Zur Wortfeldtheorie nach Jost Trier


Seminararbeit, 2009

23 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Entwicklung der Wortfeldkonzeption bis Trier

3 Wortfeldkonzeption von Trier
3.1 Wortfeldkonzeption von Trier
3.2 Weiterentwicklung der Trierschen Konzeption durch Weisgerber
3.3 Schematik der Wortfeldkonzeption von Trier

4 Abriss der Wortfeldkonzeption nach Trier

5 Kritik der Wortfeldkonzeption von Trier

6 Zusammenfassung

7 Literatur

1 Einleitung

Semantik untersucht die Beziehung zwischen Zeichen und Sach­verhalten und in diesem Sinn die Bedeutung[1] sprachlicher Elemente. Eine Möglichkeit, den Wortschatz dabei einer Ordnung zu unterwerfen, ist die Unterteilung in Bedeutungsfelder. Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist das Bedeutungsfeld Wortfeld, das in der strukturalistischen Semantik eine wichtige Stellung erlangte und zum Wortfeldkonzept entwickelt wurde. Mit der vorliegenden Arbeit soll insbesondere die Wortfeldauffassung von Jost Trier (1894 – 1970) herausgearbeitet werden. Um den Diskussionsfokus dafür zu schärfen[2], wird der Arbeit eine Klärung grundlegender Begriffe vorangestellt. Dabei werden die betreffenden Begriffe Wortfeldtheorie und Wortfeldanalyse nach dem Stand der Forschung bestimmt.

Den Grundgedanken der Wortfeldtheorie bildet die Annahme, dass Wortbedeutungen nicht isoliert, sondern nur im Bezug auf andere Bedeutungen erfasst werden können. Daher wird von sogenannten Wortfeldern ausgegangen, die ein gedanklich Ganzes umfassen und in die sich sinnverwandte, zueinander in Wechselbeziehung stehende Wörter eingliedern lassen. Die Bedeutung einzelner Wörter ergibt sich dann aus ihrer spezifischen Stellung im Wortfeld. Der sprechende Mensch kann dem­zufolge die Bedeutung von Wörtern nicht isoliert speichern, sondern legt sie in semantischen Netzwerken ab. Die spezifischen Bedeutungen eines Sachverhaltes wer­den dann aus Relationen abgeleitet, die aufgrund individueller Erfahrungen wie auch soziokultu­reller Lebenszusammenhänge des Menschen entstehen. Einzelne Vertreter der Wortfeldtheorie sind der Ansicht, dass den Begriffsbeziehungen eine wesenhafte Bedeutungsbeziehung zugrunde liegt[3], die mögliche Implikationen eines Wortes umfassen. Trotz bleibender Unschärfen des Begriffs zeigt eine Metastudie von Vater (1994) zu verschiedenen Wortfeldkonzepten, „daß mit Wortfeld ein lexikalisches Paradigma verwandter (ähnlicher) Wörter gemeint ist. Man begnügt sich nicht damit, Wörter in semantische Merkmale zu zerlegen; man will auch die Relationen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb eines Ausschnitts aus dem Gesamtlexikon einer Sprache erfassen. Ein solcher Ausschnitt ist ein Feld“.[4] Die Vielfalt und Komplexität der Wortfeldansätze wird mit dem Verweis auf assoziative, linguistische oder morphosemantische Felder deutlich, die in der Wortfeldtheorie beschrieben werden (Batteux: 1999, Hänsel: 2002).

Die Realisierung der Wortfeldtheorie in der praktischen semantischen Analyse wird von Vater (1994) als Wortfeldanalyse bezeichnet, wobei sich hier ein Fächer durchaus verschiedener Methoden herausgebildet hat. So wurde beispielsweise aus der Linguistik eine Methode geformt, die auf individuellen Kompetenzen des Forschers aufbaut, indem der ein Assoziationsnetz von Verweisen zu einem zentralen Begriff erstellt und zugehörige Bedeutungsrelationen definiert. Andererseits lassen sich Wortfeldanalysen mit fortschreitender Entwicklung der Psycholinguistik zunehmend mit Methoden der experimentellen Psychologie durchführen (Eye, Marx: 1984). Dabei legt man Versuchspersonen Wortpaare vor und versucht, über Assoziationstests die Ähnlichkeitsrelationen in einem Wortfeld empirisch zu belegen.

Die vorliegende Arbeit wurde in sieben Kapitel gegliedert. Nach einer Einführung in den Diskussionszusammenhang werden im zweiten Abschnitt Vorläufer der Wortfeldkonzeption von Trier zusammengetragen, die ihm vorrangig als Quellen dienten. Ausgehend von diesen Grundlagen wird im Anschluss das Trier-Weisgerbersche -Konzept abgeleitet. Die Ergebnisse dieser Ableitung versucht das vierte Kapitel schematisch zusammenzufassen, um sie dem Leser in griffiger Form zur Hand zu geben. Nachdem in fünften Abschnitt die Wortfeldkonzeption in ihrer Entwicklung bis zum heutigen Stand skizziert wurde, sollen vor diesem Hintergrund die Arbeiten Triers nochmals aufgegriffen und kritisch gewürdigt werden. Ein Schlussteil fasst die Ergeb­nisse der Arbeit zusammen.

