Drogenpolitik im Fall Peru


Seminararbeit, 2004

30 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Koka und Kokain
2.1. Zur Kultur- und Sozialgeschichte der Kokapflanze
2.2. Kokaanbau
2.3. Ernte der Kokablätter
2.4. Vom Koka zum Kokain
2.4.1. Wie wird Koka zum Kokain
2.4.2. Wirkungen von Koka und Kokain

3. Entwicklung und Ausmaß des Drogenproblems
3.1. Drogenkonsum
3.2. Dimensionen des internationalen Drogenmarktes

4. Drogenpolitik in Peru
4.1. Rechtshistorische Entwicklung
4.2. Grundzüge der Drogenpolitik
4.3. Politik und geltendes Recht
4.3.1. Prävention
4.3.2. Substitution und alternative Entwicklung
4.3.3. Kontrolle und Repression
4.3.4. Institutioneller Rahmen
4.3.5. Umsetzung und Wirksamkeit der Drogenpolitik

5. Antidrogenpolitik in Peru
5.1. Repression und Verfolgung
5.2. Alternativprojekte für den Kokaanbau

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In unserer Hausarbeit zum Thema Drogenpolitik in Peru werden wir zunächst eine kurze Einleitung in die Thematik Koka und Kokain geben. An dieser Stelle sollen die Unterschiede zwischen Koka und Kokain deutlich abgegrenzt werden. Dazu geben wir einen Einblick in die Kultur- und Sozialgeschichte der Kokapflanze. Weiterhin berichten wir über den Anbau und die Ernte der Kokablätter. Nachdem die Kokapflanze und ihre wesentlichen Eigenschaften erläutert wurden, werden der Produktionsweg von Kokain und die unterschiedlichen Wirkungen von Koka und Kokain thematisiert.

Als nächstes soll die Entwicklung und das Ausmaß des Drogenproblems in Peru analysiert werden. Dazu gehen wir näher auf den eigentlichen Drogenkonsum und den internationalen Drogenmarkt ein.

Der Schwerpunkt unserer Hausarbeit soll unter Punkt vier betrachtet werden. Um die Drogenpolitik im Fall Peru erläutern zu können, müssen mehrere Aspekte ermittelt werden. Zum einen muss die rechtshistorische Entwicklung des Landes kurz angesprochen werden, um die Änderungen im politischen Wesen nachvollziehen zu können. Zum anderen werden die Grundzüge der Drogenpolitik erfasst. Unter dem Punkt Politik und geltendes Recht soll die Prävention, die Substitution und alternative Entwicklung, sowie die Kontrolle und Repression der peruanischen Politik vorgestellt werden. Weiterhin werden die institutionellen Rahmenbedingungen und die Umsetzung der Politik und deren Wirksamkeit an dieser Stelle bearbeitet.

Bevor wir unsere Hausarbeit mit einem Fazit beenden, soll das Augenmerk auf die Antidrogenpolitik gerichtet werden. Auch an dieser Stelle werden die Punkte Repression und Verfolgung, sowie die Alternativprojekte für den Kokaanbau in Peru dargestellt.

2. Koka und Kokain

Um Koka und Kokain unterscheiden zu können, muss zunächst einmal die Kokapflanze in Abstand zum Kokain betrachtet werden. Die Kokapflanze kann nicht mit dem Kokain gleichgesetzt und somit auch nicht als Rauschgift gesehen werden. Im folgenden sollen die Unterschiede genauer ausgeführt werden.

Die Kokapflanze gehört zur Gattung Erythroxylon, die etwa 250 Arten umfaßt, von denen Erythroxilum coca und Erythroxilum novogranatense praktisch die größte Bedeutung haben.

Besonders Erythroxilum coca wird immer mehr angebaut, da ihr Kokaingehalt höher ist. Sie wird vor allem zur Gewinnung von Kokain genutzt, während Erythroxilum novogranatense wegen ihrem süßlichen Geschmacks zum traditionellen Kokakauen verwenden wird.

Daher wird sie in Peru von vielen Bauern angebaut. Die Kokapflanze wird in einer Höhe von 600 bis 2000m über dem Meeresspiegel angebaut.

Sie wächst in Form eines Strauches und kann bis zu 5m hoch werden. Optimale Wachstumsbedingungen hat die Pflanze in der südlichen Andenregion. An den östlichen Andenhängen herrscht ein feuchtwarmes Klima mit einer Durchschnittstemperatur von 15 bis 20° Celsius. Somit bieten diese hervorragende Bedingungen für die Pflanze. Im Gegensatz zu anderen Pflanzen ist der Kokastrauch nicht auf eine optimale Bodenqualität angewiesen. Seine Bodenansprüche sind relativ gering, so dass er auch auf lehmigen, nährstoffarmen Böden wächst.

