Der Autor dieses Buches hat sich zum Ziel gesetzt, den wahren Ort vorzustellen, an dem Varus mit seinen Legionen, der XVII, XVIII und XIX unterging. Nach intensiver Spurensuche scheint nun das Schlachtfeld im Eggegebirge gefunden worden zu sein; fernab von Kalkriese. Berücksichtigt wurden vor allem im Gegensatz zu den Archäologen und Wissenschaftlern des Grabungsgeländes in Kalkriese die Überlieferungen der antiken Schriftsteller, die entscheidende Hinweise gaben. Eigene, sensationelle archäologische Funde stützen die Behauptung, das Varusschlachtfeld gefunden zu haben. Es wurde mit erhöhter Anstrengung an einer systematischen Auswertung von historischen Quellen und eigenen Funden gearbeitet, um die Beweise des wahren Kampfplatzes zum 2000- jährigen Jubiläum vorzulegen.
Im Jahre 2009 jährt sich zum 2000. Mal die Varusschlacht, die nach Berichten römischer Autoren mit einer vernichtenden Niederlage des römischen Heeres endete. Dabei wurden drei Legionen mit den dazugehörigen Hilfstruppen (drei Alen Reiter und sechs Auxiliarcohorten) fast vollständig aufgerieben (ca. 20.000 Mann). Varus beging in der sich abzeichnenden Niederlage während des Kampfes Selbstmord. Nur ganz wenigen gelang es, dem Gemetzel zu entkommen. Sie flohen nach Aliso, das einzige römische Lager an der Lippe, das nach der Varusschlacht von den Germanen nicht erobert werden konnte. Die Varusschlacht ist von großer historischer Bedeutung: den Römern gelang nicht das große Ziel, Germanien zu erobern und in das römische Weltreich einzugliedern. Nach weiteren Verlusten und wechselndem Kriegsglück wurde im Jahr 16 das Ziel der Unterwerfung Germaniens und Ausdehnung des Römischen Reiches bis zur Elbe endgültig aufgegeben. Über 700 Theorien, unzählige Veröffentlichungen konnten weder den wahren Verlauf noch den richtigen Ort dieser Schlacht klären. Zur Zeit hat sich die Ansicht von Theodor Mommsen durchgesetzt, dass sich dieses Schlachtfeld am Kalkrieser Berg bei Bramsche befindet. Diese Behauptung Mommsens ist leider in keiner Weise mit den Überlieferungen der antiken Schriftsteller in Einklang zu bringen. Der Ort dieser Tragödie muss östlich der Quellen von Ems und Lippe, im nahe gelegenen Waldgebirge liegen, nicht weit entfernt von Aliso, das an der Lippe geschanzt wurde. Kalkriese liegt von dieser relativ genauen Ortsangabe ungefähr 100 km entfernt und scheidet allein aus diesem Grunde aus.
Die Leute, die diese Niederlage überlebt hatten und der Schlacht oder der Gefangenschaft entronnen waren, erzählten, hier seien die Legaten gefallen, dort die Adler von den Feinden erbeutet worden; sie zeigten, wo Varus die erste Wunde erhalten, wo er mit seiner unseligen Rechten sich selbst den Todesstoß beigebracht habe; wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe, wie viele Marterhölzer für die Gefangenen, was für Köpfgruben er habe herstellen lassen, wie er die Feldzeichen und Adler übermütig verhöhnt habe.“
Von Tacitus erfahren wir den ungefähren Ort der Varuskatastrophe:“ dann wurde der Heereszug zu den äußersten Brukterern geführt und alles zwischen den Flüssen Ems und Lippe verwüstet, nicht weit vom Teutoburger Wald (früher Osning), wo die Reste des Varus und der Legionen noch unbestattet liegen sollten!“
Wo siedelten die Brukterer: sie waren die westlichen Nachbarn der Cherusker, der Osning war die natürliche Grenze zwischen den beiden Stämmen. Die Aussage Tacitus‘- äußere Brukterer- bezieht sich aus seiner Sicht vom Rhein aus; die äußeren Brukterer müssen demnach die Östlichsten sein. Germanicus führte sein Heer also über die Quellen von Ems und Lippe bis an den Osning heran und verwüstete das gesamte Gebiet zwischen den beiden Flüssen und dem Rand des Osnings. Von hier soll es nicht mehr weit sein, wo noch die bleichenden Gebeine unbestattet lagen.“ Nicht weit“ kann nur bedeuten, dass es näher als einen Tagesmarsch entfernt war, Richtung Osten und keinesfalls Richtung Kalkriese, das ca. 100 km von dieser Ortsangabe entfernt liegt.
