Das öffentliche Bild des Shell-Konzerns in der deutschen Presseberichterstattung

Eine zeitreihenanalytische Untersuchung der Jahre 1995 bis 2000


Magisterarbeit, 2002

167 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit

1. Einleitung

2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

3. Unternehmensimages
3.1. Öffentlichkeit und öffentliche Meinung
3.2. Soziale Verantwortung und Umweltverhalten von Unternehmen
3.3. Die Rolle von Schemata in der öffentlichen Meinungsbildung

4. Einfluss der Medien auf die Bildung eines öffentlichen Bildes
4.1. Walter Lippmann und die „Pictures in Our Head“
4.2. Agenda-Setting als fruchtbarer Ansatz zur Imageanalyse
4.2.1. Second-Level Agenda-Setting und Framing
4.2.2. Medien-Priming

5. Public Relations und Agenda-Setting
5.1. Issues Management
5.2. Frame-Building durch Unternehmen als Interessenträger

6. Faktoren der Nachrichtenauswahl in der Unternehmensberichterstattung
6.1. Negativismus und die Bedeutung von Schlüsselereignissen
6.2. Kollegenorientierung und Inter-Media Agenda-Setting
6.3. Unternehmen als Thema der Berichterstattung

II. Eine Sekundäranalyse zum öffentlichen Bild des Shell-Konzerns

7. Die Daten der Primärerhebung
7.1. Inhaltsanalyse der Presseberichterstattung
7.2. Bevölkerungsumfragen

8. Die ideale Untersuchungsanlage

9. Methode und Aufbau der Untersuchung
9.1. Faktor Zeit
9.2. Die Methode der Zeitreihenanalyse
9.2.1. Kausalität in der Zeitreihenanalyse
9.2.2. Univariate Zeitreihenanalyse
9.2.3. Bivariate Analyse mit Kreuzkorrelationen
9.3. Aufbereitung der Daten zur Sekundäranalyse

10. Ergebnisse
10.1. Der Shell-Konzern innerhalb der Unternehmensberichterstattung
10.1.1. Die Thematisierung Shells auf der Medienagenda
10.1.2. Attribute als Kriterien der Bewertung von Shell
10.1.3. Die Ereignisse um die Brent Spar und Nigeria als Schlüsselereignisse
10.2. Medienmeinungsführer in der Bewertung Shells
10.2.1. Ausgewählte Zeitreihen
10.2.2. Ergebnisse
10.2.2.1. Inter-Media Agenda-Setting in der Krisenphase
10.2.2.2. Inter-Media Agenda-Setting in der Routinephase
10.2.2.3. Inter-Media Agenda-Setting zwischen regionalen und überregionalen Zeitungen
10.3. Medientenor und Bevölkerungsmeinung
10.3.1. Tendenz der Berichterstattung und Bevölkerungsmeinung
10.3.1.1. Ausgewählte Zeitreihen
10.3.1.2. Ergebnisse
10.3.2. Attribute der Berichterstattung und Bevölkerungsmeinung
10.3.2.1. Ausgewählte Zeitreihen
10.3.2.2. Ergebnisse

11. Zusammenfassung und Bewertung der Zeitreihenanalyse

12. Konsequenzen für die Unternehmenskommunikation

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Second-Level Agenda-Setting als Erklärungsrahmen der Imagegestaltung

Abbildung 2: Der Framing-Prozess als Teil des Second-Level Agenda-Setting

Abbildung 3: Thematisierung Shells in dpa, taz und den analysierten Printmedien

Abbildung 4: Thematisierung von Brent Spar und „Umweltfreundlichkeit“

Abbildung 5: Brent Spar - Differenz positiver und negativer Artikel zur „Umweltfreundlichkeit“ und Boykottbereitschaft in Deutschland

Abbildung 6: Thematisierung von Nigeria und „Soziale Verantwortung“

Abbildung 7: Nigeria -Differenz positiver und negativer Bewertungen zu „Soziale Verantwortung“

Abbildung 8: Entwicklung der durchschnittlichen Tendenz der Berichterstattung über Shell 1995-

Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Berichterstattungsintensität und Bevölkerungsmeinung „Shell hat einen guten Ruf“

Abbildung 10: Entwicklung positiver/neutraler und negativer Berichterstattung und Zustimmung zur These „Shell hat einen guten Ruf“

Abbildung 11: ACF und PACF der Zeitreihe „Shell hat einen guten Ruf“

Abbildung 12: Berichterstattung zur „Sozialen Verantwortung“ Shells und Zustimmung zur These „Shell übernimmt Verantwortung für die gesamte Gesellschaft“

Abbildung 13: Berichterstattung zur „Umweltfreundlichkeit“ Shells und Zustimmung zur These „Shell versucht die Umwelt zu schützen“

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Formale Merkmale der Berichterstattung über Shell

Tabelle 2: Bewertungen Shells in verschiedenen thematischen Bezügen

Tabelle 3: Thematisierung und Bewertung von Attributen Shell´s

Tabelle 4: Unterschiede der Medien in der Bewertung der sozialen Verantwortung und Umweltfreundlichkeit Shells

Tabelle 5: Themen als Imageträger für soziale Verantwortung

Tabelle 6: Themen als Imageträger für Umweltfreundlichkeit

Tabelle 7: Durchschnittliche Thematsierung von „Umweltfreundlichkeit“ und „Soziale Verantwortung“ pro Woche vor, während und nach den Schlüsselereignissen Brent Spar & Nigeria

Tabelle 8: Kreuzkorrelationen transformierter und untransformierter Zeitreihen der durchschnittlichen Tendenz zwischen HB und anderen Tageszeitungen

Tabelle 9: Kreuzkorrelationen der Residuen der durchschnittlichen Tendenz zwischen Boulevardzeitungen und anderen Tageszeitungen

Tabelle 10: Kreuzkorrelationen der Residuen der durchschnittlichen Tendenz zwischen HB und anderen Tageszeitungen in der Krisenphase (1/95 – 46/96)

Tabelle 11: Kreuzkorrelationen zwischen der Interventionszeitreihe des SPIEGEL und der durchschnittlichen Tendenz einzelner Printmedien 1/95 – 46/

Tabelle 12: Kreuzkorrelationen zwischen den Residuenreihen der durchschnittlichen Tendenz einzelner Printmedien 47/96 – 52/

Tabelle 13: Kreuzkorrelationen zwischen der Interventionszeitreihe SPIEGEL und der durchschnittlichen Tendenz einzelner Printmedien 47/96 – 52/

Tabelle 14: Kreuzkorrelationen der Tendenzen zwischen überregionalen und regionalen Tageszeitungen

Tabelle 15: Ausgewählte ARIMA-Modelle der allgemeinen Berichterstattung und Bevölkerungsmeinung „Shell hat einen guten Ruf“

Tabelle 16: Kreuzkorrelationen zwischen Berichterstattungsintensität und Bevölkerungsmeinung „Shell hat einen guten Ruf“

Tabelle 17: Ausgewählte ARIMA-Modelle zu den Attributen „Soziale Verantwortung“ & „Umweltfreundlichkeit“

Tabelle 18: Kreuzkorrelation zwischen dem Attribut „Soziale Verantwortung“ und Bevölkerungsmeinung „Shell übernimmt Ver. für die gesamte Gesellschaft“

Tabelle 19: Kreuzkorrelationen zwischen dem Attribut „Umweltfreundlichkeit“ und Bevölkerungsmeinung „Shell versucht die Umwelt zu schützen“

Tabelle 20: Signifikante Korrelationen zwischen Medienberichterstattung und Bevölkerungsmeinung zu Shell

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit

1. Einleitung

Mit diesen Worten schließt eine Analyse der publizistischen Inszenierung des Skandals um die Rolle Shells in Nigeria ab, als dort der Konzern im Jahr 1995 mit Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen konfrontiert wurde. Doch bereits einige Monate vorher rückte Shell mit der medialen Inszenierung der Ereignisse um die geplante Versenkung einer Ölplattform (Brent Spar) ins Zentrum der öffentlichen Kritik. Zwar gilt fünf Jahre später das öffentliche Bild zumindest der Deutschen Shell wieder als gerichtet, doch existiert für sie immer noch eine Zeitrechnung „vor" und „nach" Brent Spar (vgl. Teiwes-Verstappen/Köbl 2000, S. 36). Beide Ereignisse führten zu einer veränderten öffentlichen Exponiertheit und Wahrnehmung des Unternehmens und machten deutlich, welche zentrale Rolle die veröffentlichte Meinung durch Medien im Prozess öffentlicher Meinungsbildung spielt.

Die Verbesserung des Bildes in der Öffentlichkeit wird dann ebenso oft einer erfolgreichen Medienarbeit durch das Unternehmen zugeschrieben. Dieser Annahme steht unter PR-Praktikern wie auch in Marketingkreisen eine weitverbreitete einfache Sichtweise von Medienwirkungen gegenüber, bei der noch von einem Transfer- oder Kontaktmodell ausgegangen wird. Danach werden Wirkungen unmittelbar dem (positiven) Medienstimulus zugeschrieben, der auf ein relativ passives Publikum trifft und dem Stimulus-Response-Paradigma der frühen Medienwirkungsforschung mit der Gleichsetzung von Botschaft und Wirkung entspricht (vgl. Merten 1994, S. 303). Doch in der heutigen Forschung stehen „vereinbarte Effekte“ mit verschiedensten Randbedingungen im Mittelpunkt kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen. Diese beinhalten sowohl Merkmale auf der Stimulusseite wie Wirkungsabsichten von Journalisten, als auch Merkmale auf Seiten der Rezipienten wie selektive Zuwendung (vgl. McQuail 1994, S. 331f.).[1]

2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die Aufdeckung solcher Zusammenhänge zwischen Medienberichterstattung und Bevölkerungsmeinung zum Shell-Konzern ist Ziel dieser Arbeit. Da es sich dabei um eine klassische Frage aus der Medienwirkungsforschung handelt, ist dies eine primär kommunikationswissenschaftliche Betrachtung. Als Imageanalyse ist die Fragestellung zudem Bestandteil einer PR-Wissenschaft. Hier versteht sich die Arbeit nicht nur als angewandte, praktische Forschung, sondern versucht, kommunikationswissenschaftliche Theorien auf Fragestellungen der Public Relations anzuwenden, um einer sonst bemängelten Dürftigkeit von Imageanalysen im ökonomischen Bereich entgegen zu arbeiten (vgl. Bentele 1999, S. 187ff.). Mit der Ausarbeitung von Prozessen öffentlicher Meinungsbildung in Bezug auf Unternehmen soll schließlich auch einer weitverbreiteten Angst unter PR-Leuten vor Wirkungsforschung begegnet werden (vgl. Avenarius 1995, S. 116).

Nach dem Grundprinzip wissenschaftlich-empirischen Arbeitens sollten für eine empirische Arbeit relevante theoretische Ansätze diskutiert, empirische Untersuchungen zum Problem durchgesehen und deren Anregungen für die Lösung des anstehenden Problems geprüft werden, bevor der eigene empirische Beitrag konzipiert wird (vgl. Rössler 1997, S. 12). Doch aufgrund der schwierigen, wenn gar unmöglichen Beschaffung empirischer Studien zu Unternehmensimages (aufgrund überwiegend privat-finanzierter Studien) wird ein pragmatischer Weg eingeschlagen.

Im ersten, allgemeinen Teil der Arbeit wird ausgehend von einer kurzen Klärung des diffusen Begriffs des Images auf die Stellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit eingegangen. Hier wird die Relevanz außerökonomischer Kriterien bei der Beurteilung von Unternehmen einer sensiblen Industriebranche in der breiten Bevölkerung angesprochen. Es wird dargestellt, dass soziale Verantwortung und das Umweltverhalten eines Unternehmens wie Shell zentrale Attribute der Beurteilung darstellen, die im Prozess öffentlicher Meinungsbildung ausschlaggebend sind. Die Imageanalyse Shells erfolgt zwar in einer explizit makrotheoretischen Betrachtung, schließt aber Mechanismen der Meinungsbildung auf individueller Ebene ein. Die mit Images eng verbundene Schema-Theorie dient als Erklärungsrahmen für Mechanismen der Imagebildung in der Bevölkerung. Die Medien werden in diesem Prozess als zentrale Vermittlungsinstanzen identifiziert, deren Vorstellungsbilder von einem Unternehmen wesentlich die Bilder in der Bevölkerung prägen.

Um die Verbindung zwischen Medien- und Bevölkerungsimages zu Shell auf ein theoretisches Fundament zu stellen, werden Weiterentwicklungen des Agenda-Setting-Ansatzes auf ihre Fähigkeit zur Anwendung auf Unternehmensimages geprüft. Stichworte sind hier das Second-Level Agenda-Setting und Framing. Synonyme Begriffe wie Attribute- oder Image -Agenda-Setting verdeutlichen aber eine bisher dürftige Ausdifferenzierung. Doch stellen sie alle explizite Bezüge zur Imagebildung her, indem durch Selektion und Fokussierung auf bestimmte Aspekte bzw. Attribute eines Bewertungsobjektes bestimmte Beurteilungen nahegelegt und andere ausgeschlossen werden. Zur Berücksichtigung der ganzen Kette dargestellter und wahrgenommener Realitäten werden daran anschließend Einflusschancen von Public Relation auf die mediale Konstruktion von Wirklichkeit diskutiert. Dies geschieht vielfach durch das sog. Issues Managements, über das versucht wird, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen (Stichwort: Agenda- und Frame-Building). Aufgrund des Schwerpunktes der Forschung im politischen Kontext, soll die Übertragbarkeit auf einen ökonomischen Kontext geprüft werden. Daran anschließend wird auf weitere Faktoren eingegangen, welche die Imagebildung in den Medien wesentlich beeinflussen, um in diesem Zusammenhang Shell als Thema der Berichterstattung theoretisch zu beleuchten.

Im zweiten, empirischen Teil der Arbeit erfolgt die zeitreihenanalytische Untersuchung der Entwicklung des öffentlichen Bildes Shells in Medien und Bevölkerung seit dem Imageverlust 1995 bis ins Jahr 2000. Begonnen wird mit einem deskriptiven Teil, in dem Themen und Attribute dargestellt werden, die das Bild Shells in den Medien bestimmten, um ausführlicher die Thematisierung von Brent Spar und Nigeria darzustellen. Die deskriptiven Ergebnisse bilden den Ausgangspunkt für die anschließende explikative Analyse. Mit Hilfe der statistischen Zeitreihenanalyse werden Stärke und zeitlicher Einfluss der Bewertung Shells in den Medien untereinander und ebenso die allgemein wertende Berichterstattung und ihre Wirkung auf Einstellungsänderungen in der Bevölkerung überprüft. Dabei werden auch die Auswirkungen von Bewertungen zur Umweltfreundlichkeit und sozialen Verantwortung des Konzerns auf Einstellungsänderungen zu diesen Attributen untersucht. Der Anhang dient schließlich zur Veranschaulichung ausgesuchter Subthemen der Shell-Berichterstattung, bei der einzelne Ereignisse anhand von dpa-Meldungen und Beispielen der Presseberichterstattung rekonstruiert wurden. Er dient ebenfalls zur Dokumentation der statistischen Analyse und anderer Angaben.

3. Unternehmensimages

Wenn vom Ansehen bzw. öffentlichen Bild eines Unternehmens die Rede ist, gehört eine Klärung der Begrifflichkeiten zu jeder wissenschaftlichen Arbeit. Der Begriff des Bildes ist eng verknüpft mit dem des Images (lat. imago: Bild) und einer Vielzahl anderer Synonyme.[2] Der Imagebegriff ist „zu den Grundbegriffen der Kommunikationswissenschaft zu rechnen. Zugleich teilt er damit [aber] das Schicksal anderer zentraler Begriffe des Faches: Er zeichnet sich durch erhebliche Diffusität aus.“ (Merten 1999, S. 49). In der Sozialwissenschaft wird der Begriff des Images, der von Gardner/Levy (1955) in die Markt- und Sozialpsychologie eingeführt wurde, als „Gesamtkomplex von Strukturen [...], die in ihrer Summe ein vereinfachtes, aber handlungsprägendes Vorstellungsbild bestimmter Akteure oder Systeme vermitteln“ (Zerfaß 1996, S. 128 & 338) verstanden.

Bei der Rede von einem öffentlichen Bild wird der diffuse Begriff weiter eingegrenzt, denn dies sind "Images von Personen, Institutionen oder Objekten/Sachverhalten, die in der Öffentlichkeit entstehen bzw. produziert werden und die über Medien vermittelt vom Publikum aufgenommen werden" (Bentele 1992, S. 161/162).

3.1. Öffentlichkeit und öffentliche Meinung

Die öffentliche Exponiertheit großer Organisationen kommt besonders deutlich zum Ausdruck, wenn sich einzelne Problemlagen zu bedrohlichen Krisen oder Skandalen entwickeln wie es in den vergangenen Jahren auch anderen Mitgliedern der Mineralölindustrie (Tankerunglücke), Nahrungsmittelherstellern und chemischer Industrie (Störfälle) widerfuhr. Die Kommunikationspolitik trägt in solchen Situationen eine entscheidende Rolle, so dass sich besonders die Wissenschaft verstärkt mit Fragen der Krisenkommunikation auseinandergesetzt hat (vgl. Zerfaß 1996, S. 14/15). Für die Öffentlichkeitsarbeit bzw. Public Relations eines Unternehmens ist Öffentlichkeit damit schlichtweg konstituierend. Die sozialwissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Begriff in Bezug auf die Stellung von Unternehmen in der Öffentlichkeit ist bisher aber eher dürftig gewesen (vgl. dazu Szyszka 1999, S. 11). Doch muss man sich von der Vorstellung trennen, die PR richte sich an die Öffentlichkeit. Stattdessen steht eine Organisation mit vielen verschiedenartigen Teilöffentlichkeiten und Gruppen[3] in Beziehung, die sich durch unterschiedliche Interessen, unterschiedliches Engagement gegenüber der Organisation und durch unterschiedliches Kommunikations- und Informationsverarbeitungsverhalten auszeichnen (vgl. auch Klaus 1997, S. 108; Hallahan 2000). Im Marketing ist von Zielgruppen die Rede, zu denen neben Abnehmern und anderen Kunden eines Unternehmens öffentliche Anspruchsgruppen wie Medien, Wettbewerber, potentielle Mitarbeiter und staatliche Organe gehören (vgl. Meffert 1994, S. 85ff.).[4] Eine solche Segmentierung kommt in der situativen Theorie von öffentlicher Meinung nach Grunig/Hunt (1984) zum Ausdruck. In ihr wird eine Teilöffentlichkeit nur durch ihre jeweilige Beziehung zum Unternehmen definiert, innerhalb der die Mitglieder „might not know each other and probably have widely differing opinions and images regarding the organization“ (Moffitt 2001, S. 349/350). Diese unterschiedlichen Imagetypen spiegeln sich wieder im Werbeimage (Advertising Image), Unternehmensimag e (Corporate Image) und Produktimage (Brand Image) (vgl. Bentele 1992, S. 156). Bei letzterem wird bspw. ein Imagetransfer vom Produkt auf die gesamte Firma erwartet, ähnlich wie der erhoffte Transfer eines Sponsoring auf die eigene Firma, die Marke oder auf das beworbene Produkt selbst (vgl. Brosius/Fahr 1996, S. 142f.).

Bei Unternehmen der Mineralölindustrie ist es allerdings verwunderlich, dass bspw. trotz der positiven Image-Grundwerte von Automobilmarken „hiervon so wenig auf jene Firmen ´abfärbt´, die diese Lieblings-Spielzeuge des modernen Konsumbürgers überhaupt erst zum Laufen bringen“ (Müller-Michaelis 1992, S. 57-58). Doch gerade der Bereich des Ölgeschäftes ist durch sogenannte "commodities" oder "low interest"-Produkte gekennzeichnet, die es Mineralölfirmen schwer machen, ein bestimmtes Image über das einzelne Produkt zu generieren. Die Öffentlichkeit differenziert das einzelne Unternehmen dann nicht über das Produkt, über die sich Firmen üblicherweise unterscheiden, sondern zieht andere Faktoren zur Bewertung des Unternehmens heran (vgl. Johanssen 1997a, S. 138f.). Diese Faktoren bzw. Attribute, anhand derer ein Gegenstand, eine Person oder ein System von Mitgliedern einzelner Teilöffentlichkeiten beurteilt wird, erhalten in Gestalt von Imagedimensionen unterschiedliche Prioritäten. Attribute wie das Unternehmensverhalten in gesellschaftspolitischen Fragen, gegenüber Mitarbeitern und Wettbewerbern, der wirtschaftliche Erfolg (finanzielle Situation, Unternehmenswachstum, Management-Qualität und Innovationsorientierung), Kommunikationsmaßnahmen und -politik und wahrgenommene Leistungskompetenz (Qualität bzw. Preis-Leistungsverhältnis im Hinblick auf Zuverlässigkeit, Verarbeitungsqualität) stehen bei einzelnen Teilöffentlichkeiten je nach Engagement und Bezug unterschiedlich im Vordergrund (vgl. Meffert 1994, S. 85ff.; Zerfaß 1996, S. 128). Diese Imagedimensionen kommen in pauschalen, stereotypen Formulierungen zum Ausdruck, die sich in Form von eigener Primärerfahrung, verbürgtem Wissen über ein Objekt und in Form von Vorurteilen, Befürchtungen, Sympathien oder Erwartungen ausdrücken (vgl. Moffitt 2001, S. 348). Branchenkenner der Mineralölindustrie kennzeichnen ihren Wirtschaftsbereich, dessen Markt maßgeblich internationalen Einflüssen unterliegt, mit einer ausgeprägten Affinität für emotionale Reaktionen, da sich hier verstärkt „positive als auch negative Vorurteile mit tatsächlichen, ungefärbten Gegebenheiten" (Derieth 1995, S. 68) vereinen.

