Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2.Theoretischer Rahmen und Literaturbericht
2.1 Methodisches Vorgehen
2.2 Issue-Voting
2.3 Rechtsextreme Einstellungen
2.4 Forschungsstand zur AfD
3 Analyse des Wahlverhaltens und der Einstellungen der AfD-Wähler bei derBundestagswahl 2017
3.1 Issue-Voting bei AfD-Wählern
3.2 Migrationsfeindlichkeit als Dimension rechtsextremer Einstellungen
4 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Bei der Bundestagswahl 2017 in der Bundesrepublik Deutschland erreichte die Alternative für Deutschland (AfD) mit einem Stimmanteil von 12,6 Prozent in Relation zu 2013 (4,7 Prozent) ihren erstmaligen Einzug in den Deutschen Bundestag.
Dies stellt aus politikwissenschaftlicher Sicht insofern einen besonderen Fall dar, da seit der Gründung der Bundesrepublik erstmals „eine Partei am rechten Rand des Parteiensystems“ (Decker: 2020) in das Parlament einziehen und sich deutschlandweit festsetzen konnte. Zudem liegt die Relevanz des Themas aus politikwissenschaftlicher Perspektive darin, wie die Partei einzustufen ist. Rechtsextrem oder nicht? Denn die AfD ist durch parteiinterne Konflikte gekennzeichnet, die sich in einer Teilung der politischen Lager widerspiegeln. Einerseits gibt es die moderate, wirtschaftsliberale Seite, andererseits eine radikalere Ausprägung mit einem rechtspopulistischen Flügel. Aktuellere Beispiele, dass die AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, unterstreichen die Perspektive ihrer wissenschaftlich diskutieren Radikalität. Nach ihren stetigen Wahlerfolgen auf Landes- und Bundesebene seit der Parteineugründung und auch durch die Flüchtlingskrise hat das Thema Fahrt aufgenommen. Die Tendenz des „Rechtsrucks“ und der Zunahme des politischen Einflusses des Rechtspopulismus in weiten Teilen Europas ging auch nicht spurlos an der Bundesrepublik vorbei. Im Gegenteil: Durch ihre Existenz verändert die AfD die deutsche Parteienlandschaft, indem sie als „Neue Rechte“ das Parteienspektrum „rechts der Union“ (Lewandowsky 2018: 161) wieder neu bekleidet. Jene Beispiele und Ereignisse akzentuieren die nach wie vor herrschende Brisanz, wenn sich die Politikwissenschaft mit dem Thema AfD befasst.
Im Mittelpunkt der Hausarbeit zum Thema „Das Aufstreben rechter Parteien in der Bundesrepublik Deutschland: Der Wahlerfolg der Alternative[n] für Deutschland bei der Bundestagswahl 2017“ soll folgende Frage untersucht werden: Inwiefern waren Themen wie Migration für Wähler entscheidend zur Wahl der „Alternative[n] für Deutschland“ bei der Bundestagswahl 2017 und lässt sich dies auf rechtsextreme Einstellungen zurückführen?
Im Kern liegt der Fokus auf dem Forschungsstrang der Wahlforschung bzw. dem Wahlverhalten. Die Hausarbeit bewegt sich dazu entlang der Perspektive der „Makroanalysebene“ (Wiesendahl 2013: 15), da hier das unmittelbare Verhältnis vom Wähler zur Partei angesprochen wird. Die Wählerumwelt ist ein entscheidender Faktor für Parteien und deren Wahlerfolg einhergehend mit der Chance auf die Besetzung wichtiger Ämter auf Regierungsebene. Konkret gilt es, die Verflechtung von Standpunkten der Partei in Beziehung zu Wählerpositionen zu setzen.
2. Theoretischer Rahmen und Literaturbericht
2.1 Methodisches Vorgehen
Im Folgenden soll es um die konkreten Arbeitsschritte gehen, nach denen das Thema des Wahlerfolgs der AfD bei der Bundestagswahl 2017 entlang einer ersichtlichen Struktur aufgearbeitet wird.
