Neurolinguistisches Programmieren (NLP) als Unterstützung bei Persönlichkeitsstörungen in der Sozialpädagogik. Hilfe bei Impulskontrollstörungen


Hausarbeit, 2021

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I Glossar

Einleitung

1 Persönlichkeitsstörungen
1.1 Definition und Diagnose
1.2 Ursache und Behandlung

2 Sozialpädagogik bei Persönlichkeitsstörungen
2.1 Umgang mit Verhaltensstörungen
2.2 Interventionen bei herausforderndem Verhalten

3 Das Neurolinguistische Programmieren (NLP)
3.1 Definition und Vorgehensweise
3.2 Anwendung in der Sozialpädagogik

4 NLP-Untersuchung bei herausforderndem Verhalten
4.1 Ausgangsproblematik und präferierte Techniken
4.2 Protokoll 1: „Moment of Excellence“ und doppelten Anker integrieren
4.3 Protokoll 2: „Standard-Swish“
4.4 Protokoll 3: „Umgang mit Kritik“

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

I Glossar

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Jährlich sterben 10.000 Menschen in Deutschland an Suiziden, von denen 90 Prozent eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung vorangegangen ist (DGPPN, 2021). Laut Bericht der Bundes Psychotherapeuten Kammer von 2020 mangele es in Deutschland massiv an Psychotherapieplätzen für Kurz- oder Langzeittherapien. Durch die Corona- Pandemie habe sich die Nachfrage sogar noch verstärkt (Bundes Psychotherapeuten Kammer). Aus diesem Grund stellt sich mir die Frage, ob eine alternative Behandlungsmöglichkeit dem kontinuierlichen Anstieg von psychischen Erkrankungen entgegen wirken kann. Das Neurolinguistische Programmieren ist als Coaching-Methode seit den 1980ern bekannt und dient zum Beispiel dazu, neue Ressourcen aufzubauen und alte Gewohnheiten, wie zum Beispiel Ängste oder Sorgen auszulöschen. Da die Ressourcenarbeit auch innerhalb der sozialpädagogischen Tätigkeit zur Anwendung kommt, wirft das die Frage auf, ob und inwieweit NLP das sozialpädagogische Handeln unterstützen kann.

Seit 2018 bin ich als 24-Stunden-Betreuung im Einsatz bei jemanden, dem eine kombinierte Persönlichkeitsstörung nach F61 nachgewiesen wurde. Neben den typischen Merkmalen von unangemessenen Verhalten hat sich herausgestellt, dass der zu Betreuende zudem Schwierigkeiten hat, Gefühle und Gedanken zu kontrollieren und sie der Gegebenheit angemessen zum Ausdruck zu bringen. Das Fehlverhalten wird meist nicht wahrgenommen. So kommt es zu immer wiederkehrenden zwischenmenschlichen Konflikten. Das Hauptaugenmerk meiner meiner Arbeit setze ich allerdings auf die Störungen der Impulskontrolle, da dies die dominanteste Ausprägung innerhalb seiner kombinierten Persönlichkeitsstörung ist.

Um zum Untersuchungsergebnis zu kommen, werde ich zuallererst erläutern, was unter Persönlichkeitsstörungen überhaupt zu verstehen ist. Im nächsten Schritt werde ich verschiedene sozialpädagogische Methoden vorstellen, die bei herausforderndem Verhalten bei Persönlichkeitsstörungen von Bedeutung sind. Zum Schluss stelle ich das Neurolinguistische Programmieren und seine Anwendung anhand von drei verschiedenen Techniken vor, bevor ich im Fazit konkretisiere, ob und inwieweit das NLP die Sozialpädagogik tatsächlich unterstützen kann.

Kann NLP die Sozialpädagogik bei Persönlichkeitsstörungen nach F61 hilfreich unterstützen?