Ihr wirtschaftliches Handeln zwingt immer mehr zur öffentlichen Rechtfertigung, da die Bevölkerung durch die Erkenntnis, dass multinationale Unternehmen (MNU´s) auch globale Risiken produzieren, in gesellschaftsrelevanten Fragen sensibilisiert und mit Existenz- und Bedrohungsängsten konfrontiert wurde (vgl. Daugherty 2001; Henderson 2000). Schon 1993, also vor den großen Diskussionen zur Globalisierung, schenkten mehr als die Hälfte der Deutschen den Unternehmen kein Vertrauen. Sie sind skeptisch, ob Technik und Fortschritt einer modernen Gesellschaft ihren eigenen Bedürfnissen und Interessen Rechnung trägt (vgl. Noelle-Neumann/Köcher 1993, S. 545). Global tätige Unternehmen werden global in die Pflicht genommen und vom Großteil der Bevölkerung zunehmend nach nicht-ökonomischen Kriterien wie ihre soziale Verantwortung beurteilt (vgl. Röttger 1997, S. 16). Aber auch Unternehmen sind überzeugt, dass eine sozial und ökologisch verantwortliche Unternehmensführung langfristig auch den wirtschaftlichen Interessen des Konzerns nutzen werde.[5] So kündigte Peter Duncan, damaliger Chef der Deutschen Shell AG, nach den Ereignissen um die Brent Spar eine Kulturveränderung an, um öffentliche Meinung und Psychologie künftig bei Unternehmensentscheidungen neben "harten Fakten" stärker zu berücksichtigen. Die Bemühungen zur Messung direkter Auswirkungen des Images auf den geschäftlichen Erfolg sind entsprechend hoch (vgl. Kim 2000, 2001).

3.2. Soziale Verantwortung und Umweltverhalten von Unternehmen

Die soziale Verantwortung dient als Maßstab dafür, ob die Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Menschen, einer Gruppe oder einer Institution mit den geltenden Wertvorstellungen und Verhaltensnormen in Einklang stehen und ob das handelnde Individuum (bzw. Organisation) das Wohl der Mitmenschen und der Gesellschaft als Ganzes und nicht nur des eigenen oder der eigenen Gruppe bedenkt (vgl. Hunziker 1980, S. 4f.). Der Kampf um gesellschaftliche Akzeptanz konkreter Vorgehensweisen umfasst dabei Produkte, Produktionsprozesse und Vermarktungstechniken, die aus moralischen Gründen (Umweltverträglichkeit, Kinderarbeit, Bestechung) bedenklich erscheinen (vgl. Zerfaß 1996, S. 14; Wimmer 2001). Ereignisse in der Vergangenheit zeigten, welchen Einfluss ein öffentliches Bild als sozial unverantwortliches Unternehmen auf den ökonomischen Erfolg haben kann. Bei multinationalen, meist aktiennotierten Unternehmen übernimmt dann die Börse die Rolle eines Stimmungsbarometers, das äußerst sensibel auf Gerüchte reagiert. Als bspw. Adidas-Salomon Mitte 1998 mit dem Vorwurf der Kinderarbeit konfrontiert wurde, reagierte die Börse kurz darauf mit einem dramatischen Kursverlust (vgl. Müller/Kornmeier 2001, S. 66).

Umweltrelevantes Verhalten ist ein Unterfall der sozialen Verantwortung. Ende der 80er Jahre erreichte das Thema Umweltschutz als wichtigstes Problem mit fast 70 Prozent Spitzenwerte in der befragten deutschen Bevölkerung. Im Januar 1996 antworteten immer noch 62 Prozent auf die direkte Frage zur Wichtigkeit des Umweltschutzes als politisches Ziel, dieses Ziel sei ihnen wichtig (vgl. Noelle-Neumann/Köcher 1997, S. 1066). Aber nicht nur in der deutschen Bevölkerung ist dieses Thema eines der wichtigsten überhaupt (vgl. Dunlap/Scarce 1991). Auch in den ehemaligen Ländern des Ostblocks entwickelt sich ein immer ausgeprägteres Umweltbewusstsein (vgl. Lee/Norris 2000). Gefragt nach den Ursachen für die Entwicklung zur sozial sensibilisierten und umweltbewussten Gesellschaft, gehören die Verweise auf den „Wertewandel“ und auf Gefährdungspotentiale durch technischen Fortschritt innerhalb der „Risikogesellschaft“ zu den meistgenannten Gründen (vgl. Rolke 1994, S. 14; Warwick 1998; Billig 1995). Beck weitet diesen von ihm etablierten Begriff gar zur Weltrisikogesellschaft aus. In ihr „werden Industrieprojekte zu einer politischen Unternehmung in dem Sinn, dass hohe Investitionen dauerhaften Konsens voraussetzen, dieser aber mit den alten Routinen einfacher Modernisierung nicht mehr gewährleistet, sondern gefährdet wird. Was bisher in Form von ´Sachzwängen´ hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und exekutiert werden konnte - zum Beispiel Müllprobleme, die Entsorgung der Brent Spar, aber auch Produktionsweise, Produktplanungen usw. -, muss nun potentiell dem Kreuzfeuer öffentlicher Kritik standhalten.“ (Beck 1997, S. 38). Schlagworte wie „Corporate Citizenship“ oder „Corporate Social Responsibility“ verleihen einen Eindruck dieser gesellschaftlichen Wandlung. Kein Unternehmen, das heute etwas auf sich hält, kann darauf verzichten, den Umweltschutz und soziale Verantwortung in seine Unternehmensziele aufzunehmen. Beides bildet eine Basis für Wettbewerbsvorteile und langfristigen finanziellen Erfolg. Doch stehen der Bekennung zu gesellschaftlicher Verantwortung und nachhaltiger Entwicklung („Sustainable Development“) wie im „Shell Report 2001“[6] Akzeptanz- und Glaubwürdigkeitsprobleme gegenüber, die es besonders Unternehmen aus der Mineralölbranche schwer machen, sich als sozial verantwortliches oder umweltfreundliches Unternehmen zu profilieren. Nach einer Umfrage des Münchener Marktforschungsinstituts Imas, das 1000 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger danach fragte, welche von 20 vorher festgelegten Unternehmen nach ihrer Einschätzung neben dem wirtschaftlichen Erfolg auch das Gemeinwohl berücksichtigen, weisen VW und Siemens die besten Sozialimages auf. Shell als Vertreter der Mineralölindustrie wird dagegen wesentlich ungünstiger beurteilt (vgl. Medien Tenor 109/2001, S. 9). Mitglieder der Branche sehen sich aber auch einer starken Negativassoziation mit dem Bereich Natur/Umweltschutz ausgesetzt (vgl. Bruhn 1994, S. 152).

3.3. Die Rolle von Schemata in der öffentlichen Meinungsbildung

Das öffentliche Bild eines Unternehmens hängt eng von Mechanismen öffentlicher Meinungsbildung auf diesen Imagedimensionen ab. Der Begriff der Meinung impliziert aber i.d.R. eine feste Überzeugung und muss daher differenzierter betrachtet werden (vgl. Avenarius 1995, S. 141). Dazu gehört die Anordnung verschiedener Klassen von Meinungen auf einem Kontinuum. Hier werden Begriffe wie Überzeugungen (beliefs), Meinungen (opinions), Einstellungen (attitudes), Interessen (interests), Haltungen (sentiments) bis hin zu Werten (values) nach einer Hierarchie der Stabilität bzw. Festigkeit angesiedelt (vgl. Koeppler 2000, S. 7). Eine Aufzählung einzelner Definitionen soll hier vermieden werden, da Einstellungsdefinitionen je nach Fragestellung pragmatisch verwendet werden, denn „[s]ome use attitudes more generically and regard opinions as a subset of attitudes; others argue that attitudes are affective, whereas opinions are ´beliefs.´” (McCombs/Einsiedel/Weaver 1991, S. 75, Fußnote 1).

Nach Ansicht von Petty/Cacioppo (1981, S. 7) sollte der Ausdruck der Einstellung in Bezug auf ein allgemeines, andauerndes positives oder negatives Gefühl für eine Person, ein Objekt oder einen Sachverhalt benutzt werden, denn „whether one´s feelings concerning some behavior, individual, or other object are positive or negative plays a decisive role in the process of opinion formation“ (Crespi 1997, S. 21/22). Diese affektive Komponente ist neben kognitiven Elementen Teil von vier Mechanismen, die bei der Imagebildung von Bedeutung sind (vgl. Derieth 1995, S. 99; Bentele 1992, S. 154): Erstens Vereinfachung durch Typologisierung, zweitens Verallgemeinerung von Einzelerfahrung, drittens Überverdeutlichung bzw. „Lupeneffekt“ bestimmter realer Ausschnitte und viertens die positiven oder negativen Bewertungen. Mit der Beschränkung auf affektive Evaluationen, die wie die kognitive Komponente eng mit Verhalten zusammenhängen, soll der Einstellungsbegriff damit als generelle Verhaltensdispositionen von Menschen verstanden werden, bei der es sich um Perspektiven handelt, mit der Menschen bestimmte Sachverhalte wahrnehmen und bewerten (vgl. Kepplinger/Ehmig 1997, S. 271). Durch die Identifizierung einer solchen Einstellung zu einem Unternehmen erhofft man, zukünftiges Verhalten wie Boykottbereitschaft prognostizieren zu können.[7]

Images bzw. Einstellungen werden auch neutraler als Schemata bezeichnet, die erprobte Deutungsmuster liefern (vgl. McCombs/Einsiedel/Weaver 1991, S. 79). Allgemein beschreibt ein Schema „a cognitive structure that represents organized knowledge about a given concept or type of stimulus. A schema contains both the attributes of the concept and the relationships among the attributes” (Fiske/Taylor 1984, S. 140). Innerhalb der PR-Forschung wird diesem Konzept als Erklärungsrahmen für die Image-Bildung entsprechend viel Aufmerksamkeit geschenkt, da es als komplexere Theorie weit besser konzeptualisiert und erforscht ist als das simplizistische Konzept vom Image (vgl. Grunig 1993, S. 279-282). Beim Bestreben eines Unternehmens Images in eine positive Richtung zu verändern, stellt sich die Frage, inwieweit Schemata überhaupt beeinflussbar sind. In der Regel wird postuliert, dass Schemata ein Bezugssystem zur Bewältigung einer an sich chaotischen und unstrukturierten Welt schaffen, vor Informationsüberlastung schützen und Informationsverarbeitung wie die Suche nach Informationen, Wahrnehmung bzw. Beurteilung und Erinnern von Informationen steuern (vgl. Rössler 1997, S. 395; Zerfaß 1996, S. 129). Stereotypen - hier als Synonym für Image benutzt - gelten als relativ festgefahrene Schemata, die durch wenige konsistente Attribute aktivierbar sind und nicht passende Attribute abweisen (vgl. Crespi 1997, S. 24ff.). Um ein Objekt als Mitglied eines bestimmten Schemas zu begreifen, werden in einem solchen „top-down“-Prozess, wo bestehende kognitive Strukturen die Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung steuern, einige wenige zentrale Attribute herangezogen, während die meisten unwichtig bleiben (vgl. Brosius 1991, S. 286; auch Bonfadelli 1999, S. 122). Diese Voreingenommenheit schematischer Verarbeitung ist bei der Bildung von Vorstellungsbildern besonders wichtig, „[d]a nur wenige Attribute notwendig sind, um ein Schema zu aktivieren“ (Brosius 1991, S. 287; auch Grunig 1993, S. 275).

Sehr stabile Images hängen mit einem hohem gedanklichen Aufwand zusammen, bei dem bestehende Schemata eher verhindern, dass konträre Informationen aufgenommen werden. Gilt ein Unternehmen aus einer sensiblen Branche als generell umweltfeindlich, ist dieses Bild entsprechend schwer und nur langfristig änderbar. Neue Informationen, die ein positives Vorstellungsbild erzeugen sollen, sind nur schwer durchsetzbar. Sie widersetzen sich einem etablierten Schema und werden nicht als neue Informationen in einem „bottom-up“-Prozess (ohne interpretierende Instanzen) aufgenommen, was von besonderer Bedeutung bei der Bildung bzw. Änderung von Schemata ist (vgl. Chong 1996, S. 195).

Ein in der Werbepsychologie angeführtes Modell bei Prozessen der Einstellungsgenerierung, -stabilisierung und -änderung durch Kommunikation ist das ELM-Modell (Elaboration-Likelihood-Model; Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit) von Petty/Cacioppo (1981, S. 255ff.), das den kognitiven Aufwand bei der Verarbeitung von Informationen als abhängig von der Motivation, Fähigkeit und dem Involvement[8] des Empfängers sieht. In diesem Modell, das persuasive Kommunikation (Überredung) und damit intendierte Medienwirkungen beschreibt, wird zwischen einer zentralen und peripheren Route der Informationsverarbeitung unterschieden. Die zentrale Route postuliert, dass Empfänger einer Botschaft großen kognitiven Aufwand und Zeit bei der Aufnahme neuer Information aufbringen, die mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft wird. Einstellungen, die auf diese Weise verändert oder gebildet werden, sind stabil über die Zeit, resistent gegenüber interferierender Information und sagen wichtiges Personenverhalten voraus. Sie entsprechen damit eher fest etablierten Schemata bzw. Überzeugungen.

Von wichtigerer Bedeutung für die Veränderung von Images ist die periphere Route der Informationsverarbeitung. Bei ihr wird von einer fehlenden Motivation oder Unfähigkeit des Empfängers gesprochen, Informationen systematisch zu durchdenken. Urteile werden anhand der vorliegenden Schemata bzw. Entscheidungsregeln (Heuristiken wie z.B. Glaubwürdigkeit der Quelle)[9] gebildet, bei denen die Überverdeutlichung bzw. der Lupeneffekt bestimmter Aspekte (auch als Salienz bezeichnet) und Verfügbarkeit von Informationen eine große Rolle spielen (vgl. Slater et al. 1992). Einstellungsänderungen hängen damit in erster Linie von situationsgebundenen, auffälligen Reizen (engl. cues) bzw. Attributen ab, die gedankenlos verarbeitet werden. Dies führt zu leichteren, aber auch oft nur vorübergehenden Einstellungsänderungen, weil die damit verbundenen kognitiven und affektiven Strukturen in einem ständigen Prozess ergänzt, verändert oder sogar neu gebildet werden (vgl. Bonfadelli 1999, S. 113; Wolling/Wünsch/Gehrau 1998, S. 451f.). Multinationale Konzerne in einer hochkomplexen, industrialisierten Gesellschaft gehören zu den Einstellungsobjekten, über die Menschen nur auf Grundlage einiger Kriterien urteilen (können), sofern sie nicht mit einem besonderen Involvement und Interesse (z.B. Anteilseigner, Arbeitnehmer) ausgezeichnet sind. Die Attribuierung bestimmter Eigenschaften ist dann Zeichen für einen Rückgriff auf Vereinfachungen und eine relativ geringe gedankliche Auseinandersetzung mit dem Einstellungsobjekt.

Die Berücksichtigung des Schema-Konzeptes in der quantitativen Wirkungsforschung, die sich mit öffentlicher Meinungsbildung befasst, ist aber nur sinnvoll, wenn Rezipienten oder zumindest konsistente Gruppen Schemata in gleicher Weise anwenden (vgl. Brosius 1991, S. 292). Vertreter der psychologischen Schema-Forschung setzen deshalb voraus, dass Menschen viele Schemata bei ihrer Wissensrepräsentation miteinander teilen. Über alle Rezipienten hinweg bildet sich ein vielfältiges, aber nicht unbegrenztes Repertoire verfügbarer Schemata heraus, die sich in der öffentlichen Meinung widerspiegeln (vgl. Rössler 1997, S. 406; McCombs/Einsiedel/Weaver 1991, S. 85). Doch bei dieser Annahme drängt sich die alte Kontroverse auf, inwieweit öffentliche Meinung lediglich als statistisches Aggregat individueller Meinungen, oder aber als ein kollektives Phänomen, dass in individuellen Meinungen reflektiert wird, zu verstehen ist (vgl. Neidhardt 1994, S. 13; Back 1988). Wie wichtig dennoch die Berücksichtigung individueller Prozesse bei einem multidimensionalen Verständnis öffentlicher Meinung ist, beschreibt Crespi (1997) in einem dreidimensionalen Prozessmodell öffentlicher Meinung. Dieses umfasst die Formierung und Änderung individueller Einstellungen und ihre Mobilisierung und Manifestation in Form kollektiver Urteile mit der damit verbundenen legitimierenden, politischen Macht öffentlicher Meinung. Subprozesse regeln die Auseinandersetzung des einzelnen Individuums mit seiner Umwelt, denn „individual opinions are outputs of the transactions between internal psychological states and external circumstances. […] they represent individual efforts to make sense of issues in the experienced world by judging them in relation to one´s beliefs, values and interest, and feelings “ (ebd., S. 45/46). Als Ergebnis können gleichzeitig sehr verschiedene Images existieren, bei denen „[p]ublic positions and images are theorized as any singular beliefs, attitudes, opinions, knowledge, or behaviors that an individual possesses regarding an organization” (Moffitt 2001, S. 350; auch Beger/Gärtner/Mathes 1989, S. 370).[10]

4. Einfluss der Medien auf die Bildung eines öffentlichen Bildes

Einstellungen bzw. Schemata sind kognitive Strukturen, die aus verschiedenen Quellen gespeist werden. Sie werden einerseits im direkten Umgang durch interpersonale Kommunikation gebildet, aber auch bis zu einem gewissen Grad indirekt vermittelt (vgl. Weaver/Zhu/Willnat 1992; Wanta/Wu 1992). In einer sich zunehmend ausdifferenzierenden Gesellschaft bleibt den Menschen vielfach keine andere Möglichkeit, für Informationen über Ereignisse oder Objekte auf die Medien zurückzugreifen. Da in Deutschland täglich fast alle Bürger über mindestens ein Medium erreicht werden, beruhen Unternehmensimages als Ersatz für verbürgte Erfahrungen überwiegend auf massenmedialer Wahrnehmung, deren Veränderungen sich gleichfalls über Medien vollziehen. In der Politik sind Imageschwankungen bekannt, die sich allein aufgrund einer veränderten Berichterstattung erklären lassen (vgl. Patterson 1989). Es gibt sogar Bemühungen, Vorhersagen des Verlaufs der Bevölkerungsmeinung allein auf Grundlage der Medienberichterstattung zu machen (vgl. Fan/Tims 1989; Fan/Brosius/Kepplinger 1994). Der Beitrag veröffentlichter Meinung durch die Medien als „image makers“ und der in ihr tätigen Journalisten als „Gatekeeper“ ist somit von zentraler Bedeutung bei der Entstehung eines öffentlichen Bildes (vgl. Avenarius 1995, S. 139; Shoemaker 1991, S. 27ff.). Neben einer demokratietheoretisch begründeten Aufgabe der Informationsvermittlung erfüllen sie auch eine Orientierungsfunktion, mit der Medien den Rezipienten Orientierung bieten und Transparenz herstellen (vgl. Neidhardt 1994, S.8f.). Sie verschaffen Zugang zur gesellschaftspolitischen Öffentlichkeit, „jene laiensprachlich verfasste Kommunikationsarena, die als Knotenpunkt im Geflecht verschiedener Öffentlichkeiten gilt und grundsätzlich allen Mitgliedern der Gesellschaft offen steht“ (Zerfaß 1999, S. 20). In ihr wird über die Akzeptanz und Legitimität von Unternehmensstrategien entschieden. Die notwendige Verkürzung durch die Medien auf wenige Vorstellungsbilder bieten dem Zuschauer, Leser und Hörer damit die Vereinfachungen an, um mit der Fülle an Informationen, die sie alltäglich umgeben, zurecht zu kommen.

