Das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes

Seminararbeit


Ausarbeitung, 2006

43 Seiten, Note: 14 (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Vorstellung des IFG
I. Einführung
II. Regelungsinhalt des IFG
1. Ziele
2. Aufbau
3. Anspruchsgrundlage (§ 1 IFG)
a.) Anspruchsberechtigter („Wer“)
b.) Anspruchsgegner („von Wem“)
c.) Anspruchsgegenstand („Was“)
d.) Arten des Informationszugangs (§ 1 Abs. 2 IFG)
4. Ausnahmen (§§ 3 – 6 IFG)
a.) Ausnahmetatbestände im öffentlichen Interesse (§§ 3 und 4 IFG)
b.) Ausnahmetatbestände im privaten Interesse (§§ 5 und 6 IFG)
5. Antrag und Verfahren (§§ 7 – 9 IFG)
a.) Antrag und Verfahren (§ 7 IFG)
b.) Beteiligung Dritter (§ 8 IFG)
c.) Ablehnung des Antrags und Rechtsweg (§ 9 IFG)
6. Gebühren und Auslagen (§ 10 IFG)
7. Veröffentlichungsverpflichtung (§ 11 IFG)
8. Beauftragter der Informationsfreiheit (§ 12 IFG)
9. Bericht und Evaluierung (§ 14 IFG)
10. Verhältnis zu anderen Auskunftsnormen
III. Vergleich mit einzelnen Landesregelungen
1. Die vier vor dem IFG bereits bestehenden Landesregelungen
2. Die drei nach dem IFG hinzukommenden Landesregelungen (Stand: 29.06.2006)
3. Andere Bundesländer (Stand: 30.06.2006)
IV. Vergleich zu anderen Staaten

B. Hintergründe
I. Rechtslage vor der Einführung
1. früherer Grundsatz
2. andere Auskunftsansprüche
a.) Europarecht
b.) Völkerrecht
c.) Grundgesetz
d.) Einfache Gesetzgebung
e.) Umweltinformationsgesetz (UIG)
II. Gesetzgebungsverfahren
1. Erster Gesetzesentwurf von Bündnis ´90/Die Grünen (1997)
2. Koalitionsvereinbarung von 1998 und 2002
3. Referentenentwurf vom BMI (2000)
4. Professorenentwurf von Schoch und Kloepfer (2002)
5. Entwurf von Nichtregierungsorganisationen (2004)
6. Gesetzesvorlage von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen (2004)
7. Bundestag
8. Bundesrat

C. Ausblick
I. Kritik
1. Die Bezeichnung als „Informationsfreiheitsgesetz“
2. Notwendigkeit des IFG
3. Anspruchsberechtigter
4. Ausnahmetatbestände (§§ 3 bis 6)
a.) Unterschiedliche Art der Ausnahmeregelungen
b.) Regelung des § 3 IFG
c.) Fehlende Abwägung bei § 6 IFG
5. Gefahr der höheren Verwaltungsbelastung
6. Personenidentität des Beauftragten
7. Hauptnutzer
II. Verbesserungsvorschläge
III. Gesamtbewertung

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Vorstellung des IFG

I. Einführung

Am 1.Januar 2006 trat das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes, besser bekannt als das erste Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, in Kraft. Dieses Bundesgesetz, kurz auch IFG genannt, soll jedem einzelnen Bürger einen nahezu voraussetzungslosen Informationszugang zu amtlichen Informationen der Verwaltung gewähren. Das IFG brauchte jedoch sehr lange um in seiner endgültigen Fassung Gesetzeskraft zu erlangen. Bei einer so modernen und vor allem demokratischen Informationsgesellschaft, wie die Bundesrepublik es ist, versteht es sich von selbst, dass der Bürger einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen erhält, wie es übrigens internationaler Standard ist.[1] Man fragt sich jedoch, warum sich die Bundesrepublik so schwer tat einen nahezu voraussetzungslosen Informationszugang des Bürgers zu gewährleisten, haben doch zahlreiche andere europäische (u.a. Schweden, Finnland) und auch nichteuropäische (u.a. USA, Kolumbien) Staaten bereits seit längerer Zeit solch eine Art des Informationsfreiheitsgesetzes. Paradoxerweise hatten auch schon vier Bundesländer (Brandenburg[2], Berlin[3], Schleswig-Holstein[4] und Nordrhein-Westfalen[5] ) lange vor dem IFG des Bundes eigene landesrechtliche Informationszugangs- oder Informationsfreiheitsgesetze. Ebenso ist die gebotene Transparenz der Verwaltung gegenüber den Bürgern auch schon seit längerer Zeit auf europäischer Ebene normiert. Die EU hat sowohl im EG-Vertrag[6] als auch in der bald kommenden Europäischen Verfassung[7] und der Grundrechte-Charta[8] Normen für ein Zugangsrecht des Bürgers auf Informationen integriert.

