Zunächst soll ein Überblick über die Geschichte und Situation der Sexualpädagogik in Deutschland gegeben werden. Dabei liegt der Fokus auf der emanzipatorischen Sexualpädagogik, die in den 1970ern gegründet wurde. Uwe Sielert und viele weitere trugen mit viel Engagement zu ihrer Weiterentwicklung und Verallgemeinerung bei, sodass sie heute die einzige fachlich gut erarbeitete Richtung der Sexualpädagogik in Deutschland ist und oft als allgemeine Sexualpädagogik beschrieben wird.
Die Diskussion der Positionen einzelner Vertreter:innen soll die Grundannahmen und die Entwicklung verdeutlichen. Mitbegründer der emanzipatorischen Sexualpädagogik in den 1970ern war der Psychologe und Pädagoge Helmut Kentler, welcher später vor allem als gut vernetzter Pädosexueller bekannt wurde. Die Geschichte sexualisierter Gewalt innerhalb der emanzipatorischen Sexualpädagogik und die Auswirkungen der unzureichenden internen Aufarbeitung wird in einem anschließenden Abschnitt beschrieben.
Die sexuelle Bildung ist ein neuer Ansatz, der an die emanzipatorische Sexualpädagogik anschließt. Unter diesem Stichwort finden seit kürzerem alte und neue Ideen zusammen. Dort könnte Platz für eine systemische Sexualpädagogik sein. Die gesellschaftliche Diskussion um Sexualpädagogik an Schulen in Deutschland war im 20. Jahrhundert geprägt von politischen und kulturellen Auseinandersetzungen. Heute ist sie im Vergleich relativ ruhig geworden. Doch die verbreitete Wahrnehmung, Sexualpädagogik in der Schule komme zu kurz, könne aktuellen Herausforderungen nicht kompetent begegnen und die mangelhafte sexualpädagogische Ausbildung der Lehrkräfte zeigen die Notwendigkeit neuer Impulse.
Unter dem Stichwort der sexuellen Bildung vernetzen sich seit einiger Zeit neue Ansätze. Die Idee der sexuellen Bildung öffnet sich allen Altersgruppen und orientiert sich stärker an Beobachtungen der sexuellen Sozialisation. Die psychische und soziale Dimension von Sexualität sind, vor allem im schulischen Aufklärungsunterricht, vernachlässigt worden. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn es im Unterricht komisch und peinlich für alle Beteiligten wird.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Teil I: Sexualpädagogik in Deutschland
2.1 Geschichte der Sexualpädagogik in Deutschland
2.1.1 Begriffsentwicklung
2.1.2 bis 1900 – interdisziplinäre Diskussion und Repression
2.1.3 Beginn 20. Jh. bis 1945 – Reformpädagogik und Nationalsozialismus
2.1.4 1945 bis 1960er – Unterschiedliche Kurse der DDR und BRD
2.1.5 1960er bis 1980er – sexuelle Revolution, Gründung der emanzipatorischen Sexualpädagogik und verbindliche Verankerung der Sexualaufklärung in der Schule
2.1.6 1985 bis 1995 – Aids und ungewollte Schwangerschaft
2.1.7 2010 bis heute – Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt und Diversität
2.2 Vertreter:innen der emanzipatorischen Sexualpädagogik
2.2.1 Helmut Kentler – Nicht-repressive Sexualpädagogik
2.2.2 Karlheinz Valtl – Emanzipatorische Sexualpädagogik
2.2.3 Uwe Sielert – Emanzipatorische Sexualpädagogik
2.2.4 Elisabeth Tuider und Stefan Timmermanns – Sexualpädagogik der Vielfalt
2.2.5 Norbert Kluge und Karlheinz Valtl (später) – Sexuelle Bildung
2.2.6 Zugrundeliegende Annahmen über Sexualität
2.3 Geschichte der sexualisierten Gewalt in der emanzipatorischen Sexualpädagogik
2.3.1 Pädosexuelle Handlungen Kentlers
2.3.2 Kritik wegen unklarer Abgrenzung und fehlender Aufarbeitung der Geschichte Kentlers
2.3.3 Sexuelle Grenzüberschreitungen der Sexualpädagogik der Vielfalt
2.4 Professionalisierung der Sexualpädagogik an Schulen
2.5 Zwischenfazit
3 Teil II: Skizze einer systemischen Sexualpädagogik
3.1 Die soziologische Systemtheorie als theoretische Grundlage
3.2 Grundannahmen der soziologischen Systemtheorie
3.2.1 Beobachtung ist Unterscheidung
3.2.2 Soziale Systeme sind Kommunikationssysteme und operativ geschlossen
3.2.3 Das Erziehungssystem der Gesellschaft
3.3 Systemische Beobachtungen zu Intimsystemen und Sexualität
3.3.1 Luhmann über Sexualität
3.3.2 Peter Fuchs über Intim- und Familiensysteme
3.3.3 Sexuelle Bildung und sexuelle Sozialisation
3.4 Systemische Pädagogik als praktische Grundlage
3.4.1 Beziehungsgestaltung und Lehrer:innenrolle
3.4.2 Probleme
3.4.3 Systemkompetenzen
3.4.4 Methoden
3.5 Diskussion der systemischen Sexualpädagogik
3.5.1 Prävention sexualisierter Gewalt in der Sexualpädagogik
3.5.2 Wichtige Unterscheidung: Kommunikation über Sexualität und sexuelle Kommunikation
3.5.3 Systemische Pädagogik im Rahmenkonzept der BZgA und systemische Methoden
3.5.4 Rolle der Sexualpädagog:innen
3.5.5 Anknüpfung an die sexuelle Bildung
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Carla Tenthoff (Author), 2022, Skizze einer systemischen Sexualpädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1281772