1.1 Definition und Diagnose

Persönlichkeitsstörungen können in unterschiedlichen Formen und Variationen zum Ausdruck kommen. Hierbei wird von einer länger andauernde Abweichung der Norm in Bezug des Verhaltens, des Wahrnehmens, des Lebensstils, des Empfindens und Erlebens einer Person in Bezug zu sich selbst und auf seine Umwelt gemacht. Gemäß ICD-10 gehören Persönlichkeitsstörungen zu den psychischen Störungen und werden im internationalen Kontext nach F60-F69 zu den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen zusammen gefasst (Krollner, ICD- Code, 2021). Nach Arold et al. (2007, S. 202-207) dominieren je nach Art der Persönlichkeitsstörung bestimmte Charakterzüge, die schon in der Kindheit oder im Jugendalter abweichend seien und soziale Anpassungs- und Leistungsschwierigkeiten mit sich bringen würden. Bei der Diagnose stehen Verhaltensauffälligkeiten im Vordergrund, die, die Wahrnehmung betreffen können. Dies könne zum Beispiel Verhalten aufzeigen, dass der Betroffene denke, dass jegliche Erfahrungen und Erlebnisse sich gegen ihn richten würden, sodass er den Drang verspüre, sich massiv gegen Ungerechtigkeiten verteidigen zu müssen. Eine Persönlichkeitsstörung kann sich auch bemerkbar machen durch Rücksichtslosigkeit in Bezug zu sozialen Normen, durch Impulsivität, soziale Isolation mit einer Tendenz zur Verwahrlosung, Kontrollzwängen, Distanzlosigkeit oder auch durch emotionale Kühle, um nur einige Beispiele zu nennen. Nach J.P. &E.M. Klein (2021, S.309-314) werden die Merkmale von Persönlichkeitsstörungen in drei Cluster eingeteilt, die von sonderbar und exzentrisch über dramatisch, emotional und launisch bis hin in Parallelen zu Angst- und Zwangsstörungen reichen. Diese Einteilung helfe bei der weiteren Spezifizierung. Manche Persönlichkeitsstörungen hingegen lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Hierbei spricht man von kombinierten Persönlichkeitsstörungen. Gemäß des Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI, 2016) werden kombinierte Persönlichkeitsstörungen unter ICD-10 nach F61 eingeteilt. Hierbei seien die Grenzen zwischen normalen bis abnormalen Verhaltensweisen fließend. Eine kombinierte Persönlichkeitsstörung sei die Kombination von einer Vielzahl von Symptomen, die in Erscheinung treten, die unter F60 aufgeführt werden. Innerhalb eines psychiatrischen Anamnesegesprächs werden bestimmte Symptome untersucht, die letztendlich zu einem psychopathologischen Befund führen. Untersucht werden verschiedene Bereiche, wie zum Beispiel die einer Denkstörung, die sich in formale und inhaltliche Denkstörung unterteilen lasse. So ließe sich eine inhaltlichen Denkstörung in Wahnstörungen und Zwangsstörungen unterteilen. Unter der Kategorie Wahnstörungen gäbe es zum Beispiel die Wahnwahrnehmung, bei denen der Klient plötzliche Ereignisse fehlinterpretiere. Eine andere Kategorie, die in den Anamnese untersucht werde, sei die „Störungen der Affektivität“ , die sich möglicherweise in den Bereich Affektstarre einteile, womit die Unfähigkeit des Klienten gemeint sei, sich an situative Gegebenheiten anzupassen. Bevor Diagnosen gestellt werden, werde die körperliche und hormonelle Befindlichkeit und gegebenenfalls ärztliche Befunde mit aufgenommen (Lecturio GmbH, 2021).