Die Bundesrepublik trat dem Kreise der zahlreichen Staaten mit einem Informationsfreiheitsgesetz aber erst jetzt durch Schaffung und Inkrafttreten des neuen Informationsfreiheitsgesetzes bei. Grund dafür könnte sein, dass es galt ein angemessenes Verhältnis zwischen den teilweise entgegenstehenden Bedürfnissen der Bürger zu finden. Die Offenlegung von Informationen der gesetzausführenden Gewalt (Exekutive) gegenüber der Öffentlichkeit zum einen, ist dem Bürger genauso wichtig, wie zum anderen das Bedürfnis der vertraulichen und schützenden Behandlung der Informationen und Daten, die er der Verwaltung mitteilen muss (sog. Datenschutz).[9]

Dies soll in dem ersten Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene aus Sicht des Gesetzgebers gelungen sein. Ob dem so ist und vor allem die Darstellung und kritische Auseinandersetzung mit dem ersten Informationsfreiheitsgesetz, sowie der Vergleich zu bereits früheren Informationsfreiheitsgesetzen anderer Staaten und der Bundesländer soll Gegenstand dieser Seminararbeit sein.

II. Regelungsinhalt des IFG

1. Ziele

Informationsfreiheit bezeichnet das Prinzip, dass grundsätzlich alle Unterlagen öffentlicher Stellen für jeden zugänglich sind. Mit der Verbesserung der Informations-zugangsrechte der Bürger zu staatlichen Informationen in Form eines Informations-freiheitsgesetzes werden drei wichtige Bereiche tangiert.

Zum einen dient das IFG der demokratischen Meinungs- und Willensbildung der Bürger.[10] Der einzelne Bürger ist einer Demokratie stets dazu aufgerufen an staatlichen Entscheidungsprozessen teilzunehmen und darauf Einfluss zu nehmen. Dies kann jedoch nur sinnvoll und gewinnbringend im Sinne einer Demokratie geschehen, wenn der Bürger die entsprechenden Sachkenntnisse mitbringt. Diese erforderlichen Sachkenntnisse erlangt er aufgrund der herausgegebenen Informationen der Verwaltung. Eine lebendige öffentliche Debatte ist zu erwarten. Ein Anspruch auf Zugang gibt das IFG.

Zum zweiten und wahrscheinlich wichtigstem Zweck dient das IFG der Kontrolle und der Transparenz der Verwaltung durch den einzelnen Bürger.[11] Diese Kontrollmöglichkeit wird zum einen schon vorbeugend auf die Verwaltung bezüglich der Selbstkontrolle der Nachvollziehbarkeit ihrer eigenen Entscheidungen einwirken und zum anderen aufgrund der öffentlichen Informationsteilhabe der Bevölkerung die Akzeptanz staatlichen Handelns gegenüber der Bevölkerung immens stärken. Das Ziel der Transparenz staatlichen Handelns ist schon lange europäischer Standard und das IFG leistet somit auch einen Beitrag zur europäischen Integration. Solch eine Transparenz verhindert natürlich die Korruption, da die Transparenz das beste Mittel gegen den Missbrauch öffentlicher Gelder ist. Es wird eine intensive private Kontrolle staatlichen Handelns erwartet.

