In der heutigen Zeit gibt es viele Möglichkeiten, wie eine Familie entstehen und zusammen leben kann.
Neben der typischen Familie von Mutter, Vater und Kind bestehen so weitere Familienformen, die sich stark voneinander unterscheiden. So gibt es sowohl Kleinfamilien, Großfamilien, Einpersonenhaushalte, nichteheliche Lebensgemeinschaften, kinderlose Ehen, Wohngemeinschaften, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, Stief- und Patchworkfamilien, als auch Einelternfamilien, bzw. Alleinerziehendenhaushalt. In dem ersten Abschnitt dieser Arbeit soll auf den Wandel der Familienformen und das Verständnis von Einelternfamilien eingegangen werden. Einelternfamilien nahmen in den vergangenen Jahren stark zu und ebenso auch die Akzeptanz des Alleinerziehens als mögliche Familienform. Allerdings galt die Einelternfamilie auch lange Zeit als Abweichung von der Norm und somit als Risikofaktor für Fehlentwicklungen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Lebenssituation in ökonomischer und sozialer Sicht gegenüber der vollständigen Vater-Mutter-Kind-Familie. Aber auch Einelternfamilien sind heutzutage unterschiedlich und repräsentieren somit unterschiedlichste familiale Konstellationen und Lebensbedingungen sowie Entstehungszusammenhänge. Die Lebenssituation und spezifische Merkmale der Einelternfamilien sollen einen zweiten Themenbereich dieser Arbeit darstellen.
Besonders Alleinerziehende als Einelternfamilie scheinen von sozialen Problemen stark betroffen zu sein. Allerdings bietet die zahlreiche Literatur nur einen Ausschnitt der Gesamtproblematik. So hat die Situation der Einelternfamilie entscheidende Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern. Dabei bestehen in Wechselwirkungen mit anderen Faktoren Risiken für die Sozialisation und Entwicklung der Kinder. Die Lebensbedingungen und darüber hinaus die Entstehungszusammenhänge und gesundheitliche Verfassung des alleinerziehenden Elternteils spielen dabei eine wesentliche Rolle. So wird ein verstärktes Risiko für Fehlentwicklungen in Mutter-Familien gesehen. Die Abwesenheit eines Vaters hat also offensichtlich belastende Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes. Ein zentrales Thema dieser Arbeit stellt daher die Einelternfamilie, bzw. die Mutter-Familie als Sozialisationsumfeld für Kinder und die Folgen der Vaterabwesenheit dar.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Familienform Alleinerziehend/Einelternfamilie
2.1 Definition des Begriffs Familie und Wandel der Familienformen
2.2 Definition des Begriffs Alleinerziehend/Einelternfamilie
2.3 Zur Geschichte der Familienform Einelternfamilie/Alleinerziehend
2.4 Entstehungszusammenhänge der Familienform „Alleinerziehend“
2.5 Anteil Alleinerziehender in der Bevölkerung
3 Lebenssituation von Einelternfamilien in Deutschland
3.1 Die ökonomische Situation und Erwerbstätigkeit von Einelternfamilien
3.2 Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie
3.3 Die Alleinverantwortung in Einelternfamilien
3.4 Die Wohnsituation
3.5 Das soziale Netzwerk von Einelternfamilien
3.6 Unterstützungsangebote für Alleinerziehende
4 Kinder in Einelternfamilien
4.1 Wichtige Aspekte der Sozialisation im familialen Umfeld
4.2 Einelternfamilien als Sozialisationsumwelt für Kinder
4.3 Verhaltensauffälligkeiten von Kindern in Einelternfamilien
4.4 Vaterabwesenheit in Mutter-Familien
4.4.1 Die Bedeutung des Vaters für das Kind
4.4.2 Auswirkungen und Folgen von Vaterabwesenheit
5 Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In der heutigen Zeit gibt es viele Möglichkeiten, wie eine Familie entstehen und zusammen leben kann. Im Rahmen der Vorlesung Soziologie der Familie und Lebensalter der Vorlesungseinheit Erziehung, Bildung, Sozialisation im dritten Semester des Studiengangs Sozialpädagogik, war die Möglichkeit geboten, diese unterschiedlichen Möglichkeiten des familialen Zusammenlebens näher in einer Studienarbeit zu untersuchen.
