Die Forschungen zu Sexualhormonen (Punkt 5.2) ließen erkennen, dass der Testosteronspiegel die Aggression beeinflusst und somit durch das Sexualhormon ein geschlechtsspezifischer Unterschied von aggressiven Verhaltensweisen gegeben ist. Allerdings ist nicht geklärt, ob eine Mitkorrelation vorhanden ist, oder Testosteron durch bestimmte Situationen ausgeschüttet wird. Vorab lässt sich daraus schlussfolgern, dass Männer durch die Ausschüttung des Sexualhormons Testosteron aggressiver sind als Frauen. Die Forschungen von ELEANOR MACCOBY und CAROL JACKLIN (1974) bestätigen dies, da Jungen wesentlich öfter zu direkten Aggressionen greifen, als Mädchen. Allerdings ist die Forschung zu geschlechtsdifferenzierten Aggressionensverhalten erheblich komplexer und das Bild vom aggressiven männlichen und sanftmütigen weiblichen Geschlecht, dass in der Forschungsliteratur Jahrzehnte lang vermittelt wurde, ist nicht mehr tragbar.
Bei detaillierter Betrachtung der Aggressionsforschung ist zu erkennen, warum sich das Bild der sanftmütigen Frau und des aggressiven Mannes etabliert hat. Über einen langen Zeitraum hinweg lag der Fokus der Aggressionsforschung wie bei MACCOBY und JACKLIN (1974) auf direkten Aggressionen, da diese Aggressionsformen leichter zu messen sind. Aggressionsarten wie z.B. indirekte oder verschobene Aggressionen wurden deshalb in den Forschungen und Experimenten außen vor gelassen. Die physische und direkt verbale Aggression sind wie die Forschungen zeigen, typisch männlich, so dass sich durch den gesetzten Schwerpunkt der Aggressionsforschung ein falsches Bild von geschlechtsspezifischen Aggressionsverhalten entwickelt hat.
Für die Darstellung von geschlechtsspezifischen Aggressionsverhalten sind insbesondere der Kontext, die Formen und Motive aggressiven Verhaltens, zu betonen. Im Folgenden werden deshalb Analysen, Studien und Aussagen geschildert, die sich mit der Thematik Geschlecht bzw. Gender und Aggression befassen.
Die Studie „Gender differences in aggressiveness in 11-to 12-year-old children“ von LAGERSPETZ, BJÖRKQVIST und PELTONEN (1988) zeigt, dass Jungen und Mädchen, die sich im 11 Lebensjahr befinden, im gleichem Ausmaß auf direkt verbale Aggressionen zurückgreifen. Daraus resultiert, dass diese Aggressionsform zumindest für Kinder dieses Alters nicht typisch weiblich ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Fragestellung
- 1.2 Gliederung
- 2. Annäherung an die Definition von Aggression
- 3. Ausdrucksformen von Aggression
- 4. Psychologische Aggressionstheorien
- 4.1 Triebtheorie (Freud)
- 4.2 Lerntheoretischer Erklärungsansatz (Bandura)
- 4.3 Frustrations-Aggressions-Theorie (Dollard)
- 5. Biologisch bedingte Geschlechtsunterschiede der Aggression
- 5.1 Aberrationen des Geschlechtschromosoms
- 5.2 Sexualhormone und Aggression
- 6. Sex und Gender
- 7. Geschlechtsspezifisches Aggressionsverhalten
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die gesellschaftliche Konstruktion des Bildes vom aggressiven Mann und der sanftmütigen Frau. Ziel ist es, zu klären, ob dieses Bild auf Vorurteilen basiert oder durch biologische und psychologische Faktoren begründet ist.
- Definition und Ausdrucksformen von Aggression
- Psychologische Aggressionstheorien (Freud, Bandura, Dollard)
- Biologische Einflüsse auf Aggression (Geschlechtschromosomen, Sexualhormone)
- Unterschiede zwischen Sex und Gender
- Geschlechtsspezifisches Aggressionsverhalten
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung präsentiert anhand von Schlagzeilen aus den Ruhr Nachrichten den scheinbaren Zusammenhang zwischen männlichem Geschlecht und aggressivem Verhalten. Sie stellt die zentrale Forschungsfrage auf, ob das verbreitete Bild des aggressiven Mannes und der sanftmütigen Frau ein gesellschaftliches Konstrukt oder biologisch/psychologisch begründet ist. Die Gliederung der Arbeit wird anschließend vorgestellt.
2. Annäherung an die Definition von Aggression: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung des Begriffs "Aggression" und die daraus resultierende Vielfalt an Definitionen. Es wird zwischen weit gefassten (jede Aktivität als Aggression) und enger gefassten (negativ bewertete, schädigende Handlungen) Definitionen unterschieden. Die Schwierigkeiten bei der eindeutigen Definition von Aggression aufgrund subjektiver Interpretationen werden hervorgehoben.
3. Ausdrucksformen von Aggression: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Ausdrucksformen von Aggression, basierend auf dem System von Buss (1961). Direkte und indirekte, physische und psychische Aggressionen werden unterschieden. Der Fokus liegt auf der Unterscheidung zwischen offener (beobachtbarer) und verdeckter (innerlicher) Aggression, sowie der Erläuterung des Konzepts der verschobenen Aggression (gegen Ersatzobjekte).