1.2 Ursache und Behandlung

Wittchen und Hoyer (2011, S. 1106-1108) erwähnen, dass es auf dem Forschungsgebiet über die Ursachenforschung von Persönlichkeitsstörungen immer noch sehr viele ungeklärte Fragen gäbe. Somit sei die eigentliche Ermittlung der Ursache einer Persönlichkeitsstörung rückwirkend nur sehr schwer zu ermitteln. Hinsichtlich der genetischen Forschung könne man kaum feststellen, inwieweit nicht auch schwierige Umweltbedingungen an einer Persönlichkeitsstörung beteiligt gewesen sein könnten. Auch die Resilienzforschung sei noch zu keinen eindeutigen Ergebnissen gekommen, inwieweit Bezugspersonen außerhalb dysfunktionaler Familien im Kindesalter als Unterstützer zur Ausbildung einer Persönlichkeitsstörung gegengesteuert haben könnten. Allgemein kann man sagen, dass die Ursache einer Persönlichkeitsstörung ein Zusammenspiel genetischer Faktoren, ungünstiger Lebensverhältnisse, wie zum Beispiel die Erfahrung von Misshandlung oder Missbrauch aber auch von der psychischen Beschaffenheit ausgegangen werden kann. Pro Psychotherapie e.V. (2021) erwähnt, dass die Schwierigkeit einer Behandlung an der Unfähigkeit läge, eine Persönlichkeitsstörung als Betreffender überhaupt wahrnehmen zu können. Erst wenn andere Störungen, wie zum Beispiel starke Ängste oder Depressionen dominieren würden, sei die Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, viel größer. Oft seien es aber die Angehörigen, die sich Unterstützung einholen. Die Behandlung erfolge psychotherapeutisch und werde auch in Kombination mit unterschiedlichen Therapieformen angeboten. Beispiele hierfür seien psychoanalytisch und tiefenpsychologisch fundierte oder kognitiv­verhaltenstherapeutische Ansätze, Schematherapie nach Jeffrey Young, klärungsorientierte Psychotherapie nach Sachse oder in Form von interpersoneller Therapie. Bei der therapeutischen Behandlung gehe es um die Bearbeitung der verzerrten Wahrnehmung, die der Klient über sich selbst und seine Umwelt habe. Konflikte und soziale Defizite werden somit in Form von Rollenspielen innerhalb einer Verhaltenstherapie durchgeführt mit dem Ziel, ein sozial angemessenes Verhalten zu erlernen und positive wie auch negative Gefühle zu äußern. Die kognitive Verhaltenstherapie gehe auf ungünstige Schemata ein, die sich in der Kindheit oder Jugend entwickelt und manifestiert haben. Zusätzlich zu den psychotherapeutischen Maßnahmen werde in psychiatrischen Einrichtungen größtenteils Psychopharmaka eingesetzt. Um das Gleichgewicht bei zum Beispiel Impulskontrollstörungen wieder herzustellen, könnten zur Unterstützung Stimmungsstabilisierer oder auch passende Antidepressiva verabreicht werden (Hogrefe AG, 2021). Innerhalb eines therapeutischen Behandlungsbeginns werde eine Gefahreneinschätzung gemacht, in der das Vermögen an Selbstkontrolle eines Klienten in Bezug zu sich selbst und auch auf andere abgeschätzt werde. Eine Einweisung in eine Psychiatrie kann freiwillig oder auch durch eine Zwangsunterbringung erfolgen. Im Falle einer Selbst- oder Fremdgefährdung agiere jedes Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland anders. Eine Zwangseinweisung kann allgemein polizeilich oder auch durch einem Arzt angeordnet werden. In jedem Fall bedürfe es einen richterlichen Beschluss, für den diesbezüglich nur sehr kurze Fristen gesetzt seien (Wittchen, Hoyer, 2011, S.1114).

2 Sozialpädagogik bei Persönlichkeitsstörungen

2.1 Umgang mit Verhaltensstörungen

Verhaltensstörungen bei Persönlichkeitsstörungen begegnet man in nahezu jeder sozialpädagogischen Einrichtung oder auch in der ambulanten Einzelbetreuung. Als sozialpädagogischer Akteur ist es mittlerweile unabdingbar, sich ausgiebiges Wissen über den Umgang mit dieser Thematik anzueignen, um zum Beispiel in Akutphasen bei dissozialen Störungen professionell handeln zu können. Baierl (2017) setzt sein Augenmerk auf psychisch gestörte Jugendliche und erwähnt, dass die innere Haltung gegenüber dem Jugendlichen ausschlaggebend sei, um grundsätzlich erst einmal eine gute Beziehungsebene herzustellen. Gemäß Baierl setze die Pädagogik dort an, wo Fehlverhalten massiv in Erscheinung trete. Demnach solle nach Regelverstößen und antisozialem Verhalten der Jugendliche erlernen, dass diese Störung, die schließlich nur ein Teil von ihm sei, keineswegs zu einer Ausgrenzung von ihm führe. Baierl betont, dass, das pädagogische Arbeiten exakt dort beginne, wo es dem Jugendlichen zu verstehen gebe, was es bedeute, eine tragfähige, belastbare Beziehung zu führen und Krisen auszuhalten (Baierl, 2017, S.59-68). Neben einer Erklärung und Begründung von etwaigen Regeln würde auch eine Umformulierung von „Regel“ in „Absprache“ oft zu mehr Akzeptanz führen. Dies könne innerhalb eines Planes für die Umsetzung von Wünschen und Zielen gemeinsam ausgearbeitet werden, wobei auch positive sowie negative Konsequenzen besprochen werden können. Dabei sei es signifikant, sich über die negative Konnotation von „Strafe“ und deren Auswirkung bei Jugendlichen im Klaren zu sein. Anstelle von Strafe sei eine „Konsequenz“ für alle Beteiligten als eine sinnhafte Handlung zu verstehen, die dazu diene, das soziale Miteinander wieder zu ermögliche (Baierl, 2017, S.409). Wichtig sei es, den Jugendlichen im Blick zu behalten und ihn mit regelmäßigen Rückmeldungen über die Auswirkungen seines Handelns bewusst zu machen und Konsequenzen erst nach Abklingen der Akutphase zu besprechen. Soziale Verhaltensweisen könne laut Baierl mit Privilegien belohnt und antisoziale Verhaltensweisen mit dem Verlust der Privilegien geführt werden (Baierl, 2017, S.412). Allerdings solle man sich dabei über die mangelnde Fähigkeit der eigenen Verhaltenswahrnehmung eines psychisch gestörten Jugendlichen bewusst sein. Durch Rollenspiele oder speziell ausgerichtete Trainingsprogramme könne die Sozialkompetenz dissozialer Jugendlichen gefördert werden, indem verschiedene Sichtweisen ermittelt werden. Konfliktverursachende Fehldeutungen können dadurch besser besprochen und verstanden werden (Baierl, 2017, S.422). Neben Einbezug und Mitwirkung des lebensweltlichen Kontextes, therapeutischer und gegebenenfalls medikamentöser Behandlung, erwähnt das Autorenpaar Ettrich, C. & Ku. (2006, S.214), dass ergänzend dazu ergotherapeutische Unterstützung die emotionale, kognitive und motorische Entwicklung fördere. Somit werde der Umgang mit Kritik, Konzentration, Ausdauer, Frustration, Selbstwert, Selbstständigkeit, Grob- und Feinmotorik innerhalb von drei Hauptmethoden behandelt. Das Ziel dabei sei, dass der Jugendliche sich selbst und sein Gefühlsleben mittels einer handwerklichen Umsetzung zum Ausdruck bringen und Fertigkeiten wie Planung, Ausdauer, Konzentration einstudieren kann. Die Behandlung fokussiere den Umgang mit Ausdauer und Misserfolg, den Abbau von Frustration und Aggression, sowie auf die Verbesserung von kognitiven und motorischen Fähigkeiten.