Das eigentliche Produkt der Ernte sind die Blätter der Kokapflanze. Diese haben eine ovale Form und können, über einen Zeitrahmen von 40 Jahren, jährlich bis zu sechsmal geerntet werden. „Die Blätter enthalten neben Säuren, Mineralien, Vitaminen etc. Alkaloide, zu denen Kokain als Hauptalkaloid gehört. Der Kokainalkaloidanteil beträgt je nach Blattart 0,5- 1,1% [...]“[1]. Besonders die in Peru geernteten Kokablätter enthalten den höchsten Alkaloidgehalt.

2.1. Zur Kultur- und Sozialgeschichte der Kokapflanze

Die Kokapflanze und das Kokakauen weisen auf eine sehr lange Tradition in der andinen Indiobevölkerung zurück und waren bereits 2000 – 4000 Jahre v. Chr. verbreitet.

In der Zeit der Inkas (13. – 16. Jahrhundert) wurde Koka als heilige Pflanze verehrt und diente zahlreichen Funktionen. „Die Inkas waren aber nicht die ersten, die die außerordentlichen Eigenschaften der Cocapflanze erkannt hatten.

Sowohl die allgemeine Bevölkerung als auch der “Adel“ und die Priesterkaste benutzen die Cocapflanze im Inkareich zu religiösen und rituellen Zwecken und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. [...] Das Recht über die Verteilungs- und Verfügungsgewalt der “göttlichen Pflanze“ lag [jedoch] in den Händen der Mächtigen.“[2] Die Kokafelder waren staatlicher Besitz und nur den Adligen und Priestern legal vorbehalten. Der übrigen Bevölkerung war Koka nicht frei zugänglich. Bei bestimmten Anlässen wurde es jedoch an sie verteilt.

„Erst nach dem Zusammenbruch des Inkareiches durch die spanische Eroberung fand die Koka allgemeine Verbreitung. Die traditionellen Beschränkungen bestanden nicht mehr. Nach der systematischen Zerstörung der Inkareligion stellte die Koka für die Inka – Nachkommen ein Band zu alten Traditionen dar und wurde als Relikt vergangener, besserer Tage angesehen. Allerdings trat die religiöse und kultische Bedeutung der Kokapflanze in den Hintergrund und machte einem eher weltlichen Gebrauch – dem Kokakauen – Platz [...].“[3]

Um die Kokapflanze zu kauen, wird die sogenannte »Yista« mit Speichel befeuchtet. Diese wird in einen Beutel geführt, um Asche oder Kalk aufzunehmen. Nachdem diese alkalische Substanz aufgenommen wurde, wird sie mit den Kokablättern im Mund gekaut. Dies geschieht solange, bis eine kleine Kugel entsteht, welche über eine längere Zeitspanne im Mund verbleibt.

Im sozialen Leben der andinen Bevölkerung hat das Kokakauen bis heute eine große Bedeutung. Ihre Verwendung findet meist zu Beginn einer Beratung, Versammlung oder zum Arbeitsbeginn statt. Die Gruppe setzt sich in eine große Runde zusammen und kaut gemeinsam die Kokablätter. Die Koka soll Mut, Kraft und Klarheit spenden und so das Gemeinschaftsgefühl stärken.

In religiösen Zeremonien hat die Koka eine große Bedeutung. Zum einen wird sie als Omen über zukünftige Unternehmen benutzt. Hat man beim Kauen einen bitteren Geschmack im Mund, glaubt die andine Bevölkerung von dem bevorstehenden Unterthemen Abstand nehmen zu müssen. Zum anderen dient die Koka als Opfergabe, um z.B. um eine gute Ernte zu sichern.

„Unter der Herrschaft der Spanier wurde die Kokapflanze zunächst 1569 verboten, da die Spanier in ihrem »heidnischen Gebrauch« eine Gefahr sahen. Allerdings erkannten sie bald den ökonomische Nutzen der Pflanze und entdeckten, dass das Kokakauen die Belastbarkeit und Ausdauer der Indios erhöhte. So wurde der Anbau gefördert und die versklavten Indios erhielten für ihre Arbeit statt Lohn und Nahrung Kokablätter, die zusammen mit Alkohol konsumiert wurden. Für die Indios galt der Lohn in Form von Kokablättern als »göttliche Gabe« und als Großzügigkeit der Spanier. Allerdings fühlten sie sich somit zu Gegenleistungen verpflichtet.

