschied.[27] In den Pro Memoria der Litauischen Freiheitskämpferunion vom 12. Mai 1944 wurde auf die rhetorisch gestellte Frage, ob man sich widersetzen solle oder nicht, eindeutig erklärt, dass der Verzicht auf Widerstand der Weltöffentlichkeit den Mythos der Sowjetpropaganda über den freiwilligen Beitritt Litauens in die UdSSR bestätigen würde, dass aber das Überleben der Nation Priorität habe, selbst wenn dies auf Kosten des Staates ginge.[28] In vielen Dokumenten wurde die programmatische Grundlage für die Bewältigung der neuen Lage festgelegt: Der bewaffnete Aufstand gegen die sowjetische Regierung und ihre Besatzungsmächte, ihre Helfer und Kollaborateure und seine Entwicklung zu einem Widerstand des ganzen Volkes mit dem Ziel, die Besatzungsmächte zu vertreiben bzw. zu vernichten, den litauischen Staat auf neuen Grundlagen der Gleichberechtigung und Freiheit aller Bürger und der echten parlamentarischen Demokratie − aufzubauen, in Verbindung mit einer Umwälzung der Gesellschaft. Ab dieser Zeit konnte man nun endgültig von einem nationalen Untergrund[29] sprechen, der sich von demjenigen des Vorkriegsjahres insofern unterschied, dass jetzt die Litauische Sowjetrepublik ethnisch homogener geworden war, da die Deutschen und Polen vertrieben und die Juden vernichtet worden waren.[30] Die Tätigkeiten der Widerstandsbewegung bekamen die Kommunisten besonders dort empfindlich zu spüren, wo unmittelbar nach der Besetzung der bewaffnete Kampf aufgenommen und gegen jegliche Form von Kollaboration mit dem Sowjetregime vorgegangen wurde. Die litauische antisowjetische Widerstandsbewegung, die schon während des Krieges vorbereitet wurde und im Jahre 1944 in einer bewaffneten Auseinandersetzungen mündete, war in erster Linie ein national und ethnisch begründeter Kampf gegen die sowjetischen Besatzer und für das litauisch Volk und Land. In einem litauischen Diskurs spricht man vom Ausbruch eines unerklärten, spontanen Krieges. Nach hohen Verlusten in den Anfangsjahren erhielt er 1947-1948 eine organisierte Form und Struktur und breitete sich im ganzen Land aus. Dem bewaffneten Widerstand schlossen sich etwa 100'000 Kämpfer an. Der litauische Partisanenkampf war eine der längsten Widerstandsbewegungen in Europa und wird in der litauischen Geschichte als “Krieg nach dem Kriege” bezeichnet.[31] Der historische Auftakt des Mythos vom Brudermord, Bürgerkrieg bzw. Freiheitskampf und das Wiederwachen des litauischen Traumas vor einer abermaligen Fremdherrschaft wurde durch die vorrückende und später stationierte Rote Armee und die Machtausübung der Kommunistischen Partei ausgelöst. Der im europäischen Kontext nur mit dem ukrainischen Partisanenkrieg vergleichbare Konflikt zwischen den national demokratisch orientierten Waldbrüdern und der litauischen Linken währte bis ins Jahr 1953, als die Welt mit Stalins Tod eine der wichtigsten Zäsuren in der Geschichte des 20. Jahrhunderts erlebte. Die sowjetische Macht in Litauen repräsentierte nicht nur eine politische, d.h. kommunistische Ideologie und ein totalitäres Regierungssystem, sondern bedeutete auch die Negation der Existenz eines litauischen Staates. Alfred Stepan definiert ein typisches totalitäres Regime als eines, das fast jeden ehemals existierenden, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Pluralismus eliminiert hat.[32]

1.1 Die Folgen des Zweiten Weltkrieges für Litauen

Der bekannte litauische Dichter und Dissident Tomas Venclova (geb. 1937)[33] bringt die Erfahrungen der Generation seiner Eltern auf den Punkt: „Die Geschichte hat sie vor die Wahl zwischen Hitler, Stalin und dem Tod gestellt, wobei das eine nicht automatisch das andere ausschloss.“[34] Die sowjetische und deutsche Fremdherrschaft beendete nicht nur die politische Existenz des kleinen Staates, sondern hatte auch schwerste Verluste für das litauische Volk und die mit ihm auf gemeinsamem Heimatboden lebenden anderen Volksgruppen zur Folge. Der Zweite Weltkrieg hatte für Litauen verheerende Auswirkungen; die litauische Nation als solche stand buchstäblich an der Schwelle der physischen Vernichtung. Unter der deutschen Besatzung traf die Terror- und Mordpolitik zum grossen Teil nichtethnische Litauer (das litauische Judentum wurde fast gänzlich ausgelöscht); die sowjetische Besatzung hingegen zählten auch die ethnischen Litauer zu den grossen Opfergruppen.[35] Zwischen 1941 und 1944 beging die deutsche Besatzungsmacht in Litauen einen hunderttausendfachen Massenmord. Über 230'000 litauische Juden, 170'000 sowjetische Kriegsgefangene, eine noch nicht geklärte Zahl zehntausender sowjetischer Zwangsevakuierter aus weiter östlich gelegenen Gebieten und tausender weiterer Personen unterschiedlicher Gruppen wurden während dieser drei Jahre auf litauischem Territorium umgebracht.[36] Die Vollständigkeit, Schnelligkeit und Grausamkeit des litauischen Anteils an der Shoah hat in der Geschichte des Völkermords im deutsch besetzen Teil Europas während des Zweiten Weltkrieges nicht ihresgleichen: Auf einem verhältnismässig kleinen Territorium lassen sich an die zweihundert Vernichtungsstätten nachweisen.[37] Bei der Verfolgung und Ermordung der Juden in Litauen fällt die Hauptverantwortung für alle Massenmorde auf die deutsche Besatzungsverwaltung. Ohne die deutsche Besatzung, ohne die rassistisch-ideologischen Vorgaben, ohne die deutsche Initiative und ohne die deutschen Tätergruppen vor Ort wäre es nicht zum Holocaust in Litauen gekommen.[38] Aber die Tatsache, dass die litauischen Juden die geringsten Überlebenschancen aller unter deutschem Terror stehender Juden hatten, ist von besonderer Bedeutung, denn fast überall gab es unterstützend starke litauische Gruppen, die sich aktiv an der Ausgrenzung, den Quälereien und der Ermordung der litauischen Juden beteiligten.[39] Trotzdem sah die politische Zukunft Litauens unter den Deutschen nicht sonderlich gut aus. Nach einem gescheiterten Aufstand musste die Provisorische Litauische Regierung am 5. August 1941 ihre Tätigkeit einstellen.[40] 1942 erklärte Alfred Rosenberg, dass alle Litauer nach einem Sieg über Russland in die östlichen Gebiete verschleppt würden. Gemäss diesem Projekt war Litauen als Siedlungsgebiet für Deutsche vorgesehen. Das nährte den litauischen Widerstand gegen die Deutschen.[41] Die ablehnende Haltung des nationalsozialistischen Deutschlands gegenüber den Unabhängigkeitsbestrebungen Litauens und anderer baltischen Staaten führte zur Bildung nationaler Widerstandsbewegungen, die für eine Zusammenarbeit mit den demokratischen Westmächten eintraten.[42] Anschliessend brach ein zehnjähriger Partisanenkrieg aus, dem wiederum Tausende von Menschen zum Opfer fielen. Verluste sind sowohl auf Praktiken der Terrorherrschaft als auch auf Massenvernichtung, Verhaftungen, bis 1951 andauernde Deportationen, Opfer des Partisanenkrieges, den Bevölkerungsaustausch mit Polen und den Massenexodus nach Westen zurückzuführen.

In den Jahren zwischen 1940-1952 verloren 780'922 [43] Staatsangehörige aufgrund der sowjetischen und deutschen Herrschaft ihr Leben, was ca. fünfunddreissig Prozent der damaligen Gesamtbevölkerung Litauens entspricht.[44] Das Forschungszentrum verfügt über die Daten von über 34'624 Personen, die während der Zeit des antisowjetischen Widerstands verletzt oder umgebracht wurden.[45] Die folgende Abbildung illustriert genauer den Verlauf eines der tragischsten Kapitel in der Geschichte Litauens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Die Bilanz der Verluste Legende der Farben: rot-gefallen an der Front; gelb- aus Litauen geflüchtet, violett- verbannt (exklusiv die Gefangenen in den litauischen Gefängnissen), grün - die ermordeten Widerständler und ihre Familienangehörigen (exklusiv die in den Gefängnissen und während der Ermittlungen verstorbenen Personen). Quelle: www.genocid.lt

Die Repressionen waren nicht nur gegen einzelne Menschen, sondern gegen ganze Familien gerichtet. Mit der Vernichtung der Familien sollte ihre jahrzehnte alte Erfahrung und der gesellschaftlich kulturelle Einfluss verloren gehen. Der bestausgebildete Teil der Bevölkerung, die im Laufe von zwei Jahrzehnten ausgebildet worden waren, sollte verschwinden, wie Offiziere, Polizisten, Beamte, Lehrer und Journalisten.[46] Die Hauptbestimmungen der Atlantik Charta,[47] der Genfer-Konvention[48] und der Deklaration der Menschenrechte durch die UNO, die der Wiederherstellung der Souveränität Litauens zugrunde liegen sollten, blieben nur graue Theorie für die litauische Gesellschaft. Die Inhalte dieser und anderer weltpolitischer Vereinbarungen, historischer Ereignisse und deren Interpretationen und Kommentare konnten den Litauern damals nur via die Berichterstattung der Partisanenpresse vermittelt werden.[49]

1.2 Fragestellung und Vorgehensweise

Die Lizentiatsarbeit zum Thema Die antisowjetische Widerstandsbewegung in Litauen nach dem Zweiten Weltkrieg wird sich schwergewichtig mit den folgenden Fragen auseinandersetzen:

- Wie reagierte die litauische Regierung auf die Einverleibung in die UdSSR im Jahre 1940? Welche Risse zeigte die Gesellschaft als Folge der anschliessenden deutschen Besatzung und der zweiten sowjetischen Okkupation im Jahre 1944? Wie formierte sich die Widerstandsbewegung und welchen Einfluss hatte der antinazistische Widerstand auf den antisowjetischen Widerstand? Wer waren die Akteure des Partisanenkrieges und welche politischen Hauptziele verfolgten sie? Wie war das Verhältnis der Waldbrüder zur Zivilbevökerung? Weshalb konnte die antisowjetische Widerstandsbewegung ungeachtet der sozialen und ökonomischen Realitäten im sowjetischen Staatssozialismus eine derartige Eigendynamik entfalten und ein Jahrzehnt ausharren?
- Entstand die antisowjetische Untergrundpresse als Reflex auf die Deformationen des stalinistischen Sozialismus und insbesondere die brutale Politik der Sowjetisierung, die Unterdrückung der freien Meinungsäusserung und die Kollektivierung, die die Bauern als Wiederkehr in die Leibeigenschaft auffassten?
- Warum brauchten die Sowjetischen Organe ungeachtet der zahlreichen ausgesprochenen Befehle und der daraus folgenden Massnahmen und Repressionen fast zehn Jahre um den Widerstand zu brechen? War dies nicht auch ein Teil der Strategie der sowjetischen Expansionspolitik, Litauer gegen Litauer unter Zuhilfenahme von Feindbildern (Verräter, Kollaborateure, Agenten, Banditen, usw.) gegeneinander auszuspielen und zu verfremden, deren nationale Identität zu zerstören und dies der Öffentlichkeit als Klassenkampf bzw. Bürgerkrieg zu verkaufen?
- Die Frage, wie gross der Einfluss der Widerstandsbewegung auf die Bevölkerung bzw. die Zivilgesellschaft war, insbesondere betreffend die Wahnehmung der Nation und die Pflege nationaler und demokratischer Werte, und wie diese deren Meinung mitgeprägt hat, bildet den Kern der Untersuchung.

Die Untersuchung der antisowjetischen Widerstandsbewegung in Litauen in den Jahren 1944-1953 thematisiert die unterschiedlichen Konzeptionen der litauischen Historiografie, zeigt die Ursachen für die Entstehung des Partisanenkrieges und diskutiert die Rolle, die die Propaganda und die Streitkräfte in diesem Kräftespiel übernahmen.

Das eigene Engagement Litauens im Zweiten Weltkrieg wird in in den Kontext des litauischen Unabhängigkeitskriegs 1918-20 gestellt, mit dem Unterschied, dass 1941-44 nicht gegen die Deutschen, sondern gegen die UdSSR gekämpft wurde, unter deren Okkupation Litauen 1940/41 so gelitten hatte, dass die bis dahin vorherrschende antideutsche Stimmung radikal umschlug. Damit wird die „nachgeholte litauische Meistererzählung“ von den Freiheitskämpfern in deutschen Uniformen mit der Sicht auf diese Gruppe als Kollaborateure kontaminiert. Primärziel der Lizentiatsarbeit ist es, im Hauptteil Aufschluss darüber zu geben, auf welche Weise freiheitsliebende und opferbereite Litauer auf die Reokkupation Litauens durch die UdSSR im Jahre 1944 reagierten und welche Botschaften sie infolgedessen dem für die Partisanenpresse empfänglichen Teil der Öffentlichkeit [50] im besetzen Litauen vermittelten. Trotz ihres peripheren Wirkungsgrades entwickelte sich die Widerstandspresse zum Sprachrohr einer Volksbewegung, die ihre Wurzeln schon in den Zeiten des Verbots der litauischen Sprache und Drucks in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat.[51] Hervorgerufen durch den Umstand, dass eine Minderheit – nämlich die Kommunistische Partei – die Macht im Staat übernommen hatte und sowohl die einheimische als auch die internationale Gesellschaft zuerst von deren Legitimität „überzeugen“ musste, betrieben die Sowjetorgane eine verleumderische Presse- und Propagandakampagne. Besonders in den frühen Jahren nach der Übernahme der Macht unternahmen die kommunistischen Eliten in der Regel alles, um diejenigen Tendenzen, Gruppen oder Personen zu bekämpfen, die sie als feindlich gesonnen wahrnahmen.[52] Die Widerstandsbewegung ihrerseits fühlte sich verpflichtet, die Bevölkerung über die politischen Ereignisse ohne sowjetische Zensur zu informieren und die Ideen der Freiheit und Demokratie zu verbreiten. Angesichts der Fiktionalität der Sowjetpresse war die antikommunistische Aufklärungsarbeit eine der wichtigsten Kampfesformen des antisowjetischen Widerstands. Zu ihr zählte die mündliche und schriftliche Propaganda, Pressearbeit, die Verbreitung von Flugblättern wie auch das systematische Abhören und Verbreiten von Meldungen ausländischer Rundfunksender mit dem Ziel, die Wirkung der sowjetischen Propaganda einzuschränken, die wahren Ziele des Kommunismus zu entlarven und die Wahrheit über den sozialistischen Staat zu verbreiten. Die ideologische und politische Kultur, die politischen Normen, Denkweisen und Verhaltensmuster beider Seiten waren dabei völlig unterschiedlich und werden im Laufe dieser Arbeit mit Hilfe von Primärquellen und basierend auf Dokumenten der Untergrundpresse, Programmen und Sekundärliteratur näher untersucht. Welche Ansätze und Zugänge eröffnen die authentischen zeitgeschichtlichen Dimensionen und Reflexionen? Die Verfasserin stützt sich dabei hauptsächlich auf Archivmaterial aus dem Litauischen Spezialarchiv (nachfolgend LYA, lt. Lietuvos Ypatingasis Archyvas), die Memoiren im Buch Partizanai (dt. Die Partisanen) von Juozas Daumantas Lukša und das Sammelbuch von Nijolė Gaškaitė-Žemaitienė Partizanai apie pasaul į, politiką ir save (dt. Die Partisanen über die Welt, die Politik und sich selbst “). Die Analyse von Sitzungsprotokollen, Befehlsausgaben und Beschlüssen in der Partisanenpresse gewährt einen tieferen Einblick in die Geschehnisse im Nachkriegslitauen. In Verbindung mit ergänzenden Dokumenten und Memoiren werden die Lebenswelten der beteiligten Freiheitskämpfer und die innere Logik der Auseinandersetzung mit der sozialistischen Realität erschlossen. Die Schussfolgerungen der Internationalen Kommission für die Erforschung/Bewertung der Verbrechen der national-sozialistischen und sowjetischen Regime in Litauen (nachstehend als die Kommission bezeichnet) bilden schliesslich die Grundlage der völker- und menschenrechtlichen Perspektive des Befreiungskampfes. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die theoretische historische Ideen-, Staats-, Kultur- oder Sozialgeschichte, sondern der Blick auf die grundlegenden politischen Wertvorstellungen und Verhaltensnormen der Partisanen.[53]

1.2.1 Aufbau der Arbeit

Die Studie ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil der Darstellung wird mit einer Einführung in die litauische Zeitgeschichte und Hintergrundinformationen beginnen. Nachher wird ein Versuch unternommen, die wichtigsten drei historiografischen Strömungen und Entwicklungen betreffend die Widerstandsgeschichte in Litauen nach dem Zweiten Weltkrieg nachzuzeichnen. Die Studie wird sich dabei ebenfalls auf den Zeitrahmen von 1944 bis 1953, die Phase der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Litauen und der UdSSR, konzentrieren. Als Ausgangsvoraussetzungen der folgenden Strategien und Taktiken der Kriegsparteien werden im ersten Kapitel die Vorgeschichte, die Ursachen und Erscheinungsformen des Partisanenkriegs[54] und seine Folgen für Litauen eingehend geschildert. Die Einordnung in den historischen Kontext während des Zweiten Weltkrieges und vor allem während des entscheidenden Jahrs 1940 ist hierbei von grundlegender Bedeutung. Weiter folgende Schilderungen der Entstehung, Entwicklung und der Eigendynamik des Partisanenkampfs ziehen sich als roten Faden durch die Untersuchung. Im Teil über die Rivalitäten und innenpolitischen Ambivalenzen der Leitung des Widerstands als auch im Kapitel über den Einfluss des antinazistischen auf den antisowjetischen Widerstand wird der Schwerpunkt auf die politische Dimension der Bewegung gelegt. Die Formierung der antisowjetischen Widerstandsorganisationen, die Motivation und Ziele der Freiheitskämpfer sowie die Schilderung der verschiedenen antikommunistischen Gruppierungen mit ihren Strukturen und Programmen bilden den Hauptteil der Untersuchung. Die Analyse der umfangreichen Partisanenpresse als Fallbeispiel ermöglicht einen genaueren Einblick in die Mikrostrukturen der Freiheitskämpfer einerseits und verdeutlicht anderseits deren Einfluss auf die Bildung einer starken litauischen nationalen Identität in den Nachkriegsjahren. Weiter wird versucht, anhand von Quellen des NKVD und der Kommunistischen Partei die Wirksamkeit ihrer Abteilungen bei der „Banditenbekämpfung“ in den Jahren 1944 bis 1953 darzustellen. Für die internationale Öffentlichkeit sollte dabei ein Bild der Geschlossenheit des sowjetischen Blocks erzeugt werden. Rebellierende „befreite“ Litauer passten da nicht in das Schema und mussten möglichst schnell unterdrückt, endgültig sowjetisiert oder eliminiert werden. Mit Hilfe von zahlreichen Zitaten soll veranschaulicht werden, aus welchem Blickwinkel die jeweiligen Periodikas ein bestimmtes Ereignis bewertet haben und welche Formulierungen dafür verwendet wurden. Behandelt werden die Propaganda und die Pressearbeit[55] beider Seiten, wobei auf der kommunistischen Seite keine Primärquellen, d.h. zeitgenössischen Presseartikel, analysiert werden. Die Sekundärliteratur und ein Sammelwerk[56] mit Archivdokumenten betreffend die Kulturpolitik im sowjetischen Litauen gewähren eine gute Übersicht und sind genügend für die vergleichende Analyse. Die Alltagsrealität der Partisanen, die Rolle der Religion, ethnische Konfliktlagen und innere Probleme werden nur am Rande und nur insoweit thematisiert, wie sie in der Partisanenpresse zum Ausdruck kommen. Das abschliessende Kapitel enthält Schlussbetrachtungen über die Bedeutung der Widerstandsbewegung für Litauen und ihre Stellung innerhalb des antisowjetischen Widerstands im 20. Jahrhundert.