4.1. Walter Lippmann und die „Pictures in Our Head“

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Bei Fragen der Darstellung eines Objektes in den Medien geht es letzlich immer um die Frage, wie die Beziehung zwischen Realität und Medienrealität zu beschreiben ist (vgl. Schulz 1989). Wenn dann von Images oder öffentlichen Bildern die Rede ist, darf ein Hinweis auf Walter Lippmann nicht fehlen. Sein Buch „Public Opinion“ wird immer wieder als Beleg für die frühe Auseinandersetzung mit der Rolle der Medien bei der Etablierung unserer Sicht der Dinge angeführt. Lippman spricht an Stelle von Images von Stereotypen als

Das erste Kapitel seines Buch ist dann auch mit dem Titel „The World Outside and the Pictures in Our Head“ überschrieben. Seine These: Die Nachrichtenmedien, hier in erster Linie Zeitungen zu seiner Zeit, sind die prinzipiellen Mittler zwischen der äußeren Welt bzw. Realität und den Images, die von dieser Welt in unseren Köpfen existieren.

An diesen Ausführungen über die Verbindung von “Issues und Public Opinion” orientieren sich McCombs/Einsiedel/Weaver (1991). Die Übermittlung von Informationen über die Realität erfolgt als “transaction between two partners, the news media and the public”, und mündet in ein Image dieser Realität, da “[t]he world outside has to be shaped into a picture in the mind” (ebd., S. 6). Dieses Verständnis richtet sich gegen den Glauben von Nachrichten als “Spiegel der Gesellschaft”. Diese Spiegel-Theorie, "which used to be popular among journalists, proposes that events determine story selection, with journalists simply holding a mirror to them and reflecting their image to the audience” (Gans 1979, S. 79). Stattdessen grenzte Lippmann (1922, S. 341) Nachrichten auf Aspekte ein, die sich aufdrängen. Massenmedien beeinflussen damit vor allem Vorstellungen über die Bedeutung von Aspekten und Themen, „die wiederum als Urteilskriterien für die Bewertung von Personen und Sachverhalten fungieren, und [...] dadurch einen indirekten Einfluss auf die Bildung von Meinungen und Einstellungen aus[üben]“ (Beger/Gärtner/Mathes 1989, S. 214).

4.2. Agenda-Setting als fruchtbarer Ansatz zur Imageanalyse

Bei der Frage, welche theoretischen Ansätze aus der Kommunikationswissenschaft der Bedeutung von Attribuierung und des dynamischen Charakters von Images bzw. Stereotypen gerecht werden und sich zur Beschreibung und Erklärung von Effekten der Medien auf Einstellungen in der Bevölkerung eignen, bieten sich verschiedene Theorien an. Neben der Cultivation Theory (vgl. Gerbner et al. 1994), welche die akkumulative und langfristige Kultivierung von Vorstellungsbildern erforscht, bietet die besonders in den 70er Jahren von McCombs/Shaw (1972) etablierte Agenda-Setting -Forschung und ihre Weiterentwicklungen einen fruchtbaren Ansatz zur Imageanalyse.

Doch der Agenda-Setting-Ansatz selbst erklärt nur bedingt Einstellungsänderungen, da er explizit Medienwirkungen auf einer allgemeineren, kognitiven Ebene der Informationsvermittlung widerspiegelt (vgl. Zaller 1996, S. 17; McGuire 1986, S. 177). An Stelle der Analyse von positiven oder negativen Einstellungen zu einem Thema bzw. Issue, “as most public opinion research does, agenda-setting scholars focus on the salience of an issue.” (Dearing/Rogers 1996, S. 8; auch Schenk 1987, S. 40). Das Salienz-Konzept unterstellt, dass die Intensität der Berichterstattung über ein Thema bzw. mehrere Themen sich (im Idealfall spiegelbildlich) in der Einschätzung der Wichtigkeit bzw. Lösungsbedürftigkeit von Problemen oder Themen auf Seiten der Rezipienten niederschlägt.[11]

Die Relevanz dieses Ansatzes für die Untersuchung von Unternehmensimages wurde zuletzt im September 2000 in Leipzig auf der internationalen Konferenz „Agenda-Setting 2000–Wer beeinflusst wen?“ des Medien Tenor und der Universität Leipzig herausgestellt, auf der neben der Politik auch Wirtschaft und Unternehmen in der Konzeption der Tagung einen zentralen Stellenwert einnahmen. Kritisch wird vor allem der Fokus bisheriger Untersuchungen auf politische Kommunikation gesehen (vgl. Medien Tenor 96/2000, S. 19/20). Der „Primat der Politik“ klammerte bisher die Entstehung von Agenden in anderen Bereichen aus und nur am Rande erfolgte bisher eine Beschäftigung mit der Wirtschafts- und Unternehmensberichterstattung der Medien. Dies sei angesichts der enormen Bedeutung, die Globalisierungsprozesse gerade in der Wirtschaft für die gesellschaftliche Entwicklung aufweisen, nicht zu rechtfertigen.

Nun wurde dieses Manko nicht erst im Verlauf der Konferenz festgestellt. In verschiedenen Gesamtbetrachtungen des Agenda-Setting-Konzeptes wird auf die Einschränkungen der Interpretation verschiedener Forschungsergebnisse aufmerksam gemacht, die sich durch den politischen Fokus ergeben (vgl. Dearing/Rogers 1996, S. 3; Rössler 1997, S. 21, 30, 55, 60 & bes. S. 116/117). Im Hinblick auf politische Images wird dann etwa die Frage untersucht, ob Issues oder Images mehr Einfluss auf die Wahlentscheidung ausüben (vgl. Eichhorn 1996, S. 58ff.; McCombs/Einsiedel/Weaver 1991, S. 80; Weaver et al. 1981, S. 162). Rössler (1997, S. 56) stellt in diesem Zusammenhang fest, dass für den ökonomischen Bereich bisher keine fundierte Anwendung dieses Ansatzes vorliegt.[12] Auch vor einem „Überdehnen“ des Grundgedankens, das die eigentliche zentrale Stoßrichtung des Modells zu sehr verändert, wird gewarnt (vgl. Kosicki 1993, S. 102, Anmerkung 1).

Deshalb wird Agenda-Setting einerseits als übergreifender Ansatz bezeichnet, der zahlreiche Befunde der Kommunikationswissenschaft vereinigt (vgl. McCombs 1992, S. 816, Dearing/Rogers 1996, S. 15). Andererseits wird das Agenda-Setting aber aufgrund vieler widersprüchlicher Ergebnisse in bis heute mehreren hundert Studien auch als Ansatz, Hypothese oder schlicht Metapher (vgl. Iyengar/Kinder 1987, S. 3) bezeichnet, in denen mal starke, mal schwache oder gar keine Effekte nachgewiesen werden. McQuail (2000) bezeichnet die Theorie auch als einen „plausible[n], aber nicht wirklich fundierte[n] Entwurf zu den Medienwirkungen als solchen“ (S. 40). Anderen Autoren erscheint es plausibler, Agenda-Setting als ergänzendes Teilmodell bzw. als einfache Wirkungsform in die traditionellen Befunde der Kommunikationsforschung einzuordnen (vgl. Rössler 1997, S. 46; Brosius 1994, S. 285). In diesem Zusammenhang wird besonders bemängelt, dass in klassischen Agenda-Setting-Studien i.d.R. eine Differenzierung der Effekte in Abhängigkeit von Merkmalen der Botschaft wie Präsentation und wertende Aussagen weitgehend ausblieb und eine Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch und eingeschränkter empirischer Umsetzung vorliegt. Die Frage nach der Existenz von Agenda-Setting-Effekten muss aber mit einem eindeutigen „ja“ beantwortet werden (vgl. Brosius 1994, S. 271ff.; auch Brettschneider 1994, S. 225), die in erweiterten Vorstellungen als erste Stufe einer mehrstufigen Medienwirkungskette bei einfachen Wahrnehmungen und Gewichtungen von Themen beginnt und bei weitergehenden Einstellungs- und Meinungsänderungen endet (vgl. Brosius/Weimann 1995, S. 327; Brosius 1994, S. 280).

4.2.1. Second-Level Agenda-Setting und Framing

Um an der Bezeichnung der „fruitfullness of the agenda-setting idea“ (McCombs/Shaw 1993, S. 59) als übergreifendes Theoriegebilde festhalten zu können, erfolgt in dieser Arbeit eine Anknüpfung an die von McCombs/Shaw beschriebenen dritten Phase der Agenda-Setting Forschung, die mit der „richtungsweisende[n] Studie zum Wahlkampf 1976“ (Rössler 1997, S. 60) von Weaver et al. (1981) zum „image agenda-setting“ während der amerikanischen Präsidentschaftswahl 1976 eingeläutet wurde. Dort erfolgte eine Erweiterung auf die Attribute, mit denen nicht nur Politiker oder andere Personen ausgezeichnet sind, sondern auch jedes andere Bewertungsobjekt: “One of the most straightforward applications of the idea of attribute agenda setting is found in the influence of the mass media on the public images“ (McCombs/López-Escobar/Llamas 2000, S. 80/81), denn „[b]eyond the agenda of objects, there is also another dimension to consider. Each of these objects has numerous attributes – those characteristics and
properties that fill in and animate the picture of each object” (McCombs/Estrada 1997, S. 239; auch Rössler 1997, S. 209). Aber auch Carter (1962, S. 78) machte schon auf die Wichtigkeit der Attribuierung im Prozess der Stereotypisierung aufmerksam. Die Analyse des Agenda-Setting auf der Ebene von salienten Attributen stellt explizite Verbindungen zu Theorien und Überlegungen wie Stereotypisierung und Imagebildung her und wurde vor kurzem auf einer Fachtagung der AEJMC als Erklärungsrahmen zur Imagebildung von Unternehmen vorgestellt (vgl. Carroll 2002). Als Teil des mehrstufigen Medienwirkungsmodells erfolgt eine Erweiterung zum Second-Level Agenda-Setting - einer zweiten, dem klassischen Agenda-Setting als First-Level nachfolgende Ebene (vgl. McCombs 2000, S. 125f.; auch Shaw et al. 1999, S. 14f.). Der Prozess des Second-Level Agenda-Setting, der auch allgemeine Agenda-Setting Effekte auf Ebene von Issues bzw. Objekten hervorrufen kann, umfasst vier Typen von sogenannten Frames (Subthemen, Framing-Mechanismen und affektive bzw. kognitive Elemente), welche die Salienz der Attribute in den Medien und beim Publikum beeinflussen (vgl. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Second-Level Agenda-Setting als Erklärungsrahmen der Imagegestaltung

Als Aspekte bzw. aufmerksamkeits- und bewertungssteuernde Elemente in der Berichterstattung stellen diese Frames das Pendant zur Schema-Theorie auf Seiten des Rezipienten dar (vgl. Rössler 1997, S. 395; Brosius/Eps 1995a, S. 172; Scheufele/Brosius 1999, S. 410). Allgemein umschreibt der Begriff des Framing, der in der Soziologie (vgl. Goffman 1974, S. 21) und Psychologie (vgl. Graber 1988) verwendet wird, die hervorgehobene Präsentation inhaltlicher Aspekte von Themen, der die Salienz und Bedeutung dieser Aspekte verstärkt. Als Ergebnis dieses Prozesses der Konstruktion sozialer Realität wird ein Interpretationsrahmen zur Verfügung gestellt, der die Wahrnehmung und Bewertung von Themen prägt (vgl. Scheufele, B. 2000, S. 381; Eichhorn 1996, S. 20-21). Die Auswahl von Aspekten und Bedeutungszuschreibung betont Entman (1993) in seiner vielzitierten Definition: „To frame is to select some aspect of a perceived reality and make them more salient in a communicating text, in such a way as to promote a particular problem definition, causal interpretation, moral evaluation, and/or treatment recommendation for the item described" (S. 52). Die Definition grenzt den Begriff zwar auf vier Bestandteile, von der Problemdefinition bis zur Lösung, ein, doch charakterisiert er das Framing auch als „fractured“ Paradigma, da seine Bedeutung mit der Forschungsfrage bzw. -perspektive variiert.[13] Es existieren derart viele Studien mit unterschiedlichen Annahmen und Forschungsmethoden, dass es schwer ist, diese unter einem Label zusammenzufassen (vgl. Takeshita 1997, S. 23). Ogawa (2001) untersucht bspw. experimentell den postulierten First-Level Agenda-Setting Effekt durch Framing-Mechanismen, ohne explizite Bezüge zum Second-Level Agenda-Setting herzustellen.

Diese Studien deuten dennoch alle auf eine enge Beziehung zwischen Issues und Frames hin, da „[n]ews communicates much more than the facts“ (McCombs 1992, S. 817). Verschiedene Vertreter des Second-Level Agenda-Setting verstehen das Framing deshalb als Teil dieses Ansatzes, da beides - Frames und Attribute - aufgrund ähnlicher Prämissen „can be used interchangeably when we are dealing with the second level of agenda setting“ (Ghanem 1997, S. 7). Im Mittelpunkt steht bei beiden Ansätzen nicht, über welche Themen nachgedacht wird, sondern in welchem Kontext und auf welche Weise dies geschieht – mit welchen Bewertungen bzw. Konnotationen. Bernhard Cohen´s Diktum sollte deshalb nach einhelliger Meinung umgedeutet werden. Nicht „what to think about“, sondern das „how to think about“ steht nun im Fokus der Forschung, denn “the media agenda can do more than set the public agenda; it can also direct how individuals will evaluate issues” (Rogers/Dearing 1996, S. 64).

Andererseits differenzieren Kritiker deutlich zwischen Framing und Second-Level Agenda-Setting. Dietram Scheufele (2000, S. 298) argumentiert, dass beide Konzepte auf gänzlich unterschiedlichen Prämissen beruhen und übt Kritik an der Gleichsetzung von Framing und Second-Level Agenda-Setting über das Salienz-Prinzip, das diese kognitiven Ansätze allzu leichtfertig in einen Topf werfe. Stattdessen legen Forschungsergebnisse nahe, dass “perceived importance of specific frames rather than salience is the key variable” (Scheufele, D. 2000, S. 298; auch ders. 1999, S. 116). Mit der generellen Unklarheit des Salienz-Begriffs kann der Einwand aber relativiert werden (vgl. Edelstein 1993, S. 86ff.). Brosius/Mundorf (1990, S. 399) sprechen bspw. von der Vividness (Lebhaftigkeit) als Merkmal des Stimulus bzw. Information und schränken den Salienz-Begriff auf den Rezipienten dieser Informationen ein. In diesem Zusammenhang beschreibt das Konstrukt dann die systematische Aufmerksamkeitslenkung auf bestimmte Ausschnitte der dargestellten Umgebung. In dieser Lesart kann das Second-Level Agenda-Setting über Attributionstheorien mit dem Framing verbunden werden (vgl. Scheufele, D. 2000, S. 300f.).[14]

Neben Subthemen, die ein Unternehmen als Thema zur Ermittlung des weiteren thematischen Kontextes in kleinere Untereinheiten aufteilt, und Framing-Mechanismen wie Schlüsselwörter, Verwendung von Fotografien, Erzählperspektive oder verschiedene narrative Formen, stehen substantielle bzw. kognitive und affektive Attribute im Mittelpunkt des Second-Level Agenda-Setting. Die substantielle Dimension beschreibt Attribute als kognitive Elemente, die in den Medien in einer Art „Lupeneffekt“ überverdeutlicht werden. Empirische Evidenz erhielt diese Dimension u.a. durch eine experimentelle Studie von Kiousis/Bantimaroudis/Ban (1999, S. 418) im Bereich politischer Kommunikation, in der sie zwei Attribute - Qualifikationen und persönliche Eigenschaften - von fiktiven Kandidaten manipulierten. Ihre Ergebnisse können durchaus auf andere Bewertungsobjekte wie Unternehmen übertragen werden. Die weitere affektive Dimension beschreibt die Wertung (positive, neutrale oder negative Tendenz), die in Zusammenhang mit den Attributen erfolgen (vgl. dazu auch Weaver et al. 1981, S. 172/173 bes. Tab. 9-3 bis 9-6).[15] Diese bewertungssteuernden Elemente, die mit den ausgewählten Attributen als „Nebenprodukt“ im gesellschaftlichen Informationsprozess (Bentele 1992, S. 161) übermittelt werden, legen dem Wahrnehmenden auf einer Positiv-Negativ-Dimension Urteile über Ereignisse, Handlungen, Personen oder Institutionen nahe. Damit wird die analytische Differenzierung der zwei Vermittlungsmechanismen Aufmerksamkeitssteuerung (Agenda-Setting als kognitive Medienwirkung) und Bewertungssteuerung (Einstellungsänderung als persuasive Medienwirkung) auf der zweiten Ebene des Agenda-Setting zusammengeführt (vgl. Brosius 1995, S. 138ff.; Rössler/Schenk 2000, S. 29; Weiß 1989, S. 474). In der Vorstellung der Medienwirkungen als Kette dargestellter und wahrgenommener Realitäten erfolgt die Verbindung einer bislang als medienzentriert bezeichneten Forschungstradition mit einer rezipientenzentrierten Wirkungsforschung (vgl. McQuail 2000, S. 35; Rössler 1997, S. 20).[16]

Nun billigt Takeshita (1997, S. 25) der affektiven Ebene generell eher schwache Effekte zu. Auch Weaver et al. (1981, S. 187) kamen zum Ergebnis, dass die Korrelationen auf der positiven Imagedimension “tend to be weaker than those for the total images, […]. In other words, the media appear to be better at telling voters what to think about in forming their images of the candidates than what to think regarding the pluses and minuses of these candidates.” Auf negativer Dimension waren die Korrelationen sogar noch schwächer ausgeprägt (vgl. ebd., S. 188). Golan/Wanta (2001) konnten kognitiven (substantiellen) Attributen ebenfalls mehr Wirkungen nachweisen. In neueren Studien konnten dagegen stärkere Zusammenhänge auf der affektiven Dimension gefunden werden (vgl. z.B. McCombs et al. 1997, S. 712ff.; López-Escobar/Llamas/McCombs 1998, S. 345f.; McCombs/López-Escobar/Llamas 2000, S. 85ff.). Doch auch Kiousis/Bantimaroudis/Ban (1999, S. 417) attestierten der affektiven Dimension starke Effekte.

Deutsche Studien wie die von Kepplinger et al. (1986) zum Image Helmut Kohls wiesen ebenfalls Effekte auf der affektiven Dimension nach, obwohl hier noch nicht von einem Second-Level Agenda-Setting die Rede war. Sie untersuchten in Zeitreihenanalysen Subthemen und kognitive wie affektive Attribute
(Eigenschaftsdimensionen) Kohls und deren Effekt auf die Bewertung durch die Bevölkerung. Wie in anderen Studien ist an Stelle von affektiven Merkmalen von der Tendenz der Berichterstattung die Rede. Unterschiedliche Muster negativer und positiver Berichterstattung über Kohl, über sechs Attribute hinweg, verursachten signifikante Veränderungen in den Bewertungen der Bevölkerung. Der Median der Korrelationen zwischen affektiver Berichterstattung in sechs Printmedien und Bevölkerungsmeinung betrug r = .48 innerhalb einer Zeitverzögerung von sechs Monaten (vgl. ebd., S. 272). Auch Kindelmann (1994) machte in einer ähnlich angelegten Untersuchung zum Image Lafontaines und Kohls im Wahljahr 1994 auf die Bedeutung von Framing-Mechanismen und Beurteilung auf Imagedimensionen aufmerksam (vgl. ebd., S. 22f., 35ff., 47 & 58). Auch die Bedeutung des thematischen Kontextes bzw. Subthemen stellte er explizit heraus (vgl. ebd., S. 101ff. & 119). In einer eher explorativen Zeitreihenanalyse konnte er aber keine systematischen Zusammenhänge zwischen Medienurteil und Bevölkerungsmeinung nachweisen (vgl. ebd., S. 94ff.).