Vor der Aufarbeitung der Fragestellung geht es um eine Sammlung theoretischer Vorerkenntnisse. In diesem theoretischen Teil müssen beispielsweise Begriffe wie Rechtsextremismus ausdifferenziert werden, um mit einer verständlichen Definition für die Fragestellung zu verfahren. Der Begriff wird als Konzept inklusive seiner Positionen sowie Dimensionen definiert. Es wird keine präzise Definition von Rechtsextremismus skizziert, sondern mit den Dimensionen von rechtsextremen Einstellungen gearbeitet. Dabei spielt besonders das Element Migrationsfeindlichkeit eine prägende Rolle. Jene Positionen und Dimensionen machen dann die sogenannten Issues aus. Mit dem Issue-Voting wird die Theorie zur Untersuchung der Fragestellung vorgestellt (Küpper/Zick 83-113). Innerhalb eines zusammenfassenden Literaturberichts wird der bisher wissenschaftlich erörterte Forschungsstand bezüglich der Wahlforschung zur AfD, ihrer politischen Einordnung und Bezüge zu fremdenfeindlichen Mustern präsentiert. Durch die Anwendung der Theorie auf die Einstellungsmerkmale wird so ein Bogen zur empirischen Analyse geschlagen und der theoretische Teil mit dem Hauptteil verknüpft.
Der Hauptteil beschäftigt sich anschließend mit dem Wähler selbst. Es stehen konkret für den Stimmbürger wahlentscheidende Motive im Blicklicht. Hier werden zudem auf die Auswertung der Hypothesen und Ergebnisse für die Fragestellung hingearbeitet. Daten zur Bundestagswahl 2017 werden mit Fokus auf das Konzept rechtsextremer Einstellungen ausgewertet. Dadurch eröffnen sich Fragen wie: Inwiefern lässt sich faktisch mithilfe von Umfragewerten belegen, dass Migration beim Wähler eine Rolle gespielt hat, die AfD zu wählen? Kreieren Partei und Anhängerschaft Emotionen und ein Wir-Gefühl mit gleichzeitiger Abgrenzung von kulturell fremden Gruppen - und lässt sich hier ein rechtsextrem-menschenfeindliches Motiv finden? Zum Abschluss der Hausarbeit steht ein Fazit, welches die Ergebnisse der Analyse und wichtigsten Erkenntnisse um die Beantwortung der Fragestellung resümiert.
In Bezug auf die Fragestellung lassen sich folgende Hypothesen machen:
Hypothese 1: Das Thema Migration kann als ein Issue für Issue-Voting bei der Bundestagswahl 2017 charakterisiert werden.
Hypothese 2: Im Wahlverhalten rechtsextrem eingestellter AfD-Wähler zeigen sich vor allem emotional bedingte Einstellungsmerkmale.
Hypothese 3: Bei den AfD-Wählern sind vor allem Einstellungsmotive wie Unzufriedenheit oder Entfremdung im Kontext von Fremdenfeindlichkeit bei der Wahlentscheidung erkennbar.
In der empirischen Analyse der Hausarbeit geht es um die Untersuchung dieser Hypothesen. Erstens konzentrieren sie sich auf das spezifische Thema der Asyl- und Migrationspolitik in Bezug zur Theorie des Issue Votings. Die zweite Hypothese arbeitet heraus, inwieweit die Anhängerschaft der AfD in Bezug auf Parteiphilosophie aus Gefühlslagen heraus bei der Wahlentscheidung gehandelt hat. Die dritte Hypothese zielt auf konkrete Wählermotive und ausschlaggebende Ursachen ab. Letztere folgt ebenfalls dem Kontext der Flüchtlingspolitik und analysiert mögliche Kritik an Missständen im politischen System der Bundesrepublik durch einen Einfluss der Migration.