1.3 Forschungsstand

Die litauische Historiografie über den antisowjetischen Widerstand von 1944 bis 1953 kann man chronologisch in zwei Hauptetappen gliedern:

- Die sowjetische Historiografie seit der zweiten sowjetischen Okkupation im Jahre 1944 bis ins Jahr 1988. Danach wurde die litauische Bewegung Sąjūdis, die nach der Wiederherstellung der litauischen Souveränität strebte, gegründet und es kam zum Bruch in der Geschichtsschreibung.
- Die Historiografie seit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Republik Litauen in den 90er Jahren (1988 bis 2008). In dieser Zeit löste die Geschichtswissenschaft Aufgaben, deren blosse Formulierung früher verboten war.

Im Folgenden werden drei unversöhnliche Interpretationsmuster der Historiografie einander gegenüber gestellt. Die Studie, insbesondere über die Ursachen und historischen Hintergründe des bewaffneten Widerstands, kann an vielen Stellen auf vorliegende zeitgenössische Forschungsergebnisse zurückgreifen. Dennoch galten viele der 1944-1953 entstandenen Dokumente der Geheimdienste, insbesondere solche des MVD der UdSSR, zu dem auch der Staatssicherheitsdienst zählte, als vernichtet aufgrund der „Säuberungen“ der sowjetischen Archive. Nach der Wiederherstellung der litauischen Unabhängigkeit im März des Jahres 1990 und nach dem Niedergang der Sowjetunion im August des Jahres 1991 gewährte man den Geschichtsforschern Zugang zu den bis dahin unter Verschluss gehaltenen Archiven des KGB, des Innenministeriums, der Litauischen Kommunistischen Partei und anderen geschlossenen Archiven und Bibliotheken. Dank der umfangreichen, unterschiedlichen und unberührten Quellen konnte man nun auch „die weissen und grauen Flecken“ der neuesten litauischen Geschichte erforschen. Die wichtigsten Werke in diesem Kontext stammen hauptsächlich aus der Zeit nach der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1990 oder sind nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Studien der seit dieser Zeit in der ganzen Welt verstreut lebenden litauischen Diaspora. Das Vorgehen und die Wirksamkeit der Partisanenkämpfer gegen die zusammen mit dem Sowjetsystem agierenden Kollaborateure werden in der litauischen Öffentlichkeit erst seit dem Jahr 2000 verstärkt diskutiert. Diesen zusätzlichen Schub erhielt die Forschung durch die Gründung der Internationalen Kommission für die Erforschung/Bewertung der Verbrechen der national-sozialistischen und sowjetischen Regime in Litauen (lt. Tarptautinė komisija Nacių ir Sovietinio okupacinių režimų nusikaltimams Lietuvoje įvertinti) . Diese Kommission wurde durch eine Verordnung des Präsidenten der Republik Litauen, Valdas Adamkus[57], am 7. September 1998 ins Leben gerufen. Sie erhielt den Auftrag, die Wahrheit über Stalins und Hitlers Verbrechen, die vor, während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in Litauen geschehen sind, historisch und rechtlich zu untersuchen, zu enthüllen und die Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Angesichts der den Wissenschaftlern seit 1990 zur Verfügung stehenden verbesserten Quellenlage kann die nationalsozialistische und sowjetische Besatzungsherrschaft und der daraus folgende Terror durch Deportationen, Folterungen und Massenmorde nun endlich eingehender behandelt werden. Der militärische und politische Charakter des Widerstands sowie die Okkupationspolitik und Massnahmen der UdSSR in Litauen in den Jahren 1944 bis 1990 sind bereits dargelegt worden. Es bestehen jedoch in wichtigen Themenkreisen noch immer grössere Forschungslücken. So sind beispielsweise die Auswirkungen der sowjetischen Propagandamassnahmen und der freien Partisanenpresse auf die litauische Gesellschaft noch kaum erforscht. Die Hauptproblematik der Historiografie über die litauische Widerstandsbewegung ist aber noch immer die fehlende mehrdimensionale, differenzierte, kritische und theoretisch historische Analyse der antisowjetischen Widerstandskonzeption und deren Einbettung in den breiteren europäischen historischen Kontext. Diese Lücken zeigen sich insbesondere in der von mir untersuchten Thematik der Partisanenpresse, die sich mit eben dieser doch sehr deutlichen Diskrepanz zwischen realer Politik und der Propaganda auseinandersetzt und die Freiheit des Wortes als Basis des demokratischen Denkens und als höchstes Ziel der Widerstandbewegung aufzeigt.

1.3.1 Die Werke in der Diaspora

In zahlreichen Aufsätzen und Monografien, in denen Fakten und Mythos sehr oft dicht beieinander lagen, versuchten fast ausschliesslich exillitauische Geschichtswissenschaftler, die Inkorporation Litauens von 1940 in die UdSSR, die zweite sowjetische Okkupation im Jahre 1944 und den daraus resultierenden Widerstand gegen die Fremdherrschaft in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu rücken. Emigranten aus Litauen schrieben nach dem Zweiten Weltkrieg viele wertvolle Bücher und Artikel über den bewaffneten Widerstand, dies obwohl ihnen die Primärquellen weitestgehend fehlten. Die Verfasser konnten zwar keine Informationen und Dokumente aus den litauischen Archiven oder von überlebenden Widerstandkämpfern beschaffen, waren aber politisch frei und nicht ideologisiert. Diese exillitauischen Darstellungen enthielten zwar Elemente aus differenzierten Interpretationsmustern, heroisierten und idealisierten jedoch die Partisanenkämpfe angesichts des bereits weit fortgeschrittenen Kalten Krieges und der Ausweglosigkeit der Bewegung zu stark. Einen starken Einfluss auf die Emigrations-Geschichtsschreibung und deren romantischen Charakter hatten die Erinnerungen des legendären Partisanenführers Juozas Lukša-Daumantas, die er in Frankreich niedergeschrieben hatte.[58] Auf diese Erinnerungen griffen viele Forscher zurück, weil sie eine der authentischsten Quellen über die Widerstandsbewegung darstellen und der Autor selbst bis heute in Litauen als Märtyrer gefeiert wird[59]. Als wichtiges Werk der Diaspora sollte man die Monografie „Ganz alleine“ (lit. „Vienų vieni“) von Juozas Brazaitis-Ambrazevičius, die erstmalig im Jahre 1964 unter dem Pseudonym N.E. Suduvis erschien, erwähnen. Im Artikel „Die Partisanen während der zweiten sowjetischen Okkupation“ und im oben erwähnten Werk besprach J. Brazaitis als erster den Widerstand, seine Ursache und Herkunft, seine Entwicklung und sogar die einzelnen Kampfetappen[60]. Im Jahre 1962 erschien in den USA das Buch „Guerilla Warfare on the Amber Coast“ von K.V. Tauras, das auf den westlichen Leser zugeschnitten war. Thomas Remeikis‘ Monografie „Opposition to Soviet Rule in Lithuania 1945-1980 versuchte im Gegensatz zu früheren Autoren neben empirischen Darstellungen die Widerstandsgeschichte auch theoretisch-konzeptuell einzubetten[61]. Im Jahre 1983 kam in englischer Sprache das Werk „Die Baltischen Staaten: die Unterordnungsjahre 1940-1980“ (lit. „Baltijos valstybės: priklausomybės metai 1940-1980). von Romualdas J. Misiunas und R. Taagapera heraus. Die Verfasser erörterten darin unter Zuhilfenahme der Vergleichsmethode den antisowjetischen historischen Widerstandsprozess in Litauen, Lettland und Estland. Eine kritische Auseinandersetzung mit sowjetischen Quellen und Dokumenten, die von den Partisanen durch den Eisernen Vorhang in den Westen geschmuggelt wurden, folgte in der 1987 erschienenen Monografie „Die Partisankämpfe in Litauen“ (lit. „Partizanų kovos Lietuvoje“) von K. Girnius. Dieses Buch kann als eines der konzeptuellsten Werke über die Widerstandsbewegung in Litauen bezeichnet werden. Dank der eingehenden Analyse der historischen Prozesse und der Objektivität wurde es bis jetzt von keinem anderen Werk übertroffen. Generell kann man behaupten, dass der Geschichte Litauens in der übrigen westlichen Wissenschaftslandschaft verhältnismässig wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

