Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht die folgende Fragestellung: Warum kam es zur Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in der Fleischindustrie am 01. Januar 2021?
Um diese Forschungsfrage im Politikfeld der Sozialpolitik zu untersuchen, wird mit dem Multiple-Streams-Ansatz (MSA) ein faktorkombinierender Analyserahmen ausgewählt. Der MSA richtet sein Hauptaugenmerk auf den politischen Prozess, der zu einer bestimmten Policy führt. In diesem Kontext legt die vorliegende Bachelorarbeit ihr Hauptaugenmerk auf den politischen Prozess, der zur Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes geführt hat.
Der Hauptteil der Bachelorarbeit gliedert sich in die Kapitel zwei bis vier. Im zweiten Kapitel wird ein Überblick über die Strukturen der Fleischwirtschaft in Deutschland und die wiederkehrende Kritik an den Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten vorgenommen. Daran schließt sich eine Zusammenfassung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes an. Im dritten Kapitel wird der auf John W. Kingdons Grundidee und Nikolaos Zahariadis Weiterentwicklung basierende MSA rezipiert. Die Anwendung des MSA zur Beantwortung der Forschungsfrage folgt im vierten Kapitel. Für die qualitative Inhaltsanalyse wird auf die Auswertungstechnik der Konstruktion deskriptiver Systeme nach Mayring zurückgegriffen. Zunächst werden deduktive Kategorien aus den Strömen des MSA abgeleitet. Anschließend werden aus dem empirischen Datenmaterial Subkategorien zu den deduktiven Kategorien gebildet. Dazu findet Mayrings Technik inhaltsanalytischer Zusammenfassung mit induktiver Kategorienbildung Anwendung. Die weitere Auswertung erfolgt mit der Technik der Explikation als Kontextanalyse.
Als Datenmaterial werden zunächst die relevanten Plenarprotokolle im Deutschen Bundestag im Zeitraum vom 01. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 anhand der Schlüsselwörter „Arbeitsschutz“, „Fleischindustrie“ und „Werkverträge“ identifiziert und unter Anwendung der Software MAXQDA PLUS 2022 analysiert. Ferner werden bisherige wissenschaftliche Veröffentlichungen ausgewertet, daneben Beiträge in der Tagespresse und Veröffentlichungen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden.
Die Bachelorarbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Fleischwirtschaft in Deutschland und das Arbeitsschutzkontrollgesetz.
2.1 Die strukturellen Veränderungen der Fleischwirtschaft seit 1980
2.2 Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie als Makel der Branche
