Ende des 19. Jahrhunderts diagnostizierte Ludwig Quidde nach eingehendem Studium der literarischen Quellen Caligulas Cäsarenwahnsinn:
„Das Bild des Cäsarenwahnsinns, das uns Caligula darbietet, ist geradezu typisch.“
Folgt man unkritisch den Darstellungen der einschlägigen Quellen, bietet sich einem tatsächlich dieses Bild. Seneca, eine der wenigen zeitgenössischen Quellen, kommt schon zu diesem Urteil. Laut dessen Beschreibung hat sich die Verderbtheit des Herrschers schon in seinem Äußeren widergespiegelt:
„Derart abstoßend war seine Blässe, ein Indiz des Wahnsinns [insaniam testantis], derart finster die Augen, die sich unter seiner Altweiberstirn verbargen, derart häßlich sein kahler Schädel, mit ausgeborgtem Haar beklebt.“
WINTERLING zufolge fällt Seneca allerdings kein psychologisches Urteil und erklärt Caligula damit für geisteskrank, sondern er möchte dessen unmoralisches und vor allem unkonventionelles Verhalten anprangern. Erst Sueton, so WINTERLING weiter, macht Caligula zu einem Wahnsinnigen im pathologischen Sinne und prägte damit entscheidend das Bild Caligulas. Auch deutet sich in dieser Textstelle bereits an, dass in den Berichten Caligula betreffend oft eine tiefe Verachtung und Abscheu mitschwingt und hier wohl eher emotionale statt rationale Urteile gefällt und tradiert wurden.
Ich möchte in dieser Arbeit exemplarisch alternative Deutungsmuster zusammentragen, die ein anderes Licht auf das Verhalten des jungen Princeps werfen und dabei auch der Frage nachgehen, warum es zu einer derart negativen Darstellung Caligulas in den Quellen kam. Dabei erhebe ich jedoch keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit, da es den Rahmen einer Hausarbeit sprengen würde, alle vorhandenen Quellen und die gesamte Sekundärliteratur einzubeziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Quellenlage
- Die Zeichen des Wahnsinns bei Caligula
- Allgemeine Zeichen von Wahnsinn
- Wahnhaftes Verhalten Caligulas in den Antiken Quellen
- Militärische Triumphe
- Caligula der Gottkaiser
- Ein Pferd wird Konsul
- Alternative Deutungen der antiken Quellen
- Göttliche Ehrungen für den Kaiser und Konsularische für ein Pferd
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung Caligulas in antiken Quellen und hinterfragt die gängige Interpretation seines Verhaltens als „Cäsarenwahnsinn“. Ziel ist es, alternative Deutungsmuster aufzuzeigen und die Gründe für die negative Darstellung Caligulas zu beleuchten. Die Arbeit verzichtet auf Vollständigkeit, konzentriert sich aber auf eine kritische Auseinandersetzung mit den vorhandenen Quellen.
- Kritische Analyse der antiken Quellen zur Person Caligulas
- Untersuchung der Vorurteile und der möglichen Motivationen der Autoren
- Aufzeigen alternativer Interpretationsmöglichkeiten für Caligulas Handeln
- Hinterfragen der Diagnose „Wahnsinn“ im Kontext der damaligen Gesellschaft
- Die Rolle von Rhetorik und Propaganda in der Geschichtsdarstellung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die These auf, dass die gängige Darstellung Caligulas als wahnsinnig auf einer unkritischen Interpretation der antiken Quellen beruht. Sie kündigt eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Quellen und die Suche nach alternativen Deutungsmustern an, wobei die Arbeit ausdrücklich nicht auf Vollständigkeit abzielt.
Quellenlage: Dieses Kapitel analysiert die Quellenlage kritisch. Es zeigt, dass die meisten Quellen nicht zeitgenössisch sind und die Autoren jeweils persönliche Gründe hatten, Caligula negativ darzustellen. Philo von Alexandria und Seneca, die zu Caligulas Lebzeiten schrieben, hatten jeweils persönliche Konflikte mit dem Kaiser. Spätere Quellen wie Sueton, Tacitus und Cassius Dio basieren auf den gleichen Primärquellen und sind ebenfalls von Vorurteilen geprägt. Das Kapitel betont die Notwendigkeit eines kritischen Umgangs mit den Quellen, um nicht den in den Texten spürbaren „frischen Hass“ zu übernehmen.