Es ist schon erstaunlich, dass trotz dieser präzisen Ortsangabe des Tacitus, Kalkriese diese unhaltbare Varus- Hypothese aufgestellt hat.
Von Strabon erfahren wir in seiner Geographika (17.1.4.41):“ Gegen diese Völker ist Misstrauen von großem Nutzen, weil diejenigen, denen man traute, den größten Schaden angerichtet haben, wie zum Beispiel die Cherusker und ihre Verbündeten, in deren Gebiet drei römische Legionen mit ihrem Feldherrn Varus Quintilius unter Vertragsverletzung hinterhältig vernichtet wurden.
Das Varusschlachtfeld liegt also im Gebiet der Cherusker im Waldgebirge-„mittendrin“-wie es früher auch immer hieß. Das verwüstete Brukterergebiet muß etwa zwischen den Quellen der Ems und Lippe vor den Pässen Veldrom und Buke vor dem Gebirge enden. Die Quellen von Ems und Lippe entspringen in der Senne. Caecina wird laut Tacitus vorgeschickt: damit er die Schluchten der Bergwälder erkunde und Brücken und Dämme anlege, wo sumpfige Wiesen und trügerischer Moorboden dies erforderlich mache. Dann betreten sie die trostlosen Stätten, die für den Anblick wie für die Erinnerung schauerlich waren. Das erste Lager des Varus zeigte durch weiten Umfang und die Ausmaße des Feldherrnplatzes die Arbeit von drei Legionen. Germanicus sieht ein sehr großes Lager, wie es von 3 Legionen geschaffen wurde, und auch die Größe der Kommandantur wird besonders erwähnt. Diese Beschreibung von Tacitus passt auf keinen Fall zu einem Marschlager, hier muss es sich um das große Sommerlager des Varus handeln. Nach der Überlieferung von Tacitus hat man das Sommerlager des Varus an den Pässen bei Horn, Veldrom , Altenbeken oder Bad Driburg zu suchen. Das Lager war wohl dazu bestimmt, dem römischen Heer auf dem Rückzug den Paß offen zu halten, auch ein Teil der Vorräte aufzunehmen. Es lassen sich aber durch die Überlieferungen weitere Aufschlüsse über die noch genauere Lage des Varusschlachtfeldes ziehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fundstücke im Römerlager Reelsen-Bad Driburg
So wussten die Römer auch den Wasserweg für ihre Feldzüge nutzbar zu machen. Bis nach Aliso konnten sie ihre Vorräte auf der Lippe transportieren. Die Lippelinie mit den Römerlagern in Abständen von ca. 20 km war für den Verpflegungstransport der Römer in die Mitte Germaniens extrem wichtig. Die „Lippestraße“ der Römer mündet bei Castra Vetera Xanten in den Rhein und führt flussaufwärts bis ins Quellgebirge vor den Teutoburger Wald. Wissenschaftlich sind von den Archäologen bisher die Römerlager Castra Vetera, Holstenhausen, Haltern, Berkinghausen, Oberaden und Anreppen belegt.