Die Ergebnisse deuten aber auf die Notwendigkeit, zur Ermittlung unterschiedlicher Effekte zwischen positiven und negativen Bewertungen auf Ebene der affektiven Dimension zu unterscheiden (vgl. auch Noelle-Neumann/Mathes 1987, S. 407).[17] Auch McGuire (1986) fasste im Zusammenhang mit der Agenda-Setting Forschung zusammen: “Because most products and candidates have multiple characteristics compared to receivers´ limited information-encoding capacities, their popularity depends on the relative salience of their attractive compared to unattractive aspects” (S. 229). Besonders positive Ereignisse zeichnen sich durch eine gewisse Ambiguität aus. Sie sind für die einen Betrachter positiv, während sie für andere wiederum negativ erscheinen. Folgt man den Ausführungen der Nachrichtentheorie (vgl. Kap. 6.1), wird dagegen über negative Ereignisse bzw. Sachverhalte eher berichtet. Bei ihnen besteht Einigkeit darüber, was negativ ist (vgl. Galtung/Ruge 1970, S. 268). Auch auf Rezipientenseite ist der Effekt negativer Berichterstattung, die herkömmliche Selektionsinstanzen überwindet, untersucht worden. Donsbach (1991, S. 138ff. & 204) hielt als wesentliches Ergebnis fest, dass der Nachrichtenfaktor Negativismus und formale Kriterien annähernd 2/3 aller Leserentscheidungen erklären.

Im ökonomischen Kontext werden ähnliche Effekte bei der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage gefunden. Blood/Phillips (1997) konnten bspw. einen starken Effekt negativer Berichterstattung in Überschriften (NY Times) auf den Eindruck der Bevölkerung über die Gesundheit des Wirtschaftssystems nachweisen. In Zeitreihenanalysen wiesen Wu et al. (2002) ebenfalls Effekte zu Nachrichten über die Rezession von 1987 bis 1996 nach und machen explizit auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Attributen der Berichterstattung bei zukünftigen Untersuchungen aufmerksam (vgl. ebd., S. 34). Hester/Gibson (2002) griffen diese Anregung auf und untersuchten in einer Zeitreihenanalyse die Auswirkungen affektiver Attribute auf die öffentliche Meinung zur Wirtschaftslage. Mit Kreuzkorrelationen und Regressionsmodellen deckten sie signifikante Wirkungen negativer Berichterstattung auf die Einschätzung der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung auf. Wenn man bedenkt, dass Unternehmen maß-
geblich zur Wirtschaftsentwicklung beitragen, ist eine allgemeine negative Beurteilung der Lage auch schnell auf die Akteure dieser Entwicklung übertragbar (Bsp. Kursverlauf, Verlust von Arbeitsplätzen). Zum speziellen Thema Unternehmensfusionen konnte Lim (2001) bei TV-Nachrichten und Zeitungen schließlich affektive Effekte in Abhängigkeit vom Zeitraum und Medium der Berichterstattung aufdecken.

Zusammenfassung

Die Attribuierung von Eigenschaften spielt eine zentrale Rolle bei der Vermittlung von Vorstellungsbildern und Bewertung durch die Massenmedien. Die soziale Verantwortung und das Umweltverhalten sind Beispiele für Attribute, mit denen Unternehmen in der breiten Bevölkerung beurteilt werden. Das Second-Level Agenda-Setting verbunden mit dem Framing beschreibt diesen Mechanismus. Den eigentlichen Prozess der Urteilsbildung fasst Bertram Scheufele in einem einfachen Modell zusammen. Wahrnehmung und Vorstellungen von einem Objekt ergeben sich demnach aus dem Zusammenspiel zweier Komponenten: (1) Kriterien bzw. Schemata, anhand derer das Objekt wahrgenommen und beurteilt wird und (2) Anwendungsbezüge als jene Aspekte, Bestandteile, Sachverhalte oder Vorgänge, auf die diese Kriterien angewendet werden (vgl. Scheufele, B. 1999b, S. 70; auch ders. 2000, S. 382). Das Medien-Priming als „an inherently individual psychological outcome of agenda-setting” (Scheufele, D. 2000, S. 302) bietet für diesen Prozess einen Erklärungsrahmen.

4.2.2. Medien-Priming

Medien-Priming wird „als Sonderfall des kognitiven Primings definiert, der durch die spezifische Natur von Urteilsgeber (Rezipient), Urteilsobjekt [Unternehmen], Informationsquelle (Massenmedien) und erhöht zugänglichem Konstrukt (Themen- und Image-Konstrukte) gekennzeichnet ist“ (Wagner 1999, S. 118).[18] Es beschreibt, wie durch die Medienberichterstattung leichter zugänglich gemachte (kognitive und affektive) Attribute zur Beurteilung eines Objektes herangezogen werden (vgl. Iyengar/Kinder 1987, S. 63; Peter 2002, S. 3). Durch Rückgriff auf Verfügbarkeits- bzw. Zugänglichkeitsheuristiken werden nur die Attribute und Einstellungen (im affektiven Medien-Priming) zur Bewertung eines Objektes benutzt, die zum Zeitpunkt der Bewertung gedanklich verfügbar sind (vgl. Brosius 1995, S. 110). Gefördert wird diese Verfügbarkeit durch das Second-Level Agenda-Setting bzw. Framing.

5. Public Relations und Agenda-Setting

In der Mineralölindustrie als relativ jungen Wirtschaftszweig ging es bei der Erschließung von Ressourcen hart zur Sache (die erste erfolgreiche industrielle Ölbohrung erfolgte 1859 in Titusville/Pennsylvania). Verbunden war dies mit einer von Anfang an kritischen Öffentlichkeit, so dass die Notwendigkeit, unternehmerische Aktivitäten in der frühen amerikanischen Ölindustrie in der Öffentlichkeit zu verteidigen, als Geburtsstunde der Public Relations gilt (vgl. Boyd 2001).

Das Branchenblatt media & marketing berichtet zwar in seiner Märzausgabe 2000, erfolgreiche PR für die krisengeschüttelte Deutsche Shell zu machen, sei keine leichte Aufgabe, doch steht die positive Beeinflussung des öffentlichen Bildes bzw. Images eines Unternehmens durch Informations- und Kommunikationsprozesse für Kunczik (1994, S. 18 & 168) im Mittelpunkt der PR-Tätigkeit (auch Zerfaß 1996, S. 78; Bauer 1998, S. 111). Der dahinter stehende intentionale Charakter zielt auf langfristig ausgerichtete Meinungs- und Einstellungsänderungen bestimmter Öffentlichkeiten. Da aber multinationalen Unternehmen in einer ausdifferenzierten Gesellschaft nichts anderes übrig bleibt, die Öffentlichkeit bzw. ihre Teilöffentlichkeiten (Bezugsgruppen, Stakeholder) indirekt zu erreichen, fungieren die Massenmedien auch hier als zentrale Vermittlungsinstanz (vgl. Beger/Gärtner/Mathes 1989, S. 205). Die Öffentlichkeitsarbeit als publizistisches Teilsystem hat im Hinblick auf die Massenmedien, grob formuliert, für positive Berichterstattung zu sorgen, „die vom Rezipienten übernommen werden soll[en]" (Derieth 1995, S. 53 & 105). Dies geschieht im PR-Mix über die „Media Relations“.[19] Doch immer mehr Public-Relations-Experten erkennen, „da[ss] zur Beeinflussung von Meinungen und Vorstellungen auch die ´Besetzung´ von Themen gehört, die positive Verknüpfung einer Person, Organisation oder Institution mit einem in der Öffentlichkeit diskutierten Problem. Ziel dabei ist, die Person, Organisation oder Institution, für die Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, als kompetent für oder zumindest besorgt um ein Problem darzustellen“ (Schönbach 1992, S. 328). Das Agenda-Setting bzw. die Problematisierung und Deproblematisierung von Themen entscheidet damit über wirksame Public Relations (vgl. Eichhorn 1996, S. 54). Unternehmen erhoffen sich durch gezieltes Themenmanagement, Einfluss auf die Medien-Agenda zu erlangen, um das Bild, was sie von sich haben (Selbstimage) mit dem Bild in den Medien und in nächster Instanz mit dem in der Bevölkerung (Fremdimages) in Einklang zu bringen (vgl. McCombs/Einsiedel/Weaver 1991, S. 98).

Das Agenda-Building als Teilbereich des Agenda-Setting beschreibt diese Bemühungen (vgl. auch Berger 2001).[20] Vor allem in den USA über Fallstudien zu einzelnen Politikfeldern oder konkreten Ereignissen
untersucht (vgl. Lang/Lang 1981), fehlt bisher eine genauere Konzeptualisierung des Agenda-Building für Unternehmen als Interessenträger. Gerade Öffentlichkeitsarbeiter konstituieren nicht automatisch Öffentlichkeit. Sie können in der „Viel-Kanal“-Öffentlichkeit nicht mehr tun, als Angebote zur Kommunikation zu bieten, die von der Öffentlichkeit im Idealfall angenommen werden. In erster Linie bedarf es entsprechender Maßnahmen zur Früherkennung von Themen, um Probleme bzw. (wertneutrale) Themen frühzeitig besetzen können. Hier setzt das aus den USA stammende Werkzeug des Issues Management ein.

5.1. Issues Management

Das Issues Management ist eine Methode, die seit Anfang der 90er Jahre auch in Deutschland mehr und mehr zur Anwendung kommt und explizit Bezüge zum Agenda-Setting herstellt (vgl. Eichhorn 1996, S. 144; Rössler 1997, S. 10; Merten 2001, S. 82). Als „Antwort auf die steigende Umweltkomplexität in funktional ausdifferenzierten Gesellschaften und auf den wachsenden Legitimationsdruck, unter dem Organisationen heute stehen“ (Röttger 2001, S. 11), bezeichnet es eine Form der strategischen Bearbeitung potentieller Issues durch ein Unternehmen, die Auswirkungen auf ihr Geschäftsfeld haben könnten (vgl. Avenarius 1995, S. 209f.; Zerfaß 1996, S. 333f.). Während „Issues Management“ manchmal kritisch als „neuer Modebegriff“ der PR-Praktiker bezeichnet wird, soll es Voraussetzungen zur präzisen Erkenntnis über den jeweils aktuellen Stand der veröffentlichten und der öffentlichen Meinung schaffen (vgl. Grunig/Repper 1992, S. 146ff.; Miller 1999). Der Medienbeobachtung kommt damit eine zentrale Bedeutung zu, da Issues und damit verbundene Bewertungen nicht selten durch die Medien und ihre Akteure zur öffentlichen Diskussion gestellt werden (vgl. Dahle/Häßler 1996).[21] Im „Issues Scanning“ werden relevante Issues identifiziert und im „Issues Monitoring“ gezielt inhaltlich ausgewertet. Orientierung bietet die Berücksichtigung bestimmter Themenzyklen bzw. Entwicklungsphasen (dazu mehr in Kap. 6.3). So soll eine Basis geschaffen werden, frühzeitig auf Thematisierungen vor allem in alternativen Medien zu reagieren bzw. präventiv zu handeln (vgl. auch Derieth 1995, S. 202). Greifen diese Analysen zu spät und „[w]ird ein Issue öffentlich in den Medien diskutiert – und damit auch häufig emotionalisiert – sinken die Beeinflussungsmöglichkeiten auf die Meinungsbildung“ (Bentele/Rutsch 2001, S. 146/147). Dabei sollte berücksichtigt werden, dass Themenverläufe „aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Prozessen öffentlicher Kommunikation um nur teilweise steuerbare Prozesse handelt, nicht beliebig beherrschbar“ sind (ebd., S. 158; vgl. auch Röttger 2001, S. 20 zu diesem sog. „weak-signal-Problem“).

5.2. Frame-Building durch Unternehmen als Interessenträger

Unternehmen in ihrer Rolle als Interessenträger versorgen Journalisten mit Informationsmaterial, in der Hoffnung, dass dieses die Aufmerksamkeit der Redakteure findet und in der Berichterstattung berücksichtigt wird. Einer Journalistenbefragung zufolge schätzen gut die Hälfte der Befragten einerseits Pressemitteilungen als notwendig, anregend für die eigene Arbeit und zeitsparend ein, die immerhin noch von zwei Fünfteln als zuverlässig eingestuft werden, doch wird Unternehmen und Wirtschaftsverbänden andererseits nur ein insgesamt geringer Einfluss zugestanden. Kritisch wird besonders die journalistische Aufbereitung und die Gefahr einer unkritischen Berichterstattung (Stichwort Hofberichterstattung) betrachtet (vgl. Weischenberg/Löffelholz/Scholl 1994, S. 163f.). In dieser Hinsicht fällt die Bewertung auch für Wirtschaftsjournalisten kaum besser aus, denen oft ein Mangel professioneller Kompetenz vorgeworfen wird. Gerade steigendes Kostenbewusstsein und redaktionelles Marketing könnte Interessengruppen den Zugang erleichtern (vgl. Curtin 1999). Das redaktionelle Angebot soll heute mehr wie zuvor Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse jeweiliger Zielgruppen möglichst gut befriedigen, außerdem Wünsche und Gewohnheiten des Publikums und der Abnehmer berücksichtigen (Druck der Öffentlichkeit) (vgl. Mast 1999, S. 64). Solche Boulevardisierungstendenzen beziehen sich nicht nur auf die Boulevardpresse, sondern werden auch schon innerhalb der Qualitätspresse untersucht (vgl. Esser 1999).

Im Kontext politischer Öffentlichkeitsarbeit zeigte Baerns, wie Themen und Timing der Medienberichterstattung die Vorgaben politischer Akteure abbildet, stellte aber in der Replik auf ihre Studie ebenfalls fest, dass der Vergleich der Politik- mit der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Lokalberichterstattung keine wesentlichen Unterschiede ergibt (vgl. Baerns 21991, S. 3). Doch ist die Untersuchung dieser Determinationshypothese nicht immer so eindeutig, da PR-Argumente oft ohne Angabe der Originalquelle in die Medienberichterstattung einfließen (vgl. Höhne 1984, S. 262). Fließen Pressemitteilungen auf direktem Wege als Primärmaterial in die Redaktion, sind Angaben zur Quelle wahrscheinlicher, als wenn sie indirekt über Agenturen den Redaktionen als Sekundärmaterial zukommen. Die Angabe der Originalquelle ist aber nicht in jedem Fall wünschenswert. Page/Shapiro/Dempsey (1987) wiesen in Regressionsanalysen einen negativen Effekt bestimmter Interessengruppen auf die öffentliche Meinung nach. Am Beispiel von Mineralölunternehmen verdeutlichen sie, wie „the public apparently tends to be uninfluenced (or negatively influenced) by the positions of groups whose interests are perceived to be selfish or narrow, while it responds more favorably to groups and individuals thought to be concerned with broadly defined public interests” (ebd., S. 37; auch Callison 2001; Callison/Zillmann 2002). Dagegen gehören Umweltgruppierungen zu Interessengruppen mit hohem Vertrauen. Rossmann (1993, S. 91ff.) zeigte, dass bspw. Greenpeace einen großen Einfluss auf die mediale Realitätskonstruktion in deutschen Medien hat, da die Organisation besonders als Fachinstanz für Information und Zusatzrecherche zu Umweltfragen fungiert. Damit verfügt Greenpeace einen bedeutenden Einfluss auf die Umweltberichterstattung (vgl. auch Hansen 1993, S. 164f. zum britischen Mediensystem).

Differenzierungen der Determinationshypothese, der eine zu einseitige Blickrichtung vorgeworfen wird, führten mit der Bestimmung von Randbedingungen zum Intereffikations-Modell, das die wechselseitigen Beziehungen zwischen journalistischem und PR-System beschreibt. Neben der diskutierten Einflussmöglichkeit von PR existieren eine Reihe von Einflüssen auch vom Mediensystem auf die PR. So wird von einer Notwendigkeit der Anpassung der PR an die Medienlogik wie zeitliche Routinen des Journalismus und Nachrichtenfaktoren gesprochen, die den Erfolg des Einflusses von PR bestimmen (vgl. Bentele/Liebert/Seeling 1997, S. 239ff.). Auch Präsentationsroutinen und Qualität von PR-Information entscheiden über den Erfolg, wobei der Glaubwürdigkeit, dem Status und Professionalität der PR eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. Gazlig 1999; Sallot/Steinfatt/Salwen 1998; Walters/Walters 1994).

Zu einer differenzierteren Betrachtung gehört auch, das Beziehungsverhältnis von PR und Journalismus als dynamischen Kommunikationsprozess zu verstehen. Hier liegt es nahe, zwischen Routine- und Krisenphasen des Nachrichtenselektions- und -produktionsprozesses zu unterscheiden (vgl. Wimmer 2002, S. 47). Eine solche Krisenphase lag der Untersuchung von Schubert (2001) in einer Inhaltsanalyse des Brent Spar-Konflikts vom 1. April 1995 bis zum 30. September 1995 zum Verhältnis PR-Journalismus zugrunde. Die Determinierungsthese hält sie mit dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeitsarbeit Shells Themen und Timing der Presseberichterstattung nicht beeinflussen konnte, für widerlegt (vgl. ebd., S. 311). Dies muss aber relativiert werden, da wie im Falle von Brent Spar gerade Krisenthemen aktivere und gründlichere Recherchen als weniger spektakuläre Ereignisse nach sich rufen. Darauf weist die Autorin auch selbst im Verlaufe ihrer Arbeit hin (vgl. ebd., S. 148), indem sie auf die Studie von Barth/Donsbach (1992) verweist. Hier wurde gezeigt, dass intervenierende, situative Variablen den publizistischen Erfolg von PR moderieren. Als wesentliche Faktoren identifizierten sie die Einstellung der Journalisten zu den Veranstaltern und den Nachrichtenwert des Ereignisses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Der Framing-Prozess als Teil des Second-Level Agenda-Setting

Einstellungen bzw. Schemata von Journalisten berücksichtigend gewinnt das Framing-Konzept innerhalb der PR-Forschung entsprechend mehr und mehr an Aufmerksamkeit (vgl. Hallahan 1999; Esrock et al. 2002). Beim Framing als „tool for public relations“ (Knight 1999) wird dieser Einflussversuch in Anlehnung am Agenda-Building als Frame-Building bezeichnet (vgl. Abbildung 2). Das Konzept geht über die herkömmliche Erfordernis journalistischer Aufbereitung und Anpassung an mediale Produktionsprozesse hinaus. Ziel ist es, einen Deutungsrahmen aufzubauen, der nicht erst während des Nachrichtenselektions- bzw. -produktionsprozess im Mediensystem entsteht, sondern schon im Vorfeld vorgegeben wird (vgl. Wimmer 2002, S. 47ff.; auch Davis 1995 zur Umweltkommunikation).[22] Die im herkömmlichen Medienwirkungsmodell als unabhängige Variable untersuchten „Media Frames“ stellen in diesem Fall die abhängige Variable dar (vgl. Scheufele, D. 1999, S. 107ff.).

Journalisten werden in diesem Modell gleichfalls als Rezipienten von dargestellter Realität aufgefasst (Agenturmeldungen, Korrespondenten, Augenzeugen oder eben PR), die Informationen mit gleichen oder ähnlichen Heuristiken und Verarbeitungsmustern verarbeiten wie Rezipienten (vgl. Brosius 1995, S. 139). Neben Studien zum Einfluss politischer Akteure (vgl. z.B. Jacoby 2000; Cassara 1998; Tedesco 2001), weitete Andsager (2000) den methodischen Ansatz einer computergestützten Inhaltsanalyse durch Miller/Andsager/Riechert (1998) zu Frames in Pressemitteilungen amerikanischer Präsidentschafts-kandidaten auf einen weiteren Kreis von Interessengruppen außerhalb des politischen Kontextes aus. Dazu untersuchte sie (semantische) Frames in Pressemitteilungen zum Thema Abtreibung, da „[t]he framing process [...] can easily be influenced by rhetoric because, in ongoing social debates, interest groups´ rhetorical positions become pervasive“ (Andsager 2000, S. 578). Den Erfolg der Interessengruppen ermittelte sie anhand des Niederschlages des Vokabulars, von Stellungnahmen und direkten Zitaten in der Presseberichterstattung.

Aber auch das Second-Level Agenda-Setting wird in diesem Zusammenhang untersucht. Den Ergebnissen der verschiedenen Studien zur affektiven Dimension des Second-Level Agenda-Setting folgend, überprüfte Huckins (1999) neben dem klassischen Agenda-Setting den Einfluss des Publikationsorgans einer amerikanischen Interessengruppe („Christian American“ der Christian Coalition) auf die Tendenz der Medienberichterstattung (positive, negative oder neutrale Darstellung). Dabei maß er bestimmten Framing-Prozessen und ihre Auswirkungen auf die Salienz bestimmter Attribute besondere Bedeutung zu (vgl. Huckins 1999, S. 79). Zur Aufdeckung der optimalen Wirkungsspanne von Agenda-Setting-Effekten, untersuchte er mittels einfacher Kreuzkorrelationen zwei sechsmonatige Zeiträume vor und nach einer inhaltlichen Veränderung des Publikationsorgans der Interessengruppe, die er jeweils in zwei dreimonatige Perioden teilte. Mit Mittelwertvergleichen wies er signifikante Veränderungen der Tendenz der Medienberichterstattung in Richtung einer mehr neutraleren Darstellung nach (vgl. Huckins 1999, S. 83-84).