„Während vor dem Eindringen der Spanier der Gebrauch der Cocablätter nur zu rituellen Zwecken, in Zeiten besonderer Belastung und bei festlichen Anlässen üblich war, wurde die regelmäßige tägliche Dosis erst durch die Kolonialherrschaft und durch die Zerstörung jahrhundertealter andiner Tradition und Strukturen aufgezwungen. Die Spanier hatten sehr schnell festgestellt, daß sich die stimulierenden Wirkungen der Cocapflanze zur Ausbeutung der Indios hervorragend einsetzen ließ.“[4]

2.2. Kokaanbau

„Hinsichtlich der Anbautechniken bestehen zwischen traditionellen (meist legalen) Anpflanzungen und den überwiegend der Kokainproduktion dienenden Kulturen erhebliche Unterschiede. Traditioneller Kokaanbau ist in der Regel Teil einer seit Jahrhunderten praktizierten Mischwirtschaft, die neben Marktfrüchten vor allem Produkte für die Eigenversorgung der Familien umfaßt. In diesem bewährten und angepassten Produktionssystem schafft die Kokaproduktion ein regelmäßiges Einkommen, eine Funktion, die vor allem aufgrund des nur gering ausgeprägten Sparverhaltens und der mangelnden Sparmöglichkeiten für die Liquidität der Familien wichtig ist [...].“[5]

Um für den Anbau die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, wird die Pflanze terrassenartig angebaut. Obwohl diese Art des Anbaus sehr aufwendig ist, wird in den legalen Anbaugebieten darauf zurückgegriffen. Zum einen weil diese Anbautechnik auf eine lange Tradition zurückblickt und sich bewährt hat. Zum anderen schützt sie den Boden vor Erosion und deren Folgen. In den illegalen Anbaugebieten wird diese Anbautechnik aus mehreren Gründen nicht verwendet. Zum einen fehlen den Kokabauern die Kenntnisse und Erfahrungen und zum anderen ist die Terrassierung der Pflanzen sehr kostspielig und ist von der Politzei leicht zu entdecken. Weiterhin geht es bei dem illegalen Anbau nicht um eine nachhaltige Produktionsweise, sondern nur um den wirtschaftlichen Erfolg.

In Peru wird auf einer Gesamtfläche von 100.000 ha bis 300.000 ha zwischen 60% – 80% der Weltkokaproduktion angebaut. Von dieser Anzahl werden 50 – 65% der Kokablätter für den illegalen Markt verwendet. Der Rest wird unter Aufsicht der ENACO (staatliche Kokabehörde: Empresa Nacional de Coca) und den traditionellen Kokabauern zur Teeherstellung und zu pharmazeutischen Zwecken verwendet. Der Anbau von Koka konzentriert sich hauptsächlich im oberen Teil des Huallaga – Tals. Die Ernte der dort angebauten Pflanzen wird ausschließlich für die illegale Verarbeitung genutzt. Der Anbau für legale Zwecke findet in den Tälern von Convención und Lares statt.

„In Zeiten der starken Kokaexpansion praktizierten die Bauern den Anbau überwiegend in monokultureller Form. Mit Beginn der verstärkten repressiven Maßnahmen gegen den Kokaanbau mußten sie diese Flächen aufnehmen bzw. verlagern und widmeten sich zunehmend dem Anbau legaler Kulturen. Die umfangreichen Schwierigkeiten bei der legalen Agrarproduktion [...] veranlassten jedoch viele Bauern, neben Kaffee, Kakao und Bananen weiterhin Koka anzubauen. Diese Mischform des Kokaanbaus war 1990 von größerer Bedeutung und ist weiter zunehmend.“[6]

Nicht nur der Anbau von Kokablättern selbst, sondern auch die Weiterverarbeitung derer findet in Peru statt. Die illegale Weiterverarbeitung findet meist in kleinen, abgelegenen Labors statt, die sich oftmals in den Hütten der Bauern befinden, und für die Polizei schwer zugänglich sind. Hier wird vorwiegend die Kokapaste hergestellt.