2 Entwicklung der Wortfeldkonzeption bis Trier

Wilhelm von Humboldt: Humboldt war der Überzeugung, dass eine natürliche Sprache die Kultur und den Charakter ihrer Sprecher widerspiegelt und daher im historischen und anthropologischen Zusammenhang untersucht werden muss. Sprache selbst ist für ihn kein Werk (e rgon), sondern Tätigkeit (energeia). Als solche ist sie auch nicht nur Mittel zum Ausdruck oder zur Mitteilung von Denkinhalten, sondern bildet im Sprechen eine untrennbare Einheit mit dem Denken. Wie Sprache und Denken, so gehören auch Sprache und Welt innerlich zusammen, so dass in der Tätigkeit des Sprechens eine spezifische Weltansicht offenbar wird. Der Mensch lebt mit den Dingen so, wie das Netz der Sprache sie ihm zuführt. Durch denselben Akt, so Humboldt, durch den er die Sprache gleichsam aus sich herausspinnt, spinnt er sich in dieselbe ein, so dass jede Sprache demjenigen, der sie spricht, auch Grenzen setzt.

Ferdinand de Saussure: Einer der wichtigsten Vorläufer der Wortfeldtheorie im engeren Sinne war Saussure, der auf die strukturelle Linguistik des 20. Jahrhunderts einen nachhaltigen Einfluss ausübte. Indem er die Humboldtschen Ideen zur psychologischen Ganzheit aufnahm, gaben seine Thesen über die Systemhaftigkeit von Sprache einen wichtigen Anstoß zur Entwicklung der Wortfeldtheorie. Saussure vertrat eine synchronische Sprachwissenschaft, welche die Verhältnisse der Einzelsprache zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Entwicklung untersucht und ihren Anfang auf der Ebene des Ausdrucks nimmt. Die Bedeutungsstrukturen, Beziehungen zwischen Form und Bedeutung und synchronische Strukturen des Wortschatzes rücken somit in den Vordergrund seiner Analyse. Sprache wird von ihm als System sprachlicher Zeichen betrachtet, welches in der Rede aktualisiert wird.

In seiner Schrift „Cours de linguistique générale“ unterschied Saussure zwischen lan­gage (menschliche Redefähigkeit), langue (Sprache) und parole (individuelles Sprechen), wobei er langue als ein System versteht, in dem alle Sprachebenen miteinander verbunden sind. Insbesondere trug seine Untersuchung von langue und parole zum besseren Verständnis von Polysemie, Synonymie, paradigmatischer und syntagmatischer Bindung der lexikalischen Einheiten bei. So kann Saussure mit seinem Konzept auch lexikalische Bedeutung strukturieren und ihre Stellung im System erklären. Nach ihm sollte der zugrunde liegende Systemgedanke schon bald sehr intensive Untersuchung semantischer Beziehungen von Wortfeldern als sprachliche Subsysteme auslösen (Schwaika: 2002). Für Saussure ist das System Sprache vor allem noch ein Bindeglied zwischen den Gedanken und Lauten. Seinen Erkennt­nissen zufolge basiert die Ver­mi­schung laut- und inhaltsbezogener Aspekte auf psychologischen Grundsätzen. Indem die Bedeutung tragenden Begriffe aus dem Sprechen und den Vorstellungen des Einzelnen hervorgehen, wird sich seine Konzeption von der späteren Feldlehre unterscheiden, in der inhaltliche Kriterien im Zentrum stehen (Saussure: 1967, Schwaika: 2002).

In erster Linie legte Saussure mit seinen Untersuchungen auch die Hauptterminologie zur Untersuchung sprachlicher Zeichen fest. Dazu gehören das Wort (signe), das seinerseits aus der Ausdrucksseite mit Zeichen und Lautkörper (signifiant) und der Inhaltsseite des Begriffs (signifié) besteht, sowie die außersprachliche Realität (chose). Nach ihm übernahmen die Vertreter der Wortfeldtheorie diese Terminologie als schlüssig. Saussure unterschied aber auch zwischen dem von der Lautgestalt gesehenen Eigenwert (signification) und dem Stellenwert im System (valeur). Dabei hat das sprachliche Zeichen nicht nur einen Inhalt, sondern auch einen Wert, der durch seine Stellung im Sprachsystem determiniert ist. Der Wert wiederum sei nicht nur Bestandteil der Bedeutung, sondern könne auch die Bedeutung beeinflussen. Weil es jedoch nicht bloße Verbindung eines Lautes mit der Vorstellung sei, müsse jedes Element des Systems hinsichtlich des Wertes betrachtet werden (Saussure: 1967).