2.2 Issue-Voting
Mit dem Issue Voting wird der theoretische Ansatz vorgestellt, welcher die Bearbeitung der Fragestellung begleitet. In demokratischen Entscheidungsprozessen ging es immer um „politische Sachfragen“ (Faas/Leininger 2019: 502). Dieser Prozess der Entscheidung über Sachfragen habe sich bis in die heutigen Formen repräsentativer Demokratie wie die Bundesrepublik Deutschland hineingetragen. Grundlegend wird bei Issues von „Sachfragen“ gesprochen (Faas und Leininger 2019: 502). Issue Voting wiederum beschreibt in Ergänzung dazu die Entscheidungsfindung über politische Sachfragen durch Wahlen und die Wirkung auf das Wahlverhalten (Faas/Leininger 2019: 502). Wann Issues relevant werden, sodass politische Sachfragen eine Bedeutung für das subjektive Wahlverhalten bei der Wahlentscheidung haben, setzt Bedingungen voraus (Faas/Leininger 2019: 504): Als erstes erfolge grundlegend das Erkennen der Sachfrage. Zweite Voraussetzung ist laut Autoren die Geläufigkeit der Sachfrage und ihre Bedeutung für den Wähler. Dritte seien die „Differenzierungsmöglichkeiten zwischen Parteien“, ob eine Unterscheidung zwischen Parteien bezüglich der Wahlentscheidung für eine Partei nach Sachfragen gegeben ist. Issues werden kategorisch nach Donald Stokes in Valenzissues und Position- sissues eingeteilt (Faas/Leininger 2019: 504). Bei Valenzissues herrscht Einigkeit über politische Ziele, sie seien unstrittig. Sie können laut Faas und Leininger (2019: 504) dennoch zum Diskurspunkt in der Politik werden, wenn beispielsweise Meinungsverschiedenheit über Sachfragen zwischen Parteien bestehe. Trotz einheitlicher Ziele könne ein politisches Thema für eine Partei eine höhere Relevanz und andere Lösungswege vorsehen als für eine andere. Wenn von Positionsissues die Rede ist, meinen diese eine Uneinheitlichkeit der Ziele, sie sind also strittig aufgrund verschiedener Auffassungen politischer Positionen (Faas/Leininger 2019: 504).
Nun ist es wichtig darzustellen, inwiefern und mit welchen Anhaltspunkten die Issues gemessen und im Analyseteil untersucht werden können. Die Autoren unterscheiden u.a. nach der „Blickrichtung“ von Wählern (Faas/Leininger 2019: 506), die sich in drei Unterpunkte gliedert. Zuerst können Wähler „retrospektiv“ agieren, indem sie ihre Wahl nach Leistungen von Parteien in der Vergangenheit bewerten. Zweitens kann auch auf die aktuelle Arbeit, auf den „Ist-Zustand“ Wert gelegt werden. Eine dritte Alternative ist „prospektives Wählen“, wobei der Bürger seine Wahl mit vorausschauendem Blick und zukunftsorientiert ausrichtet. Die Issues lassen sich konkret per „Agenda-Frage“ messen (Faas/Leininger 2019: 507). Jene erfragt die fundamentale Wahrnehmung von „politischen Problemen“ und welche Herausforderungen die Befragten für wichtig halten. Deshalb wird sie auch „MIP-Frage“ („most important problem“) genannt. In Erweiterung dazu gilt eine weitere Messfrage der Kompetenzzuschreibung der Probleme für Parteien (Faas/Leininger 2019: 507). Diese ermittle, welche Kompetenzen auf welche Parteien zugeschnitten sind und wer die Herausforderungen am erfolgsreichsten bewältigen kann. „Konfliktdimensionen“ stellen den nächsten Untersuchungsaspekt dar (Faas/Leininger 2019: 507). Nach Faas und Leininger ließen sich Fragen zu einer „sozioökonomischen Dimension“ zu Bereichen des Sozialstaats oder dem „Wohlfahrtsstaat“ stellen (Faas/Lei- ninger, 2019: 507-508). Fragen zur kulturellen Ebene beinhalten die Bereiche „Gleichberechtigung, Emanzipation oder Tradition“. An letztere Dimension knüpft das Konzept „GAL/TAN“ an, das als Abkürzung für „grüne, alternative und linke“ bzw. „traditionelle, autoritäre und nationalistische“ Parteien steht (Faas/Leininger 2019: 508). Im Analyseteil werden später alle aufgeführten Dimensionen der Theorie untersucht.
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