2.2 Interventionen bei herausforderndem Verhalten

Impulskontrollstörungen und Verhaltensstörungen lassen sich durch Kommunikation nicht eindämmen, da der Betroffene Affekte sie nicht oder nur sehr schwer eigenständig regulieren kann. Ein Betroffener mit unkontrollierten Impulsen sucht nach Möglichkeiten, seine innerliche Aggressivität in irgendeiner Form zum Ausdruck bringen. Dies geschieht beispielsweise durch das Aufsuchen von Konflikten, die sich in Form von Provokationen durch unangemessene erniedrigenden Äußerungen oder Beleidigungen äußern. Der Psychologe Hejlskov Elven und seine Tochter Mc Farlane (2020, S. 9-148) beobachten, dass die Ursache von herausforderndem Verhalten in der Unfähigkeit an sozialen Kompetenzen, Ausdauer, Anpassung an neue Situationen und in der Verarbeitung von Stress läge. Am Höhepunkt einer Eskalationsphase sei der Mensch nicht mehr zugänglich, daher helfe Rückzug aus einer schwierigen Situation, Optimismus und Konzentration auf etwas Positives, um sich wohler zu fühlen. Die Autoren verweisen auf die Bedeutsamkeit der Beherrschung der eigenen Emotionen, da Menschen mit psychischen Störungen besonders stark anfällig für Emotionen seien. In einer Konfliktsituation solle man der Person nie länger als drei Sekunden lang in die Augen zu schauen, um die Demonstration von Dominanz zu vermeiden. Bei Handgreiflichkeiten solle man, statt die Person mit angespannten Muskeln festzuhalten, eher den den Abstand vergrößern, um durch die Nähe das Stressniveau nicht zu erhöhen. Eine Entspannung der Situation könne sich durch eine eigene entspannte Körperhaltung, durch das Setzen oder Lehnen gegen eine Wand, auf die Person übertragen. Ablenkung sei die sinnvollste Alternative, Ausbrüchen entgegen zu wirken. Da sich durch Verbote eine Wiederholung des unangemessenen Verhaltens nicht vermeiden ließe und Bestrafungen dazu führen würden, dass, das Problemverhalten erfahrungsgemäß sogar noch zunehme, seien hilfreiche Konsequenzen, und das gemeinsame Vereinbaren, wie im Falle einer Eskalation am besten vorzugehen sei, die wirkungsvollste Alternative. Hierfür könne man einen Handlungsplan erstellen, der dem Betroffenen im Falle eines Ausbruchs die Möglichkeit gäbe, eigene Strategien zu nutzen, die zur Entspannung der Situation führen. Im weiteren Schritt werde interveniert, indem man zuvor wirksame Ablenkungsstrategien einsetze. Im ruhigen Tonfall könne man den Betroffenen auffordern, mit der Tätigkeit fortzuführen und ihm gegebenenfalls einen Zeitplan zeigen. Sollte das nicht funktionieren, könne man im dritten Schritt versuchen, mit der Person zu scherzen und über Dinge zu sprechen, über die sie gerne spricht. Sollte auch diese Methode erfolglos sein, wäre eine Vorbereitung auf ein Repertoire an Ablenkungsstrategien sinnvoll, was zum Beispiel auch das Ersetzen der Tätigkeit gegen eine andere inkludiere. Im schlimmsten Fall könne man den Betroffenen auffordern, den Raum zu verlassen. Der systemische Ansatz „Neue Autorität“ (Institut für Neue Autorität, 2021, 08.11.) ist für Kinder und Jugendliche gedacht und verweist in Eskalationssituationen ebenso auf eine respektvolle, gewaltfreie Beziehungskultur mit dem Unterschied, dass statt Verlassen des Raumes gewaltloser Widerstand so lange ausübt und das Kinderzimmer so lange nicht verlässt, bis das Kind oder der Jugendliche einer Lösung oder Veränderung interessiert ist, um den nächsten Gewaltausbruch auf Seiten des Kindes oder Jugendlichen zu vermeiden.