1.3.2 Die sowjetische Geschichtsschreibung

Die sowjetische Geschichtsschreibung erfüllte die politischen und ideologischen Forderungen der offiziellen Regierung der Sowjetunion. Erscheinungen des Alltagslebens im besetzten Litauen, die sich nicht in das Idealbild eines unter sowjetischer Obhut von den Deutschen „befreiten“ Litauen einpassen liessen, wurden in der Darstellung bagatellisiert, ignoriert oder gar dem „bourgeoiseistischen“ Charakter der Partisanen und der ganzen Widerstandsbewegung angelastet. In der Sowjetunion waren Publikationen über die Folgen des Zweiten Weltkrieges einer strengen Zensur unterworfen und mussten sich an dem von der Kommunistischen Partei propagierten Geschichtsbild orientieren. Die Propagandisten der Kommunistischen Partei, aber auch viele Historiker und Journalisten, versuchten die Widerstandsteilnehmer wo immer möglich zu diskreditieren. Die Partisanen wurden als Reaktionäre, Terroristen, Nazikollaborateure, Banditen mit sadistischen Neigungen, die unschuldige Menschen hinrichten liessen, oder als heissblütige Feinde und Ausbeuter des sozialistischen Staates dargestellt.[62] Damals arbeiteten Historiker der Zeitgeschichte mehr propagandistisch als wissenschaftlich. Über Jahrzente nahm die sowjetische Propaganda sehr grossen Einfluss auf die Geschichtswahrnehmung in der Öffentlichkeit. Besonders die jüngere Generation, die keine eigenen Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg hatte, wurde stark vereinnahmt. Eine der wichtigsten Thesen der sowjetischen Historiografie war, dass die Rote Armee Litauen im Jahre 1944 von der Naziherrschaft befreit habe und das litauische Volk während des Krieges gemeinsam mit anderen sowjetischen Völkern für die Rückkehr von Litauen in die UdSSR gekämpft habe.[63] Ein anderes wichtiges Klischee der sowjetischen Geschichtsschreibung war, dass es in Litauen während der Nazibesetzung nur eine sowjetische Partisanenbewegung gegeben habe, die den bewaffneten Kampf gegen die deutschen Okkupanten geführt habe und diese galt es wo immer möglich für Propaganda- zwecke zu glorifizieren und zu instrumentalisieren.[64] Die nationalen litauischen und polnischen Widerstandsbewegungen wurden von den sowjetischen Historikern ignoriert oder von ihnen als Nazikollaborateure abgestempelt. Nach den Postulaten der sowjetischen Historiografie kämpfte das litauische Volk während des Krieges für die Befreiung seines sozialistischen Vaterlandes und nur eine kleine Gruppe sogenannter „bourgeoiser reaktionärer Nationalisten“ kollaborierte mit den Nazis und beging Kriegsverbrechen. Später wurde der Nachkriegswiderstand aus der Perspektive des marxistischen Klassenkampfes erklärt.[65] Zu betonen ist, dass sogar den Funktionären der Litauischen Kommunistischen Partei und den Historikern bis zur Wiederherstellung der Republik Litauen im Jahre 1990 der Zugang zu den Archiven der repressiven Strukturen verwehrt blieb. Die Forscher bedienten sich deshalb meistens des in faktographischer Hinsicht viel weniger ergiebigen Archivs der Kommunistischen Partei. In den resümierenden Werken von Algirdas Rakūnas und Stasys Laurinaitis kommt die Konzeption der sowjetischen Historiografie hervorragend zum Ausdruck.[66] Hier wird die entscheidende Rolle des Staatssicherheitsdienstes bei der Bekämpfung des Widerstandes und der Unterjochung, Deportation und Sowjetisierung des litauischen Volkes bewusst verschwiegen.

„Der bourgeoise nationalistische Untergrund und politisches Bandidentum in Litauen waren während der Nachkriegszeit das Produkt antagonistischer und internationaler Widersprüche. Es drückte das Streben der ausbeutenden, jedoch gestürzten Klassenreste nach Untergrabung der Sozialismusbildung im sowjetischen Litauen und nach der Wiederherstellung der bourgeoisen Ordnung mit der Hilfe der westlichen Imperialisten aus.“[67]

Nach dem Zerfall der Sowjetunion zerbrach auch in Litauen die kommunistisch reglementierte Gedächtniskultur und die sowjetische Geschichtsschreibung erlitt einen gewaltsamen Umbruch.

1.3.3 Die zeitgenössische Historiografie

Litauische Quellen und litauische Sekundärliteratur bilden die Basis für die Darstellung der litauischen Perspektive. Mit dem Zerfall der Sowjetunion entstand unter den Vorzeichen der Wiedererlangung der Unabhängigkeit bzw. des Systemwechsels geradezu zwangsläufig eine neue Sichtweise, die im extremsten Fall faschistische Kollaborateure zu antisowjetischen Patrioten und Freiheitskämpfern stilisierte. Die Zeitschrift „Das Archiv der Freiheitskämpfe“ (lit. “Laisvės kovų archyvas“) war eine der ersten Zeitschriften, die bislang unbekannte Archivstoffe des Partisanenkampfs, der Kommunistischen Partei und weiterer Unterdrückungsorganisationen, wertvolle Memoiren der Auswanderungsgeneration sowie Geschichtsforschungswerke erörterte. Von 1991 bis Anfang des Jahres 2006 erschienen insgesamt 37 Ausgaben. Weitere Aufsätze geschichtswissenschaftlicher Periodika, wie die „Lietuvos Archyvai“ und „Genocidas ir Rezistencija“, herausgegeben vom Litauischen Zentrum für die Erforschung von Genozid und Widerstand, beschäftigten sich im Wesentlichen mit Publikationen zu neuen Quellenfunden und Aspekten des litauischen bewaffneten Widerstandes. Viele Forschungsarbeiten über den antisowjetischen Widerstand, die in den Jahren nach der Unabhängigkeit entstanden sind, öffnen ein neues Kapitel in der litauischen Geschichte. Obwohl die Forscherwerke ein oft idealisierendes Bild der Freiheitskämpfer zeichnen, findet man auch genauere Erläuterungen über Kollaborationsfragen und das Verhältnis der Partisanen zur Zivilbevölkerung. Auch Themen wie die Familienvernichtung werden bedingt berücksigtigt. Es ist zu erwähnen, dass für die Widerstandshistoriografie der zweiten Etappe (1991 bis 2004) Werke empirischer und beschreibender Art zu dominieren scheinen. An erster Stelle muss man das Buch „Die litauischen Partisanen in den Jahren 1944-1953“ (lit.“Lietuvos partizanai 1944-1953“) von N. Gaškaitė, D. Kuodytė, A. Kašėta und B. Ulevičius aus dem Jahre 1996 erwähnen. Unter Zuhilfenahme neuer Quellen geben die Herausgeber eine breite Übersicht über die Truppen, die Methoden und die Organisationsstrukturen des Widerstandes.[68]

Im Jahre 1988 erschien das Werk „Die tschekistische Armee in Litauen in den Jahren 1944-1953“ (lit. „Čekistinė kariuomenė Lietuvoje 1944-1953 metais“) von Juozas Starkauskas.[69] Das grosse Werk „Stribai“[70] von Kestutis Kasparas stellt die Geschichte des Vernichtungsbataillons dar. Diese Bataillone bestanden aus einheimischen Kollaborateuren und kämpften gegen die Partisanen. Der Autor schrieb auch viel über Agenten, die den speziellen MGB Gruppen angehörten. Im Jahre 1999 wurde das andere grosse Werk von Kestutis Kasparas, „Der litauische Krieg“ (lit. „Lietuvos karas“), verröffentlicht. Im diesem Buch werden die Umstände und der Werdegang der zweiten sowjetischen Okkupation, die litauischen Vorbereitungen zum Widerstand gegen den Agressor und die Kämpfe im Sommer 1944 und im Frühling 1946 im Detail behandelt. Arvydas Anušauskas erforschte die Terror-Strukturen der Sowjets und die Repressionen. In seiner wichtigsten Monografie „Die sowjetische Vernichtung des litauischen Volkes in den Jahren 1940-1958“ (lit. „Lietuvių tautos sovietinis naikinimas 1940-1958 metais“) widmete er dem Thema der Bekämpfung der Partisanenbewegung viel Bedeutung. Dank Anušauskas etablierte sich in Litauen der Begriff des sowjetischen Genozids. Der Historiker führte auch eine Vergleichsforschung zwischen der Unabhängigkeit der baltischen Länder und der westukrainischen Unabhängigkeit durch, was für die Bedeutung des litauischen Kampfes im Kontext der Widerstandsgeschichte sehr wichtig ist. Dalia Kuodytė legte in ihren Artikeln und Publikationen die Zentralisierung der Untergrundarmee, die Partisanenführung und die litauische Freiheitsarmee dar und stützte sich dabei auf neue Quellen ab. Eugenijus Grunskis erzählte in seiner wichtigsten Monografie mit dem Titel „Die Deportation des litauischen Volkes in den Jahren 1940-1941 und in den Jahren 1944-1953“ (lit. „Lietuvos gyventojų trėmimai 1940-1941 ir 1944-1953 metais“) sehr ausführlich über die von der UdSSR initiierten Deportationen ganzer Familien aus Litauen. In seinem objektiven und genauen Werk zeigte er auf, wie die in den Jahren 1945 bis 1947 durchgeführten Deportationen als effektive Methode zur Partisanenbekämpfung eingesetzt wurden. In der politischen Biographie „Sniečkus, 33 Jahre in der Staatsführung“ (lit.“Sniečkus, 33 metai valdžioje“) besprach Vytautas Tininis die Rolle von Antanas Sniečkus, des ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei Litauens sowie der anderen Funktionäre der Zentralabteilung der Litauischen Kommunistischen Partei bei der Widerstandsbekämpfung. Im Jahre 2003 erschien ein sehr wertvolles Werk von V. Tininis und die Faxdokumentensammlung „Die Verbrechen der kommunistischen Regime in Litauen in den Jahren 1944-1953“ (lit. „Komunistinio režimo nusikaltimai Lietuvoje 1944-1953“). Hier zeigte man die Rolle der sowjetischen politischen Strukturen und ihrer Abteilungen und Kollaboranten bei den verbrecherischen Tätigkeiten in Litauen in den Jahren 1944-1953. Das Werk „Die sowjetische Sicherheit in Litauen im Jahre 1940-1953“ (lit. „Sovietinis saugumas Lietuvoje 1940-1953 metais“) von Liudas Truska, Arvydas Anušauskas und Inga Petraviciutė erschien im Jahr 1999. In demselben Jahr publizierte das Litauische Forschungszentrum für Genozid und Widerstand die Artikelsammlung „The Anti-Soviet Resistance in the Baltic States“ in englischer Sprache. Unter Berücksichtigung dieser und anderer Forschungsarbeiten verfasste M. Pocius im Jahre 2005 eine Dissertation mit dem Titel „Der Partisanenwiderstand in Litauen in den Jahren 1944-1955: Der Kampf gegen die der Kollaboration beschuldigten Einwohner“ (lit. „Partizaninis pasipriešinimas Lietuvoje 1944-1953 metais: kova su kolaboravimu kaltintais gyventojais“). Diese Dissertation versuchte eindringlich, den Zweifrontenkrieg der Widerstandsbewegung gegen den „äusseren“ wie den „inneren“ Feind in Litauen aufzuzeigen und bestätigte, dass die antisowjetische Widerstandsbewegung weder ein Bürgerkrieg noch ein innerer Krieg war. Mindaugas Pocius erforschte ganz akribisch die Zahlen der von den Partisanen getöteten zivilen Bevölkerung und zog daraus die Schulssfolgerung, dass die Taktik und die Strategie der Widerständler vor allem auf diese Gruppe zielte und nicht auf die Okkupanten.[71] Das Kollaborationsproblem wurde von Algis Kasperavičius erforscht.[72] Im Jahre 2004 erschien die Artikelsammlung „Der bürgerliche Widerstand in Litauen und Polen: Die Beziehungen und die Besonderheiten in den Jahren 1939-1956“ (lit. „Pilietinis pasipriešinimas Lietuvoje ir Lenkijoje: sąsajos ir ypatumai 1939-1956 metais“).[73] Zusammengefasst ist diese Ära des leidenschaftlichen, konfliktbeladenen, fast zwanghaften Gedenkens gekennzeichnet durch die kritische Auseinandersetzung mit offiziellen Geschichtsdarstellungen und der Aufarbeitung des Vergessenen oder Unterdrückten. Die nachfolgend aufgeführten zwei Institutionen setzen sich insbesondere mit den ambivalenten Aspekten der neuesten litauischen Geschichte auseinander. Die Internationale Kommission für die Erforschung/Bewertung der Verbrechen der national-sozialistischen und sowjetischen Regime in Litauen (lt. Tarptautinė komisija Nacių ir Sovietinio okupacinių režimų nusikaltimams Lietuvoje įvertinti) wurde 1998 vom Präsidenten der Republik Litauen; Valdas Adamkus, ins Leben gerufen.[74] Sie erhielt den Auftrag, die Wahrheit über Stalins und Hitlers Verbrechen, die vor, während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in Litauen geschehen sind, historisch und rechtlich zu untersuchen, zu enthüllen und die Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.[75] Das Litauische Forschungszentrum für Genozid und Widerstand der litauischen Bevölkerung (lt. Lietuvos gyventojų genocido ir rezistencijos tyrimų centras) und sein Museum beziehen sich sowohl auf die Judenvernichtung und den litauischen Widerstand während der deutschen Besatzung (1941-1944) als auch auf den sowjetischen Terror (bis 1958). Es sichtet und verwaltet Akten und Archivmaterial aus fünfzig Jahren Sowjetherrschaft, wobei viel durch den KGB nach seiner Auflösung in Litauen zerstört wurde. Die Forscherin und die Direktorin des Zentrums, Dalia Kuodytė, bestätigt, dass die wichtigsten Akten noch Anfang der 90er Jahre durch den KGB vernichtet oder nach Moskau expediert wurden.[76] Dort lagern die schriftlichen Zeugnisse von Gewaltherrschaft in den Archiven des FSB, der russischen Nachfolgeorganisation des sowjetischen Geheimdites.[77] Doch ungeachtet der Tatsache, dass viele Materialien des KGB-Archivs evakuiert und vernichtet worden sind, bleibt das Archiv gewaltig.[78]