2.3 Das Arbeitsschutzkontrollgesetz
3 Der Multiple-Streams-Ansatz
3.1 Das Garbage-Can-Modell als Grundlage des Multiple-Streams- Ansatzes
3.2 Die Grundannahmen des Multiple-Streams-Ansatzes
3.2.1 Der Problem-Strom
3.2.2 Der Policy-Strom
3.2.3 Der Politics-Strom
3.2.4 Policy-Entrepreneure
3.2.5 Policy-Fenster, Coupling und Policy-Wandel
3.3 Kritische Auseinandersetzung
4 Warum kam es zur Einführung des Arbeitsschutzkontroll-gesetzes in der Fleischindustrie am 01. Januar 2021?
4.1 Der Problem-Strom
4.2 Der Policy-Strom
4.3 Der Politics-Strom
4.4 Policy-Entrepreneur
4.5 Policy-Fenster, Coupling und Policy-Wandel
4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse
5 Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Anzahl der Betriebe und Beschäftigten der Fleischwirtschaft in Deutschland 2020
Abbildung 2: Die Anzahl der Betriebe in der deutschen Fleischindustrie im Jahr 1999/2014
Abbildung 3: Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten nach Betriebsgröße im Jahr 2014
Abbildung 4: Die Aufmerksamkeit strukturierenden Faktoren im Problem Strom nach Rüb
Abbildung 5: Die vier Faktoren im Policy-Strom nach Rüb
Abbildung 6: Die drei Faktoren im Politics-Strom nach Rüb
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Wenn in politischen und wissenschaftlichen Diskursen über die Arbeitsbedingungen in der fleischverarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland gesprochen wird, ist fast immer von menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen, Lohndumping und Ausbeutung die Rede (vgl. Bosch et al. 2020: 20; vgl. Erol und Schulten 2020: 10 f.; vgl. MAGS NRW 2019: 6). Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wählte die Deutsche Welle in ihrer Online-Berichterstattung am 11. Mai 2020 sogar den Titel „Coronavirus: 'Modern slavery' at the heart of German slaughterhouse outbreak“ (Soric 2020) und bezeichnete die Arbeitsbedingungen in der fleischverarbeitenden Industrie als „moderne Sklaverei“ (vgl. ebd.). Dabei sind die skandalträchtigen Zustände innerhalb der fleischverarbeitenden Industrie nicht erst seit dem Auftreten der Corona-Pandemie im Fokus der öffentlichen Diskussion und Politik. Vor diesem Hintergrund stand das WerkvertragsKonstrukt, das von politisch verantwortlichen Akteuren wie u. a. dem amtierenden Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als „organisierte Verantwortungslosigkeit“ bezeichnet wurde (vgl. Bosch et al. 2020: 17; vgl. Erol und Schulten 2020: 2), schon seit langem im Mittelpunkt der Kritik. Frühere Initiativen der Bundesregierung, wie die im Jahr 2015 angeregte freiwillige Selbstverpflichtung der Fleischbranche oder die Einführung des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten (GSA Fleisch) im Jahr 2017 blieben hinter den Erwartungen ihrer Initiatoren auf politischer Ebene zurück (vgl. Erol und Schulten 2020: 2).
Die Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes am 01. Januar 2021 stellt augenscheinlich eine tiefgreifende Zäsur für die deutsche Fleischindustrie dar. Angesichts der Corona-Pandemie griff die Bundesregierung mit einer bisher nicht vergleichbaren Stringenz in die unternehmerische Freiheit und in gesellschaftsrechtliche Elemente der Fleischindustrie ein (vgl. Dierig 2020).
Die vorliegende Bachelorarbeit knüpft daran an und untersucht die folgende Fragestellung: Warum kam es zur Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in der Fleischindustrie am 01. Januar 2021?
Um diese Forschungsfrage im Politikfeld der Sozialpolitik zu untersuchen, wird mit dem Multiple-Streams-Ansatz (MSA) ein faktorkombinierender Analyserahmen ausgewählt (vgl. Reiter 2017: 37). Der MSA richtet sein Hauptaugenmerk auf den politischen Prozess, der zu einer bestimmten Policy führt (vgl. Wenzelburger und Zolnhöfer 2015: 28). In diesem Kontext legt die vorliegende Bachelorarbeit ihr Hauptaugenmerk auf den politischen Prozess, der zur Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes geführt hat.
Der Hauptteil der Bachelorarbeit gliedert sich in die Kapitel zwei bis vier. Im zweiten Kapitel wird ein Überblick über die Strukturen der Fleischwirtschaft in Deutschland und die wiederkehrende Kritik an den Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten vorgenommen. Daran schließt sich eine Zusammenfassung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes an. Im dritten Kapitel wird der auf John W. Kingdons Grundidee und Nikolaos Zahariadis Weiterentwicklung basierende MSA rezipiert. Die Anwendung des MSA zur Beantwortung der Forschungsfrage folgt im vierten Kapitel. Für die qualitative Inhaltsanalyse wird auf die Auswertungstechnik der Konstruktion deskriptiver Systeme nach Mayring zurückgegriffen (vgl. Mayring 2016: 99). Zunächst werden deduktive Kategorien aus den Strömen des MSA abgeleitet. Anschließend werden aus dem empirischen Datenmaterial Subkategorien zu den deduktiven Kategorien gebildet. Dazu findet Mayrings Technik inhaltsanalytischer Zusammenfassung mit induktiver Kategorienbildung Anwendung (vgl. ebd.: 114). Die weitere Auswertung erfolgt mit der Technik der Explikation als Kontextanalyse (vgl. ebd.: 118).
Als Datenmaterial werden zunächst die relevanten Plenarprotokolle im Deutschen Bundestag im Zeitraum vom 01. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 anhand der Schlüsselwörter „Arbeitsschutz“, „Fleischindustrie“ und „Werkverträge“ identifiziert und unter Anwendung der Software MAXQDA PLUS 2022 analysiert. Ferner werden bisherige wissenschaftliche Veröffentlichungen ausgewertet, daneben Beiträge in der Tagespresse und Veröffentlichungen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden.