Seltener findet man die Weiterverarbeitung zu Kokainbase und -hydrochlorid in Peru. Das hergestellte Kokainhydrochlorid wird hauptsächlich in Peru selbst konsumiert, während ein großer Teil der Kokainbase nach Kolumbien gebracht wird. „Angesichts der Dominanz der kolumbianischen Kartelle und der an Kolumbien orientierten Produktions- und Vertriebsstrukturen leuchtet es ein, daß sich eine vergleichbare “Drogenmafia“ in Perú nicht hat etablieren können. Stattdessen hat sich der selbständige Handel auf den Aufbau eines Netzes zur “Mikrovermarktung“ [...] zur Befriedigung des internen Konsums beschränkt, dessen Organisationsgrad jedoch schwer einzuschätzen ist.“[7]

2.3. Ernte der Kokablätter

Die erste Ernte der Kokablätter erfolgt meist, wenn der Strauch ein Höhe von ca. einem Meter erreicht hat. Viele Kokabauern versuchen die erste Ernte so weit wie möglich nach hinten zu schieben, damit die Pflanze den nötigen Entwicklungsgrad erreicht. Da die Entwicklung des Kokastrauchs vom Klima abhängig ist, variiert der Zeitpunkt der ersten Ernte zwischen 12 und 24 Monaten nach dem Aussäen.

Der Zeitpunkt der Ernte kann an den rötlichen Stielverfärbungen des Blatts erkannt werden. Diese lassen sich dann besonders leicht vom Strauch lösen und sind sehr zerbrechlich. Während bei den ersten fünf Ernten die Kokabauern darauf achten müssen die Pflanze nicht zu beschädigen, werden die Erntemethoden nach einigen Jahren verändert. Statt dem mühsamen Abzupfen einzelner Blätter, werden nun die Blätter mit Hilfe von Metallringen vom Ast gestreift. Diese Ringe können die Pflanze leicht verletzen und diese ist damit anfälliger für Krankheiten und Schädlingsbefall. Durch diese Erntemethode sind die Blätter der Kokapflanze nur noch für die Weiterverarbeitung verwendbar. Zum traditionellen Kokakauen jedoch können sie nicht mehr genutzt werden.

Nach der Ernte werden die Blätter in großen Körben gesammelt und zur Hofstelle des Kokabauern gebracht. Hier werden sie anschließend ausgebreitet und getrocknet. Die brennholzbetriebenen Trocknungshäuschen werden nur noch beim traditionellen, legalen Kokaanbau verwendet, da sie sehr auffällig sind und leicht identifiziert werden können. Daher wird oft auf andere Trocknungsmethoden zurückgegriffen.

2.4. Vom Koka zum Kokain

2.4.1. Wie wird Koka zum Kokain

Kokain ist ein Produkt, das aus den Blättern der Kokapflanze gewonnen wird. Bis man jedoch das Kokain in seiner letztendlichen Form erhält, bedarf es der Beimischung verschiedener Chemikalien. Aus den Kokablättern entsteht eine Base, aus der Kokain hergestellt werden kann. Bis man diese Base erhält, müssen die Kokablätter einen vierstufigen Verarbeitungsprozess durchlaufen.

Zu Beginn des Prozesses müssen die Kokablätter getrocknet werden. Dies kann auf zwei Arten geschehen. Zum einen können die Blätter durch die Sonne getrocknet werden oder durch die Bearbeitung der Kokabauern.

Wenn die Blätter durch die Sonne getrocknet werden, werden sie zunächst dünn ausgelegt und in regelmäßigen Abständen gelockert und gemischt. Bei der Bearbeitung durch den Kokabauern verläuft der Prozess ähnlich. Hierbei wird das Trocknen durch ein Art der Gärung herbeigeführt. Die Blätter werden ausgelegt und mit Wasser immer wieder angefeuchtet. Der Kokabauer legt anschließend Decken auf die Blätterschicht und stampft sie mit den Füßen trocken.

[...]


[1] Ambos, Kai (1993) S. 9

[2] Herf, Hermann (1990) S. 7

[3] Dietrich, Ingolf (1998) S. 38

[4] Herf, Hermann (1990) S. 8

[5] Dietrich, Ingolf (1998) S. 29

[6] Dietrich, Ingolf (1998) S. 30

[7] Ambos, Kai (1993) S. 80

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Drogenpolitik im Fall Peru
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
Lateinamerika – Drogenpolitik und ihre Auswirkungen
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
30
Katalognummer
V125181
ISBN (eBook)
9783640308538
ISBN (Buch)
9783640306640
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Drogenpolitik, Fall, Peru, Lateinamerika, Drogenpolitik, Auswirkungen
Arbeit zitieren
Anne Kaufmann (Autor:in), 2004, Drogenpolitik im Fall Peru, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125181

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