[...]


[1] Hermann Krause, Kein Platz für kritische Gedanken, zitiert aus: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4323732_TYP1_NAV_REF1,00.html

[2] Zitat aus dem Statement von H.E. Mr. Valdas Adamkus, Präsident der Republik Litauen, in der Beilage des Fax des Auswärtigen Ministeriums Litauens an die diplomatischen Vetretungen im Ausland am 07.03.2007, Nr. (19-01)-3-7178

[3] Im Zuge der von Michael Gorbatschow eingeleiteten Politik der Perestroika und Glasnost, trafen sich am 3. Juni 1988 in Vilnius 35 Künstler und Intellektuelle und legten den Grundstein für die Gründung einer Organisation namens „Sąjūdis“ (zu Deutsch schlicht „Bewegung“) unter dem offiziellen Vorwand, jene Politik der sozialistischen Erneuerung voranzutreiben. Anfangs wurde die Bewegung aus verschiedenen Lagern kritisch betrachtet. Für die Litauische Freiheitsliga - eine Untergrundorganisation bekannter, hartgesottener Dissidenten - war sie zu linientreu, für die kommunistische Führung des Landes - zu revolutionär. Doch die Mischung war perfekt - 17 der 35 Gründungsmitglieder waren selbst Mitglieder der kommunistischen Partei. Zu ihrem Vorsitzenden wählten Sie eine auf dem ersten Blick unscheinbare Figur – den Professor für Musikgeschichte Vytautas Landsbergis, selbst kein KP-Mitglied und seinerzeit drittbester Schachmeister Sowjet-Litauens.

[4] Das Interview erschien am 6. Mai 2005 in der Online Zeitschrift "Junge Freiheit". Zitiert aus: http://www.klaus-krusche.de/hass_statt_befreiung.htm

[5] Viele sehr wichtige historische Ereignisse, z. B. die Rückkehr des Wilnagebietes an Litauen im Oktober 1939, die sowjetische Besetzung und Annexion im Sommer 1940, die umfangreichen Deportationen von Litauern im Juni 1941 und der Beginn des antisowjetischen Partisanenkrieges im Herbst 1944 versteht der durchschnittliche Litauer nicht als Ereignisse des Zweiten Weltkrieges, sondern als selbständige historische Fakten und Prozesse, denen er oft grössere Bedeutung zumisst, als den Ereignissen des deutsch-sowjetischen Krieges und der deutschen Besetzung. Im Gedächtnis vieler Litauer sind die bitteren Erinnerungen an die deutsche Besetzung stark in den Hintergrund gerückt, da das litauische Volk vom sowjetischen Terror weit stärker betroffen war.

[6] Der Nachweis der nationalen Existenz nach innen und nach aussen war und blieb jedenfalls auch nach dem Ende des Kalten Krieges die Voraussetzung für eine Aufnahme in die EU.

[7] Juozas Daumantas, Fighters for freedom, Lithuanian Partisans Versus the U.S.S.R., New York: Manyland Books, 1975, S. 10

[8] Im NS-System standen die Expansion, die Suche nach vermeintlichem Lebensraum, die angeblichen Feinde und das Selbstverständnis in einem unmissverständlichen Zusammenhang. Für die Nationalsozialisten wurden die Gebiete im Osten Europas von offenkundigen Feinden bewohnt, die in jeder Beziehung als minderwertig betrachtet wurden und deren Vertreibung oder Ausrottung unverhüllt auf der Tagesordnung stand. Hingegen hatten die Bolschewiki stets grössere Probleme, sich selbst und ihre Gegner zu definieren. Ihre Elite trat im Namen einer Arbeiterklasse auf, deren Abwesenheit weitgehend anerkannt war. Die Modernisierungsvorhaben, die auf der Hypothese beruhten, dass die Bolschewiki imstande wären, alles zu planen, vorauszusagen, zu leiten und zu beherrschen, mussten scheitern. Der Staat befand sich damit in einem hoffnungslosen Kampf gegen einen Feind, den man tatsächlich nur durch die Vernichtung des Systems als solches hätte neutralisieren können. Zumindest in der Theorie galt die Bevölkerung der eroberten Gebiete in Osteuropa jedoch nicht als Feind der Bolschewiki. Nur die ehemaligen herrschenden Klassen und diejenigen, die gegen die sowjetische Besatzung Kämpften, wurden verfolgt. Allerdings waren beide Kategorien nicht klar definiert.

In: http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2001/71-01.pdf

[9] A note of 12 May 1988 by the KGB of the LSSR to the CK of the LKP about the deported people of Lithuania in 1941-1952. LYA, F.3377, Ap. 58, B. 916, L. 1-3, In: Vytautas Tininis, Komunistinio režimo nusikaltimai Lietuvoje 1944-1953. (dt. Die Verbrechen des kommunistischen Regimes in Litauen 1944-1953) 1. Serie, Vilnius 2003, S. 148

[10] Barbara Christophe, Staat versus Identit ät , Zur Konstruktion von „Nation“ und „nationalem Interesse“ in den litauischen Transformations diskursen von 1987 bis 1995, Köln: Wissenschaft und Politik, 1997, hier S. 124

[11] Dalia Kuodytė, Laisvės kovos 1944-1953 metais. Dokument ų rinkinys.(dt. Der Freiheitskampf von 1944 bis 1953. Eine Dokumentsammlung.) Kaunas: Lietuvos politinių kalinių ir tremtinių sąjunga, S. 7

[12] Brunonas Pakėnas, Žarijas žarstom savo rankom, in: Kauno Tiesa, 21. Sept. 1990. In: Christophe, Staat versus Identit ät, S. 284 Diesem litauischen Historiker kann man hier aber entgegen, dass auch die Krimtataren früher eine Art vormoderner Staatlichkeit gehabt hatten und trotz deutscher Staatlichkeit wurden von der Sowjetunion nach 1945 aus Nordostpreussen sicher ca. 1 Mio Menschen vertrieben, getötet oder deportiert, wenn sie nicht nach Litauen fliehen konnten. Auch die Wolgadeutschen in ihrer ASSR, ca. 500ˈ000 an der Zahl, wurden alle zwangsumgesiedelt.

[13] Sie befürchteten Repressionen und Verfolgung. In der Tat kam es nach der Flucht der Sowjets dann auch an vielen Orten zu blutigen Ausschreitungen und Pogromen, die hauptsächlich gegen die jüdische Bevölkerung, aber auch gegen echte und vermeintliche Kollaborateure nichtjüdischer Herkunft, gerichtet waren. Diese brisante antisowjetische und antisemitische Stimmung instrumentalisierten nun die Einsatztruppen, deren Aufgabe es war, die rückwärtigen Gebiete von echten und potentiellen Gegnern Nazideutschlands zu säubern. Die deutschen Besatzer konnten sich in dieser Hinsicht auf die aktive Hilfe vieler Einheimischer, die über die notwendigen Ortskenntnisse verfügten, verlassen. Diese Mithilfe reichte von aktiver Teilnahme an der Verfolgung von Juden, sowjetischen Funktionären sowie echten und vermeintlichen sowjetischen Kollaborateuren bis hin zu Denunziationen an die deutschen Stellen. Diese aktive Unterstützung der Nationalsozialisten ist aus heutiger Optik schwer nachvollziehbar. Wenn wir uns aber mit der Geschichte der sowjetischen Besatzung in diesen Gebieten vor dem 22. Juni 1941 auseinandersetzen, erscheint diese Haltung in einem anderen Licht.