Die Bachelorarbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
2 Die Fleischwirtschaft in Deutschland und das Arbeitsschutzkontrollgesetz
Unter dem Begriff Fleischwirtschaft sind alle wirtschaftlichen Betriebe, die mit den Prozessen der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung betraut sind, zusammengefasst (vgl. Bosch et al. 2020: 4). Die deutsche Fleischwirtschaft gliedert sich in zwei Bereiche: das Fleischerhandwerk und die Fleischindustrie. Das Fleischerhandwerk umfasst alle Metzger- und Fleischereifachgeschäfte in Deutschland. Ihr Kerngeschäft ist die Fleischverarbeitung und der Verkauf von Fleisch. Die Schlachtung zählt nur geringfügig zum Geschäft der Handwerksbetriebe (vgl. Erol und Schulten 2020: 3). Der Deutsche FleischerVerband geht in seiner Statistik des Jahres 2020 von 133.400 Beschäftigten in 11.191 Betrieben aus (vgl. Deutscher Fleischer-Verband 2021: 72).
Demgegenüber steht die Fleischindustrie, deren Kerngeschäft sich auf die industrielle Schlachtung von Tieren und die Fleischverarbeitung fokussiert (vgl. Erol und Schulten 2020: 4). Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts waren im April 2020 in den 563 Betrieben mit 50 oder mehr Beschäftigten rund 100.000 Personen beschäftigt (vgl. Statistisches Bundesamt 2020).
Abbildung 1: Die Anzahl der Betriebe und Beschäftigten der Fleischwirtschaft in Deutschland 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
*Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Zahlen des Deutschen Fleischer-Verbandes 2021: 72 und des Statistischen Bundesamtes 2020.
Die deutsche Fleischindustrie steht mit ihren Arbeitsbedingungen seit vielen Jahren wiederholt im Fokus der öffentlichen Kritik. Die Auslagerung von Kerntätigkeiten der Betriebe in zahlreiche Subunternehmen hat in den vergangenen Jahren den Umfang der Stammbelegschaften in den Betrieben signifikant gesenkt (vgl. Bosch et al. 2020: 2; vgl. Erol und Schulten 2020: 2). Zu den auf die Subunternehmen ausgelagerten Kerntätigkeiten zählten die Schlachtung, die Fleischzerlegung und die Fleischverarbeitung (vgl. Schulten und Specht 2021: 36). Die Subunternehmen arbeiteten wiederum mit anderen Subunternehmen, die überwiegend Beschäftigte aus Osteuropa einsetzten, zusammen. In den Medien wurde über diese „[...] hochgradig prekären
Arbeitsverhältnisse [...]“ (Schulten und Specht 2021: 36) u. a. im Zusammenhang mit Lohndumping, überteuerten Massenunterkünften und Verstößen gegen den Arbeitsschutz wiederkehrend berichtet (vgl. Bosch et al. 2020: 2; vgl. Whitall und Trinczek 2020: 104). Vor diesem Hintergrund manifestierte sich ein unübersichtliches Subunternehmen-Geflecht, das von führenden Politikern wie u. a. dem amtierenden Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD) als „organisierte Verantwortungslosigkeit“ bezeichnet wurde (vgl. Erol und Schulten 2020: 2).
Begünstigt wurde die nahezu ungezügelte Etablierung von Werkverträgen und Leiharbeit durch die sukzessive Ausweitung der uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten (vgl. Bosch et al. 2020: 5). Des Weiteren unterband das Subunternehmen-Geflecht implizit einen wirksamen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in den Betrieben, so dass es faktisch keine Arbeitnehmervertretung für die von den Subunternehmen entsandten Beschäftigten gab. In der Folge mangelte es an innerbetrieblichen Akteuren, die auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben hinwirken konnten (vgl. ebd.: 2).
Dass die Missstände in der Fleischindustrie schon seit einiger Zeit Handlungsbedarf erkennen ließen, zeigen mehrere Versuche der Re-Regulierung der Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft in den vergangenen Jahren (vgl. Erol und Schulten 2020: 2). Zu nennen sind der zeitweilige Versuch der Festlegung eines branchenüblichen Mindestlohns 2014 (vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 537) und die im Jahr 2015 von der Bundesregierung angeregte freiwillige Selbstverpflichtung der Fleischbranche zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten (vgl. Bosch et al. 2020: 20; vgl. Erol und Schulten 2020: 2; vgl. Sepsi und Szot 2021: 2). Jedoch blieben die freiwillige Selbstverpflichtung sowie auch die zwei Jahre später eingeführte GSA Fleisch 2017 hinter den Erwartungen ihrer Initiatoren auf politischer Ebene zurück (vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 537; vgl. MAGS NRW 2019: 3). Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sah sich die Bundesregierung im Sommer 2020 dazu veranlasst, eine gesetzliche Regulierung der Fleischindustrie vorzunehmen. Am 01. Januar 2021 trat das Arbeitsschutzkontrollgesetz in Kraft (vgl. Sepsi und Szot 2021: 2 f.).