Der menschliche Wortschatz ist nach Saussure durch Syntagmen und Assoziationen geordnet.[5] Unter Syntagmen sind hier aneinandergereihte zwei- oder mehrgliedrige Einheiten zu verstehen, für die der Wert jedes Glie­des in der Gegen­überstellung zur (Glied-)Kette ermittelt wird. Assoziative Beziehungen, die aufgrund von Gemeinsamkeiten entstehen, herrschen auch außerhalb des gesprochenen Satzes. Dabei können die Beziehungen in solchen Gruppen unterschiedlicher Natur sein, wie Assoziationen zeigen, die als Analogie auftreten oder auf bloßen Gemeinsamkeiten der Laut­bilder beruhen können.[6] Formal gesehen, sind Syntagmen damit Glieder in bestimmter Anordnung und Folge, deren Anzahl und Bestandteile bestimmt sind, wogegen Assoziationen keine bestimmte Anzahl und Ordnung aufweisen (Schwaika: 2002).

Der Wortfeldbegriff wurde von Saussure bereits mit seinen Untersuchungen zur Assoziation und zur Feststellung der Werte implizit angelegt. Obwohl er bereits zwischen Zeichen und Zeichenwert unterschied, unternahm er noch keine strukturelle Analyse der Inhaltsseite. Nach Scheerer ist die Wirkung der Konzeption von Saussure vor allem darin angelegt, dass mit ihr der Wert- und Systembegriff erstmals explizit auf die Ebene der sprachlichen Inhalte übertragen wurde.[7]

Gunther Ipsen. Im Kontext linguistischer Untersuchungen wurde der Begriff des Feldes erstmals von Ipsen (1924) verwendet und inhaltlich analysiert. Zur Angabe der Ordnung in der Sprache gebrauchte er dabei die Begriffe: Bedeutungsfeld, Welt und innere Sprachform.[8] Später von Trier aufgegriffen war es Ipsen, der auch das Mosaikbild erstmals in die strukturelle Analyse einführte. Diesem Bild zufolge decken die Wörter eines Feldes den Begriffsbereich in der Art ab, dass keine Lücken vorhanden sind (These von der Lückenlosigkeit eines Wortfeldes). Weiterhin meint Ipsen, dass die Einzelwörter des Wortschatzes in Bedeutungsgruppen eingegliedert sind, deren Bedeutungs­­gehalt mit dem Gehalt anderer Gruppen verknüpft ist.[9] Dabei betont er, dass diese Verknüpfung nicht als lineare Assoziationskette interpretiert werden darf, sondern als mehrdimensionales Bedeutungsfeld zu verstehen ist, das in sich gegliedert ist und in dem sich die Wörter wie in einem Mosaik aneinanderfügen. Zwar ist jedes Wort innerhalb des Feldes ganz speziell umrissen, doch passen diese unterschiedlichen Wortkonturen lückenlos aneinander und die Wörter gehen als Bedeutungsträger in einer integrierten Bedeutung höherer Ordnung auf (Schwaika: 2002). Laut Ipsen sind die Wortformen dem gesamten Wortschatz als einer Formenwelt verbunden, weil sie auf den sprachlichen Bestand an Basen und Wortbildungen zurückweisen. Diese Verbindung erfüllt sich aber auch, indem die Wortformen selbst zu keimen beginnen und Neuwörter, Ableitungen oder Zusammensetzungen neu oder zurückbilden. Das Verfahren von Ipsen ist grundsätzlich onomasiologisch ausgerichtet. Eine Sichtweise, die in ihren formalen Kriterien wie formale und semantische Ähnlichkeiten später wieder verworfen werden sollte, da sie die Formung eines Feldes eher einschränkt.

[...]


[1] Die Bedeutung von Bedeutung ist bekanntlich ein sehr vielschichtiges Problem, auf dessen unterschiedliche Lösungsansätze hier nur hingewiesen, nicht jedoch näher eingegangen werden kann.

[2] Art und Umfang der vorliegenden Arbeit erlauben es nicht, den Diskussionsraum und die Rahmenbedingungen hinreichend abzustecken und Begriffe eindeutig zu klären.

[3] Nicht zu Unrecht vermutet man hier die Nähe zur Ideenlehre Platons.

[4] Vater: 1994, S.170

[5] Saussure: 1967, S. 147

[6] Ebenda, S. 150

[7] Scheerer: 1980, S. 40

[8] Ipsen: 1932, S. 14

[9] Ipsen: 1924, S. 225

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Zur Wortfeldtheorie nach Jost Trier
Hochschule
Université Toulouse II - Le Mirail
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
23
Katalognummer
V142933
ISBN (eBook)
9783640525423
ISBN (Buch)
9783640525898
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wortfeldtheorie, Jost, Trier
Arbeit zitieren
Christina Herzog (Autor:in), 2009, Zur Wortfeldtheorie nach Jost Trier, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142933

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