3 Das Neurolinguistische Programmieren (NLP)

3.1 Definition und Vorgehensweise

Das Neurolinguistische Programmieren (NLP) beschreibt verschiedene Modelle, mit denen sich bestimmte Probleme innerhalb eines Coachings oder sogar einer Therapie auflösen lassen. Als Beispiele können hier Prüfungsängste, mangelnde Motivation, Konflikte, negative Glaubenssätze oder störende Angewohnheiten genannt werden. Die Erfinder des NLP sind der Mathematiker, Informatiker und Psychologe Dr. Richard Bandler und der damalige Linguist und Universitätsprofessor John Grinder. Bandler ließe sich von den gestalttherapeutischen Ansatz von Fritz Perls begeistern, sodass er auf Basis von Perls Theorien eine eigene Gestalttherapiegruppe an der Universität leitete. Dadurch lernte er John Grinder kennenlernte, der ihm half, die spezielle Kommunikationsstruktur zu verstehen, die Fritz Perls anwendete. Mit der Ausgangsfrage, wie man das Gehirn durch Sprache beeinflussen könne, ließen sich beide von der Familientherapeutin Virginia Satir und Milton Erickson, dem Erfinder der Hypnotherapie inspirieren und gründeten somit das NLP (Impulsgrad GmbH, 2021). Um strategisch vorzugehen, verlaufe eine Kommunikation zunächst erst einmal über die verbale und nonverbale Pacing des Gegenübers. Hierzu beschreibt Mohl (2010, S.20-344), dass, das Erkennen und Kommunizieren in der bevorzugten Wahrnehmungsebene, die Verwendung derselben sinnesspezifischen Prädikate, die Anpassung desselben Sprechtempos und die körperliche Angleichung, wie zum Beispiel das Auf- und Abbewegen der Hand im selben Atemrhythmus des Gesprächspartners, zu einem guten Rapport führe. Um nun einen Physiologien-check durchzuführen, könne man den Klienten bitten, sich an ein besonders positives und anschließend an ein negatives Ereignis aus seiner Vergangenheit zu erinnern. Hierzu werden zunächst Fragen gestellt, damit sich als NLP- Anwender mit allen Sinnen auf die Problem- Ziel- und Misch/Versöhnungsphysiologie zu kalibrieren. Um den Klienten aus seinem negativen Erleben heraus zu holen, wendet der NLP-Coach oder Therapeut den zuvor gedanklich abgespeicherten körpersprachlichen Ausdruck des positiven Erlebnisses an, was im NLP als Leading bezeichnet wird. Das Erkennen von Problem- Ziel- und Mischphysiologie ist die Grundlage für das professionelle Einleiten einer VAKO-Hypnose. Hierbei soll der Klient sich möglichst genau mit allen Sinnen eine Situation vergegenwärtigen, in der etwas nicht so hervorragend gelaufen ist. Sobald die Problemphysiologie eindeutig zu erkennen ist, holt der NLP-Anwender den Klienten mit dem Seperator-State aus dem Zustand wieder heraus. Als nächstes wird mit derselben Methode die Zielbestimmung durchgeführt, die erreichbar und positiv formuliert sein soll. Dabei könne man den Klienten gedanklich in die Vorstellung hinein führen, woran er frühzeitig erkennen könne, dass er auf dem richtigen Weg sei und anschließend woran er erkenne, dass er das Ziel erreicht habe. Mit einem Kurzrefraiming wird der Klient nun gebeten, sich drei Situationen zu überlegen, in denen er das alten Verhalten lieber beibehalten würde. Im Anschluss folgt der Ökologie-Check, indem Konsequenzen des neuen Verhaltens erfragt werden und welche Lösungen er hat, diese Konsequenzen vorzubeugen. Erfolgt die Körperhaltung symmetrisch, sei die Behandlung erfolgreich gewesen, laut Mohl. Eine der erfolgreichsten und wohl bekanntesten Techniken im NLP sind die offenen oder verdeckten Anker-Techniken, der Standard-Swish, die Zeitlinie, das Six-Step- Refraiming und viele andere. -8-