Im folgenden Text wird die Entwicklung hin zur oben dargestellten Situation der Fleischwirtschaft in Deutschland nachgezeichnet.
2.1 Die strukturellen Veränderungen der Fleischwirtschaft seit 1980
In der Zeit vor 1980 bestand die deutsche Fleischindustrie zu einem Großteil aus kleinen und mittelständischen Betrieben, die mit ihren Waren überwiegend regionale Märkte bedienten. Gegen Ende der 1980er Jahre fand eine richtungsweisende Strukturveränderung statt, der viele kleine und mittelständische Betriebe zum Opfer fielen. Aus dieser Entwicklung ging eine überschaubare Anzahl an Großkonzernen hervor, die bis heute eine marktbeherrschende Stellung einnehmen (vgl. Schulten und Specht 2021: 36 f.; vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 534). Im Zuge der anhaltenden Industrialisierung führten die Großkonzerne die Kernprozesse Schlachtung, Zerlegung, Verpackung und Logistik zusammen und erzielten somit immer größere Marktanteile. Parallel zu dieser Entwicklung stieg im Handel der Marktanteil von vorverpackten Fleischprodukten. Infolgedessen trug der Handel mit seiner erhöhten Nachfrage und einem erheblichen Preisdruck auf die Fleischproduzenten zu der fortschreitenden Industrialisierung der Fleischwirtschaft bei (vgl. Erol und Schulten 2020: 5). Mittlerweile wird der deutsche Fleischmarkt von den Marktführern Tönnies, Vion Food Germany, Westfleisch und Danish Crown dominiert (vgl. Whitall und Trinczek 2020: 134). Der Tönnies-Konzern, der 2018 einen Jahresumsatz von 6,65 Milliarden Euro erwirtschaftete, nimmt in der deutschen Fleischindustrie eine führende Marktposition ein. Mit 2,90 Milliarden Euro Jahresumsatz folgte an zweiter Stelle Vion Food Germany, noch vor dem an dritter Stelle liegenden Westfleisch-Konzern mit 2,60 Milliarden Euro Jahresumsatz. Allein die drei genannten Unternehmen wiesen im Bereich der Schweineschlachtungen einen Marktanteil von 58% auf (vgl. Erol und Schulten 2020: 5 f.).
Der Strukturwandel in der Fleischindustrie mit der Konzentration auf wenige Konzerne, führte in der Zeit zwischen 1999 und 2014 annähernd zu einer Halbierung der Anzahl der Betriebe (vgl. Bosch et al. 2020: 4). Von den 1999 erfassten 16.359 Betrieben, waren 2014 nur noch 9.137 Betriebe übriggeblieben.
Abbildung 2: Die Anzahl der Betriebe in der deutschen Fleischindustrie im Jahr 1999/2014
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Zahlen der Bundeagentur für Arbeit zitiert nach Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 534.
Davon wiesen rund 86% weniger als 20 Mitarbeiter auf (vgl. Bundeagentur für Arbeit zitiert nach Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 534). Diese kleinen Betriebe stellten 31% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse (vgl. ebd.: 534). Zum Vergleich sei erwähnt, dass 47,3% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen auf die mittleren Betriebe mit 20 bis 250 Angestellten entfielen und die größeren Betriebe mit über 250 Angestellten lediglich einen Anteil von 21,7% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen aufwiesen (vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 534).
Abbildung 3: Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten nach Betriebsgröße im Jahr 2014
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Zahlen von Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 534.
Parallel zu dieser Entwicklung wurden im gleichen Zeitraum die Stammbelegschaften in den Betrieben reduziert und durch entsandte Arbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa ersetzt, die in der deutschen Beschäftigungsstatistik nicht erfasst werden (vgl. Bosch et al. 2020: 4). Die Bundesagentur für Arbeit geht für den genannten Zeitraum von einer bundesweiten Reduzierung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse um 32% (44.000 Arbeitsplätze) aus (vgl. Bundeagentur für Arbeit zitiert nach Bosch et al. 2020: 4).