Die Effizienz ihrer Materialien bzw. Aktionen entscheidet aus Sicht des Unternehmens am Ende über den Erfolg, das eigene Bild positiv zu beeinflussen. Die Erfolgskontrolle erfolgt aber i.d.R. über eine einfache Evaluation der Berichterstattung in Form einfacher Medienresonanz-Analysen.[23] Doch bevor ein Unternehmen als aufbereitetes Thema über Botschaften des journalistischen Systems zum Medienpublikum gelangt, muss es zunächst als Thema ausgewählt werden. Beim Prozess von der Selektion bis zur Konstruktion bzw. Rekonstruktion von Ereignissen bzw. Themen entscheiden neben der Effizienz von PR eine Reihe weiterer Faktoren über diese Auswahl, bei der individuelle Einstellungen von Journalisten und der Nachrichtenwert eines Ereignisses eine bedeutende Rolle spielen.

6. Faktoren der Nachrichtenauswahl in der Unternehmensberichterstattung

Den Prozess der Auswahl beschreibt Bentele (1994, S. 250) als Entwurf für das Verhältnis zwischen Medien und Public Relations von Unternehmen in einem Grundmodell des gesellschaftlichen Informationsflusses.[24] Hier erscheint die Auswahl von Ereignissen „als Folge von Selektionsentscheidungen, in denen die Eigenschaften der aktuellen Ereignisse sowie die Selektionskriterien der Journalisten unabhängige Variablen sind und die Publikationsentscheidung die abhängige Variable ist” (Kepplinger 2001a, S. 117).[25]

Doch der Mensch, und hier eben auch der einzelne Journalist, ist innerhalb des Informationskonfigurationsprozesses[26] aufgrund der potentiell unendlich vielen verschiedenen Informationen “weder zu einem bestimmten Zeitpunkt, noch innerhalb der Länge eines menschlichen Lebens“ fähig, Wirklichkeit „vollständig bzw. als Ganzes“ abzubilden (Bentele 1994, S. 251). Auf dieser Ebene konfiguriert der Journalist Information, „indem er schemageleitet und themenorientiert aus der Fülle der zur Verfügung stehenden Meldungen einige wenige aussucht, diese in eine bestimmte Reihenfolge bringt und sie mit bestimmten Präsentationsformen versieht“ (Brosius 1995, S. 135; Shoemaker 1991, S. 38f.). Die Konfigurationen schaffen am Ende die Frames bzw. Attribute von Objekten der Berichterstattung als unabhängige Variable. Frames erfüllen so nicht nur eine wichtige Funktion für routinierte und effiziente journalistische Arbeit, sondern vermitteln über eine bestimmte Darstellung von Geschehnissen auch die Wirklichkeitsmaßstäbe von Journalisten (vgl. Scheufele/Brosius 1999, S. 428).

Im Zusammenhang mit dem Framing-Prozess können auf Grundlage der bisherigen Forschung fünf Faktoren aufgeführt werden, die einen potentiellen Einfluss auf Auswahl und Framing durch Journalisten ausüben: “[S]ocial norms and values, organizational pressures and constraints, pressures or interest groups, journalistic routines, and ideological or political orientations of journalists […]” (Scheufele, D. 1999, S. 109). Diese werden in Theorien der Nachrichtenauswahl durch zwei konkurrierende Betrachtungsweisen systematisiert. Auf der einen Seite sind dies Ansätze, welche „die Subjektivität des einzelnen Journalisten als dominanten Einflussfaktor auf die Medieninhalte sehen, andererseits Studien, welche die Abhängigkeit der Journalisten von institutionellen Zwängen und Vorgaben betonen“ (Donsbach/Wolling 1995, S. 421; auch Donsbach/Gattwinkel 1998, S. 32). Solche ökonomischen, organisatorischen und technologischen Zwänge waren auch für Gaye Tuchman in ihrer Studie „Making News - A Study in the Construction of Reality“ die bestimmenden Faktoren beim Entstehungsprozess der „News as Frames“, doch räumt sie individuellen Einflüssen ebenfalls große Bedeutung zu (vgl. Tuchman 1978, S. 1-2).[27] Denn auch durch Zwänge geschaffene Arbeitsroutinen haben letztlich Auswirkungen darauf, wie Journalisten auf individueller Ebene Nachrichten framen (vgl. Scheufele, D. 1999, S. 110).

Auf individueller Ebene sind politische Einstellungen von Journalisten deshalb nicht zu unterschätzen. Diese werden aber begleitet und modifiziert durch Faktoren wie die individuelle Position (soziale Integration) innerhalb der redaktionellen Hierarchie, die redaktionelle Linie eines Mediums (wahrgenommene, vermittelte Ziele), die informell unter Kollegen und/oder formell durch den Verleger festgelegt wird, aber auch durch die Verteilung der Einstellungen innerhalb und außerhalb der Redaktion (Kollegenorientierung) (vgl. auch Weischenberg/Löffelholz/Scholl 1994, S. 162). Auf einige soll im folgenden näher eingegangen werden.

Politische Einstellungen

Politische Einstellungen von Journalisten beinhalten in Verbindung mit subjektiven Wirkungsabsichten generelle Einstellungen gegenüber freier Marktwirtschaft und Unternehmen der Großindustrie. Deutsche Journalisten werden im Vergleich zur Bevölkerung mehrheitlich als sozialliberal beschrieben. Eine klare Linksverschiebung wird deutlich in der Selbsteinstufung von Journalisten: Ein knappes Viertel von befragten Journalistinnen und Journalisten im Frühjahr 1993 äußert eine Nähe zur SPD und gut ein Sechstel zum Bündnis 90/Grüne, während dem christdemokratischen Spektrum nur ein Zehntel nahe steht (vgl. Weischenberg/Löffelholz/Scholl 1994, S. 162). Eine kritischere Einstellung gegenüber der Industrie wird in einer anderen schriftlichen Befragung im Winter 1991/1992 deutlich - hier allerdings aufgrund unterschiedlicher politischer Wertesysteme nur bezogen auf westdeutsche Journalisten. In ihr stimmten 86 Prozent der befragten Journalisten, die sich im Vergleich mit Schulfreunden als eindeutig bzw. eher links davon einstuften, der als links definierten Forderung „Der Umweltschutz sollte Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben“ zu (vgl. Kepplinger/Ehmig 1997, S. 284). Damit stellen deutsche Journalisten eine eher homogene, in einen bestimmten Wertebereich verschobene Gruppe dar, die mit der Bevorzugung postmaterialistischer Werte einhergeht. Diese Werte entwickelten sich seit dem Zweiten Weltkrieg mit der Zunahme sozialer und wirtschaftlicher Sicherheit vor allem in westlichen Industrienationen. An Stelle materialistischer Werte wie Gewinn, wirtschaftliches Wachstum und Anerkennung von Autoritäten befürworten v.a. jüngere Generationen Ziele wie Gleichberechtigung, Umweltschutz und Partizipation (vgl. Inglehart 1998, S. 129ff.). Besonders jüngere Journalisten bilden ein gemeinsames Lager mit neuen sozialen Bewegungen, so dass ein „Großteil der Medienberichterstattung mit oder ohne spektakuläre Aktionen dieser Gruppen auch deren Zielen nutzen“ (Donsbach/Gattwinkel 1998, S. 33; dazu auch Inglehart 1998, S. 337). Das Rollenverständnis deutscher Journalisten zeichnet sich dann auch viel mehr als in angelsächsischen Ländern durch den Wunsch nach einer aktiven, partizipativen Rolle aus. Drei Viertel der deutschen Journalisten wollten sich in ihrem Beruf für bestimmte Werte und Ideen einsetzen (vgl. Donsbach 1993, S. 295).

Redaktionelle Kontrolle

Die innere Organisation, beschrieben durch institutionelle Zwänge, kann aber auf der anderen Seite Beschreibungen der Wirklichkeit, die aus einer solchen Grundhaltung entstehen, beeinflussen. Hier ist der Grad redaktioneller Kontrolle als intervenierende Variable angesprochen. Da dem deutschen zusammen mit dem schwedischen Zeitungsjournalismus die größte redaktionelle Freiheit zugesprochen wird, übt die Verlags- bzw. Geschäftsleitung bei überregionalen Zeitungen auch weniger Druck auf die redaktionelle Arbeit aus. Veränderungen journalistischer Beiträge zur Erhöhung der Faktengenauigkeit kommen bei überregionalen Zeitungen zwar vor, doch besteht kein Zusammenhang zwischen der Verbesserung der politischen Ausgewogenheit und der Erhöhung des Publikumsinteresses. So verspüren 85 Prozent der Redakteure von überregionalen deutschen Zeitungen in einer internationalen Journalistenumfrage 1990/1991 keinen Druck von der Geschäftsleitung (vgl. Donsbach/Wolling 1995, S. 424ff.).

Redaktionelle Linie

Bei überregionalen Zeitungen besteht ein großer Zusammenhang zwischen der politischen Einstellung der Journalisten und der redaktionellen Linie der jeweiligen Zeitung (vgl. Donsbach/Wolling 1995, S. 429).[28] Auch Kindelmann (1994) identifiziert in seiner politischen Imageanalyse die redaktionelle Linie einer Zeitung als wesentlichen Faktor bei der Beurteilung der Kanzlerkandidaten (vgl. ebd., S. 134). Verschiedene Inhaltsanalysen (Bsp. Schönbach 1977) und Umfragen (vgl. Donsbach 1993, S. 307ff.) zeigten, dass sich die Medien auf einer das politische Spektrum abbildenden Links-Rechts-Skala verorten lassen. Als Maß für das gesamte Mediensystem werden in Deutschland die Berichterstattung der großen überregionalen Tageszeitungen FAZ, SZ, FR und WELT und bedeutender Nachrichtenmagazine wie der SPIEGEL herangezogen, die aufgrund der Tiefe ihrer Berichterstattung auch als Qualitäts- oder Prestigezeitungen bezeichnet werden. In Anlehnung an Voltmer (1997), welche die redaktionelle Linie als mehrdimensionales Konstrukt bestehend aus den Positionen zu unterschiedlichen politischen Grundkonflikten begreift, bestätigt Eilders (2002, S. 33f.) mit einer Analyse zur Berichterstattung in Kommentaren der WELT, FAZ, SZ, FR und taz zwischen 1994 und 1998, dass redaktionelle Linien mit bestimmten Themen variieren. Für ihre Analyse ordnete sie verschiedene Themen bzw. Konfliktbereiche und Bewertungen bestimmten politischen Positionen auf der Links-Rechts-Skala zu. Das linke Spektrum ist gekennzeichnet durch liberalere und progressivere Positionen, während das rechte Spektrum mehr konservative und autoritäre Positionen besetzt. Über alle Themen hinweg verortet sie auf diesem Kontinuum die WELT am weitesten rechts, dicht gefolgt von der FAZ. Eine mittlere Position besetzt die SZ, während die FR gefolgt von der taz am weitesten Links steht.[29] Die Untersuchung zeigte, dass „issues regarding external relations, some aspects of the social question and environment can be regarded as issues with a tendency for left partisanship“ (ebd., S. 48). Eine Analyse des Medien Tenor ergab weiterhin, dass bspw. die FR im zweiten Halbjahr 1998 besonders Personal- und Umweltthemen betonte. In einer genaueren Analyse der Berichterstattung über Energieunternehmen und die gesamte Branche (inkl. Erdöl/Erdgas und Kohle) im selben Zeitraum wurde festgestellt, dass die WELT und FAZ häufig positive und negative Wertungen im Zusammenhang mit der Umweltpolitik publizierten, während bei der SZ, FR und der taz negative Beiträge überwogen (vgl. Medien Tenor 84/1999, S. 10/11 & 82/1999, S. 33). Unternehmen werden so auch innerhalb der Wirtschaftsberichterstattung je nach redaktioneller Linie unterschiedlich bewertet (vgl. dazu Medien Tenor 90/1999, S. 18-23).[30]

Differenziert nach Themen untersucht auch Peiser (2000) in einer Sekundäranalyse auf individueller Ebene die verschiedenen Agenden von Journalisten in Abhängigkeit von politischen Einstellungen, aber auch von Faktoren wie Geschlecht und Kohortenzugehörigkeit.[31] Der Vergleich zwischen sieben Themenkategorien[32] hat ebenfalls Konsequenzen für die Unternehmensberichterstattung. Geschlechtsspezifische Unterschiede legen die Vermutung nahe, dass „women journalists tended to emphasize issues involving humanity and human destiny, and to assign somewhat less importance to abstract political issues and to institutions, as compared to their male colleagues“ (ebd., S. 248). Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Altersgruppen hat ebenso einen Einfluss auf Themenpräferenzen. Jüngere Geburtskohorten ordnen Umweltthemen eine höhere Wichtigkeit zu als ältere Jahrgänge. Dies ist eng verbunden mit der Entwicklung politischer Einstellungen, denn gerade eine Verschiebung ins sozialliberale Lager unter mehrheitlich jüngeren Journalisten hängt mit dem beschriebenen generellen Wertewandel zu postmateriellen Werten zusammen (vgl. ebd., S. 252).

Nachrichtenfaktoren

Innerhalb der Nachrichtenwertforschung wird davon ausgegangen, dass Journalisten sich bei der Auswahl von Themen bzw. Ereignissen an bestimmten Ereignismerkmalen (Nachrichtenfaktoren) orientieren, die den Wert einer Nachricht bestimmen (vgl. Ruhrmann 1994, S. 238). Schulz (1976) entwickelte auf Grundlage eines von Galtung/Ruge (1970) erarbeiteten Faktorenkatalog Indikatoren, die auch für unpolitische Meldungen geeignet sind. Seine „kopernikanische“ Auffassung sieht den Nachrichtenwert als Ausdruck journalistischer Hypothesen (Schemata) von Realität: Je mehr eine Meldung dem entspräche, was Journalisten für wichtige und mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer sei ihr Nachrichtenwert (vgl. auch Staab 1990). Dieser äußert sich in einer positiven Selektionsentscheidung und prominenten Platzierung (vgl. Schulz 1976, S. 30). Medien sind daher als Weltbildapparate und nicht als Spiegel der Wirklichkeit zu verstehen. Das Framing wird nach Schulz (1989, S. 141ff.) dieser Auffassung am ehesten gerecht.[33]

Die Frage, ob innerhalb der Unternehmensberichterstattung Nachrichtenentscheidungen nach denselben oder ähnlichen Kriterien, wie sie durch die Nachrichtenwertforschung erarbeitet worden sind, getroffen werden, ist empirisch nicht hinreichend gesichert (vgl. auch Eberspächer 2001). Der vorherrschende Fokus auf politische Inhalte könnte evtl. mit anderen Kriterien der Nachrichtenauswahl zusammenhängen als im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung. Einerseits ist von weichen Kriterien als Art Faustformeln die Rede, welche die Wirtschaftsjournalisten bei der Themenauswahl leiten (vgl. Ruß-Mohl/Vorkötter 1991, S. 107). Andererseits finden sich unter diesen aber auch bekannte Nachrichtenfaktoren wie räumliche Nähe, Prominenz und Personalisierung, während Kriterien wie Orientierungshilfe und Service als weitere Aufmerksamkeitsregeln fungieren.[34] Kepplinger (1998, S. 26ff.) weist aber auch hier auf die Berücksichtigung themenabhängiger Selektionskriterien hin, die den Nachrichtenfaktoren eine themenspezifische Relevanz verleihen und eng mit den beschriebenen thematisch differenzierten redaktionellen Linien zusammenhängen. Ein großer multinationaler Konzern wird so je nach thematischen Rahmen durch Kombinationen unterschiedlicher Nachrichtenfaktoren gekennzeichnet. In erster Linie besitzt er (ökonomischen) Status bzw. Prominenz (vgl. Schulz 1976, S. 33). Die Unternehmensgröße ist ein führendes Selektionskriterium besonders in Zusammenhang mit Fusionen. Ökonomische Nachrichten wie positive Quartalszahlen oder technologischer Fortschritt kann mit dem Nachrichtenfaktor Erfolg beschrieben werden, der zum Faktorenbündel Valenz gehört. Die Themenspezifität des ebenfalls hier untergeordneten Nachrichtenfaktors Schaden (vgl. ebd., S. 34) wird andererseits z.B. in der zunehmenden Berichterstattung über Umweltschäden deutlich, während Schäden wie Konkurse bei kleinen Unternehmen keine vergleichbare Aufmerksamkeit erhalten. Ist ein großer multinationaler Konzern aus der Mineralölindustrie in außergewöhnliche Ereignisse mit weitreichenden Folgen (Tankerunfälle) verwickelt, erhält dieser Nachrichtenfaktor gepaart mit Faktoren wie Prominenz, räumliche Nähe und Personalisierung entsprechendes Gewicht.

6.1. Negativismus und die Bedeutung von Schlüsselereignissen

Brosius/Eps (1993) machten mit ihrer Untersuchung über fremdenfeindliche Anschläge auf die Bedeutung von Schlüsselereignissen aufmerksam, die als „spectacular reports about more or less unusual occurrences“ (Kepplinger/Habermeier 1995, S. 373) eng mit dem Nachrichtenfaktor Negativismus verbunden sind. Sie sensibilisieren Journalisten und lösen damit ihre Informationssuche aus, während die Eigenschaften solcher Ereignisse neue bzw. veränderte Interpretationsrahmen für die Verarbeitung von Informationen setzen (vgl. Brosius/Eps 1995a, S. 172). Das zeigt, dass die behandelten journalistischen Selektionskriterien weniger konstant sind, als bisher angenommen (vgl. Brosius/Eps 1993, S. 512). Mit der Zunahme von Skandalisierungen in den Medien wird deutlich, wie sehr sich im Laufe der Zeit journalistische Selektions- und Bewertungskriterien gewandelt haben. Diese Zunahme läuft nicht unbedingt mit einer tatsächlichen Zunahme von skandalösen Ereignissen zusammen, da zunehmend Ereignisse zu Skandalen aufgebauscht werden, die vor Jahren noch keine Zeile wert gewesen wären. Andererseits werden aber auch Ereignisse nicht beachtet, die vor Jahren noch als Skandal publiziert worden wären. Verschiedene Studien wiesen eine Zunahme negativer Berichterstattung nach, was vielfach mit einer Veränderung des Nachrichtenwertes zahlreicher Nachrichtenfaktoren bzw. der „Nachrichtenideologien“ über Jahrzehnte hinweg in bestimmten Kulturkreisen begründet wird (vgl. Westerståhl/Johannson 1986; Kepplinger/Weissbecker 1991; Patterson 1993).