3.2 Anwendung in der Sozialpädagogik

Nun wirft sich die Frage auf, inwieweit NLP in der Sozialpädagogik seinen Einsatz finden kann. Neben den von Mohl bereits erwähnten Techniken, wie die Anker­Technik, den Standard-Swish und einige andere, zielt NLP darauf ab, die Motivation zu fördern oder auch störende Verhaltensweisen durch neue zu ersetzen. Besonders in der Sozialpädagogik geht es darum, den mit Defiziten behafteten Menschen optimal zu unterstützen, ein möglichst zufriedenstellendes Leben zu führen, was auch in der Schulpädagogik regelrecht zum Alltag gehört. Um schwierige Situationen handhaben zu können, demonstrieren Schmidt-Oumard & Nahler (1994) einige Beispiele für den Schulunterricht. Allgemein verdeutlichen die Autoren, dass die Bewusstheit verinnerlicht werden sollte, dass die pädagogische Kraft über die Rolle des Modells verfüge, dessen Sicht- und Verhaltensweise von den Heranwachsenden übernommen werde (1994, S.231). Um Unruhe im Klassenraum zu beseitigen, könne das Pacing und Leading gezielt eingesetzt werden, indem sich der Pädagoge zunächst an die Lautstärke und Bewegung angleiche, diese dann aber wieder Stück für Stück herabsetze, um den Schüler in die ruhigere gewünschte Haltung zu führen (1994, S.231-232). Zudem sei anzumerken, dass laute, störende Kinder und Jugendliche eine andere Aufmerksamkeitsschwelle haben als ruhigere. Somit könne man mit akustischen oder visuellen Übertreibungen durch Mimik und Gestik die Aufmerksamkeit des Heranwachsenden für sich gewinnen und seinen schauspielerischen Talenten zum freien Lauf lassen. Beispiele hierfür wären das Staunen durch weit aufgerissenen Augen, die Hand hinter dem Ohr in Richtung Lautstärke, in die Hände klatschen oder übertriebenes Starren an die Zimmerdecke um ihn dort abzuholen, wo er stehe. Anschließend könne man ein angemessenes, kritisches Feedback dazu äußern (1994, S.180-181). Darüber hinaus demonstrieren die beiden Autoren, dass der Einsatz der Anker-Methode im pädagogischen Bereich auch bei Heranwachsenden, die von einer Störung der Impulskontrolle betroffen seien, zum Erfolg führen würde. Hierzu werde mit dem Jugendlichen in einer ruhigen Situation über den Auslöser des Impulskontrollverlustes gesprochen. Im Anschluss werde der Heranwachsende gedanklich über VAKOG in eine Situation in seiner Vergangenheit geführt, in der er die Kontrolle über seine Impulse hatte. Sobald er in diesem Moment angekommen sei, werde er wieder zurück in die Ausgangssituation gebeten. Mit dieser Technik des Ankerns sei es möglich, den Heranwachsenden ruhiger zu stimmen (S.124). Aufbauend dazu veranschaulichen Schmidt-Oumard & Nahler, dass auch bereits manifestierte Anker wieder lösbar seien. Die Umsetzung erfolge demnach, indem dem Betreffenden im aufsteigenden Moment seiner geistigen Vorstellung der alte Anker gegen einen neuen im selben Repräsentationssystem ausgetauscht werde (1994, S.178-179). Auch Mohl (2010) nutzt Ankertechniken, um eigenständig bereits vorhandene Ressourcen ins Bewusstsein zu rufen (S.160). Zum Erlernen des Umgangs mit Kritik präsentiert sie eine Technik (S.287), in der, der Betreffende dissoziiert eine Konfliktsituation betrachtet und sich eine effektivere Handlungsmöglichkeit als die bisherige überlegen solle. Dazu gehöre das genaue Verstehen der Kritik, um mit voller Akzeptanz die neue Verhaltensweise zu übernehmen. Mit der Swish-Technik (S.339-340) sei laut Mohl eine alte Verhaltensweise komplett durch eine neue überblendet werden. Auf die letztgenannten Techniken werde ich nun genauer drauf eingehen.