Im europäischen Vergleich war Deutschland als Produktions- und Schlachtungsstandort für die expandierende und zunehmend exportorientierte Fleischwirtschaft besonders attraktiv (vgl. Erol und Schulten 2020: 5; vgl. Whitall und Trinczek 2020: 104). Niedrige Produktions- und Arbeitskosten sowie eine fehlende gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten in Subunternehmen galten als Konkurrenzvorteil gegenüber den in hohem Maße reglementierten Arbeitsmärkten in den europäischen Nachbarländern wie u. a. Dänemark, Frankreich und den Niederlanden. Darüber hinaus weisen die genannten Nachbarländer einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad auf. Hinzu kam eine Zersplitterung ganzheitlicher Arbeitsprozesse in einzelne Arbeitsschritte und Fließbandfertigung. Die Facharbeit musste einfacher und standardisierter Arbeit weichen. Vor diesem Hintergrund öffneten sich neue Märkte für vielseitig einsetzbare Arbeitskräfte, oftmals ohne fachliche Qualifikation, die nach kurzer Anlernphase diese standardisierten Tätigkeiten ausüben konnten (vgl. Bosch et al. 2020: 4; vgl. DGB 2020a: 1). In der Folge wurden diese Tätigkeiten über Werkverträge an Subunternehmen vergeben (vgl. Erol und Schulten 2020: 9; vgl. DGB 2020a: 1). Das Werkvertrags-Konstrukt etablierte sich fortan in der deutschen Fleischindustrie als „[...] fester Bestandteil des Produktionsprozesses und auf Dauer angelegt“ (Erol und Schulten 2020: 9).
Im Folgenden werden die Werkvertrags-Konstrukte mit ihren Auswirkungen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vor Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes dargestellt.
2.2 Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie als Makel der Branche
Die augenscheinlich skandalträchtigen Arbeitsbedingungen und die niedrige Bezahlung der Beschäftigten in der Fleischindustrie standen bereits vor der Corona-Krise in der Kritik. Dabei wurde wiederkehrend auf die prekären Arbeitsverhältnisse von überwiegend aus dem osteuropäischen Raum stammenden Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten Bezug genommen. Diese wurden als Werkvertragsbeschäftigte in Betrieben der deutschen Fleischindustrie eingesetzt (vgl. Schulten und Specht 2021: 36 f.; vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 533).
Der Werkvertrag als flexibles unternehmerisches Instrument ist nicht von vornherein illegal. Grundsätzlich ermöglicht er Unternehmen einzelne Dienstleistungen von extern einzukaufen anstatt diese selbst zu erbringen (vgl. Bosch et al. 2020: 5; vgl. Obermeier 2020). Der Arbeitsauftrag kann an einzelne Selbstständige oder aber an ein Werkvertragsunternehmen vergeben werden. Dabei ist es dem Werkvertragsunternehmen überlassen, wie und mit welchen Ressourcen es die Leistung erbringt (vgl. Obermeier 2020).
Vor diesem Hintergrund vertraten die Unternehmen der Fleischbranche die Auffassung, dass den Beschäftigten von Werkvertragsfirmen der Status als Fremdpersonal inhärent ist, für das sie sozial- und arbeitsrechtlich nicht zuständig sind (vgl. Bosch et al. 2020: 5). In diesem Kontext ordnete der amtierende Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD) die Position der Unternehmen in der Fleischindustrie als „organisierte Verantwortungslosigkeit“ (vgl. Holderried 2020) ein.
Nachdem es ursprünglich darum ging einfachere Tätigkeiten vorübergehend auszulagern, ist nach Ansicht der Gewerkschaften in jüngerer Vergangenheit ein Trend zur dauerhaften Auslagerung spezialisierter Arbeitsaufträge aus dem Kernbereich von Unternehmen zu beobachten. Daneben kommt mit sogenannten „Onsite-Werkverträgen“ ein weiterer Aspekt hinzu. Bei einem „Onsite- Werkvertag“ wird ein Arbeitsauftrag zur dauerhaften Erbringung auf dem eigenen Werksgelände an das Werkvertragsunternehmen vergeben (vgl. DGB 2020a: 1; vgl. Obermeier 2020).