Die Zeichen des Wahnsinns bei Caligula: Dieses Kapitel untersucht anhand von Beispielen aus den antiken Quellen, ob Caligulas Verhalten tatsächlich als „Wahnsinn“ interpretiert werden kann. Es wird der gesellschaftliche Kontext des Wahnsinns in der Antike beleuchtet und mit den Symptomen verglichen, die Celsus in seinem Werk „De medicina“ beschreibt. Die körperliche Beschreibung Caligulas durch Sueton wird ebenfalls in den Kontext der damaligen Vorstellung von Schönheit und Gesundheit eingeordnet. Das Kapitel legt den Schwerpunkt auf eine differenzierte Betrachtung der Quellen und ihrer Interpretation.
Schlüsselwörter
Caligula, Antike Quellen, Cäsarenwahnsinn, Quellenkritik, alternative Deutungen, Römisches Kaiserreich, Philo von Alexandria, Seneca, Sueton, Tacitus, Cassius Dio, Historiographie, Propaganda, gesellschaftlicher Kontext, psychische Störungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Arbeit: "Die Darstellung Caligulas in antiken Quellen"
Was ist das Thema der Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Darstellung des römischen Kaisers Caligula in antiken Quellen und hinterfragt die gängige Interpretation seines Verhaltens als „Cäsarenwahnsinn“. Sie konzentriert sich auf eine kritische Analyse der Quellen und die Suche nach alternativen Deutungsmustern.
Welche Quellen werden untersucht?
Die Arbeit analysiert kritisch verschiedene antike Quellen, darunter die Schriften von Philo von Alexandria, Seneca, Sueton, Tacitus und Cassius Dio. Es wird hervorgehoben, dass viele dieser Quellen nicht zeitgenössisch sind und von persönlichen Vorurteilen und Motivationen der Autoren geprägt sind.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, alternative Deutungsmustern für Caligulas Handeln aufzuzeigen und die Gründe für seine negative Darstellung in den antiken Quellen zu beleuchten. Sie hinterfragt die Diagnose „Wahnsinn“ im Kontext der damaligen Gesellschaft und untersucht die Rolle von Rhetorik und Propaganda in der Geschichtsdarstellung.
Wie wird der „Wahnsinn“ Caligulas behandelt?
Die Arbeit untersucht anhand konkreter Beispiele aus den antiken Quellen, ob Caligulas Verhalten tatsächlich als „Wahnsinn“ interpretiert werden kann. Sie beleuchtet den gesellschaftlichen Kontext des Wahnsinns in der Antike und vergleicht die beschriebenen Verhaltensweisen mit den Symptomen, die in medizinischen Werken der Zeit beschrieben wurden. Die körperliche Beschreibung Caligulas wird ebenfalls in den Kontext der damaligen Vorstellungen von Schönheit und Gesundheit eingeordnet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Quellenlage, Die Zeichen des Wahnsinns bei Caligula, Göttliche Ehrungen für den Kaiser und Konsularische für ein Pferd, und Schlussbetrachtung. Jedes Kapitel behandelt einen Aspekt der Darstellung Caligulas und der kritischen Auseinandersetzung mit den Quellen.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Caligula, Antike Quellen, Cäsarenwahnsinn, Quellenkritik, alternative Deutungen, Römisches Kaiserreich, Philo von Alexandria, Seneca, Sueton, Tacitus, Cassius Dio, Historiographie, Propaganda, gesellschaftlicher Kontext, psychische Störungen.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die gängige Darstellung Caligulas als wahnsinnig auf einer unkritischen Interpretation der antiken Quellen beruht. Sie plädiert für eine differenzierte Betrachtung der Quellen und die Berücksichtigung alternativer Interpretationsmöglichkeiten.
Ist die Arbeit vollständig?
Nein, die Arbeit verzichtet bewusst auf Vollständigkeit und konzentriert sich auf eine kritische Auseinandersetzung mit ausgewählten Quellen und deren Interpretationen.
- Arbeit zitieren
- Katharina Markmann (Autor:in), 2009, Caligula. Wahnsinniger Tyrann oder Opfer tendenziöser Geschichtsschreibung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144363