[14] Liudas Truska, Lietuva 1938-1953, Kaunas 1995, S. 142

[15] Die ländliche Bevölkerung unterminierte das Okkupationssystem auf verschiedenste Weise: Boykott von Volkswahlen, Mobilisationsverweigerung, Widerstand gegen die Kollektivierung, Steuerverweigerung. In weiten Teilen des okkupierten Landes entstand sofort eine Widerstandsbewegung, die aus der traditionellen Haltung erwuchs, dem Angreifer die Stirn zu bieten und die eigenen Werte zu verteidigen. In dieselbe Richtung zielten auch die politische, moralische und schliesslich physische Disqualifizierung der Kollaboration mit den Sowjets oder die Massnahmen, um den Einfluss im Volk zu bewahren oder auszubauen.

[16] Wie der Website www.komisija.lt zu entnehmen ist, mussten in den Jahren 1940-1952 444`000 Menschen Litauen verlassen.

[17] Gemeint ist hier vor allem der Bauernaufstand von 1863, bei dem der Rückzug in die Wälder eine wichtige Rolle spielte.

[18] Als „Waldbrüder“ bezeichneten sich die antisowjetischen Partisanen der Nachkriegszeit, deren harter Kern sich aus ehemaligen Angehörigen der unter deutscher Vormundschaft im Jahre 1944 gebildeten Selbstschutzeinheiten „Vietinė rinktinė“ rekrutierte. Nachdem die deutsche Okkupationsmacht entgegen anderslautender Zusagen den Versuch unternommen hatte, die Vietinė rinktinė auch ausserhalb Litauens einzusetzen, hatten sich die litauischen Soldaten unter Führung ihres Kommandeurs Plechavičius dem deutschen Befehl widersetzt und sich in die Wälder zurückgezogen. Von dort nahmen sie nach dem Abzug der deutschen Truppen den bewaffneten Kampf gegen die herannahende Rote Armee auf. In: Christophe, S. 37

[19] Hier muss in Betracht gezogen werden, dass es während der Zeit der deutschen Verwaltung 1941-1944 in Litauen fünf antinazistische Widerstandsbewegungen gab: die litauische nationale, polnische nationale, jüdische, prosowjetische und die sowjetische Partisanen. Sie unterschieden sich nicht nur in der nationalen Orientierung, sondern auch In den Ansichten zum Staat. Die litauische hegte die Idee eines unabhängigen litauischen Staates, die anderen verfolgten unterschiedliche politische Werte. Vgl. Sigitas Jegelevičius, Okupacija ir kolaboravimas Lietuvoje Antrojo pasaulinio karo metais, in: http://www.genocid.lt/Leidyba/13/sigitas.htm

[20] Tillmann Tegeler, Der litauische Partisanenkampf im Lichte sowjetischer Akten, Osteuropa-Institut München, Mitteilungen Nr. 44, 2001, S. 34

[21] Ebd., S. 34-35

[22] Die Hoffnung auf Frieden war gross und dass Litauen die Unabhängigkeit wiedererlangen würde, erschien vorerst als realistisch. Doch in dem Masse wie die pro-sowjetische Regierung den militärischen Druck erhöhte und die Deportationen von litauischen Familien nach Sibirien zunahmen, verloren die Litauer ihre Hoffnung und wählten oder unterstützten zunehmend die Form des aktiven Waffenwiderstands. Vgl. Dalia Kuodytė/Algis Kašėta, Laisvės kovos 1944-1953 metais, Kaunas, 1996, S. 50

[23] Dalia Kuodytė, Lietuvos Pasipriešinimo sąjūdis (1944-1953 m.). In: Arvydas Anušauskas (Hg.), Lietuva 1940-1990, Vilnius, 2005, S. 310

[24] Anlage zum Bericht der Sicherheitspolizei in Litauen über die litauischen Widerstandsorganisationen, 31.5.1944. BA: R.6/45, in: Seppo Myllyniemi, Die Neuordnung der baltischen Länder 1941-1944. Zum nationalsoziaslistischen Inhalt der deutschen Besatzungspolitik, Helsinki 1973, S. 276

[25] Auch der Terror der Sowjets spornte die bedrohten Leute an, entweder selbst zu den Waffen zu greifen oder den Widerstand zu unterstützen.

[26] P. Šilas behauptete, dass die Freiheitsaufrufe der LLA im Volk echten Widerhall gefunden hätten. Auch die litauische Jugend stimmte dem Aufruf zu, dass man sich in die Wälder verziehen und nach den Waffen greifen müsse.

[27] Dalia Kuodytė, Lietuvos Laisvės Armija ir jos reikšmė pokario pasipriešinimui, In: Laisvės Kovų Archyvas, Kaunas, 1995, S. 20

[28] Kuodytė, Laisvės kovos, S. 50-53

[29] Nach Dieter Langewiesche begründet sich die „schlechthin konkurrenzlose Attraktivität“ der Nation als Konzept in der ihr historisch zugewachsenen Potenz als einer „entwicklungsoffenen Ressourcengemeinschaft von Gleichen“. Im Europa des ausgehenden 20. Jahrhunderts stand Nation noch immer für die sich stetig ausweitenden Gleichheitsansprüche, die sich im Verlauf der letzten zweihundert Jahre mit dieser Idee verbunden hatten und die dem Staat in ihrem Namen als Pflichtenkanon auferlegt worden waren..[..] Die Nation konnte aber nicht nur als Begründung, Garant und Antrieb von Freiheit und Selbsbestimmung ihrer Mitglieder nach innen verstanden werden, sondern auch als valides Ticket für die erstrebte „Rückkehr nach Europa“ nach aussen. In: Regina Fritz, Carolla Sachse, Edgar Wolfrum, Nationen und ihre Selbstbilder, Göttingen, 2008, S. 10

[30] Tegeler, S. 35

[31] Guerillakriege oder Partisanenkämpfe sind oft Begleiterscheinungen von grösseren kriegerischen Konflikten. So gab es während des Zweiten Weltkrieges neben sowjetischen Partisanen auch die Kämpfer der französischen résistance oder Angehörige kleinerer Völker, die sich gegen die Besatzung durch die Deutschen zur Wehr setzten. Gerade im ostmittel- und osteuropäischen Raum war man nicht gewillt, die zwanzig Jahre zuvor errungene Unabhängigkeit zu verlieren. In: Tegeler, S. 6

[32] Im totalitären Staat ist nicht nur sämtliche Opposition verboten, sondern es wird auch die innerparteiliche Kritik unterdrückt. In der Sowjetunion, wo die Kommunistische Partei als einzige rechtlich zugelassen war, argumentierte man, dass ein Einparteienstaat die Rechte und Interessen des Volkes am angemessensten berücksichtige und dass das Vorhandensein unterschiedlicher Parteien lediglich die Existenz des Klassenkampfes verdeutliche.

[33] Dass Antanas Venclova, Tomas Venclovas Vater, der Dichter, Kulturfunktionär und Stalinpreisträger, schon vor dem deutschen Einmarsch als Bildungs-Kommissar der sowjetlitauischen Regierung und nach 1945 als Präsident des litauischen Schriftstellerverbands der kommunistischen Elite angehörte, wurde für den Lebensweg seines Sohnes zur ungeheuren Belastung. Viele seiner litauischen Mitschüler sahen im jungen Tomas Venclova nur den Sohn desjenigen Mannes, der sein Land an die kommunistischen Unterdrücker verkauft hatte. Schon als Kind erlebte Venclova die furchtbare Zuspitzung eines nationalen Traumas.

Zitiert aus: http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/vordertuer-r.htm

[34] Reinhard Veser, Die Wahl zwischen Hitler, Stalin und dem Tod, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10.04.2005, Nr. 14, S. 15

[35] Arūnas Bubnys, Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen für Litauen. Vortrag 17. März 2007 an den 1. Schweizersichen Geschichtstagen an der Universität Bern.

[36] Die deutsche rassistische Politik der Ausgrenzung, Isolierung und Deportierung von zehntausenden Personen führte zu einer grossen Häufung selbstgeschaffener Sachzwänge, die innerhalb relativ kurzer Zeit die Ermordung der jeweiligen Gruppen als vermeintlich einzig gangbaren Ausweg erscheinen liessen.

[37] Vincas Bartusevičius/Joachim Taube/Wolfram Wette (Hg.), Holocaust in Litauen. Krieg, Judenmorde und Kollaboration im Jahre 1941. Köln, 2003, S. 1

[38] Ebd., S. 7

[39] Die „Erklärung“ oder Rechtfertigung dazu war die Theorie vom „doppelten Genozid“, derzufolge die Juden die Sowjets bei der Eroberung Litauens im Sommer 1940 unterstützt hatten. Genau aus dieser in der Tat schwer repressiven Periode stalinistischer Heimsuchung stammt auch die Synonymisierung Juden-Kommunisten. Das Stereotyp, das den Juden gleichzeitig die Schuld am Verlust der Unabhängigkeit Litauens und der Sowjetisierung des Landes anlastete, verstärkte die antisemitische Stimmung.