Insbesondere die Fleischindustrie hat sich die Werkvertragskonstruktionen zu Nutze gemacht. Einzelne Kerntätigkeiten wie die Schlachtung, Zerlegung und größtenteils auch die Fleischverarbeitung wurden über die Vergabe von Werkverträgen an Subunternehmen übertragen. Dadurch gelang es den Unternehmen sich der Verantwortung für den Arbeits- und den Gesundheitsschutz eines Großteils der Beschäftigten auf ihrem Werksgelände zu entziehen und die in Deutschland geltenden Arbeits- und Sozialstandards zu umgehen (vgl. BMAS 2020:2; vgl. DGB 2020a: 1). Darüber hinaus nutzten die Subunternehmen das Lohngefälle innerhalb Europas, um die Lohnkosten durch die Anwerbung von Beschäftigten aus Süd- und Osteuropa möglichst niedrig zu halten (vgl. DGB 2020a: 1; vgl. Erol und Schulten 2020: 9). Die entsandten Beschäftigten arbeiteten in Deutschland, wurden aber nach dem geltenden Arbeitsrecht in ihren Heimatländern beschäftigt und auch nach den dortigen Lohnstandards bezahlt (vgl. Erol und Schulten 2020: 9). Neben den Werkvertragsbeschäftigten wurden in einem geringeren Umfang auch Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer eingesetzt. In diesem Kontext ergab sich ein undurchschaubares Konstrukt unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse, in dem Verantwortlichkeiten für Arbeitsrecht und Arbeitsschutz nicht geregelt waren (vgl. BMAS 2020: 3).
Hierzulande beklagten Betriebsräte, dass sie keinen Zugriff auf die über Werkverträge Beschäftigten hatten und diese somit nicht in arbeitsrechtlichen Fragen unterstützen konnten (vgl. Bosch zitiert nach Bosch et al. 2020: 6). Demgegenüber steht die Position der BDA, die in Werkverträgen „[...] ein übliches und bewährtes Instrument im Geschäftsverkehr und eine bekannte und faire Vertragsform [...]“ (BDA: 2020) sehen.
Angesichts dessen wurden in den vergangenen Jahren wiederholt Medienberichte über Lohndumping mit Stundenlöhnen zwischen drei bis fünf Euro, Verstöße gegen Arbeitszeitgesetze (vgl. Weinkopf und Hüttenhoff 2017: 533), Einbehaltung von Urlaubstagen und fehlendem Krankenversicherungsschutz (vgl. Wiegand 2013) sowie überteuerte Wohnunterkünfte in desolatem Zustand und unzulässige Gebühren für Transporte, Arbeitskleidung und Arbeitsmittel (vgl. Bosch et al. 2020: 2) öffentlich angeprangert. Angesichts dessen kritisiert die Gewerkschaft NGG schon seit langem die mangelnde Kontrolldichte in der Fleischindustrie und führt diese u. a. auf Personalmangel bei den Zollbehörden zurück (vgl. Brümmer 2021: 39).
Die nicht enden wollenden Berichte über die Missstände in der Fleischindustrie veranlassten das MAGS NRW im Jahr 2019 zu einer breit angelegten Untersuchung der großen Schlachthöfe in NRW. Im Rahmen der Überwachungsaktion „Faire Arbeit in der Fleischindustrie“ wurden im Aktionszeitraum von Juli bis September 2019 rund 9000 Verstöße erfasst. Die Untersuchung bestätigte, die in den Medien aufgezeigten Missstände in den Bereichen Arbeitszeit, Gesundheitsschutz, unzulässige Lohnabzüge und mangelhafter Unterbringung der Beschäftigten (vgl. MAGS NRW 2019: 3 f.).
Nachdem im Mai 2020 u. a. in Pforzheim (vgl. Klawitter 2020) und im Juni 2020 u. a. in Rheda-Wiedenbrück (vgl. WirtschaftsWoche 2020) umfangreiche Corona-Ausbrüche in Betrieben der fleischverarbeitenden Industrie auftraten, reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes innerhalb kurzer Zeit auf die prekäre Arbeits- und Wohnsituation der Beschäftigten in der Fleischindustrie (vgl. Brümmer 2021: 39).
Die Inhalte des Arbeitsschutzkontrollgesetzes werden im folgenden Text aufgezeigt.
2.3 Das Arbeitsschutzkontrollgesetz
Das Bundesarbeitsministerium für Arbeit und Soziales unter der Leitung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) präsentierte am 21. Juli 2020 einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (vgl. BMAS 2020), der im August 2020 im Bundestag diskutiert und im Oktober 2020 verabschiedet wurde. Das Arbeitsschutzkontrollgesetz trat am 01. Januar 2021 in Kraft (vgl. Erol und Schulten 2020: 16).