Die skandinavischen Forscher Johan Galtung und Marie H. Ruge erarbeiteten neben wahrnehmungspsychologischen, kulturunabhängigen Faktoren wie Konsonanz als die Übereinstimmung der Information mit vorhandenen Erwartungen oder Überraschung als Unvorhersehbarkeit bzw. Seltenheit des berichteten Sachverhalts auch kulturell gebundene Faktoren wie Elite-Personen (Status) und Personalisierung, bei denen Unterschiede in verschiedenen Kulturen und Gesellschaftssystemen bestehen (vgl. Galtung/Ruge 1970, S. 261-268).[35] Auch der Nachrichtenfaktor Negativismus gehört zu den kulturabhängigen Faktoren, so dass „das hiesige Verhalten als journalistische Heldentat erscheint“ und „das dortige als journalistische Schlammschlacht wahrgenommen“ werden kann (Kepplinger 2001b S. 13; auch Noelle-Neumann 1997, S. 144ff.).[36] Aber auch auf Rezipientenseite haben Schlüsselereignisse eine besondere Bedeutung. Nicht nur zur Herausbildung neuer Interpretationsrahmen, sondern auch zur leichteren Umgehung der natürlichen Selektionsfilter beim Rezipienten spielt hier der Nachrichtenfaktor Negativismus eine Rolle (vgl. Kepplinger/Habermeier 1995, S. 374f.; Brosius/Eps 1993, S. 514). Gerade Themen wie Technik und Umwelt wird immer wieder eine verzerrte und vereinfachte Darstellung unterstellt und auch in Studien nachgewiesen, in denen Unternehmen stets potentielle Umweltsünder sind (vgl. Brand 1995; Kepplinger/Hartung 1995; Dunwoody/Griffin 1993). Die Folgen macht eine Studie von Wahl et al. (2000) aus der Umweltpsychologie sichtbar, die experimentell kognitive und affektive Reaktionen auf Berichte über Meeresverschmutzung analysierten. Dazu wurden im Vorfeld Artikel zur Ölförderung auf den Meeren, Gerichtsprozesse wegen Tankerunglücken und Meldungen zur Ölindustrie in der Badischen Zeitung von Januar 1990 bis März 1998 einer Inhaltsanalyse unterzogen. Unter attributionstheoretischen Annahmen suchten sie Artikel über Schaden aus, in denen in verschiedenen Variationen Aussagen über personale Verursachung des Schadens, die Möglichkeit seiner Verhinderung (Kontrolle), die Verbindung des Verhaltens mit einem höheren Ziel und über Wissen über das Risiko des eigenen Handelns gemacht wurden. Die einzelnen Variationen sollen die emotionalen Reaktionen „Ärger“ oder „Trauer“ verursachen und in eine bestimmte Verhaltensbereitschaft münden. Die Ergebnisse zeigen, dass typisch geframte Artikel über Schäden am Ökosystem Meer, die einen voll verantwortlichen und ethisch fragwürdigen Akteur darstellen, gleichgerichtet und in verstärktem Maße Ärger verursachen, der mit der Absicht einhergeht, sich gegen den Verantwortlichen etwa durch Boykott zu wenden. Auch in einer Befragung aus dem Leserkreis der untersuchten Zeitung, in der man zur Schilderung eines als typisch angenommenen Tankerunglücks aufgefordert wurde, zeigten sich hohe Übereinstimmungen mit den vorherigen inhaltsanalytischen Auswertungen (vgl. ebd., S. 230ff.; auch Nerb 2000; Kepplinger 2001b, S. 59-61; Brosius 1995, S. 86).[37]

Als Schlüsselereignisse führten die Ereignisse um die Brent Spar und in Nigeria zu einer veränderten Wahrnehmung des Shell-Konzerns auf der Bühne der Öffentlichkeit, bei Journalisten wie bei Rezipienten. In der Inhaltsanalyse von Wahl et al. (2000) zeigte sich, dass über Brent Spar, aber auch über die Havarie der Exxon Valdez am längsten und häufigsten berichtet wurde, obwohl letzteres schon im März 1989 stattfand.[38] Brent Spar und Nigeria verdeutlichten die Bedeutung des Umweltverhaltens und der sozialen Verantwortung eines Unternehmens für die öffentliche Reputation, aber auch die Bedeutung des Nachrichtenfaktors Negativismus bzw. Schaden (vgl. auch Economist v. 2.12.1995, S. 18-19 & 22.4.00, S. 65-67). Als „lehrbuchhafte[s] Beispiel[e] für eine hausgemachte Vertrauens- und Glaubenskrise“ (Schubert 2001, S. 6) war beides mehrfach Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Fallanalysen[39] im Bereich der Krisenkommunikation und Skandalberichterstattung, zu Thematisierungsprozessen und Einflussnahme verschiedener Anspruchsgruppen (v.a. NGO´s) auf Ereignisdarstellung und -verlauf. Bei Prozessen öffentlicher Meinungsbildung stehen besonders irrationale Elemente (öffentliche Meinung als soziale Kontrolle) im Vordergrund, bei denen Negativismus, Emotionen und symbolische Frames wie „David gegen Goliath“ großen Einfluss ausüben (vgl. Noelle-Neumann 1997, S. 441; Livesey 2001).

Nach der Beschreibung von Brosius/Eps (1995a, S. 173) könnte das Ereignis um die Brent Spar nicht nur als Schlüsselereignis, sondern als Prototyp für umwelt- und soziales Verhalten multinationaler Konzerne schlechthin gelten (vgl. dazu auch Fiske/Taylor 1984, S. 147f.). Die Entwicklung eines Prototyps wird durch besonders drastische und lebhafte Darstellung eines einzelnen Falles gefördert. Diese Form von Schlüsselereignissen gelten dann als abstrakter Frame (Referenzfall) zur Bewertung weiterer ähnlicher Ereignisse. Denkt man zurück an die mediale Schlacht, die sich die Protagonisten dieses vordergründig publizistischen Konflikts lieferten, klingt dies höchst plausibel. Damit gehört es zu den bemerkenswertesten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre und „bestätigt darüber hinaus vieles, was über Thematisierungsprozesse, politische Themenkarrieren und ökologische Kommunikation bekannt ist“ (Klaus 1997, S. 99-100). An der Skandalierung der Versenkung der Brent Spar lässt sich modellhaft der Einfluss einer veränderten Wahrnehmung auf die nachfolgende Berichterstattung und der Einflussmöglichkeit von Public Relations verfolgen, die gerade in Krisensituationen durch eine aktivere und gründlichere Bearbeitung seitens des Journalismus verringert wird. Für Kepplinger lag der Fehlschlag der Unternehmenskommunikation der Deutschen Shell nicht etwa an falschen Informationen, die nach heutiger Kenntnis richtig waren. Nach ihm war der Hauptgrund, dass die Informationen im „krassen“ Widerspruch zu längst etablierten Schemata standen und dass sie den Überzeugungen der meisten deutschen Journalisten wie etwa der Vorrangstellung des Umweltschutzes vor wirtschaftlichen Interessen widersprachen (Schuld-schema). So konnte der Kontrahent Greenpeace in einer ersten Phase weitgehend ungestört seine Sichtweise verbreiten (vgl. dazu auch Krüger/Müller-Hennig 2000, S. 205-222). Das dadurch etablierte Schema wirkte sich dann in einer zweiten Phase auf die Berichterstattung über die von der Deutschen Shell AG verbreiteten Sichtweise aus, die als Beleg für die Notwendigkeit des Misstrauens gegen Großunternehmen galt und für höchst unglaubwürdig erschien (vgl. Kepplinger 2001b, S. 23–27, 52; auch ders. 1998, S. 29).

In einer Inhaltsanalyse der WELT, FAZ und der taz analysierte Hecker (1997), angelehnt an einzelne Krisenverlaufsphasen des Brent Spar-Konflikts, 136 Artikel vom 1.6. bis zum 28.6.1995. Sie zeigte, dass die Deutsche Shell aufgrund einer sensibleren deutschen Öffentlichkeit als z.B. in England, deren Medienberichterstattung eher durch Nüchternheit und Sachlichkeit gekennzeichnet war, instrumentalisiert wurde und als Umweg diente (vgl. ebd., S. 122/123; auch Kepplinger 2001b, S. 12 & 120f.). Besonders TV-Berichte und die vielfache Nennung des anonymen Konzernamens „Shell“ innerhalb des Konflikts hätten zu einer Aktivierung stereotyper Rezeptionsmechanismen, Vorstrukturierung von Informationsver-arbeitungsprozessen und zur Reduktion interpretativer Verstehensleistungen auf wesentliche Aspekte geführt (vgl. Hecker 1997, S. 128).

Berens (2001) untersuchte auf Grundlage von drei systematischen, quantitativen Inhaltsanalysen alle Beiträge zum Fall Brent Spar vom 30.4.1995 als Tag der ersten Besetzung der Plattform durch Greenpeace-Mitglieder bis zum 30.6.1995, 10 Tage nach Bekanntgabe über den Verzicht auf die Versenkung durch Shell. Codiert wurden jeder Beitrag, Kommunikatorsequenzen, Bewertungen und sonstige Aussagen der dpa, taz, SZ, FAZ, BILD und der öffentlich-rechtlichen & privaten Nachrichtensendungen (vgl. ebd., S. 27). Innerhalb des Konflikts um die Versenkung der Brent Spar identifizierte der Autor weiterhin neun Schlüsselereignisse an sieben Tagen, die je nach Mediengattung eine unterschiedlich starke Wirkung auf die Thematisierung hatten (vgl. Tabelle A6 im Anhang). In einer Regressionsanalyse untersucht er die Auswirkung dieser Schlüsselereignisse auf einzelne Zeitreihen der Mediengattungen. Als Prädiktoren der Medienberichterstattung erklären sie 21 Prozent der Varianz bei den Tageszeitungen. Bei Betrachtung der Berichterstattungstage je Schlüsselereignis weist die BILD im Vergleich zur dpa-Berichterstattung sogar einen abweichenden Rythmus auf. Er kommt zum Schluss, dass besonders der Nachrichtenfaktor Negativismus, aber auch Relevanz und politische Eliten die Selektion bestimmten (vgl. Berens 2001, S. 184f.). Brent Spar war für Politiker wie für Journalisten als Ereignistyp ein ganz neues Thema. „Der Erfahrungshorizont [...] war auf diesem Gebiet vergleichsweise gering“ (ebd., S. 197), so dass sich sehr schnell ein neuer einheitlicher Bezugsrahmen aufbaute.

Die Präsenz eines solchen Bezugsrahmen kann weiterhin zur Etablierung eines anderen Frames beitragen. Die Diskussion um die Rolle Shells (Shell Petroleum Development Company of Nigeria – SPDC) in Nigeria, die Menschenrechtsfragen, das politische System und das Engagement von Ölkonzernen umfasste, wurde zu einem „Fall Shell“, weil der Skandal um die Ölbohrplattform Brent Spar noch ausreichend präsent war. Es fand ein Frame-Transfer statt, in dem der Frame des einen Themas (Brent Spar) die Grundlage für den Bezugsrahmen („Schon wieder Shell“) eines ganz anderen Themas (Nigeria) bildete (vgl. dazu Scheufele/Brosius 1999, S. 428; auch Hecker 1997, S. 114 & 131).

Diesen Frame fanden Donsbach/Gattwinkel (1998) in einer Inhaltsanalyse zur „publizistischen Inszenierung des Skandals um die Rolle der Ölkonzerne in Nigeria“ besonders in Artikeln der Anfangsphase des Konflikts. Dazu analysierten sie 4.050 Artikel aus 281 Printmedien zwischen Februar 1995 und Dezember 1996 (vgl. ebd., S. 81). Während die gravierende Thematisierung von Brent Spar wenige Monate vor Nigeria als Resonanzboden für diesen Konflikt diente, zeigten sie auch, dass die Journalisten zu den Hauptkritikern Shells gehörten (vgl. ebd., 108f. & 159ff.).[40] Neben der Bedeutung der Konzentration auf negative Ereignisse und Kritik, spielt die nachhaltige Stärke einmal existierender Bezugsrahmen für die Berichterstattung eine enorme Rolle. Sie werden gestützt durch die „von anderen Journalisten, insbesondere von sogenannten Leitmedien, geteilte Wirklichkeitsdefinition (´shared reality´), die im Konzert mit ebenfalls geteilten Grundwerten die publizistische Darstellung von moralisch- zumindest aber wertgeladenen Sachverhalten [perpetuiert]“ (ebd., S. 161).

6.2. Kollegenorientierung und Inter-Media Agenda-Setting

Das von Enzensberger polemisch formulierte Phänomen einer geteilten Wirklichkeitsdefinition bzw. der Kollegenorientierung innerhalb des journalistischen Systems beschreibt die Orientierung und Handlungsausrichtung von Journalisten vor allem an Kollegen in der eigenen Redaktion, aber auch an anderen wichtigen Medien (vgl. auch Donsbach 1982, S. 193). In keinem anderen Beruf ist die Kollegenorientierung so intensiv und schnell wie im Journalismus (vgl. Kepplinger 2001b, S. 45-46), was Timothy Crouse (1993, S. 7/8) veranlasste, amerikanische Journalisten zum „pack journalism“ zu zählen. Innerhalb der Unternehmensberichterstattung kann auch davon ausgegangen werden, dass Berichte und Kommentare von anderen Wirtschaftsjournalisten zur Grundlage der eigenen Berichterstattung gemacht werden. Die Lektüre zahlreicher Tageszeitungen als Leitmedien gehört in Deutschland zur Routine von Redakteuren. Weischenberg/Löffelholz/Scholl (1994, S. 163) ermittelten, dass der SPIEGEL innerhalb der Presse mit 67 Prozent (neben der ARD als Rundfunksender) das wichtigste Orientierungsmedium darstellt, das von Journalisten häufig bzw. regelmäßig benutzt wird. Mit dieser ausgeprägten meinungsführenden Rolle, hält der industriekritische SPIEGEL vermutlich auch innerhalb der Wirtschaftsberichterstattung die Funktion eines Trendsetters inne (vgl. Mahler 1999, S. 244-245). Die SZ wird ebenfalls von einer Mehrzahl der Befragten angegeben (47 Prozent). Danach folgen, relativ dicht beieinander Stern, FR und die Zeit (37, 36 und 34 Prozent), während die FR von 23 Prozent der Befragten regelmäßig genutzt wird. Die WELT wird in gleichem Umfang genutzt wie die auch aus dem Springer-Verlag stammende BILD (22 Prozent), die mittlerweile aber mit zu den am häufigsten zitierten Tageszeitungen gehört (vgl. Medien Tenor 104/2000, S. 48).[41] Eine Meinungsführerrolle des HB innerhalb der Wirtschaftsberichterstattung muss mit einer regelmäßigen Nutzung von 11 Prozent relativiert werden, ist aber dafür im Jahr 1999 und 2000 meistzitiertes Wirtschaftsblatt (vgl. Medien Tenor 92/2000, S. 9 & 104/2000, S. 49).

Diese Selbstreferentialität im Mediensystem hat einen starken Einfluss auf die Konstruktion der Medienagenda. Rogers/Dearing (1988) machten innerhalb ihrer Systematik des Agenda-Setting besonders auf die faktorimmanenten Effekte innerhalb des Beziehungsgeflechts zwischen Media-, Public- und Policy-Agenda aufmerksam. Im Hinblick auf den Einfluss der Medien auf ihre eigene Agenda sind es die genannten Meinungsführer-Medien, „deren Inhalte die Selektion anderer Kommunikatoren wesentlich beeinflussen und damit eine Art ´intermedia agenda-setting´ hervorrufen, was auch als ´Bandwagon´-Tendenz der Medien bezeichnet wird“ (Rössler 1997, S. 32; auch McCombs/Shaw 1993, S. 61; Weaver/McCombs/Shaw 1998, S. 197ff.; Danielian/Reese 1989). Die Diffusion von Themen und Argumenten innerhalb des Mediensystems wird analog zum opinion-leader-Konzept als Zwei-Stufen- bzw. Mehr-Stufen-Fluss beschrieben und konzentriert sich auf die Frage, „wie sich die Medien in ihrer Berichterstattung gegenseitig beeinflussen“ (Mathes/Czaplicki 1993, S. 156). Halloran/Elliott/Murdock (1970) wiesen in ihrer Studie zur Anti-Vietnam Demonstration 1962 nach, dass sich dieser Prozess nicht nur auf Thematisierungen beschränkt. Er beschreibt ebenso die Diffusion von Interpretationsrahmen („frame of reference“), die bestimmte Bewertungen nahe legen und andere ausschließen. Besonders der Druck, den publizistischen Markt zu beobachten und der nicht zu verachtende Zeitdruck, neue Themen und Bewertungen innerhalb einer Zeit zu setzen, in der eine zuverlässige Abschätzung der Bedeutung, der Ursachen und Konsequenzen von Ereignissen meist noch gar nicht möglich ist (vgl. Mathes/Czaplicki 1993, S. 153), bewegt Journalisten dazu andere Medien zu benutzen (vgl. Breed 1955; auch Gans 1979, S. 180). Der Drang nach Reduktion von Unsicherheit bei Bewertung und Darstellung neuer Themen ist in Krisenphasen besonders ausgeprägt. Im Gegensatz zu Routinephasen wird bei Skandalen und anderen spektakulären Schlüsselereignissen wie Brent Spar und Nigeria die generell starke Koorientierung im Journalismus noch intensiver, was auch den geringeren Erfolg von PR-Bemühungen verursachen kann. Bei der Skandalberichterstattung ist die Normbildung in den Medien innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen, was sowohl die Gewichtung der Themen als auch die Bewertung des Geschehens betrifft (vgl. Kepplinger 2001b, S. 46).[42]

In der Studie zum publizistischen Konflikt um die Brent Spar zeigte Berens (2001), wie medieninterne Agenda-Setting-Prozesse den Aufbau eines neuen Bezugsrahmen des Shell-Konzerns unterstützten. Die Koorientierung trug wesentlich zur Thematisierung und Dynamik des publizistischen Konfliktes bei. Die Deutsche Presse Agentur (dpa) spielte dabei eine besondere Rolle, denn auch Nachrichtenagenturen genießen großes Vertrauen unter Journalisten. Dies ist oft verbunden mit dem Vorwurf einer unveränderten oder mit nur kleinen Veränderungen versehenen Übernahme in die Zeitung.[43] Die dpa war ein maßgeblicher Faktor, der die weitere Diffusion der Ereignisse um die Brent Spar und ihrer Aspekte im weiteren Mediensystem bestimmte (vgl. ebd., S. 184, 187 & 223ff.).

Außerhalb spektakulärer Ereignisse wurde das Inter-Media Agenda-Setting vor allem im Bereich politischer Kommunikation (Wahlkämpfe) untersucht, wobei das Second-Level Agenda-Setting ebenfalls untersuchungsleitend war (vgl. Roberts/McCombs 1994; López-Escobar et al. 1998, S. 237; aber auch Kepplinger et al. 1986; Boyle 2001). Das Inter Media Agenda-Setting beschränkt sich aber nicht auf die genannten Medien. Gerade für das Issues Management sind alternative Medien von Bedeutung. Als Agenda-Setter machen sie klassische Medien auf Themen aufmerksam, die i.d.R. von diesen ignoriert werden, um sie damit weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Zeitungen wie die taz entstanden in enger Verbindung zum Wertewandel in Teilen der jüngeren Generation und mit Aufkommen der neuen sozialen Bewegungen. Sie sehen sich als Forum für die politische Linke (Umweltgruppierungen, Atomkraftgegner & lokale, „single-issue“ Gruppen) und stehen ungebremstem technologischen und industriellen Fortschritt sehr kritisch gegenüber mit entsprechenden Konsequenzen gerade für Branchen wie die Mineralölindustrie. Mathes/Pfetsch (1991) zeigten, wie sog. „counter-issues“ - Themen, die im Gegensatz zu Routine-Issues nicht in etablierten Medien thematisiert werden - zunächst in der alternativen Szene aufgegriffen wurden, dann den Weg in bereits „etablierte“ alternative Medien wie die taz oder Hamburger Rundschau fanden und von da aus in einem „Spill-over-Effekt“ in liberalere Medien wie Zeit und FR gelangten. Diese schufen wiederum einen „frame of reference“ für konservativere Zeitungen wie die FAZ (vgl. ebd., S. 40ff.; auch Kepplinger 1986, S. 32). Donsbach/Gattwinkel (1998) untersuchten diesen Aspekt zwar nicht explizit, zeigten aber, dass die taz und Neues Deutschland den „innersten Bezug zum Nigeriakonflikt“ hatten und das Thema „überdurchschnittlich stark voran[trieben]“ (S. 90). Neuere Untersuchungen zeigten sogar, wie bspw. der SPIEGEL zusammen mit täglich aktualisierten Internetangeboten Themenkarrieren in Diskussionsforen im Usenet beeinflussen kann (vgl. Medien Tenor 86/1999, S. 44).

Eine ausgeprägte Kollegenorientierung und das Inter-Media Agenda-Setting tragen am Ende zu einer hohen Konsonanz bzw. zu einer übereinstimmenden Tendenz der Medienberichterstattung bei, die als wichtige Bedingung für Medienwirkungen angesehen wird (vgl. Halloran/Elliott/Murdock 1970, S. 26; Noelle-Neumann/Mathes 1987, S. 410, Endnote 2). Durch sie werden die Hürden selektiver Wahrnehmung überwunden, verstärkt durch die kumulative Berichterstattung der periodisch erscheinenden Massenmedien (vgl. Noelle-Neumann 1973, S. 51). Eine konsonante Berichterstattung ist wiederum sehr themenspezifisch. Eilders (2002) konnte nachweisen, dass eine besonders hohe Konsonanz neben Themenbereichen wie „commercial law“, „budgetary policy“ und „alliance policy“ auch für Umweltpolitik besteht, während geringere Konsonanzen etwa bei der Sozial- und Kulturpolitik bestehen (vgl. ebd., S. 45).

Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA 2001) lesen zwar nur sieben Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren überregionale Tageszeitungen (FAZ, FR, SZ, WELT, HB und Financial Times Dtl.) - dies sogar verbunden mit einem fallenden Trend - doch haben Inter-Media Agenda-Setting und Konsonanz im Mediensystem für die Unternehmenskommunikation verschiedene Konsequenzen. Themen, Bewertungen und Aspekte der Realität gelangen in einem „multi-stage process” nach gewisser Zeit verzögert zum Rezipienten. Ein Thema oder Argument wird von einem Prestige-Medium in das Mediensystem eingebracht, dieses wird von anderen Medien aufgegriffen, was wiederum andere Medien dazu veranlasst, ebenfalls darüber zu berichten. Die Meinungsführer-Medien entfalten eine multiplikative Wirkung im Mediensystem, die über den Kreis ihrer Rezipienten weit hinaus reicht und das gesamte Mediensystem umfassen kann. Die hohe Bedeutung der Meinungsführer-Medien resultiert somit nicht aus der Zahl ihrer Leser, sondern aus ihrer Stellung im Mediensystem. Das Ergebnis ist ein sich selbst be- und verstärkendes journalistisches Bezugssystem (vgl. Beger/Gärtner/Mathes 1989, S. 215).