[40] Die Idee eines Aufstandes zu Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges war von der Leitung der LAF ausgegangen. Diese Vorstellung überahmen und verbreiteten auch die Untergrundorganisationen in Litauen. Ungeachtet dessen, dass die Widerstandsbewegung in Litauen keine zentrale Leitung hatte, ja nicht einmal eine einheitliche Führung und ein Programm, mündete sie bei Ausbruch des Krieges in einen Aufstand. Die Untergrundführer versammelten sich am 22. Juni und beschlossen den Aufstand; am Morgen des 23. Juni wurde über das Radio in Kaunas die Wiederherstellung der Unabhängigkeit und die Bildung der Provisorischen Regierung bekanntgegeben; es fanden einige Zusammenstösse mit der Roten Armee statt (zumeist in Kaunas, wo gewöhnlich die Aufständischen der Fabriken „Metalas" und „Drobė" erwähnt werden); die ersten Partisanen fiellen; am 24. Juni versammelte sich die Provisorische Regierung zu ihrer ersten Sitzung; die nach Kaunas vorgedrungenen deutschen Truppen fiaden die Stadt bereits in den Händen der Aufständischen. In kürzester Zeit stellte die Provisorische Regierung die Verwaltungsstruktur wieder her, wie sie vor dem 15. Juni 1940 existiert hatte, also auch die Kommunalbehörden in den Kreisen, Gemeinden und Städten. Sie reorganisierte den Polizeiapparat. In der kurzen Zeit ihrer Existenz verabschiedete die Provisorische Regierung an die 100 Gesetze, Bestimmungen und Anweisungen verschiedensten Charakters. Doch wurde diese Arbeit zuerst durch die Militärverwaltung und später durch die deutsche Zivilverwaltung stark behindert. Zitiert aus: Valentinas Brandišauskas, Der Litauische Aufstand vom Juni 1941. In: Annaberger Annalen Nr. 5.Jahrbuch über Litauen und die deutsch-litauischen Beziehungen, 1997, S. 81-107

[41] Zitiert aus: Eine Keimzelle des freien Litauens , Junge Freiheit, Interview von Hansjörg Müller mit dem litauischen Historiker Viktoras Alekna über die Geschichte der "Waldbrüder"

In: http://www.jf-archiv.de/archiv00/200yy45.htm

[42] Boris Meissner, Die Sowjetunion, die baltischen Staaten und das Völkerrecht. Köln: Politik und Wirtschaft, 1956, S. 132

[43] Die Zahlen stammen aus http://www.genocid.lt/GRTD/Tremtis/nuostol.htm der Internetseite des Litauischen Zentrums für die Erforschung des Genozids und des Widerstands.

[44] Im Gefolge des Zweiten Weltkrieges wurden in Litauen lebenden Deutschen erst nach Deutschland umgesiedelt (1941), dann wieder zurückgesiedelt (seit 1942) und schliesslich zur endgültigen Flucht nach Westen gezwungen (1944). Die Polen des Wilnagebietes wurden nach 1945 auf Befehl der sowjetischen Regierungsstellen nach Polen umgesiedelt. Insgesamt dürfte gut ein Drittel der Bevölkerung Litauens infolge des Zweiten Weltkriegs getötet, umgesiedelt, verbannt oder zur Flucht gezwungen worden sein.

[45] http://www.genocid.lt/UserFiles/File/LGGRTC_%20ataskaita_2005.pdf

[46] Meissner, Die Sowjetunion, S. 136

[47] Die Atlantik Charta vom 14. August 1941 ist eine von den damaligen Staatschefs der USA, F. D. Roosevelt, und Grossbritanniens, W. Churchill verabschiedete gemeinsame Erklärung, die später ein grundlegendes Dokument für die Vereinten Nationen wurde. Sie hatte das Ziel einer besseren Weltordnung unter Berücksichtigung des Völkerrechts, der Selbsbestimmung der Völker zur Staatsgründung usw. Sie war eine hoffnungsvolle Botschaft für die besetzten Länder und stellte das Versprechen auf eine Weltorganisation in den Raum, die auf die dauerhafte Wahrheit der internationalen Moral begründet ist. Für die baltischen Staaten waren folgende Artikel von besonderer Bedeutung:

...“Second, they desire to see no territorial changes that do not accord with the freely expressed wishes of the peoples concerned; Third, they respect the right of all peoples to choose the form of government under which they will live; and they wish to see sovereign rights and self-government restored to those who have been forcibly deprived of them. … Sixth, after the final destruction of the Nazi tyranny, they hope to see established a peace which will afford to all nations the means of dwelling in safety within their own boundaries and which will afford assurance that all the men in all the lands may live out their lives in freedom from fear and want.” Zitiert aus: Boris Meissner, Die Sowjetunion, die baltischen Staaten und das Völkerrecht., Köln, 1956, S. 119

[48] Die Sowjetunion verstiess gegen die Regeln des internationalen Rechtes, die 1907 in der IV. Hager Konvention über die Einhaltung der Gesetze und der Sitten in der Kriegszeit beschrieben wurden, da sie in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 mit der Mobilisation litauischer Männer in die Rote Armee begann. Die IV. Hager Konvention verbot aber die Mobilisation der Menschen des besetzten Landes in die Okkupationsarmee und jeden anderen Missbrauch dieser Menschen für die Kriegsziele des Okkupanten. Im §4 des Zusatzes zu dieser Konvention stand, dass sie für alle Länder verpflichtend sei, unabhängug davon, ob diese die Konvention ratifiziert hätten oder nicht. Der §45 besagte, dass es „für Besetzer verboten sei, die Menschen des besetzten Landes zum Treuschwur für die feindliche Macht zu zwingen“. Diese Schussfolgerung der Kommission wurde frei übersetzt aus: www.komisija.lt

[49] Doch gemäss den Verträgen von Jalta im Februar und Potsdam im Juli 1945 zwischen der Sowjetunion, den USA und Grossbritannien wurde Litauen der Status eines zum sowjetischen Staat gehörenden Territoriums aufgezwungen und die Zukunftshoffnungen zerschlugen sich abrupt.

[50] Die Kategorien ,,öffentlich“ und ,,privat“ sind in der westlichen Philosophie und Soziologie geprägt worden, um damit soziale Sphären in bürgerlich-demokratischen Gesellschafen zu charakterisieren, beispielsweise von Jürgen Habermas, der ,,Öffentlichkeit“ als Vermittlungsebene zwischen der Staatsgewalt und privaten Interessen beschreibt: „Die entfaltete bürgerliche Öffentlichkeit beruht auf der fiktiven Identität der zum Publikum versammelten Privatleute in ihren beiden Rollen als Eigentümer und als Menschen schlechthin.“ Vgl. auch: Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt a. M., 1990 (Erstausgabe 1962), S. 121

In der Darstellung von Habermas stehen Literatur und Kunst noch nicht im Widerspruch zum Rationalismus als dem Prinzip bürgerlicher Gesellschaft. Dadurch kann der literarisch-ästhetische Diskurs zum relevanten Faktor für die Entstehung einer politischen Öffentlichkeit gemacht und als ästhetischer Widerstand wirksam werden. In dieser Leseart wird die literarische Öffentlichkeit zum Transformationsraum der in der Privatsphäre gebildeten Subjektivität hin zu einem politischen Bewusstsein. Vgl. auch: Torsten Liesegang, Öffentlichkeit und öffentliche Meinung. Theorien von Kant bis Marx (1780-1850), Würzburg, 2004, S. 39

Öffentliche Räume in staatssozialistischen Gesellschaften hatten damit jedoch wenig gemein. Ausgehend vom Fall der Sowjetunion, wo über Jahre hinweg bürgerliche Freiheiten, insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit gewaltig beschnitten wurden, rückt der Begriff Öffentlichkeit in ein anderes Licht, wird aber hier nicht weiter erläutert.

[51] Mit der dritten und endgültigen Teilung Polens von 1795 kam Litauen unter russische Herrschaft. 1863 brach in Litauen ein Aufstand aus, nach dessen Niederwerfung die russischen Verwaltungsbehörden drastische Massnahmen gegen Bildungseinrichtungen und kirchliche Institutionen ergriffen. Das generelle Verbot des Gebrauchs der litauischen Sprache ab 1864 sollte die Einheit des litauischen Volkes aufbrechen. Die Durchsetzung dieses Vorhabens unterstützte ein amtliches Verbot von Druck, Verbreitung, Erhaltung und Lektüre litauischer Bücher. Früher gedruckte Bücher in litauischer Sprache - auch aus Bibliotheksbeständen - wurden vernichtet. In dieser Zeit des Druckverbots wurden litauische Bücher jedoch im Ausland gedruckt, dann nach Litauen geschmuggelt und illegal verbreitet. Es waren die sogenannten „Bücherbringer“ (litauisch: knygnešiai), die in Preussen gedruckte Bücher über die Grenze schmuggelten. Die litauische Dichtung existierte bis zu dieser Zeit nur in mündlicher Überlieferung.

[52] Gábor T. Rittersporn/Malte Rolf/Jan C. Behrends (Hrsg.), Sphären von Öffentlichkeit in Gesellschaften sowjetischen Typs. Frankfurt am Main, 2003, S. 11

[53] In seiner Theorie des Partisanen versuchte Carl Schmitt den Partisanen durch vier Kriterien zu bestimmen: durch seine Irregularität, sein intensives politisches Engagement, seine gesteigerte Mobilität und seinen tellurischen Charakter, womit er zugleich Erdverbundenheit wie prinzipiell defensive Einstellung meinte. Im Falle der litauischen antisowjetischen Partisanen treffen alle vier Kriterien zu. In: Herfried Müller, Der Partisan. Theorie, Strategie, Gestalt. Opladen, 1990, S. 9.

[54] Der Begriff des Partisanen-/bzw. Parteigängerkrieges taucht Mitte des 18. Jahrhunderts auf und zwar in Instruktionen für die Kriegsführung mit kleinen Truppenabteilungen und Plänklern; ein Beispiel dafür ist die Schrift des französischen Militärschriftstellers de Jeney, Le Partisan ou l`art de Petite-Guerre, le Haye 1759. Zitiert aus: Ebd. 34

[55] Für die sowjetische Seite wird das Datenmaterial vorwiegend aus bestehender Literatur entnommen. Darüber hinaus werden Printmedien ausgewertet, während die anderen Massenmedien wie Funk und Film aus arbeitsökonomischen Gründen und wegen der Rahmenbedingungen der Lizentiatsarbeit ausgelassen werden müssen.