Die vier zentralen Inhalte des Arbeitsschutzkontrollgesetzes sind ein Verbot von Werkverträgen, verbindliche Standards für Gemeinschaftsunterkünfte, die verpflichtende Implementierung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung und die Einführung einer Mindestbesichtigungsquote. Für Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sieht das Arbeitsschutzkontrollgesetz Ausnahmeregelungen vor (vgl. BMAS 2020: 3 f.; vgl. Sepsi und Szot 2021: 2).
Im Folgenden werden die zentralen Inhalte des Arbeitsschutzgesetzes näher erläutert.
Die erste und weitreichendste gesetzliche Regulierung stellt das Verbot von Werkverträgen für das Kerngeschäft der Fleischindustrie dar. Dahinter verbirgt sich die Vorgabe, dass die Kerntätigkeiten der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung nicht mehr an Fremdpersonal übertragen werden dürfen. Für das Kerngeschäft der Fleischindustrie ist der Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten und Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern verboten und wird bei Verstößen mit einem Bußgeld geahndet. Ausgenommen von diesem Verbot sind Handwerksbetriebe, die in der Regel weniger als 50 Beschäftigte aufweisen (vgl. BMAS 2020: 4; vgl. Erol und Schulten 2020: 16). Die zweite gesetzliche Regulierung beinhalt die Einführung bestimmter Standards für Gemeinschaftsunterkünfte. Dabei ist es unerheblich, ob die Gemeinschaftsunterkünfte innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes liegen. Sie müssen die branchenübergreifenden Mindestanforderungen einhalten. Es gelten die arbeitsstättenrechtlichen Anforderungen (vgl. BMAS 2020: 49). Ferner greift zukünftig eine Verpflichtung zur Bereitstellung angemessener Gemeinschaftsunterkünfte, wenn zeitlich befristet Beschäftigten im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses die Bereitstellung einer Gemeinschaftsunterkunft zugesagt wurde. Darüber hinaus wird eine Dokumentationspflicht im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Gemeinschaftsunterkünften eingeführt, die den externen Kontrollbehörden ihre Überwachungs- und Kontrollfunktion erleichtern soll (vgl. ebd.: 4).
Drittens werden die Unternehmen der Fleischindustrie zur Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Mit diesem Instrument sollen vorrangig Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen, z. B. den gesetzlichen Mindestlohn sowie Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz unterbunden werden (vgl. Erol und Schulten 2020: 16). Ferner soll mit diesem Instrument zukünftig sichergestellt werden, dass Überstunden korrekt erfasst und abgerechnet werden (vgl. Sepsi und Szot 2021: 4).
Viertens soll die Einführung einer Mindestbesichtigungsquote zu einer effektiveren Überwachung der Arbeitsschutzvorschriften in den Betrieben beitragen. Mit der Einführung einer jährlichen bundeslandbezogenen Mindestbesichtigungsquote von fünf Prozent wird die Kontrolldichte in den Betrieben deutlich erhöht (vgl. BMAS 2020: 3 f.). Darüber hinaus wird die Geldbuße bei Arbeitszeitverstößen auf 30.000 Euro verdoppelt und damit das Strafmaß empfindlich angehoben (vgl. Erol und Schulten 2020: 16).
Das anschließende dritte Kapitel erläutert den theoretischen Ansatz, der die Voraussetzung für die spätere Analyse bildet.
3 Der Multiple-Streams-Ansatz
Der Multiple-Streams-Ansatz (MSA) basiert auf der 1984 erschienenen Publikation „Agendas, Alternatives and Public Policies“ des US-amerikanischen Politikwissenschaftlers John W. Kingdon. Kingdons Intention für seinen Ansatz war die Untersuchung des Phänomens, warum einige weniger bedeutsame Probleme auf die Agenda politischer Entscheidungsträger gelangen und in Form von bestimmten Policies bearbeitet werden, wohingegen vermeintlich drängendere Probleme keine Beachtung finden (vgl. Kingdon 2014: 2). Kingdon bezeichnete seinen Ansatz zunächst als „[...] a revised version of the Cohen- March-Olsen garbage can model of organizational choice“ (Kingdon 2014: 19). In der Folge hat Nikolaos Zahariadis Kingdons Ansatz übernommen und im Zuge seiner empirischen Arbeiten unter der Formulierung MSA weiterentwickelt (vgl. Herweg 2015: 326; vgl. Zahariadis 1999: 73). Der MSA wird innerhalb des Policy-Prozesses für Analysen in der Phase des AgendaSettings angewendet (vgl. Schneider und Janning 2006: 53; vgl. Wenzelburger und Zolnhöfer 2015: 20). Dabei richtet der MSA sein Hauptaugenmerk auf den politischen Prozess, der zu einer bestimmten Policy führt (vgl. Wenzelburger und Zolnhöfer 2015: 28).