4. Psychologische Aggressionstheorien: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über drei einflussreiche psychologische Aggressionstheorien: Freuds Triebtheorie, Banduras lerntheoretischer Ansatz und die Frustrations-Aggressions-Theorie von Dollard et al. Es werden die zentralen Annahmen und Erklärungsansätze jeder Theorie knapp, aber prägnant zusammengefasst, ohne detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Theorien.
5. Biologisch bedingte Geschlechtsunterschiede der Aggression: Dieses Kapitel untersucht biologische Faktoren, die geschlechtsspezifische Unterschiede im Aggressionsverhalten erklären könnten. Es betrachtet Aberrationen des Geschlechtschromosoms und den Einfluss von Sexualhormonen auf die Aggressionsbereitschaft. Die Komplexität und die Notwendigkeit weiterer Forschung auf diesem Gebiet werden betont.
6. Sex und Gender: Dieses Kapitel differenziert zwischen biologischem Geschlecht (Sex) und sozial konstruiertem Geschlecht (Gender) und beleuchtet den Einfluss beider Faktoren auf das Aggressionsverhalten. Es legt die Grundlage für die Analyse des geschlechtsspezifischen Aggressionsverhaltens in den folgenden Kapiteln.
7. Geschlechtsspezifisches Aggressionsverhalten: Dieses Kapitel analysiert und diskutiert das geschlechtsspezifische Aggressionsverhalten. Es greift auf Studien und Analysen zurück, um die Komplexität des Themas zu beleuchten und bestehende Erkenntnisse darzustellen, ohne jedoch konkrete Ergebnisse oder Schlussfolgerungen vorwegzunehmen.
Schlüsselwörter
Aggression, Geschlechterunterschiede, Aggressionstheorien, biologische Faktoren, psychologische Faktoren, Sex, Gender, gesellschaftliche Konstruktion, Vorurteile, Gewalt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Aggression und Geschlecht"
Was ist der Gegenstand der Arbeit "Aggression und Geschlecht"?
Die Arbeit untersucht die gesellschaftliche Konstruktion des Bildes vom aggressiven Mann und der sanftmütigen Frau. Sie klärt, ob dieses Bild auf Vorurteilen basiert oder durch biologische und psychologische Faktoren begründet ist.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Definition und Ausdrucksformen von Aggression, psychologische Aggressionstheorien (Freud, Bandura, Dollard), biologische Einflüsse auf Aggression (Geschlechtschromosomen, Sexualhormone), Unterschiede zwischen Sex und Gender und geschlechtsspezifisches Aggressionsverhalten.
Welche psychologischen Aggressionstheorien werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Triebtheorie (Freud), den lerntheoretischen Erklärungsansatz (Bandura) und die Frustrations-Aggressions-Theorie (Dollard). Die zentralen Annahmen und Erklärungsansätze jeder Theorie werden knapp zusammengefasst.
Welche biologischen Faktoren werden im Zusammenhang mit Aggression betrachtet?
Die Arbeit untersucht Aberrationen des Geschlechtschromosoms und den Einfluss von Sexualhormonen auf die Aggressionsbereitschaft. Die Komplexität und der Bedarf weiterer Forschung werden hervorgehoben.
Wie wird der Unterschied zwischen Sex und Gender in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit differenziert zwischen biologischem Geschlecht (Sex) und sozial konstruiertem Geschlecht (Gender) und beleuchtet den Einfluss beider Faktoren auf das Aggressionsverhalten. Dies bildet die Grundlage für die Analyse des geschlechtsspezifischen Aggressionsverhaltens.
Wie ist die Arbeit gegliedert?
Die Arbeit ist in acht Kapitel gegliedert: Einleitung (mit Fragestellung und Gliederung), Annäherung an die Definition von Aggression, Ausdrucksformen von Aggression, Psychologische Aggressionstheorien, Biologisch bedingte Geschlechtsunterschiede der Aggression, Sex und Gender, Geschlechtsspezifisches Aggressionsverhalten und Fazit.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Aggression, Geschlechterunterschiede, Aggressionstheorien, biologische Faktoren, psychologische Faktoren, Sex, Gender, gesellschaftliche Konstruktion, Vorurteile, Gewalt.
Wie wird die Definition von Aggression in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die historische Entwicklung des Begriffs "Aggression" und die daraus resultierende Vielfalt an Definitionen. Es wird zwischen weit gefassten und enger gefassten Definitionen unterschieden, und die Schwierigkeiten bei der eindeutigen Definition aufgrund subjektiver Interpretationen werden hervorgehoben.
Welche verschiedenen Ausdrucksformen von Aggression werden beschrieben?
Die Arbeit beschreibt verschiedene Ausdrucksformen von Aggression basierend auf dem System von Buss (1961). Direkte und indirekte, physische und psychische Aggressionen werden unterschieden, mit Fokus auf offene und verdeckte Aggression sowie verschobene Aggression.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit stellt die Ergebnisse der Analyse des geschlechtsspezifischen Aggressionsverhaltens dar, ohne jedoch konkrete Ergebnisse oder Schlussfolgerungen vorwegzunehmen. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
- Arbeit zitieren
- Tobias Neuhaus (Autor:in), 2009, Aggressive Männer und sanftmütige Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138795