Das in den Quellen immer wieder erwähnte Römerlager Aliso wird bei Paderborn-Neuhaus vermutet. Wie bereits in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben, muss der Ort der Varusschlacht in einem der Pässe des Teuteburger Waldes oder des Eggegebirges lokalisiert sein. Auf gar keinen Fall kann sich die Tragödie nach den Beschreibungen des Cassius Dio zugetragen haben, ein Heer das über –zig Kilometer im germanischen Urwald aufgerieben worden sein soll. Vielmehr wird das Gemetzel nach den Überlieferungen des Velleius Paterculus, Florus und Tacitus abgelaufen sein. Nach der Darstellung dieser antiken Autoren hat sich das Kampfgeschehen im Sommerlager des Varus und um dieses herum zugetragen. Tacitus gibt von allen Autoren die genaueste Beschreibung des Schlachtfeldes anlässlich des Besuches von Germanicus während der Rachefeldzüge (Tl,61, 1b) (15 n.d.Zw): „nachdem Caecina vorausgeschickt war, damit er die schwer zugänglichen Waldberge auskundschaftete und Brücken und Dämme über die Nässe der Sümpfe und gefährliches Gelände anlegte, betraten sie die traurigen Orte, die durch Anblick und Erinnerung schmachvoll waren“. T 1,61, 2a) „Das erste Lager des Varus zeigte durch den großen Umfang und die Abmessungen des Feldherrnplatzes die Hände dreier Legionen; weiterhin erkannte man an dem halbzerstörten Wall und dem flachen Graben, dass schon geschwächte Reste sich festgesetzt hatten“. Bei der Beschreibung des Tacitus kann es sich nur um das große Sommerlager des Varus handeln. Bei einem Marschlager würde man sechs Jahre später kaum noch Spuren dieser Legionen finden. Hier aber sieht man nach sechs Jahren noch die Arbeit von drei Legionen. Das Lager hat einen weiten Umfang und auch die Größe der Kommandantur wird besonders betont. Bei den Kämpfen scheinen weder die Wälle noch die Gräben, die das Großlager sicherten, zerstört worden zu sein. Allerdings erkennt man dann an einem halbzerstörten Wall und einem flachen Graben, dass sich dort noch einmal die geschwächten Reste der Legionen ein kleines Notlager entweder im Sommerlager oder neben diesem geschanzt hatten.
Vielleicht dienten sogar Teile der Wallanlage des Sommerlagers zur Sicherung des kleinen Notlagers. ( T 1,61, 2b) „Mitten im Feld bleichende Gebeine, wie sie geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten, vereinzelt oder beisammen. T1, 61,39 Dabei lagen Teile von Wurfwaffen und Pferdegerippen zusammen mit an Baumstämmen befestigten Schädeln“. Wie war dieser grässliche Anblick möglich?! In einem germanischen Urwald würde nach sechs Jahren kaum noch etwas von den römischen Legionären auffindbar sein. Alles wäre von Unkraut, Gras und Sträuchern überwuchert. Da der Kampf aber im Sommerlager stattfand, lagen die bleichenden Gebeine auf der steinharten Oberfläche. Diese war mindestens ein halbes Jahr lang von einer Unmenge von] Soldatenfüßen festgetreten worden.
Natürlich wuchs so gut wie gar nichts mehr auf diesem verdichteten Boden. Nur so war es Germanicus möglich, die traurigen Orte noch sechs Jahre später in Augenschein nehmen zu können.
Nach der Beschreibung des Tacitus erkannte man scheinbar trotz dieser vergangenen Zeit immer noch an der Lage der bleichenden Gebeine wie jeder einzelne Legionär zu Tode gekommen war, sei es auf der Flucht oder sei Widerstand geleistet worden; an Baumstämmen waren Schädel befestigt, das muss in der Tat ein grässlicher Anblick gewesen sein. In den benachbarten Hainen standen die Altäre der Germanen, an welchen sie die Tribunen und Centurionen Erster Ordnung geopfert hatten. Es lagen also in unmittelbarer Nähe des Sommerlagerschlachtfeldes heilige Haine. Hier opferten die Germanen den Göttern Tiere, Gefäße und Waffen, führten aber auch – wie bei diesem Geschehen – rituelle Hinrichtungen aus.
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Fundstücke im Römerlager Reelsen-Bad Driburg
Wer den Ort der Varusschlacht gefunden zu haben glaubt, sollte also in unmittelbarer Nähe eine germanische Kultstätte, einen heiligen Hain, nachweisen. Gegebenenfalls sind dort noch die Opfergruben archäologisch nachweisbar. Darüber wird noch zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich zu berichten sein.