Zum dritten dient das IFG auch anderen Aspekten, die in ihrem Umfang noch nicht absehbar sind. Zu nennen ist aber ein wirtschaftlicher Aspekt des IFG, da durch das IFG der Zugang zu amtlichen Informationen erleichtert bzw. erst ermöglicht wird, können diese Informationen für die Volkswirtschaft und für die kommerzielle Verwendung nutzbar gemacht werden. Hierfür ist insbesondere die von der EU beschlossene „Lissabon-Strategie“ wichtig, da diese die europäische Wettbewerbsfähigkeit bei der kommerziellen Verwendung von Informationen stärken soll.[12]

2. Aufbau

Das erste Informationsfreiheitsgesetz des Bundes führt ein formales subjektiv-öffentliches Recht Jedermannrecht auf Zugang zu Bundesinformationen ein, ohne dass jeweils tatsächliche Rechte des Einzelnen dahinter stehen müssen. Die große Besonderheit liegt in dem voraussetzungslosen Zugang, das einem Allgemeinanspruch gleich steht.[13] Das IFG gliedert sich in die Anspruchsgrundlage auf Informationszugang aus § 1, die Ausnahmetatbestände vom nahezu voraussetzungslosen Informationszugang in den §§ 3 bis 6, die Antrags- und Verfahrensregeln in den §§ 7 bis 9, die Regeln über die Kosten und Auslagen in § 10, die Veröffentlichungsverpflichtung nach § 11 sowie in die Festlegung eines Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit nach § 12 und die Evaluierungspflicht nach § 14. Der § 2 enthält Begriffsbestimmungen, die im IFG verwendet werden und daher wird bei Notwendigkeit auf § 2 verwiesen.

3. Anspruchsgrundlage (§ 1 IFG)

Die Anspruchsgrundlage für einen freien voraussetzungslosen Zugang zu amtlichen Informationen bildet der § 1 Abs. 1 IFG.

a.) Anspruchsberechtigter („Wer“)

Der § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG gibt als Anspruchsberechtigten „jeder“ an. Damit sind zunächst alle natürlichen Personen gemeint. Jeder Deutsche und jeder andere Ausländer hat im In- und Ausland die Möglichkeit einen Antrag auf Informationszugang zu stellen. Die Möglichkeit den Informationszugang auch aus dem Ausland zu erhalten und nicht auf Personen mit Sitz in Deutschland oder der EU zu beschränken ist allein der fehlenden Kontrollmöglichkeit geschuldet, da eine etwaige Voraussetzung durch eingeschaltete Zwischenpersonen leicht zu umgehen wäre.[14] Der Gesetzgeber hat bezüglich juristischer Person unterschieden. Bei juristischen Personen des Privatrechts gilt der Anspruch wie für natürliche Personen auch, aber für juristische Personen des öffentlichen Rechts, also dem Staat selbst, sind stattdessen Amtshilfevorschriften[15], Auskunfts-verschaffungsrechte oder Übermittlungsbefugnisse und –pflichten einschlägig.[16] Die nicht rechtsfähigen Bürgerinitiativen und Verbände sind als solche nicht zugangsberechtigt, jedoch können die einzelnen Verbandsmitglieder ein eigenes voraussetzungsloses Zugangsrecht geltend machen. Die Religionsgemeinschaften sind zwar als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert, aber nicht in die Organisation des Staates eingegliedert und durch die in Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 3 WRV geschützte Selbstverwaltungsgarantie ausreichend vom Staat entfernt.[17] Die Religionsgemeinschaften sind daher anspruchsberechtigt i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG.

b.) Anspruchsgegner („von Wem“)

Grundsätzlich richtet sich der Informationszugangsanspruch gegen eine Behörde des Bundes nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Der Begriff der Bundesbehörde ist in § 1 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) geregelt. Danach ist eine Behörde jede Stelle, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt. Dazu zählt neben der Auslandsvertretung[18], auch die in Bundesbehörden fest eingegliederten beratenden Bundesgremien.[19] Auch das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) ist als Behörde anzusehen und somit verpflichtet Informationen über die Streitkräfte und die Dienststellen der Bundeswehrverwaltung nach Maßgabe des IFG herauszugeben.[20]

Darüber hinaus stellt § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG klar, dass zu den Anspruchsverpflichteten auch sonstige Bundesorgane und –einrichten[21] zählen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Behörden und Einrichtungen die nur teilweise öffentlich-rechtlich tätig sind, sind auch nur insoweit zur Auskunft verpflichtet.[22] Sobald aber die Bundesbehörde europarechtlich tätig wird, gilt das Gemeinschaftsrecht.[23]