Die Untersuchung von Konsonanz wurde von Noelle-Neumann/Mathes (1987, S. 406ff.) in Anlehnung an die Studie von Halloran/Elliott/Murdock (1970, S. 95f.) auf drei Ebenen spezifiziert, die im Second-Level Agenda-Setting zusammengefasst werden. Auf dem ersten „Level of Agenda-Setting“ wird die Wichtigkeit von Issues und Problemen behandelt. Während dann auf dem untergeordneten „Level of Focusing“ die Auswahl bestimmter Aspekte von Issues und Problemen behandelt wird, erfolgt auf dem „Level of Evaluation“ die Analyse der Entstehung von Meinungsklima durch Bewertungen in der Berichterstattung.

Neidhardt/Eilders/Pfetsch (1998, S. 4) greifen diese Konzeptualisierung in ihrer Untersuchung der „Stimme der Medien im politischen Prozess“ auf und beziehen dies auf zwei Ebenen öffentlicher Meinungsbildung – Themen und Bewertungen. Den Umfang von Übereinstimmungen mehrerer Medien hinsichtlich ihrer Themen bezeichnen sie als Fokussierung und hinsichtlich ihrer Bewertung als Konsonanz. Auf dieser Bewertungsdimension wird Konsonanz als „Übereinstimmung in den öffentlich geäußerten Positionen und Meinungen zu einem Thema“ (ebd., S. 13) bestimmt. Diese muss aber nicht nur auf Kommentare beschränkt bleiben, obwohl hier Meinungen und Bewertungen am offensichtlichsten geäußert werden. Der Prozess der Fokussierung und Bewertung schließt die Auswahl oder Akzentuierung bestimmter Subthemen oder Aspekte in allen Formen journalistischer Produkte mit ein, die durch ihre themeninterne Struktur implizit Meinungen transportieren können.

6.3. Unternehmen als Thema der Berichterstattung

Bei der Frage nach Aspekten bzw. Attributen, mit denen ein Unternehmen in den Medien charakterisiert wird, ist noch zu klären, wie ein Unternehmen auf übergeordneter Ebene als Thema der Berichterstattung aufzufassen ist. Wie in der Agenda-Setting Forschung spielt auch hier die Definition eines Themas eine große Rolle, was in vielen Studien versäumt wird (vgl. Brosius 1994, S. 270). In der Literatur wird eine Agenda i.d.R. aus Issues gebildet. Die politikwissenschaftliche Definition für Issue grenzt die Bedeutung auf politische wie soziale Probleme ein, die "aktuelle Themen und öffentliche Anliegen, die mit dem nationalen Interesse verknüpft sind" (Eichhorn 1996, S. 13), umfassen (vgl. auch Dearing/Rogers 1996, S. 3). Diese Bedeutung kommt auch der im Issues Management nahe. Während Issues hier überwiegend auf Probleme beschränkt bleiben, schließen andere auch neutral zu bewertende Themen oder Sachverhalte ein (vgl. Röttger 2001, S. 16ff.; Merten 2001, S. 42, Herger 2001, S. 80f.). Sachverhalte sind grundsätzlich neutral und suggerieren nicht wie negativ besetzte Substantive „Problem“ oder „Missstand“ von vornherein eine Bedrohung für eine Organisation. Sie umfassen „grundsätzlich sämtliche Phänomene, die aufgrund sinnlicher Wahrnehmung durch mehrere Personen Gegenstand von Diskussionen sein können und schließen damit gleichzeitig alle anderen Phänomene, die sich der Wahrnehmung und damit der Bewertung durch Dritte [ z.B. durch Journalisten, A.B. ] entziehen, aus“ (Lütgens 2001, S. 62-63). Auch McCombs/Shaw (1977, S. 12f.) beschränkten ihren Ansatz nicht auf Sachthemen als öffentlich umstrittene Themen, sondern dehnten sie als „topics, issues, persons, or whatever“ auf alle möglichen Objekte und ihre Attribute aus. Mit einer damit verbundenen Beschränkung der Aussagekraft des Ansatzes ist dies aber ebenso vielfach kritisiert worden (vgl. Weiß 1989, S. 476). Die weiteren terminologischen Unklarheiten des Begriffs sollen hier aber nicht weiter im Vordergrund stehen.

Die Agenda-Setting Forschung unterscheidet nun grob zwischen zwei Forschungsansätzen: Während einige Untersuchungen auf mehrere Issues, die meistens in einer Querschnittserhebung analysiert werden, ausgedehnt werden, erfolgt in Untersuchungen des zweiten Typs eine Beschränkung auf „Single-Issues“, die unter Berücksichtigung der Zeit in einem Längsschnittdesign mit einzelnen Thematisierungsphasen analysiert werden (vgl. Dearing/Rogers 1996, S. 40f.; Brosius 1994, S. 273). Ein Unternehmen kann als ein solches „Single-Issue“ aufgefasst werden, zu dem neben Subthemen auch Attribute und Wertungen vermittelt werden. Problematisiert muss allerdings der inhaltsanalytische Zugriff auf die Medieninhalte mit vorab konstruierten Kategorien werden. Kosicki (1993, S. 104) bemängelte die Operationalisierung von Issues, die nicht von den Befragten, sondern vor allem von Forschern vorgenommen wird (Problem der selektiven Wahrnehmung). Dadurch entstehen „abstrakte, ´inhaltslose´ Kategorien, die sich zwar gut für die Operationalisierung in Inhaltsanalysen und Umfragen eignen, soziale Realität aber nur begrenzt abbilden können" (Eichhorn 1996, S. 17; auch Dernbach 2000, S. 39). Innerhalb des Issues Managements wird auf ähnliche Probleme aufmerksam gemacht. Der „blinde Fleck“ bezeichnet einen Umstand, dass Unternehmen i.d.R. nur Issues erfassen, die für sie relevant erscheinen, aber nicht unbedingt Ansprüche der Öffentlichkeit abbilden.

Um den Shell-Konzern als Thema der Berichterstattung klassifizieren zu können, bieten sich noch einige andere Systematisierungsversuche an. So kann die Berichterstattung über den Konzern Shell als sehr konkretes Thema auf niedriger Abstraktionsebene klassifiziert werden. Yagade/Dozier (1990) ordneten Themen anhand ihres jeweiligen Abstraktionsgrades definiert als “degree to which an issue is difficult to conceptualize, to be made sensible” (S. 4). Das einzelne Ereignis dient als kleinste und zugleich unmittelbarste Einheit. Eine Zusammenfassung dieser Ereignisse führt zu konkreten bis hin zu immer abstrakteren Themen. Dies kommt in ähnlicher Weise ebenfalls in der Unterscheidung von Iyengar (1991) zwischen konkreten Ereignissen („episodic frame“) und abstrakten Issues („thematic frame“) zum Ausdruck, denn ein konkretes Issue „is linked to a specific event or small set of events“ (Yagade/Dozier 1990, S. 5). Je abstrakter ein Thema ist, desto schwieriger ist es zu fassen und zu verarbeiten. Ihre Hypothese lautet dementsprechend: Je höher der Abstraktionsgrad des untersuchten Themas, desto geringere Agenda-Setting-Effekte durch Medien seien zu erwarten. Doch gerade bei abstrakten Themen spielen Schemata eine große Rolle, um die Verarbeitung zu erleichtern (vgl. Gooch 1996, S. 108 & S. 113f.). Konkrete Issues erfordern dagegen geringere kognitive Anstrengungen und erleichtern Effekte durch Medienberichterstattung. Mit dem abstrakten Thema Nuklearwaffen und dem konkreten Thema Energie, die sie durch eine Befragung ermittelten, bestätigten Yagade/Dozier (1990, S. 9f.) ihre Vermutungen.

In eine ähnliche Richtung geht die Studie von Benton/Frazier (1976). Sie untersuchten Agenda-Setting-Effekte auf drei Ebenen eines Themas. Auf einer ersten Ebene überprüften sie, wie neue Themen in ihrer Gesamtheit in den öffentlichen Diskurs einfließen („general issue names“). Auf einer zweiten Ebene teilten sie diese breit definierten Metathemen in ihre Subthemen auf („subissues including problems, causes, and proposed solutions, including pro and con“), um auf einer dritten Ebene einzelne Detailaspekte dieser Segmente zu untersuchen („specific information about subissues“). Die letzten beiden Ebenen finden sich im Modell des Second-Level Agenda-Setting wieder. Anhand des Themas Wirtschaft machen sie dies deutlich: Anfangs stand eine generelle Untersuchung im Vordergrund, um dann Themen wie Inflation oder Arbeitslosigkeit zu betrachten. Zu diesen Subthemen analysierten die Autoren dann spezifische Informationen wie verwendete Argumentationslinien oder beteiligte Akteure (vgl. ebd., S. 263). Auf dieser dritten Ebene fanden sie starke Agenda-Setting Effekte bei Zeitungen für zwei Arten von Attributen: die spezifischen Probleme, Ursachen und Lösungsvorschläge in Bezug auf das generelle Thema (Korrelation r = .81) und Vor- und Nachteile für wirtschaftliche Lösungen (r = .68). Attribute, die bei der Beschreibung eines Objektes angeführt werden, kann man somit als Thematisierung auf einer sehr niedrigen Abstraktionsebene verstehen. Das Framing erlangt zur Bestimmung des Abstraktionsgrades eine besondere Rolle, da „[i]ssue abstraction is partly a product of how an issue is framed in media content“ (Yagade/Dozier 1990, S. 10). Ein ähnlicher Ansatz wurde u.a. von Atwater/Salwen/Anderson (1985) in Zusammenhang mit vier Sub-Issues aus dem Bereich der Umwelt untersucht.

Sieht man die Berichterstattung über ein Unternehmen wie Shell nun als Subthema oder konkretes Thema eines übergeordneten, abstrakteren Themas, sind verschiedene Kontexte ermittelbar, in denen das betroffene Unternehmen auftaucht. Shell kann bspw. in Zusammenhang mit Themen wie Benzinpreiserhöhungen, Tankerunglücke oder Verkehrssicherheitskooperationen auf der einen Seite als Akteur sehr konkret aufgefasst werden. Andererseits können aber auch jeweils abstraktere Bezüge gefunden werden. Auf dieser Ebene geht es dann vielmehr um die generelle Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft, ihre gesellschaftliche Verantwortung im Stammland und Ausland oder umweltbezogenes Verhalten.[44] Alles Themen, die sich jederzeit zu den Issues entwickeln können, die in der Literatur als Probleme verstanden werden und im Fokus des Issues Management stehen. Einem solchen Entwicklungsprozess folgt die Issue-Typologie von Neuman (1990, S. 167ff.) über Themenzyklen und Schwellen, die wiederum selbst Bezug auf Downs´ (1972) Konzept der Issue-Zyklen nimmt. Auf niedriger Ebene kann das Thema Shell anfangs als Nicht-Problem aufgefasst werden, was der üblichen Definition von Issue als Problem widerspricht. Auf einer höheren, abstrakteren Stufe aber sind Bezüge wie zum Konflikt um die Brent Spar oder in Nigeria in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang als Probleme zu definieren. Dies verstärkt die Auffassung von Issues bzw. Themen als "quasi-hierarchische" Netzwerke: Für jedes Thema gibt es immer mindestens ein weiteres, übergeordnetes Thema. Dabei ist es aber nicht immer möglich, genau ein hierarchisch übergeordnetes Thema festzulegen (vgl. Eichhorn 1996, S. 16).

Luhmann (1970, S. 14ff.) entwickelte typische Phasen des Lebenszyklus eines Themas in Zusammenhang mit politischen Themenkarrieren. In der latenten Phase ist ein Thema nur wenigen Eingeweihten bekannt und noch nicht entschieden, wann und unter welchem Begriff das Thema – im Extremfall überhaupt nicht – Karriere macht. In der Durchbruchphase treiben einige das Thema voran bis es auf die Agenda politischer Eliten gelangt. Mit einem bestimmten Grad an Popularität wird das Thema Mode und damit auch Bestandteil der Medienberichterstattung und öffentlicher Meinung bis es schließlich in der Ablebephase seine Karriere beendet. Im Issues Management wird das Modell zur Beschreibung einer idealtypischen Issue-Entwicklung mit ähnlichen oder sogar erweiterten Phasen wie Definitions-, Legitimations-, Polarisierungs-, Identifikations-, Lösungs- und Umsetzungsphase benutzt (vgl. Lütgens 2001, S. 65; auch Derieth 1995, S. 203/204; Hecker 1997, S. 84f.). Diese Phasen können wiederum grob in die mehrfach genannte Routine- (in erster Linie latente Phase) und Krisenberichterstattung eingeteilt werden.

In vielen Untersuchungen zum Agenda-Setting fanden Forscher heraus, dass besonders Themen, mit denen Leute nur geringen persönlichen Kontakt („unobtrusive issues“) haben und somit zu großen Teilen bzw. nur auf mediale Vermittlung angewiesen sind, sehr starke Medieneffekte aufweisen. Das Umweltthema, moderiert durch das gewachsene Umweltbewusstsein in der Bevölkerung, ist ein solches unaufdringliches Thema (vgl. Zucker 1978, S. 227 & 235ff.; Ader 1995, S. 301[45] ). Eine Differenzierung muss aber zwischen den verschiedenen Quellen, aus denen man über Umweltprobleme erfährt, und der räumlichen Nähe von Ereignissen im Bereich Umwelt erfolgen. Umwelt kann durchaus ein „obtrusive issue“ (engl. aufdringlich) sein, das direkt erfahrbar ist und ins tägliche Leben eindringt. Gooch (1996) wies nach, dass die Wahrnehmung dieses Themas „are more likely to be influenced by our tendency to rely on ´rampant empiricism´, than by the information provided by experts, politicians and the mass media” (S. 109). Eine Unterscheidung in lokale und globale Umweltprobleme nimmt darauf Rücksicht. Im Konflikt um die Brent Spar entwickelte sich bspw. unabhängig vom Ort des Geschehens, das auf offener See (Nordsee) stattfand, das Bevölkerungsinteresse am Thema Brent Spar (als Umweltproblem) in ferneren Bundesländern auf ähnliche Weise wie in den nahegelegenen norddeutschen Bundesländern (vgl. Berens 2001, S. 333).

Auch ökonomische Themen wie Inflation und Steuern sind zu den aufdringlichen Themen zu zählen. So beruhen die nachgewiesenen Effekte in den angeführten Studien zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage nicht allein auf (negativer) Berichterstattung, sondern auch auf der Aufdringlichkeit des Themas (vgl. Wu et al. 2002, S. 34). Auf individueller Ebene entscheidet am Ende wieder das persönliche Involvement mit Themen bzw. das „need for orientation“, das den Aufwand der Informationsverarbeitung bestimmt (vgl. McCombs 1999, S. 154f.; Petty/Cacioppo 1981). Eine eher periphere Verarbeitung bei niedrigem Involvement, bei dem emotionale und auffällige Reize die Verarbeitung bestimmen, äußert sich auch in ausgeprägteren Antwort-Effekten innerhalb von Umfragen (vgl. Bishop 1990). Themen wie Benzinpreiserhöhungen, in deren Zusammenhang meist mehrere Mineralölkonzerne genannt werden, sind andererseits sehr aufdringlich.[46] Sie betreffen einen Großteil der Bevölkerung persönlich, während die meisten einen Mineralölkonzern wie Shell nur über eine ihrer heimischen Tankstellen näher kennen. In Verbindung mit Subthemen bzw. Themen unterschiedlichen Abstraktionsgrades kann das persönliche Involvement variieren, so dass während einer Routinephase (Bsp. Ergebnisberichterstattung) lediglich ein kleiner Teil der Bevölkerung mit einem speziellen Interesse angesprochen wird.

II. Eine Sekundäranalyse zum öffentlichen Bild des Shell-Konzerns

7. Die Daten der Primärerhebung

7.1. Inhaltsanalyse der Presseberichterstattung

Die Daten der Inhaltsanalyse, die sekundäranalytisch ausgewertet werden, stammen aus einem Forschungsprojekt im Auftrage der Deutschen Shell GmbH (neuerdings Shell & DEA Oil GmbH). Die Grundlage der Studie bestand in einer Analyse der Berichterstattung über den Shell-Konzern in acht deutschen Printmedien der Jahre 1995 bis 2000. Dieser Zeitraum wurde mit einer quantitativen Inhaltsanalyse auf Themen, Tendenzen, Attribute und andere Kategorien analysiert.[47] Für eine Bewertung war der Eindruck entscheidend, den der einzelne Artikel von Shell global und zu den Attributen hinterließ. Dabei wurden alle expliziten und impliziten Äußerungen berücksichtigt. Der Inhaltsanalyse gingen intensive Codiererschulungen voraus, in denen der Aufbau des Kategoriensystems bekannt gemacht und an Beispieltexten demonstriert und diskutiert wurde. Artikel der einzelnen untersuchten Printmedien wurden im Rotationsverfahren gleichmäßig auf alle Codierer verteilt, um Codierereinflüsse bei allen Textsorten gleich zu halten und zu neutralisieren.

Die Artikel für das Jahr 1999 wurden in einer ersten Teilanalyse auf Grundlage einer proportional geschichteten Themenstichprobe untersucht. Die Grundgesamtheit bildeten Presse-Clippings, die von einem Ausschnittdienst zur Verüfgung gestellt wurden. Diese umfassten die gesamte Medienberichterstattung in Deutschland über Shell in regionalen und überregionalen Tageszeitungen, in Publikumszeitschriften, Anzeigenblätter und Wochenzeitungen. Die Jahre 1995 bis 1998 (2973 Artikel mit 4567 Themen[48] ) und das Jahr 2000 (821 Artikel mit 1343 Themen) wurden in einer anschließenden Vollerhebung analysiert. Das Material für das Jahr 2000 wurde wieder durch einen Ausschnittdienst bereitgestellt und die Artikel für die Jahre 1995 bis 1998 über das kommerzielle Datenbanksystem Genios und über Auftragsrecherchen beschafft (Suchbegriff: Shell; Royal Dutch/Shell). Die Analyse dieser Jahre wurde auf alle Artikel eingegrenzt, die in den überregionalen Zeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung (im folgenden FAZ), Frankfurter Rundschau (FR), Handelsblatt (HB), Süddeutsche Zeitung (SZ) und Die Welt (Welt), den Boulevardblättern BILD und Hamburger Morgenpost (MOPO) und im Nachrichtenmagazin SPIEGEL über Shell erschienen sind.[49] Um einen kontinuierlichen Vergleich zu ermöglichen, wurden die interessierenden Medien aus den Daten für das Jahr 1999 (820 Artikel mit 957 Themen) extrahiert und entsprechend der Themenstichprobe und der ermittelten Grundgesamtheit gewichtet.

Das Mediensample ist besonders geeignet, das öffentliche Bild des Shell-Konzerns zu untersuchen: Erstens bieten die überregionalen Tageszeitungen und der SPIEGEL ein breites Informationsangebot auf hohem journalistischem Niveau mit gattungsspezifischen Aufbereitungs- und Darstellungsstrategien (Qualitäts- bzw. Prestigezeitungen). Zweitens sind diese Blätter, den theoretischen Ausführungen zufolge, potentielle Meinungsführer. Mit einer damit verbundenen Breitenwirkung erhält man durch die Analyse dieser Blätter einen Indikator für die Berichterstattung übriger (bes. reg.) Zeitungen und Zeitschriften. Dies hängt drittens zusammen mit unterschiedlichen redaktionellen Linien, die bei den einzelnen Zeitungen Themenauswahl und Themendarstellung beeinflussen. Die BILD erreicht viertens ein großes Publikum auch niedrigerer Bildungsschichten und erzielt ebenfalls eine ausgeprägte Breitenwirkung.[50]

[...]


[1] Esser/Brosius (2000) verdeutlichen, dass dieses einfache Ursache-Wirkungs-Denken noch nie so simpel war, wie vielfach dargestellt wird.

[2] z.B. Ruf, Klatsch, Gerücht, Vorstellung, Abbild, Stereotyp, Vorurteil oder Einstellung.

[3] weitere Synonyme sind Publikums-, Dialog-, Anspruchs- oder Interessengruppen (Stakeholder).