Neben der typischen Familie von Mutter, Vater und Kind bestehen so weitere Familienformen, die sich stark voneinander unterscheiden. So gibt es sowohl Kleinfamilien, Großfamilien, Einpersonenhaushalte, nichteheliche Lebensgemeinschaften, kinderlose Ehen, Wohngemeinschaften, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, Stief- und Patchworkfamilien, als auch Einelternfamilien, bzw. Alleinerziehendenhaushalt. In dem ersten Abschnitt dieser Arbeit soll auf den Wandel der Familienformen und das Verständnis von Einelternfamilien eingegangen werden. Einelternfamilien nahmen in den vergangenen Jahren stark zu und ebenso auch die Akzeptanz des Alleinerziehens als mögliche Familienform. Allerdings galt die Einelternfamilie auch lange Zeit als Abweichung von der Norm und somit als Risikofaktor für Fehlentwicklungen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Lebenssituation in ökonomischer und sozialer Sicht gegenüber der vollständigen Vater-Mutter-Kind-Familie. Aber auch Einelternfamilien sind heutzutage unterschiedlich und repräsentieren somit unterschiedlichste familiale Konstellationen und Lebensbedingungen sowie Entstehungszusammenhänge. Die Lebenssituation und spezifische Merkmale der Einelternfamilien sollen einen zweiten Themenbereich dieser Arbeit darstellen.
Besonders Alleinerziehende als Einelternfamilie scheinen von sozialen Problemen stark betroffen zu sein. Allerdings bietet die zahlreiche Literatur nur einen Ausschnitt der Gesamtproblematik. So hat die Situation der Einelternfamilie entscheidende Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern. Dabei bestehen in Wechselwirkungen mit anderen Faktoren Risiken für die Sozialisation und Entwicklung der Kinder. Die Lebensbedingungen und darüber hinaus die Entstehungszusammenhänge und gesundheitliche Verfassung des alleinerziehenden Elternteils spielen dabei eine wesentliche Rolle. So wird ein verstärktes Risiko für Fehlentwicklungen in Mutter-Familien gesehen. Die Abwesenheit eines Vaters hat also offensichtlich belastende Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes. Ein zentrales Thema dieser Arbeit stellt daher die Einelternfamilie, bzw. die Mutter-Familie als Sozialisationsumfeld für Kinder und die Folgen der Vaterabwesenheit dar.
2 Die Familienform Alleinerziehend/Einelternfamilie
Generell sind Alleinerziehende in Form von Einelternfamilien heutzutage kein neues Phänomen. Im folgenden Kapitel soll zuerst eine Definition von Familie gegeben werden, um dann über den Wandel der Familienstrukturen und –formen näher auf die Definitionen und Umstände betreffend Einelternfamilien in Deutschland einzugehen.
2.1 Definition des Begriffs Familie und Wandel der Familienformen
Familie bezeichnet mehrere unterschiedliche Lebensformen zugleich und daher gibt es keine einheitliche Definition für den Begriff der Familie. Familie erfüllt zugleich mehrere Funktionen, so vor allem die primäre Sozialisation als Einführung der Kinder in ihre jeweilige Rolle in der Gesellschaft und die Stabilisierung der Erwachsenenpersönlichkeit. Zudem vermittelt die Familie ihren Angehörigen bestimmte Werte und eine Anpassung an gesellschaftliche Denk- und Gefühlsmuster durch Verinnerlichung von Normen (Rollenanforderungen, gesellschaftliche und öffentliche Wertorientierungen). Das Statistische Bundesamt legt folgende Definition für „Familie“ dar:
„Als Familie im Sinne der amtlichen Statistik zählen (…) Ehepaare ohne und mit Kind(ern) sowie alleinerziehende ledige, verheiratet getrenntlebende, geschiedene und verwitwete Väter und Mütter, die mit ihren ledigen Kindern im gleichen Haushalt zusammenleben.“ (Statistisches Bundesamt, 2001, zitiert nach Zimmermann, 2006, S.85)
Die „Normalfamilie“ besteht aus einer „leiblichen Zwei-Eltern-Kind-Gemeinschaft, womit alles andere schon begrifflich ausgesondert und dadurch von der Norm entfernt“ wird (vgl. Swientek, 1984, S.15). Diese Familienform bildet die Mehrzahl der bestehenden Haushalte in Deutschland. Allerdings zeigten sich bereits in den 60er Jahren familienstatistische Trends, welche von dieser Form der „Normalfamilie“ abweichen – so z.B. Teilfamilien, Scheidungsfamilien, Alleinerziehende, Ein-Personen-Haushalte, Ehepaare ohne Kinder etc. Diese Entwicklungen lassen sich durch die These der Individualisierung und Pluralisierung von Lebensformen erklären. Traditionelle Wege der Lebensgestaltung wurden in Frage gestellt (Individualisierung) wovon in hohem Maße Ehe und Familie betroffen sind, wodurch neben die „Normalfamilie“ andere Lebensformen treten. Zudem beschreibt die individuelle Sichtweise von Betroffenen und eine unterschiedliche Orientierung im Rahmen gesellschaftlicher Normen- und Wertvorstellungen die Pluralität von Lebensformen. Dadurch verliert die Orientierung am Ideal der „Normalfamilie“ und der Ehe als Basis für das Familienleben als auch das Familienleben als Realisierung der Elternschaft an Bedeutung und neue Ideale und Orientierungsmuster ersetzen diese alten Ideale (vgl. Zimmermann, 2006, S.84f.).