[56] Juozapas Romualdas Bagušauskas/Arūnas Streikus (Hg.), Lietuvos kult ūra sovietinės ideologijos nelaisvėje 1940-1990. Dokumentų rinkinys.Vilnius, S. 8

[57] Der Staatspräsident Litauens, Valdas Adamkus (geb.1926) erzählte, dass er im Jahre 1944 als damals fast Achtzehnjähriger einem Bataillon angehörte. Als sich die Wehrmacht zurückzog, trafen die litauischen Kämpfer die Entscheidung, nicht weiter nach Westen vorzurücken, sondern in Litauen gegen die Rote Armee zu kämpfen. In einem nordwestlichen Bezirk blieben sie stehen, dort kamen auch die ersten sogenannten Partisanen zusammen. Es folgte eine erbitterte Schlacht, bei der viele Litauer ums Leben kamen. Die Überlebenden zogen sich mit den Deutschen weiter nach Westen zurück. Darunter war auch der heutige Präsident. Zitiert aus: Eine Keimzelle des freien Litauens , Junge Freiheit, Interview von Hansjörg Müller mit dem litauischen Historiker Viktoras Alekna über die Geschichte der „Waldbrüder“ In: http://www.jf-archiv.de/archiv00/200yy45.htm

[58] Juozas Daumantas, Partizanai, Vilnius, 1990, S. 1

[59] Unter anderem beschrieb ein wichtiger Teil des Buchs Juozas Lukšas’ und Kazimieras Pyplys’ Bemühungen, mit den Emigrationsorganisationen in Verbindung zu treten und von den westlichen Staaten Unterstützung für den Untergrund zu erhalten. Im Jahre 1947 riskierten sie ihr Leben und durchbrachen den Eisernen Vorhang. Als sie fast ergebnislos nach Litauen zurückkehrten, wurden sie verraten, anschliessend von der NKVD verhaftet und brutal hingerichtet. Vgl. auch Juozas Daumantas, Partizanai, S. 357-430

[60] Juozas Brazaitis, Vienų vieni (Ganz allein). Vilnius 1990, S. 7-22

[61] Thomas Remeikis, Opposition to soviet rule in Lithuania 1945-1980. Chicago, III.: Institute of Lithuanian Studies Press, 1980, S. 68.

[62] Konstantinas Navickas, Regina Žepkaitė, Konstantinas Siurblys (Hg.), Lietuvos TSR istorija. Vadovėlis X-XI klasei, Kaunas, 1981, S. 142-144

[63] Vgl. auch das Zitat aus der Rede von V. Putin in der Einleitung der Studie.

[64] Ebd., S. 116

[65] Es wurde eine der Wahrheit nicht entsprechende soziale Herkunft der Widerstandsteilnehmer verbreitet und dabei behauptete, diese seien Kapitalisten und mächtige Grossgrundbesitzer, die den Kapitalismus wiederherstellen wollten. Die tendenziöse Faktenwahl, nicht selten auch ihre Verfälschung und die Propaganda sind für die sowjetische Ideologie und Systemordnung kennzeichnend, deshalb kann man hierbei nicht über objektive wissenschaftliche Forschung sprechen.

[66] Auch in seinem Buch „Der Klassenkampf in Litauen in den Jahren 1940-1950“ (lit. „Klasių kova Lietuvoje 1940-1950“) beschreibt A. Rakūnas die Nachkriegsspannungen in Litauen als innenpolitischen Konflikt und versucht sie mit dem ideologischen Deckel des Klassenkampfes zu rechtfertigen.

[67] Stasys Laurinaitis, Algirdas Rakūnas, Bur žuazinių nacionalistų antiliaudinė veikla pokario metais Nacionalistinio pogrindžio sutriuškinimas Lietuvos Komunistų partijos kova su nacionalizmu. Vilnius: Mintis, 1987, S. 123 (Frei übersetzt von der Verfasserin - L. M.C.)

[68] Nijolė Gaškaitė-Žemaitienė, die selbst einer antisowjetischen Untergrundpresse-Gruppierung angehörte, erforschte ihr Leben lang die Partisanenbewegung. Ihre Verdienste in diesem Forschungsbereich verdienen äusserste Hochachtung. Neben äusserst namhaften Werken über die Partisanenpresse verfasste und veröffentlichte sie auch das Lehrbuch „Die Widerstandsgeschichte in den Jahren 1944-1953“ (lit. „Pasipriesinimo istorija 1944-1953“). Ein Jahr später (1998) schilderte die Schriftstellerin in ihrem Buch „Der Präsident der Getöteten“ (lit.“Žuvusiųjų prezidentas“) die Biographie von Jonas Žemaitis-Vytautas, des Leiters der vereinten litauischen Partisanen-bewegung und anerkannte ihn als rechtmässigen Leiter des im Untegrund regierenden litauischen Staates.

[69] Hauptthema in diesem Buch sind die unterschiedlichen Strukturen der tschekistischen Armee, sowie ihre Methoden und Kämpfe mit den Partisanen. In diesem Werk wird die Behauptung, dass sich das totalitäre Regime nur mit Hilfe der Okkupantenarmee festigen und behaupten konnte, sehr plausibel erläutert.

[70] Stribas bezeichnet ein Mitglied der sowjetischen Streitkräfte (1944-1954), das den Okkupanten bei der Einführung der Repressionen half. („Dabartinės Lietuvių kalbos žodynas“) Stribas bezeichnet ein Mitglied der sowjetischen Streitkräfte (1944 – 1954), das den Okkupanten bei der Einführung der Repressionen half. („Dabartinės Lietuvių kalbos žodynas“) Das Word ist eine Verballhornung aus dem russischen istrebilteli; was auf Deutsch Vernichter, Ausrotter bedeutet.

[71] Nach M. Pocius wurden in den Jahren 1944 bis 1953 2830 Mitglieder der Sowjetorgane getötet und 1300 „Stribai“. Er zählt 11´500 der Kollaboration beschuldigte Personen der Bevölkerung zu den Opfern des Partisanenkampfs, davon 9`300 aus der Zivilbevölkerung und 2`200 des Partei- und Sovietaktivs. Aus: Mindaugas Pocius, Partizaninis pasipriešinimas Lietuvoje 1944 – 1953 m: kova su kolaboravimu kaltintais gyventojais, Vilnius, 2005, S. 233

[72] Seiner Meinung nach war die Verwendung des Begriffs „Kollaboration“ seit dem Jahre 1956 kompliziert und unpräzis geworden.

[73] Dieses Buch bietet eine gute Möglichkeit, den Widerstand der beiden Länder unter einem Vergleichsaspekt zu erforschen. Es liefert auch umfangreichen Stoff für die Erforschung der mittel- und osteuropäischen antikommunistischen Bewegungen.

[74] Neben entsprechenden thematischen Texten enthält die Website der Kommission Angaben über deren Zusammensetzung, ihre Veranstaltungen und Hinweise auf Publikationen. In: www.komisija.lt

[75] Die Kommission beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Ribbentrop-Molotov-Pakts sowie mit den Verbrechen der ersten sowjetischen Besatzung 1940-41, der deutschen Besatzung von 1941-44 und der zweiten sowjetischen Besatzung von 1944-1990. Die Mitglieder der Kommission sind hochrangige Fachwissenschaftler aus Litauen, Israel, Russland, den USA, Grossbritannien, Deutschland und Vertreter verschiedener Organisationen. Im Zentrum der Untersuchung steht Litauen, doch wird dieses nicht isoliert betrachtet. Vielmehr wird es als Teil eines internationalen Systems begriffen, das während des Zweiten Weltkriegs von der nationalsozialistischen und sowjetischen Kriegs- und Raubwirtschaft sowie von deren Vernichtungspolitik geprägt war. Sie entwickeln ihre Fragestellungen und ihre Methodologie im Kontext der internationalen Forschungsdiskussion und stehen in Kontakt mit zahlreichen Forschungsprojekten innerhalb und ausserhalb von Litauen.

[76] Vgl. auch www.genocid.lt

[77] Vgl. auch www.genocid.lt

[78] Es ist das einzige KGB-Archiv der ehemaligen UdSSR, das Forschern von aussen, zumindest zeitweilig, praktisch uneingeschränkt zugänglich gemacht worden ist. In: Romuald J.Misiunas, The Archives of the Lithuanian KGB, Köln: Bundesinstitut für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien, 1994, S. 1

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Zwischen nationalem Freiheitskampf und Bürgerkrieg. Die litauische antisowjetische Widerstandsbewegung in Litauen 1940-1953
Untertitel
Akteure, Dynamik und Kontroversen
Hochschule
Universität Bern  (Historisches Institut)
Note
5,5
Autor
Jahr
2009
Seiten
125
Katalognummer
V125022
ISBN (eBook)
9783640341788
ISBN (Buch)
9783640341825
Dateigröße
5052 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Autorin hat eine reich dokumentierte und gut informierte Arbeit über schwierige Fragestellung verfasst. Damit stellt die Untersuchung einen wichtigen Beitrag zu einem Thema dar, dass in der internationalen Geschichtsschreibung immer noch ziemlich stark vernachlässigt wird. Für die hier erbrachte Leitung schlage ich die Note 5,5 vor. (aus dem Gutachten der Universität Bern) Note 5,5 (Schweiz) entspricht der Note 1,5 (dt. Notensystem)
Schlagworte
Litauen, Widerstand, Bürgergerkrieg, Widerstandsgeschichte, antikommunismus, Zweite Weltkrieg, Nachkriegsgeschichte, Waldbrüder, Partisanen, Spaltung der Gesellschaft, Partisanenpresse, Antisowjetisch, Geschichte des Antikommunismus, Litauische Geschichte, Freiheitskampf, Freiheit, Kalter Krieg
Arbeit zitieren
Laima Maldunaite-Christ (Autor:in), 2009, Zwischen nationalem Freiheitskampf und Bürgerkrieg. Die litauische antisowjetische Widerstandsbewegung in Litauen 1940-1953, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125022

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