[4] Image in der marketingwissenschaftlichen Literatur ist durch eine einseitige Beschränkung auf ein profitorientiertes Instrument der Beeinflussung gekennzeichnet (vgl. Avenarius 1993, S. 65).

[5] In Kreisen von Managern entwickelte sich bspw. die Lehre von der “gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmensführung” (vgl. Dyllick 1989, S. 86-116) aufgrund der Schutzbedürftigkeit der Interessen von Kapitaleignern, Verbrauchern, Arbeitnehmern und der Öffentlichkeit. Innerhalb der BWL ist dies der Bereich „Umwelt- und Wertemanagement“.

[6] Neben vielen Positivbeispielen wie die Teilnahme am UN-Projekt „Global Compact" oder die Gründung der mit viel Geld ausgestatteten Shell Foundation werden in der deutschen Kurzfassung des Reports „Menschen, Umwelt & Gewinne“ ebenso offen Negativbeispiele aufgeführt (Quelle: Deutsche Shell GmbH).

[7] Vgl. dazu das Dreikomponenten-Modell bzw. Trinitätskonzept mit Einstellungen als mehrdimensionales Konstrukt, das affektive, kognitive (als feste Überzeugungen) und konative bzw. handlungsrelevante Komponenten (beobachtbares Verhalten) gegenüber einem Einstellungsobjekt umfasst (vgl. Eagly/Chaiken 1993). Die einzelnen Komponenten von Einstellungen sind als analytische Trennung zu verstehen, da verschiedene Untersuchungen mal feststellten, dass affektive und ein anderes Mal kognitive Maße bessere Prädiktoren für das Verhalten darstellen (vgl. Koeppler 2000, S. 6).

[8] Involvement ist der Grad wahrgenommener Wichtigkeit und/oder persönlichen Interesses, der durch einen Stimulus (oder Stimuli) in einer bestimmten Situation hervorgerufen wird (vgl. Antil 1984, S. 204).

[9] Aufgrund vielfacher uneindeutiger Verwendung und Umsetzung des Schema-Begriffs wird in der Sozialpsychologie das Social-Cognition-Paradigma als breiterer Kontext für die Schema-Theorie verwandt, das die subjektive Verarbeitung von Informationen und die dadurch unterschiedlichen Wirkungen umfasst. Besonders die tendenziöse Verarbeitung von Informationen durch Heuristiken, Schemata oder ähnliche kognitive Strukturen helfen, die Informationsmenge sinnvoll zu reduzieren, bei denen wenige Hinweisreize bei der Deutung von Informationen helfen (vgl. Brosius 1995, S. 106ff.).

[10] Im Zusammenhang mit Unternehmen der Mineralölindustrie gibt Grunig (1993) ein interessantes Beispiel wieder: „If I have a reason to think about Exxon [...] I may bring together memories of the Valdez as well as of my friendly service station up the street” (S. 281).

[11] Beim Konstrukt der Salienz mit der deutschen Übersetzung mit „Wichtigkeit“ besteht eine Problematik. So existiert ein offensichtlicher Unterschied zwischen dem englischen „importance“, das als „Importanz“ eine affektive Einschätzung beschreibt, und „salience“, das eher für Auffälligkeit eines Attributs steht. Die Wichtigkeit eines Themas wird üblicherweise durch die Auftretenshäufigkeit eines Themas beschrieben. Aber auch Umfang bzw. Dauer der Berichterstattung wird als Indikator für die Bedeutsamkeit eines Themas verwandt. Formale Kriterien der Präsentation für die Bedeutungszuweisung durch Journalisten wie Platzierung und Aufmachung eines Beitrags oder inhaltliche Kriterien wie das Auftreten von Nachrichtenfaktoren lassen sich sinnvoll als Indikator für das Ausmaß der Wichtigkeit verwenden (vgl. Eichhorn 1996, S. 18/19).

[12] Im Kontext von Werbung spricht Rössler an dieser Stelle kritisch von einer Instrumentalisierung des Agenda-Setting. Durch den Fokus auf Mechanismen der Aufmerksamkeitslenkung handelt es sich um eine stark verkürzte Perspektive, da das Agenda-Setting gerade auf der Zuschreibung von Wichtigkeit beruhe.

[13] Letzte Systematisierungsversuche wurden innerhalb der Kommunikationswissenschaft durch Dietram Scheufele (1999, 2000) unternommen. Zugeschnitten auf Fragestellungen innerhalb der PR-Forschung identifiziert auch Hallahan (1999, S. 209ff.) nach einer ausführlichen Literaturrecherche in verschiedenen Disziplinen sieben verschiedene Modelle des Framing - Framing von „situations, attributes, choices, actions, issues, responsibility, and news“-, in deren Zusammenhang er auf das Second-Level Agenda-Setting verweist.

[14] Der ursprüngliche Ansatz der auf Fritz Heider zurückgehenden Attribuierungstheorie beschränkt sich dabei auf die Attribuierung von Verantwortlichkeiten (vgl. Severin/Tankard 1992, S. 133).

[15] Während die Hervorhebung kognitiver Elemente mit dem dritten Merkmal der vier Mechanismen der Image-Bildung übereinstimmt, entsprechen affektive Elemente dem vierten Merkmal. Auf ähnliche Weise beschreibt aber auch das „valence framing“ den Mechanismus der Darstellung von Informationen in positiver oder negativer Weise (vgl. Hallahan 1999, S. 207).

[16] McCombs (2000) bezeichnet es selbst als gewisse Ironie, dass die Konsequenzen des Second-Level-Agenda-Setting zu einer auf Einstellungen und Meinungen bezogene Analyse des Einflusses der Massenmedien zurückführen. Denn „[d]as war der Ausgangspunkt der Massenkommunikations-forschung der 40er und 50er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, und das ist der Bereich, den man aufgegeben hat, nachdem Klapper (1960) und viele andere uns sagten, dass man hier nur wenige signifikante Effekte gefunden habe. Eine Folge der Aufgabe der klassischen Einstellungs- und Meinungsforschung war schließlich das Aufkommen der Agenda-Setting-Theorie“ (ebd., S. 133).

[17] Hier erfolgt auch die von Brosius (1994, S. 271) verlangte Differenzierung von Effekten nach Merkmalen der Botschaft wie wertende Aussagen.

[18] Für Diskussionen sorgt auch hier wieder die Verknüpfung zweier theoretischer Konzepte, doch “[r]epresenting a transition between agenda setting and attitude and opinion formation, priming is an additional example of agenda setting´s convergence with another research tradition” (McCombs/López-Escobar/Llamas 2000, S. 80).

[19] Daneben besteht dieser PR-Mix noch aus Employee Relations, Investor Relations, Institutional Relations, Market Relations und Critics Relations, die sich jeweils direkt an die jeweilige Zielgruppe bzw. Teilöffentlichkeit wenden.

[20] Ursprünglich wird den Medien im politischen Kontext des Policy Agenda-Setting eine Wirkung in dem Sinne zugedacht, dass ein starker Einfluss der Medien auf das Publikum Rückwirkungen auf das Verhalten der politischen Entscheidungsträger hat (vgl. Cobb/Elder 1972).

[21] Heath (1998) untersucht im Zusammenhang mit dem Issues Mangement am Fallbeispiel eines Dialogs zwischen Shell Oil Co. und Greenpeace das Internet als Plattform öffentlicher Diskussionen.

[22] Marketingwissenschaftliche Begriffe wie „Produktpositionierung“ stellen eine andere Beschreibung für das Framing von Attributen dar (vgl. Hallahan 1999, S. 212; auch Grunig 1993, S. 274).

[23] Hier wird u.a. gefragt nach der Zahl und Verteilung von Berichten in Medientypen oder dem Verhältnis selbstinitiierter zu fremdausgelöster Berichterstattung (vgl. Knobloch 1997, S. 23).

[24] Dieses Modell ähnelt zwar etlichen anderen Modellen innerhalb der Kommunikationsforschung und stellt längst nicht das erste seiner Art dar, doch beschrieb der Autor in seinem „Relationsmodell des gesellschaftlichen Informationsflusses“ diesen Prozess schon vorher im Zusammenhang mit der Konstruktion von Images (vgl. Bentele 1992, S. 158).

[25] An anderer Stelle wird dies auch als Zwei-Faktoren- bzw. Zwei-Komponenten-Modell bezeichnet mit der Ereignislage, die das Spektrum möglicher Ereignisdarstellungen begrenzt und den Selektionskriterien, welche die Auswahl der publikationswürdigen Beiträge prägen, als Ursache der aktuellen Berichterstattung (vgl. Kepplinger/Weissbecker 1991, S. 330; Kepplinger 1998, S. 20).

[26] Konfiguration: Strukturierung und Bündelung von Informationen in Einheiten (vgl. Brosius 1995, S. 137).

[27] Herbert Gans griff ihren Gedanken Ende der 70er Jahre auf und maß diesen Zwängen ebenfalls besondere Bedeutung zu (vgl. Gans 1979, S. 78).

[28] Auch wenn Weischenberg/Löffelholz/Scholl (1994, S. 162) den Befund herausstellten, dass sich Journalisten eher ins linsliberale und linke politische Spektrum einordnen, während sie die redaktionellen Linien der jeweiligen Medien, für die sie arbeiten, eher im christdemokratischen und rechtsliberalen Spektrum einschätzen, ziehen Donsbach/Wolling (1995, S. 430) das generelle Fazit, „dass [d]ie journalistische Freiheit deutscher Journalisten [...] keinen Beschränkungen [unterliegt], wenn ihre Berichterstattung parteiisch oder anwaltschaftlich ist.“

[29] Mathias Döpfner, Chefredakteur der WELT, beschreibt seine Zeitung als „unabhängige, bürgerliche Qualitätszeitung“ mit einem „klare[n] Bekenntnis zu einem Wertepaket: Freiheit und nicht Gleichheit; Marktwirtschaft und nicht zentral gesteuerte Verteilungswirtschaft; Religion, kulturelle Tradition“ (Medien Tenor 79/1998, S. 25). Jürgen Klotz, Ressortleiter Wirtschaft der FR, legt dagegen einen klaren Schwerpunkt auf Sozial-, Umwelt- und Entwicklungspolitik. Er charakterisiert seine Zeitung mit deutlich anderer Themenselektion als bei anderen großen Tageszeitungen. Ein Unternehmen sollte „nicht nur über die Notwendigkeit der Steigerung seiner Eigenkapitalquote reden wollen. Stattdessen sollten wir über Investitionen, über Mitarbeiter, deren Abbau oder Einstellungen, [...] sprechen.“ (Medien Tenor 84/1999, S. 13).

[30] Auswahl von Themen und Unternehmen unterscheiden sich zwar in FAZ und SZ nur geringfügig. Bei beiden Medien dominierten z.B. im zweiten Quartal 1998 Fusionen/Übernahmen, Produkte, Kooperationen, Geschäftslage und Vorstände. In der Wertung machen sich dagegen die unterschiedlichen redaktionellen Linien bemerkbar. Die SZ pflegt eine größere kritische Distanz zu Unternehmen (21% positiv vs. 15% negativ) als die FAZ (25% positiv vs. 10% negativ) (vgl. Medien Tenor 75/1998, S. 21).

[31] Eine Kohorte beschreibt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe, Generation bzw. Geburtsjahrgang.

[32] Die Agenden sind wie in klassischen Agenda-Setting Untersuchungen mit einer offenen Frage unter Journalisten erfasst worden. Die Frage war aber nicht beschränkt auf die MIP-Frage (Most Important Problem), sondern fragte offen nach den „Most Important Issues“. Damit blieb den Journalisten ein größerer Spielraum bei der Nennung von Themen, ohne sich explizit auf gesellschaftliche Probleme beziehen zu müssen (vgl. Peiser 2000, S. 247).

[33] Brosius/Eps (1995a, S. 169) wiederum erweitern das Framing-Konzept über eine rein psycho-logische Erklärung der Nachrichtenauswahl hinaus, da Interpretationsrahmen nicht allein kognitive Strukturen von Journalisten seien, sondern auch Merkmale von Ereignissen.

[34] So stellt Mast (1999, S. 77) an einer Stelle fest, dass bei der Nachrichtenauswahl im Wirtschaftsjournalismus ähnliche Einflussfaktoren leitend sind, während sie an anderer Stelle nur von generellen handlungsleitenden Kriterien spricht, da im „Wirtschaftsjournalismus so gut wie keine spezifischen Kriterien für die Nachrichtenauswahl existieren bzw. bekannt sind“ (ebd., S. 133).

[35] Bestandteil des Untersuchungsmaterials waren auch Ereignisse in Kuba im Juli 1960 um die Konfiszierung von Ölraffinerien (Texaco, Esso und Shell) am 29.6. & 1.7.60 und dem britischen Protest gegen die Beschlagnahme der Shell Raffinerie am 5.7.60 (vgl. Galtung/Ruge 1970, S. 293).

[36] Vgl. auch Hank, Rainer (1996). Die tun etwas und reden nicht nur. Manager, Kampaigner und Fundraiser bei Greenpeace. FAZ v. 8.6.1996, S. 15: „[...] Die Kampagne Brent Spar ist ein überaus erfolgreiches Angebot aus dem Hause Greenpeace gewesen - für Europäer. Die Amerikaner blieben ungerührt. Die hierzulande wochenlang verbreiteten Bilder von den gegen die Gischt trotzenden Schlauchbooten der Umweltaktivisten haben in Amerika keinen einzigen Spender motiviert.“

[37] Vgl. dazu auch die Homepage des Instituts für Psychologie der Uni Freiburg zur Bewertung von Umweltschäden: http://www.psychologie.uni-freiburg.de/umweltrisiko [25.08.02].

[38] Dearing/Rogers (1996, S. 96) beschreiben, wie das Unglück der Exxon Valdez als „spectacular and tragic event may frame an issue“ (Umwelt).

[39] Fallanalysen hängen gewöhnlich mit dem Nachteil geringer Generalisierbarkeit, begrenzter Aussagebereiche und Hypothesenprüfbarkeit zusammen, werden aber vorteilhaft bei der Exploration eines Gegenstandsbereichs gesehen, über den der bisherige Wissensstand gering ist. Weiterhin werden sie oft zur Illustration und Plausibilisierung theoretischer Überlegungen durchgeführt, ohne diese selbst testen zu können mit dem Ziel, Strukturen und Entwicklungen wie bspw. öffentlicher Thematisierungsprozesse im Fall Brent Spar herauszuarbeiten (vgl. Berens 2001, S. 18; Szyszka 1997, VII-VIII).

[40] In einer Beilage des HB v. 7.9.99, S. 9 heißt es z.B.: „Wer an Nigeria denkt, denkt an Shell“ oder FAZ v. 18.05.1996, S. 12: „Der Ölkonzern Shell wird sein ramponiertes Image nicht los. Nach den Protesten gegen die Versenkung der Bohrinsel Brent Spar vor einem Jahr wurde das britisch-niederländische Unternehmen vor wenigen Monaten auch noch für den Tod des nigerianischen Menschenrechtlers Ken Saro Wiwa verantwortlich gemacht. Obwohl neben Shell/Nigeria auch die französische Elf Aquitaine und die italienische Agip Erdöl in Nigeria fördern, richteten sich die Proteste dabei einzig gegen den Shell-Konzern.“

[41] So gibt es in der BILD zwar keinen in sich geschlossenen Wirtschaftsteil, doch wird Wirtschaft laut Udo Röbel (Chefredakteur) immer wichtiger für seine Zeitung. Auf die Frage nach der Einordnung ins politische Spektrum antwortet er: „Links oder rechts interessiert mich nicht. Es gibt gute und es gibt schlechte Politik. Und BILD ist dann Partei, wenn grundsätzliche Belange unserer Leser betroffen sind. Dann sind wir gerne Partei – die des kleinen Mannes.“ (Medien Tenor 88/1999, S. 12/13).

[42] Dem Normenlernen wird dabei für die Kontinuität redaktioneller Produktion eine große Bedeutung zugeschrieben, da die professionelle Sozialisation einen großen Teil dazu beiträgt, dass im Journalismus ähnliche Werte und ein ähnliches Berufsverständnis herrschen. Schemata werden so zum großen Teil in Verbindung zu Bezugsgruppen ausgeprägt. Die Abhängigkeit von einer Integration innerhalb der Redaktion verstärkt die Tendenz, dass Journalisten sich auch in ihrer journalistischen Arbeit eher an den Werten ihrer Kollegen orientieren (vgl. Mast 1999, S. 63).

[43] Zur Dominanz der dpa in der Wirtschaftsberichterstattung vgl. Medien Tenor 78/1998, S. 22/23.

[44] Dernbach spricht bei diesen Themen von „quer liegende[n] Makrokategorien“ (vgl. Dernbach 2000, S. 40).

[45] Als Beleg für eine Faktorenanalyse, die das Umweltthema als „obtrusive“ identifizierte, gibt Ader (1995, S. 301 & S. 310, Endnote 4) fälschlicherweise Eyal/Winter/DeGeorge (1981) an, die sich aber in ihrem Beitrag nur unter dem Zeitaspekt mit Themen und Wirkungsunterschieden zwischen Print und TV beschäftigten (S. 215ff.). Als Seitenangabe führt sie aber wiederum Zucker (1978) auf.

[46] „Was früher der Brotpreis war, ist heute der Ölpreis: die Kraft, die Aufruhr verursacht, die wirtschaftliche Gleichgewichte ins Schwanken bringt und neue politische und soziale Konstellationen herbeiführt. [...] Brot und Benzin - in der alteuropäischen Welt war alles Wirtschaftsleben eine Funktion des Brotpreises [...]. Heute hängt die Industriegesellschaft und alles, was Zeit und Raum im Alltag bedeuten, am Ölpreis. Er bestimmt alle anderen Energiepreise, und es gibt nur einen Ölmarkt auf der Welt." (Michael Stürmer, WELT v. 13.9.00, S. 2).

[47] Die allgemeine Bewertung (Tendenz) und die Bewertung der Attribute Shells wurden mit einer 5-stufigen Kategorie von sehr positiv bis sehr negativ gemessen, wie sie auch in den meisten Analysen der Wahlkampfberichterstattung zur Anwendung kommt. Diese auf der pragmatischen Ebene stattfindende Bewertungsanalyse gilt aber als anfällig für Codierereinflüsse, so dass die Inhaltsanalyse in diesem Fall entgegen der allgemeinen Auffassung als reaktives Verfahren gilt (vgl. Früh 1998, S. 79; Merten 1995, S. 92-94 & S. 227f.; auch Maurer/Jandura 2001). Der Reliabilitätskoeffizient für diese Kategorie liegt aber für positive/neutrale Berichterstattung zusammen mit .69 noch im akzeptablen Bereich (vgl. Tabelle A21 im Anhang).

[48] Es konnten bis zu vier Themen verschlüsselt werden.

[49] Für das Jahr 1995 bot Genios keine Artikel der MOPO an. Über eine Auftragsrecherche im Redaktionsarchiv der MOPO konnten dann aber aufgrund einer fehlenden Dokumentation nur Artikel ab Juni ´95 bereitgestellt werden. Artikel der WELT wurden teilweiseüber das Internet beschafft.

[50] zu den einzelnen Reichweiten der untersuchten Medien vgl. Tabelle A8 im Anhang.

Ende der Leseprobe aus 167 Seiten

Details

Titel
Das öffentliche Bild des Shell-Konzerns in der deutschen Presseberichterstattung
Untertitel
Eine zeitreihenanalytische Untersuchung der Jahre 1995 bis 2000
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Note
1,1
Autor
Jahr
2002
Seiten
167
Katalognummer
V135917
ISBN (eBook)
9783640434763
ISBN (Buch)
9783640434978
Dateigröße
1978 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Magisterarbeit resultiert aus einem Drittmittelprojekt des Instituts für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden. Dabei wurde im Zeitraum 1995 bis 2000 die Berichterstattung über die Shell in den wichtigsten deutschen Printmedien inhaltsanalytisch untersucht. Shell hatte im gleichen Zeitraum wöchentlich telefonische Befragungen zum Image des Unternehmens durchführen lassen. Andree Blumhoff war für dieses Projekt als Projektadministrator eingesetzt. Die Arbeit untersucht Zusammenhänge zwischen Medienberichterstattung und Bevölkerungsmeinung.
Schlagworte
Agenda-Setting, Image, Shell, Inhaltsanalyse, Bevölkerungsmeinung, Framing, Medienwirkung, Schema-Theorie, Brent Spar, Nigeria, Zeitreihenanalyse, ARIMA, Kreuzkorrelationen
Arbeit zitieren
Andree Blumhoff (Autor:in), 2002, Das öffentliche Bild des Shell-Konzerns in der deutschen Presseberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135917

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