4 NLP-Untersuchung bei herausforderndem Verhalten

4.1 Ausgangsproblematik und präferierte Techniken

Es handelt sich um Herrn D., der 1962 geboren ist und dem 2021 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung nach F61 begutachtet wurde. Dominierende Merkmale sind hier unangepasste Verhaltensweisen und Schwierigkeiten, eigene Impulse zu kontrollieren. Die Behandlung erfolgt medikamentös mit Mirtazapin 30mg/ 1X abends und mit wöchentlicher ergotherapeutischer Unterstützung. Nach dreijähriger Beobachtung innerhalb der 24-Std.-Alltagsbetreuung ist aufgefallen, dass Herr D. neben einer Lernproblematik mit den Anforderungen aus seiner Umwelt schnell überfordert ist und es dadurch schnell zu unkontrollierten Impulsausbrüchen kommt. Auf Hinweise in Bezug zu seiner Hygiene reagiert er mit Ignoranz und unangemessenen Äußerungen, die er, wie er sagt, nicht oder nur sehr schwer zurückhalten kann. Im gesellschaftlichen Miteinander fühle sich Herr D. in Gruppen oft nicht zugehörig, was immer wieder zum Auslöser diverser Verhaltensauffälligkeiten käme, laut seiner Aussagen. Im Zuge meiner wissenschaftlichen Untersuchung über das Neurolinguistische Programmieren möchte ich überprüfen, inwieweit neben dem sozialpädagogisches Handeln NLP bei Störungen der Impulskontrolle wirksam sein kann. Hierzu wende ich die drei letztgenannten Techniken Alexa Mohl (2010) an. Diese wären zunächst einmal die Anker-Technik „Moment of Excellence“, in der sich Herr D. vorab Gedanken über Erfolgserlebnisse aus der Vergangenheit macht. In der Sitzung wird eines dieser Erlebnisse mithilfe der VAKO-Hypnose vergegenwärtigt. In dem Moment, indem Herr D. in der aufsteigenden Phase des Geschehens ist, bitte ich ihn, seine Zehen anzuspannen und diese Spannung zu halten, bis ich ihn mit der Separator-State-Methode unterbreche und ihn wieder in die Gegenwart zurückhole. Den Anker teste ich, indem ich die Reaktion unterbreche und ein neutrales Gespräch mit ihm führe. Nach 2 Anwendungen füge ich einen weiteren Anker hinzu, um bei starken Impulsen in möglichst derselben Intensität gegen zu steuern. Hierbei soll der Klient im aufsteigenden Moment die linke Hand schließen. Beide Anker werden in weiteren Sitzungen in derselben Reihenfolge angewandt und verinnerlicht und sollen in Akutsituationen, von Herrn D. nach demselben Schema ausgeführt werden. Als nächste Technik wende ich den „Standard-Swish“ an, der alte Verhaltensweisen löschen und gegen neue ersetzen soll. Hierbei wird der Klient in eine Situation seines Kontrollverlustes hineingeführt. Anschließend wird ein zweites Bild kreiert, das nach einer Überprüfung auf mögliche Einwände über das ursprünglich Bild gezogen wird, wobei im selben Moment der „Swish“ gesprochen wird und damit alles verblasst. Diese Prozedur wird insgesamt fünf Male wiederholt. Das Ziel dabei ist, dass Herr D. sich eigenständig Gedanken um eine friedvollere Alternative in Bezug auf das menschliche Miteinander macht und diese neu gewonnene Ressource zukünftig zum Einsatz bringt. Die Technik „Umgang mit Kritik" verläuft in ähnlicher Weise. Herr D sieht sich dissoziiert in einer aufkommenden Konfliktsituation mit seinem bisherigen Verhalten und versucht den Kritiker und die Kritik zu verstehen, um in Zukunft in einer angemesseneren Weise darauf reagieren zu können. Dabei überprüft er, ob die neue Verhaltensweise in Zukunft akzeptabel ist. Mittels VAKOG wird er zurück in diese Ausgangssituation geschickt. Bei völliger Akzeptanz soll Herr D. die dissoziierte Persönlichkeit anschließend in sich zurück aufnehmen.