Nach den Überlieferungen der vier Schriftsteller Tacitus, Florus, Velleius Paterculus und Frontinus kann man nach Ansicht des Autors fast sicher sein, dass der Untergang der drei römischen Elite- Einheiten während der Gerichtsverhandlung im Sommerlager selbst und in der näheren Umgebung des Lagers stattgefunden hat. Auf keinen Fall wurden die Legionen auf dem Marsch vernichtet. Frontinus 2,9,4 ergänzt noch in seinen Ausführungen, dass Arminius die Köpfe derer, die getötet wurden, auf Lanzen gesteckt an die Palisade der Feinde bringen ließ, um die Hartnäckigkeit der Gegner zu brechen, dem Beispiel Sullas in Preneste folgend. Frontinus bestätigt praktisch die Beschreibung des Tacitus, dass sich geschwächte Reste noch mal im Sommerlager bzw. neben dem Sommerlager geschanzt hatten. Wie aber war es möglich, dass die späteste aller Überlieferungen der Varusschlacht durch Cassius Dio das Geschehen so anders darstellen konnte? Dio selbst hat erkannt, dass die Senatsunterlagen nicht ganz den Tatsachen entsprechen konnten. Gezielte Schönfärbereien und Desinformationen waren wohl auch für ihn zu erkennen. Trotz seiner Überzeugung, dass die Quellen manipuliert sein könnten, will er berichten und nicht berücksichtigen, ob sich die Dinge in Wahrheit so oder auf andere Weise zugetragen haben. Cassius Dios Berichte werden also kritiklos aus den Staatsarchiven übernommen, ohne sie mit anderen Quellen oder Überlieferungen abzugleichen. Wenn man sich nun kritisch mit seiner Schilderung über die Varusschlacht auseinandersetzt, dann sollte man prüfen, ob sich die Ereignisse überhaupt so zugetragen haben können.
Welche Gründe sprechen gegen die Glaubwürdigkeit des Cassius
Dios?
Varus sei aus seinem Sommerlager ausmarschiert, um einen aufständischen germanischen Stamm zu befrieden. Alle anderen Überlieferungen erwähnen weder solch einen Marsch noch wird berichtet, um welchen Stamm es sich handeln soll, und welche Richtung das Heer genommen haben könnte.
Die Römer sollen durch den germanischen Urwald abseits der Heerwege marschiert sein und die Wege durch undurchdringliche Wälder erst durch das Fällen übergroßer Bäume gangbar gemacht haben.
Unablässiger Regen und Sturm sollen für ungünstige Bodenverhältnisse gesorgt haben.
Baumkronen, die durch den Sturm abgebrochen waren, sorgten für zusätzliche Verwirrung.
Der Marsch zu einem angeblich aufständischen Stamm wird ungeordnet mit Frauen und Kindern durchgeführt, abseits römischer Heerstraßen durch den germanischen Urwald.
Wie sollte Germanicus sechs Jahre später noch die bleichenden Gebeine finden und bestatten, wenn dieser Kampf über ein Gebiet von 50-60 Kilometer stattfand. Die bleichenden Gebeine wären vom Gestrüpp, Büschen und Bäumen überwuchert und nicht mehr auffindbar.
Beide Lagerpräfekten, L. Eggius und Ceionius sind in die Kämpfe verwickelt, da es sich um das Sommerlager handelte, auf dem Marsch wären diese nicht in die Kämpfe verwickelt.
Die Angesehensten und alle Legionäre begingen Selbstmord (D 56, 22, 1).
i) Drei nicht zum Kampf aufgestellte Legionen (T2,46,1b) hatten dienstfrei wegen Kaisers Geburtstag und können sich deswegen nicht auf dem Marsch befunden haben.
Nach allen Überlegungen kann man sich nur der Meinung von Paul Höfer, Walther John, Ritter Schaumburg und Manfred Millhoff anschließen. Der Bericht des Cassius Dio ist eine einzige Märchenerzählung, die durch die gefälschten Senatsunterlagen in Rom entstand.
Augustus ließ die Staatsarchive durch gezielte Desinformation derart manipulieren, dass Cassius Dio selbst an seinen überlieferten Quellen zweifelte. Nach Abwägen aller antiken Informationen komme ich zu dem Ergebnis: die Überlieferungen zur Varusschlacht der römischen Schriftsteller Florus, Velleius, Tacitus und Frontin lassen den eindeutigen Schluss zu, die Varusschlacht fand im und um das Sommerlager des Varus statt, als dieser auf dem Gerichtsstuhl mit Willkür und Hochmut selbstherrlich über Germanen richtete. Dieser Convent muss im Gebiet der Cherusker abgehalten worden sein (Dio D 56, 18, 5).
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Fundstücke im Römerlager Reelsen-Bad Driburg
Für den Ablauf der Varusschlacht lassen sich die Darstellungen aus den Quellen des Florus, Frontin, Tacitus und Velleins gut in Einklang bringen. Es soll jetzt der Versuch unternommen werden, eine Beschreibung des Schlachtgeschehens zu geben, wobei die Überlieferungen der antiken Quellen- mit Ausnahme die des Dio - als Grundlage dienen.
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- Peter Eisermann (Autor:in), 2009, Die Varusschlacht im Egge-Gebirge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137261