Weiterhin hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG der anspruchsverpflichteten Behörde eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleichgestellt. Voraussetzung ist jedoch, dass sich eine Behörde dieser Person zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben bedient. Hierzu gehören insbesondere die Verwaltungshelfer[24], aber nicht die Beliehenen, da diese selbst als Behörde nach § 1 IV VwVfG gelten. Zu beachten ist, dass der § 1 Abs. 1 Satz3 IFG lediglich den Anspruch auf Informationszugang umfassender gestaltet. Anspruchsverpflichteter bleibt die Behörde. Das IFG gewährt keinen Anspruch gegen Private.

c.) Anspruchsgegenstand („Was“)

Das IFG gibt einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Begriff der amtlichen Information ist in § 2 Nr. 1 IFG legal definiert. Demnach sind amtliche Informationen jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Dazu zählen Aufzeichnungen, die elektronisch, optisch, akustisch oder anderweitig gespeichert sind[25], aber nicht private Informationen oder solche, die nicht mit einer amtlichen Tätigkeit[26] zusammenhängen.[27] Weiterhin sind Entwürfe und Notizen als amtliche Information ausgeschlossen, es sei denn, sie werden Bestandteil eines Vorgangs. Was Bestandteil eines Vorgangs ist bestimmt sich nach den Regeln der ordnungsgemäßen Aktenführung.[28] Die amtlichen Informationen müssen aber nicht klar und verständlich aufbereitet sein, wodurch sich Verständnisprobleme bei in sich wenig verständlichen Akten ergeben.[29] Ebenso besteht keine Informationsbeschaffungspflicht der Behörde. Sie kann nur insoweit beantragte Informationen herausgeben, als die Informationen auch bei dieser Behörde vorhanden sind.[30]

d.) Arten des Informationszugangs (§ 1 Abs. 2 IFG)

Die mögliche Art des Informationszugangs ist in § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG geregelt. Danach kann die beantragte Information durch Auskunft erteilt, durch Akteneinsicht gewährt oder in sonstiger Weise zur Verfügung gestellt werden. Der Anspruchsberechtigte hat nach § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG ein Wahlrecht zwischen Akteneinsicht und Auskunftserteilung. Dieses kann nur aus wichtigem Grund eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen werden. Der Informationszugang muss, wenn ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Wahl der beantragten Art des Informationszugangs vorliegt, durch eine andere Art des Zugangs entsprochen werden. Was ein wichtiger Grund ist bezeichnet § 1 Abs. 2 Satz 3 IFG. Da diese Aufzählung aber nicht abschließend ist, kommen neben dem gesetzlich bezeichneten deutlich höheren Verwaltungsaufwand auch andere wichtige Gründe zur Ablehnung der gewählten Zugangsart in Betracht, wie zum Beispiel der Schutz personenbezogener Daten[31] oder auch die Notwendigkeit der Beschränkung des Informationsanspruches nach den §§ 3 bis 6 IFG.

Die Behörde entscheidet aber nach ihrem Ermessen über die Form des Zugangs. Dies widerspricht keinesfalls dem Wahlrecht des Anspruchsstellers, da dieser über das „Ob“, während das Ermessen der Behörde über das „Wie“ der beantragten Informationszugangsart entscheidet. Es kann teilweise ausreichen Kopien anzufertigen.[32] Kopien sind jedoch dann problematisch, wenn Urheberrechte des geistigen Schöpfers tangiert sind.[33] Auch kann von der Behörde nicht erwartet werden, dass sie dem Anspruchssteller selbständig im behördeneigenen Computersystem recherchieren lässt. Dies wird durch die gängige Praxis bestätigt, wonach meist Kopien bzw. Abschriften versandt oder eingesehen werden.