4.2 Protokoll 1: „Moment of Excellence“ und doppelten Anker integrieren Dauer: 10 Sitzungen

Anwender: Machen Sie es sich bequem auf Ihrer Couch, ich werde nun die VAKO- Hypnose bei Ihnen einleiten. Die Muskeln entspannen sich, Sie spüren den Untergrund auf dem Sie liegen, die Schulterblätter entspannen sich, der Kiefer entspannt sich und Sie spüren ein angenehmes, wohliges Gefühl, das sich von den Schultern abwärts nun in die Oberarme, dann in die Unterarme, hin zum Daumen, bis in jede einzelne Fingerspitzen ausbreitet. Nun fließt dieses angenehme Gefühl abwärts von der Hüfte bis in die Oberschenkel, Ihre Knie werden angenehm warm, diese Wärme breitet sich aus bis in die Unterschenkel hinab zu den Fußober- und Unterseiten bis in die einzelnen Zehen. Denken Sie nun an eine Situation in Ihrem Leben, in der Sie richtig glücklich waren, weil Sie etwas Besonderes geleistet haben, worauf Sie richtig stolz auf sich sind. Wir werden verdeckt arbeiten, das heißt, Sie brauchen mir mündlich keine Informationen mitzuteilen.

Herr D.: (nickt), ok. Ich habe bisher nun leider kaum Erfolgserlebnisse in meinem Leben gehabt.

Anwender: Da wird es sicherlich eines geben. Können Sie sich an das Bestehen Ihrer Führerscheinprüfung oder das Bestehen Ihrer Ausbildung zum Maurer erinnern? Herr D: Oh doch, das weiß ich noch ganz genau (grinst erfreut).

Anwender: Dann möchte ich nun, dass Sie in genau diese Situation wieder zurückgehen. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich an dem Ort, an dem alles stattgefunden hat. Wie fühlen Sie sich, Sie können sich genau an die Temperatur, Jahres- und Tageszeit erinnern. Sie wissen, wie sich der Untergrund anfühlt, auf dem Sie stehen oder sitzen, Sie wissen, wer sich noch alles im Raum befindet und nehmen Details wahr, wie zum Beispiel Geräuschkulissen, die zusätzlich zu hören sind. Das können auch Menschen sein, die etwas sagen oder zu Ihnen etwas sagen. Vielleicht haben Sie auch einen bestimmten Geruch oder Geschmack im Mund in diesem Moment. Jetzt nehmen Sie den entscheidenden Moment wahr, indem Sie richtig glücklich waren weil jemand etwas zu Ihnen gesagt hat oder weil Sie in einer anderen Form vollste Anerkennung bekommen haben, auf den sie richtig stolz sind. Ziehen Sie das Gefühl in die Länge und speichern sie dieses Gefühl jetzt, indem Sie Ihre Zehen anspannen.

Herr D: (Physiologie lässt Glückseligkeit erkennen)

Anwender: Gut. Nun kommen Sie hierher zurück und öffnen die Augen. Schließen Sie nun bitte Ihre linke Hand und sagen Sie mir, ob Sie sich besser fühlen.

Herr D: Es geht. Keine großartige Verbesserung.

Anwender: Ok. Wir wiederholen das ganze jetzt noch einmal. Sie gehen nun wieder in die Situation hinein und sehen, fühlen, hören alles, was um Sie herum geschieht. Sie wissen, ob Sie stehen oder sitzen, ob Sie draußen oder drinnen sind und was Sie jetzt gleich erwartet. Sie spüren den außerordentlichen Moment des allerhöchsten Glücksgefühls, spannen jetzt Ihre Zehen an und dann denken dann an Ihre linke Hand, die Sie in derselben Stärke des Gefühls schließen (Physiologie ist erfreulich). Gut, kommen sie hierher zurück, öffnen Sie die Augen, spannen Sie die Zehen an und öffnen und schließen anschließend Ihre linke Hand. Wie fühlen Sie sich?

Herr D: (grinst erfreulich) gut.

[...]

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Details

Titel
Neurolinguistisches Programmieren (NLP) als Unterstützung bei Persönlichkeitsstörungen in der Sozialpädagogik. Hilfe bei Impulskontrollstörungen
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Veranstaltung
Pädagogik
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1312851
ISBN (Buch)
9783346786739
Sprache
Deutsch
Schlagworte
neurolinguistisches, programmieren, unterstützung, persönlichkeitsstörungen, sozialpädagogik, hilfe, impulskontrollstörungen
Arbeit zitieren
Julia Hermani (Autor:in), 2021, Neurolinguistisches Programmieren (NLP) als Unterstützung bei Persönlichkeitsstörungen in der Sozialpädagogik. Hilfe bei Impulskontrollstörungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1312851

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