Aufgrund der hohen subjektiven Bedeutung der Ehe für den einzelnen, hat die Instabilität der Ehe zugenommen und dadurch die Belastbarkeit von unharmonischen Beziehungen abgenommen (vgl. Nave-Herz, 1994, S.15).
Unter diesen Voraussetzungen können im Laufe eines Lebens verschiedene Lebensformen durchlebt werden. So entsteht durch Pluralisierung nicht nur ein Nebeneinander-Existieren verschiedener Familien- und Lebensformen, sondern eben für immer mehr Menschen das Aufeinanderfolgen verschiedener Arten von Familie/Lebensformen im Lebenslauf (z.B. Patchworkfamilien). Durch den äußeren Wandel der familialen Gestalt und der subjektiven Wahrnehmung der Familie hat sich damit einhergehend auch das innere Beziehungsgeflecht familialer Lebensformen verändert (z.B. durch die Einstellung zu Kindern) (vgl. Zimmermann, 2006, S.84 f.).
2.2 Definition des Begriffs Alleinerziehend/Einelternfamilie
Vor dem Hintergrund gegenwärtiger gesellschaftlicher Bedingungen und Erfahrungen ist eine einheitliche Definition von Familie nicht mehr gegeben. (vgl. Grzanna & Schmidt, 2007, S.310 f.).
Allgemein beschreibt der Begriff Einelternfamilie, bzw. Alleinerziehende eine Unvollständigkeit der Familie. Früher fand eine Differenzierung von Familie in „vollständige“ und „unvollständige“ Familien statt, welche allerdings nur eine Familienform, nämlich die Zwei-Eltern-Familie (mit Vater und Mutter) als „Normalfamilie“ erscheinen ließ (vgl. Nave-Herz, 1994, S.8). Alleinerziehen ist heutzutage eine gesellschaftlich akzeptierte, vielfältige und dynamische Lebensform.
Die Bezeichnung Einelternfamilie bezieht sich allgemein auf die Familien, in welchen ein Elternteil (Mutter oder Vater) die alleinige alltägliche Erziehungsverantwortung für ein oder mehrere Kinder besitzt, mit denen es in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenwohnt. Dabei kann demnach zwischen Mutter- und Vaterfamilien unterschieden werden (Nave-Herz, 1994, S.8). Das Statistische Bundesamt definiert Alleinerziehende, bzw. Einelternfamilie wie folgt:
„Alleinerziehende sind Väter und Mütter, die ohne Ehe- oder Lebenspartner/-in mit ihren minder- oder volljährigen Kindern in einem Haushalt zusammenleben. Elternteile mit Lebenspartner/-in im Haushalt zählen zu den Lebensgemeinschaften mit Kindern.“ (Statistisches Bundesamt, 2008, S.32)
2.3 Zur Geschichte der Familienform Einelternfamilie/Alleinerziehend
Einelternfamilien sind kein Phänomen der letzten Jahre. Bereits in der vorindustriellen Zeit gab es Alleinerziehende, meist hervorgerufen durch Verwitwung. Diese Frauen lebten im ländlichen Raum als „Inwohner“ als Gesinde oder mithelfende Familienangehörige in einer größeren Hausgemeinschaft und führten daher meist keinen eigenen Haushalt. Ihre Kinder wurden als zusätzliche Arbeitskraft in der Landwirtschaft eingesetzt oder unterlagen einer Weitervermittlung in fremde Dienste (vgl. Napp-Peters, 1985, S.10 ff.). Im städtischen Raum fand man hingegen eine andere Form alleinerziehender lediger Frauen. Diese lebten häufig in den unteren Sozialschichten, durch Armut und Wohnungsnot bedroht, und ihnen wurde durch Standesschranken eine Eheschließung zum anderen Elternteil verwehrt (vgl. Peuckert, 2006, S.186).