4. Ausnahmen (§§ 3 – 6 IFG)

Der Anspruch auf Informationszugang ist zwar voraussetzungslos, aber deshalb noch lange nicht schrankenlos gewährleistet. Der Gesetzgeber handelte nach dem Grundsatz „So viel Information wie möglich, so viel Geheimnisschutz wie nötig“[34]. Deshalb sind die gesamten Ausschlussgründe als Ausnahmen auch besonders eng auszulegen.

a.) Ausnahmetatbestände im öffentlichen Interesse (§§ 3 und 4 IFG)

Hierzu zählt der Ausschluss des Informationsanspruches zum Schutz besonderer öffentlicher Belange (§ 3) und des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4). Der § 3 schließt den Informationsanspruch aus („besteht nicht“), während § 4 der Behörde ein intendiertes Versagungsermessen einräumt („soll abgelehnt werden“).

Der Ausnahmekatalog von § 3 ist recht umfangreich, aber von krassen Gegensätzen geprägt. So ist der Schutz von Informationen zugunsten der internationalen Beziehungen (§ 3 Nr. 1 a) und die Vertraulichkeit internationaler Beziehungen (§ 3 Nr. 3 a) ebenso verständlich und konkret geregelt, wie die Zusicherung der vertraulichen Behandlung von Informationen (§ Nr. 7). Dagegen erschließt sich die Notwendigkeit eines sehr weit gefassten Informationsausschlusses bei einer nur abstrakten Gefahr einer öffentlichen Sicherheit (§ 3 Nr. 2) nicht. Auch sind die in § 3 Nr. 1 IFG aufgezählten Ausschlussgründe nur anwendbar, wenn die bekannt gemachte Information nachteilige Auswirkungen haben kann. Dafür reicht aber eben allein die Möglichkeit des Nachteils aus und dieser muss nicht wirklich vorliegen. Ebenso scheint der § 3 Nr. 6 IFG, der die fiskalischen Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr schützt, dem Ziel des Gesetzes in Form der Korruptionsbekämpfung und Transparenzregelung zu widersprechen. Weiterhin werden durch den Ausschluss des Informationszugangs die Geheimschutzinformationen (§ 3 Nr. 4), die Informationen, die nicht Bestandteil eines eigenen Behördenvorganges geworden sind (§ 3 Nr. 5) und die Informationen, die dem Nachrichtendienst zugekommen sind (§ 3 Nr. 8) geschützt.

§ 4 IFG schützt dagegen den behördlichen Entscheidungsprozess. Diese Regelung dient der ungestörten Entscheidungsfindung der internen Verwaltungsabläufe und der Gewährleistung einer vollständigen und unbefangenen behördlichen Aktenführung.[35] Vom Informationszugang sind damit die laufenden Verfahren, weit über das Verwaltungsverfahren nach § 9 VwVfG und § 8 SGB X hinaus, also auch Verfahren im schlicht hoheitlichen oder fiskalischen Bereich wie auch Gesetzgebungsverfahren geschützt. Nicht betroffen sind dagegen Informationen über konkret bevorstehende behördliche Maßnahmen, sowie die Ergebnisse von Beweisaufnahmen, Gutachten und Stellungnahmen. Der Ausnahmegrund des Entscheidungsprozesses entfällt bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens, worüber die Behörde den Antragssteller informieren muss nach § 4 Abs. 2 IFG.[36]

Nicht ausdrücklich in § 4 IFG genannt, ist der ungeschriebene verfassungsrechtlich anerkannte Ausnahmegrund des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung. Danach gibt es einen (selbst für parlamentarische Untersuchungsausschüssen) grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung.[37]

b.) Ausnahmetatbestände im privaten Interesse (§§ 5 und 6 IFG)

Der § 5 IFG, als Spezialvorschrift zum § 16 BDSG, dient dem Schutz personenbezogener Daten und ist wie § 4 IFG eine Ermessensausübungsvorschrift seitens der Behörde. Danach ist der Zugang zu personenbezogenen Daten nur zu gewähren, wenn bei einer Interessenabwägung das Informationsinteresse des Antragsstellers das schützwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs (Persönlichkeitsrecht) überwiegt. Somit ist zwar für den Zugang zu den Informationen nach § 1 IFG kein Interesse darzulegen, aber datenschutzrechtlich spielt es für § 5 IFG eben doch eine wichtige Rolle. Eine Abwägung wird dann entbehrlich, wenn der Dritte in den Informationszugang einwilligt.[38]. Der § 5 Abs. 2 bis 4 IFG setzt spezielle Maßstäbe für die Abwägung aus § 5 Abs. 1 IFG. Darüber hinaus hat auch der Zweck des Informationsbegehrens wesentliche Bedeutung[39], sowie zugunsten des Antragsstellers das Informationsinteresse der Allgemeinheit.[40] Letzteres soll gerade der vom IFG intendierten Transparenz dienen. Strukturell sollen die IFG-Ansprüche aber den hier angesprochenen Datenschutz lockern, da die nach dem IFG zugänglichen Informationen allgemein zugänglich sind im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und somit der Schutz durch die Datenschutzgesetze weitegehend entfalle.[41]