Kingdon grenzt sich von einer Vielzahl anderer Theorien der Policy-Forschung dadurch ab, dass er politische Entscheidungen nicht als Resultat rationaler Problemlösung betrachtet. Vielmehr rückt Kingdons Ansatz die beiden Aspekte Kontingenz und Ambiguität in den Mittelpunkt der Analyse (vgl. Herweg 2015: 325). In diesem Zusammenhang bedeutet Kontingenz, dass politische Entscheidungen weder zwingend erforderlich sind, noch gänzlich unerreichbar erscheinen (vgl. Luhmann zitiert nach Herweg 2015: 325). Rüb veranschaulicht in diesem Kontext das Bild von Politik als „[...] ein Spiel mit Möglichkeiten“ (Rüb 2014: 377) und bezeichnet Kingdons Ansatz auch als „[...] KontingenzModell des politischen Entscheidens“ (Rüb 2014: 376). Dagegen weist Ambiguität auf die mehrdeutige Wahrnehmung und Interpretation von politischen Phänomenen hin. Angesichts dessen ist Mehrdeutigkeit nicht mit Ungewissheit zu verwechseln, denn Mehrdeutigkeit lässt sich im Gegensatz zur Ungewissheit nicht durch weiterführende Informationen verringern. Folglich ermöglicht der MSA Policy-Prozesse aus dem Blickwinkel der mehrdeutigen Wahrnehmung eines politischen Phänomens zu untersuchen (vgl. Zahariadis 1999: 74).
3.1 Das Garbage-Can-Modell als Grundlage des Multiple-Streams- Ansatzes
Der MSA basiert zu einem großen Teil auf dem Garbage-Can-Modell („Mülleimermodell“) von Cohen, March und Olsen (vgl. Reiter 2017: 38). Cohen et al. befassten sich in ihren Forschungen intensiv mit Entscheidungsund Lernprozessen, die sich durch Mehrdeutigkeit oder Unklarheit („ambiguity“) auszeichneten (vgl. Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186). Daran anknüpfend führten sie für mehrdeutige Situationen den Begriff organisierte Anarchien ein (vgl. March und Olsen zitiert nach Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186). Cohen et al. beobachteten während ihrer Studie an Universitäten drei charakteristische Merkmale, die organisierte Anarchien kennzeichnen (vgl. Cohen et al. 1972: 16; vgl. Kingdon 2014: 84). Die drei Merkmale sind beschränktes Wissen und unvollkommene Technologien, inkonsistente und unoperationale Ziele sowie wechselnde Teilnehmer und Aufmerksamkeit (vgl. Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186).
Erstens führen beschränktes Wissen und unvollkommene Technologien zu einem Mangel an umfassenden Informationen über das Umfeld der Organisation und die wesentlichen Zusammenhänge, die für das Erreichen vorgegebener Ziele notwendig sind (vgl. Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186; vgl. Kingdon 2014: 84). Zweitens begünstigen inkonsistente und unoperationale Ziele, dass sich die Zielsetzungen im Zuge des Entscheidungsprozesses verändern. Beispielsweise, weil diese nicht präzise definiert sind oder weil es der Entscheidungsprozess auf unvorhersehbare Weise erfordert (vgl. Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186; vgl. Kingdon 2014: 84). Drittens, die Teilnehmer und der Grad ihrer Aufmerksamkeit verändern sich im Laufe des Entscheidungsprozesses (vgl. Berger und Bernhard-Mehlich 2006: 186; vgl. Kingdon 2014: 84).
Das Mülleimermodell von Cohen et al. sieht keine zielgerichteten Lösungen für die vorherrschenden Probleme vor (vgl. Cohen et al. 1972: 16). Vielmehr ist der Entscheidungsprozess durch das zufällige Zusammentreffen vier unabhängiger, externer Ströme gekennzeichnet. Zu diesen vier Strömen zählen Probleme, Entscheidungsgelegenheiten, Lösungen und Teilnehmer (vgl. Cohen et al. 1972: 3; vgl. Rüb 2014: 375).
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- Quote paper
- Thorsten Rürup (Author), 2022, Die Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in der Fleischindustrie. Eine Analyse aus Sicht des Multiple-Streams-Ansatzes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1356131
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