Seit den 1970er Jahren ergaben sich im Vergleich zum Jahr 2005 deutliche Veränderungen bezüglich der Anzahl und der Ursachen für Einelternfamilien. Die Anzahl alleinerziehender Mütter mit minderjährigen Kindern stieg deutlich an (90% aller Einelternfamilien sind Mütter-Familien), ebenso die Gesamtanzahl lediger Alleinerziehender. Der Anteil Alleinerziehender wegen Todes des anderen Elternteils/Ehe-/Lebenspartners sank in den vergangenen 35 Jahren – dafür wiegt heute der Anteil durch Scheidung und Trennung verursachter Einelternfamilien doppelt so hoch als der Wert aus den 1970er Jahren (Trennung und Scheidung heute häufigste Ursache für das Entstehen von Einelternfamilien) (ebd., 2006, S.186 ff.).
2.4 Entstehungszusammenhänge der Familienform „Alleinerziehend“
Die Lebensform Alleinerziehend, bzw. die Einelternfamilie gibt es nicht, da Alleinerziehende keine homogene Kategorie im Vergleich mit anderen Lebensformen darstellen. Das heißt, dass in der Gruppe der Einelternfamilien unterschiedliche Lebensverhältnisse und Problemlagen vorhanden sind und diese sich vor allem hinsichtlich des Entstehungszusammenhangs, der biographischen Platzierung und der Bestandsdauer unterscheiden (vgl. Schneider, Krüger, Lasch, Limmer, Matthias-Bleck, 2001, S.68 ff.). Diese lassen sich dann in vier verschiedene Gruppen kategorisieren:
(1) Freiwillig Alleinerziehende
Unter freiwillig Alleinerziehenden versteht man Personen, die sich nach ihrem eigenen persönlichen Empfinden weitgehend selbstbestimmt und aktiv für die Lebensform Alleinerziehend entschieden haben. Diese Gruppe ist überwiegend durch ledige Frauen gekennzeichnet, die sich noch während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt des Kindes vom anderen Elternteil getrennt haben. Dabei war die Schwangerschaft fast nie bewusst geplant (im Gegensatz zu den „unbemannten Müttern“, welche sich ein Kind ohne Partnerschaft wünschen). (vgl. Schneider et al., 2006, S.34)
(2) Ungewollt Alleinerziehende
Personen, die gegen ihren Willen, also ohne Wahlmöglichkeit, alleinerziehend wurden, werden unter dieser Gruppe kategorisiert. Dies zum Beispiel im Fall des Todes eines Elternteils oder des Verlassenwerdens vom Partner. (vgl. Peuckert., 2006, S.206)
(3) Bedingt freiwillig Alleinerziehende
Diese Alleinerziehenden haben sich zu dieser Lebensform entscheiden, um bestimmte ungewollten Umstände oder Spannungen in der Partnerbeziehung zu beenden. Sie haben sich also nach eigener Einschätzung bei der Wahl zwischen zwei Alternativen für die Willkommenere (das Alleinerziehen) entschieden. Der Entschluss zu einer (aktiven) Trennung (aufgrund erheblicher Partnerschaftsprobleme) vom anderen Elternteil wird erst nach längerer Beziehungsdauer getroffen (meist nach dem ersten Lebensjahr des Kindes). Dies erfolgt also hingegen der ursprünglichen Intention, das gemeinsame Kind auch gemeinsam zu erziehen. (ebd., 2006, S.206)
(4) Zwangsläufig Alleinerziehende
Unter erheblichem Handlungsdruck (wie Gewalttätigkeit des Partners, Alkoholismus, Schulden) mussten sich hier Personen zwischen zwei schlechten Alternativen entscheiden. Dabei wurde das Alleinerziehen eher als das „kleinere Übel“ betrachtet, denn als positive Lösung (meist ein Leben, dass die Betroffen so nicht wollen, das sich allerdings positiver darstellt, als der Verbleib in der Ehe/Partnerschaft). (ebd., 2006, S.206 f.)