[...]


[1] So auch Hopf, RiA 2006, 1 (1).

[2] „Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG)“ vom 10.3.1998; zuletzt geändert durch Gesetz v 24.05.2004.

[3] „Berliner Informationsfreiheitsgesetz“ vom 15.10.1999; zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.07.2001.

[4] „Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH)“ vom 09.02.2000.

[5] „Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW)“ vom 27.11.2001.

[6] u.a. in Art. 255 EGV.

[7] Art. III-399 i.V.m. Art. I-50 Verfassungsvertrag für Europa.

[8] Art. 42 Grundrechte-Charta der EU.

[9] Hopf, RiA 2006, 1 (1).

[10] Vgl. Hopf, RiA 2006, 1 (2).

[11] So auch Kloepfer/ von Lewinski, DVBl 2005, 1277 (1279).

[12] Näher dazu: Hopf, RiA 2006, 1 (3).

[13] Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (986).

[14] so auch Kloepfer/von Lewinski, DVBl 2005, 1277 (1280).

[15] So § 4 VwVfG.

[16] vgl. Begründung zum IFG in BT-Drs 15/4493 v. 14.12.2004, Seite 7.

[17] Rossi, § 1 Rn 23.

[18] Vgl. § 2 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst.

[19] Nicht jedoch nicht fest eingegliederte beratende Bundesgremien wie die zahlreichen Bund/Länder-Gremien, vgl. Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (988).

[20] Näher dazu Hopf, RiA 2006, 1 (4).

[21] Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichte und Bundesbank.

[22] Davon sind insbesondere die Kreditinstitute des Bundes betroffen.

[23] z.B. die Bundesbank als integraler Bestandteil der Europäischen Zentralbanksystems (§ 3 BBankG).

[24] So die Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 8.

[25] Vgl. insoweit § 2 BDSG.

[26] So das nicht rechtskräftige Urteil des VG Berlin v. 10.05.2005, das im Terminkalender des regierenden Bürgermeisters keine amtliche Akte sieht.

[27] Vgl. Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (988).

[28] So die Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 9.

[29] So auch Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (988).

[30] Vgl. Kloepfer/ von Lewinski, DVBl 2005, 1277 (1280).

[31] Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 8.

[32] So insbesondere bei CD-Roms, DVDs, Videos und Disketten.

[33] z.B. bei Abzeichnung von geschützten Architektenplänen durch den Antragssteller.

[34] Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 11.

[35] Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 12.

[36] Diese Informationspflicht beschreebt auch der Gesetzgeber, BT-Drs 15/4493, 12.

[37] Vgl. BVerfGE 67, 100 (139) – „Flick-Untersuchungsausschuss-Urteil“.

[38] So auch Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (993).

[39] So auch Wendt, AnwBl 11/05, 702 (704).

[40] Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, 13.

[41] So Kloepfer/von Lewinski, DVBl 2005, 1277 (1283).

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes
Untertitel
Seminararbeit
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Veranstaltung
Studien- und Forschungsschwerpunkt „Medienrecht“
Note
14 (gut)
Autor
Jahr
2006
Seiten
43
Katalognummer
V131893
ISBN (eBook)
9783640377343
ISBN (Buch)
9783640377626
Dateigröße
575 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Seminararbeit im Studien- und Forschungsschwerpunkt „Medienrecht“ an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/O. im Sommersemester 2006
Schlagworte
Informationsfreiheitsgesetz, Bundes
Arbeit zitieren
Dipl. Jur. Patrick M. Pintaske (Autor:in), 2006, Das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131893

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