2.5 Anteil Alleinerziehender in der Bevölkerung
Die Zahl der Einelternfamilien stieg in den vergangenen 20 Jahren stetig an, sie bilden aber insgesamt noch eine Minderheit (vgl. Nave-Herz, 1994, S.8). Der Anteil Alleinerziehender beträgt in Deutschland 2,4 Prozent an allen Haushalten, jedoch 17,6 Prozent an allen Haushalten mit Kindern (vgl. BMFSFJ, 2008, S.42). Weiter ergeben sich Unterschiede in der Anzahl der Einelternfamilien in Deutschland, je nach miteinbezogener Dunkelziffer und Art der Definition der Familienform Alleinerziehend (ob mit oder ohne zusätzlich im Haushalt lebenden erwachsenen Personen/Lebenspartner). So ergibt sich eine Anzahl zwischen 1,4 bis 2,8 Millionen Alleinerziehend ein Deutschland (vgl. Schneider, 2001, S.71). Laut dem Statistischen Bundesamt lebten im Jahr 2003 rund 2,3 Millionen Alleinerziehende in Deutschland (18,1% aller Familientypen) (vgl. BMFSFJ, 2003, S.39) und es wuchs jedes fünfte Kind in einer Familie mit nur einem Elternteil auf (vgl. Ochs/Orban, 2008, S.70).
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlichte im vergangenen Jahr folgende Zahlen:
„Insgesamt gibt es 1,56 Mio. Alleinerziehende mit Kindern im Alter unter 18 Jahre, von denen der überwiegende Teil ein Kind hat (69 Prozent) so dass in Haushalten dieses Familientyps rund 2,2 Millionen Kinder leben.“ (BMFSFJ, 2008, S.42)
3 Lebenssituation von Einelternfamilien in Deutschland
Alleinerziehende, bzw. Einelternfamilien oder auch Teilfamilien, zählen in Deutschland zu einer weit verbreiteten Familienform mit eigenen spezifischen Strukturen, Bewältigungsstrategien und Problemen. Sie bilden keine homogene Gruppe, sondern unterscheiden sich erheblich voneinander, z.B. hinsichtlich der Entstehungsursachen, der finanziellen Lage, der Einstellung der Familienmitglieder zu ihrer Lebenssituation und auch der Qualität der Entwicklungsbedingungen in der Familie (vgl. Textor, 1993, S.209). Zu den besonders belastenden Bereichen des täglichen Lebens zählen:
- Eine schlechte ökonomische Situation
- Die Problematik der Vereinbarung von Erwerbstätigkeit und Kinder
- Die Alleinverantwortung für alle Dinge des Alltags und eine Rollenüberlastung
- Der Mangel an (persönlicher) Zeit
- Die Konfrontation mit gesellschaftlichen Vorurteilen
- Die eingeschränkten Möglichkeiten zu sozialen Kontakten
Im Folgenden soll auf einige Punkte hinsichtlich der Lebenssituation von Einelternfamilien eingegangen werden. Allerdings wird dabei hauptsächlich auf die Situation von Einelternfamilien in Form von Mutter-Familien eingegangen, da diese die Mehrzahl der alleinerziehenden Personen in Deutschland bilden.
3.1 Die ökonomische Situation und Erwerbstätigkeit von Einelternfamilien
Teilfamilien unterscheiden sich zum einen deutlich hinsichtlich ihrer Einkommenssituation. Und sind so zum anderen erheblich schlechter gestellt als vollständige Familien (Zwei-Eltern-Familien). Alleinerziehende Väter verfügen in der Regel über ein höheres Einkommen als alleinstehende Mütter, dennoch sind alleinerziehende Mütter häufiger erwerbstätig (Erwerbsquote von 63%, meist in Vollzeit). Verwitwete Einelternfamilien sind zumeist materiell etwas besser gestellt (aufgrund von Erbe, Rentenzahlungen oder Immobilienbesitz) als geschiedene oder ledige Alleinerziehende (vgl. Textor, 1993, S.210). Generell sind Alleinerziehende gegenüber Ehepaaren eher von materieller Deprivation betroffen, wirtschaftlich schlechter gestellt und tragen darüber hinaus ein weitaus größeres Armutsrisiko (Armutsrisikoquote von 35,4 %). Armut definiert sich über das Verfügen über ein Einkommen, das weniger als 50% des Durchschnittseinkommens eines Erwachsenen ist (vgl. Schneider, 2003, S.75). So sind sie in einem auffällig hohen Maß als Haupteinkommensquelle auf Transferleistungen angewiesen. Die Qualität der Lebenssituation ist deutlich von der ökonomischen Lage abhängig. Jedoch ist die Erwerbstätigkeit Alleinerziehender abhängig von der Anzahl der Kinder und vom Alter des jüngsten Kindes in der Einelternfamilie (vgl. Braches-Chyrek, 2002, S.83 f.). Typische Risikokonstellationen von Einelternfamilien behindern die berufliche Entwicklung und können damit finanzielle Notlagen bewirken. Ein Problem bei der Erwerbstätigkeit Alleinerziehender zeigt sich darin, dass es für sie weitaus schwieriger ist, eine Arbeitsstelle zu finden, als für Verheiratete – deshalb entsteht ein hoher Anteil an erwerbslosen Alleinerziehenden. Darunter sind geschiedene und ledige Mütter am häufigsten von Erwerbslosigkeit betroffen (meist als Resultat einer mangelnden, nicht abgeschlossenen oder fehlenden Berufsausbildung (vgl. Schneider, 2003, S.76). Ein Drittel der Einelternfamilien ist auf zusätzliche Einnahmequellen angewiesen. Solche Transferleistungen sind zum Beispiel das Kindergeld, der Kinderfreibetrag, Mutterschaftsleistungen, Unterhaltszahlungen oder der Unterhaltsvorschuss, die Ausbildungsförderung, Sozialhilfe sowie das Arbeitslosengeld und das Erziehungsgeld (vgl. Zunker, 2005, S.10 ff.). Zudem ist über ein Drittel der Kinder in Einelternfamilien von einem Armutsrisiko betroffen und dies trotz besonderer staatlicher Förderung von Alleinerziehenden, aber dennoch plausibel, da das Nettoeinkommen in diesen Haushalten im Durchschnitt unter 1000 Euro liegt (vgl. BMFSFJ, 2009, S.65).
3.2 Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie
Alle erwerbstätigen Alleinerziehenden sehen sich aber mit dem Problem konfrontiert, wie die Versorgung ihrer Kinder während ihrer berufsbedingten Abwesenheit sichergestellt werden kann. Unflexible Öffnungszeiten der Kindergärten lassen sich häufig nicht mit einer Ganztagsbeschäftigung in Einklang bringen und das Angebot an verschiedenen Betreuungsmöglichkeiten (Krippen, Tagespflegestellen/Tagesmütter, Kindertagesstätten, Privat-initiativen, Schulhorte) ist nicht ausreichend (vgl. Textor, 1993, S.211). Alleinerziehende sind aus ökonomischen Gründen gezwungen, neben der Haushaltsführung und der Erziehung der Kinder auch das Familieneinkommen als alleiniger Verdiener sicherzustellen. Aber auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestalten sich unzureichend. Die Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Beruf und Familie bilden einen wesentlichen Faktor für das Armutsrisiko (hauptsächlich für alleinerziehender Frauen). Deshalb spielt die Hilfe aus Reihen der eigenen Herkunftsfamilie eine bedeutende Rolle und ist vorrangig zu institutionellen Betreuungsangeboten. Daraus ergibt sich meist die Konstruktion eines Betreuungsnetzes aus der Kombination von familialer Hilfe und institutionellen Angeboten (vgl. Zunker, 2005, S.14). Dadurch werden die Kinder meist von unterschiedlichen Personen versorgt, wodurch eine Diskontinuität der Betreuung entsteht, oder sie verbleiben längere Zeit ohne Aufsicht (Schlüsselkinder) und dadurch besteht vielfach die Gefahr der Vernachlässigung (vgl. Textor, 1993, S.211).
[...]
- Arbeit zitieren
- Stephanie Conrad (Autor:in), 2009, Einelternfamilien in Deutschland und die Sozialisationsbedingungen für Kinder unter Berücksichtigung der Vaterabwesenheit in Mutter-Familien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139702