Der Christliche Glaube


Studienarbeit, 2003

32 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Glaubenstheorien bedeutender Theologen
2.1 Thomas de Aquino
2.1.1 Der Gegenstand des Glaubens
2.1.1.1 Ist der Gegenstand des Glaubens die vorderste Wahrheit?
2.1.1.2 Ist der Gegenstand des Glaubens etwas aussageweise Zusammengesetztes?
2.1.1.3 Kann dem Glauben Falsches unterliegen?
2.1.1.4 Kann der Gegenstand des Glaubens etwas Geschautes sein?
2.1.1.5 Kann, was des Glaubens ist, gewusst sein?
2.1.1.6 Ist das Fürwahrliche in bestimmte Stücke zu schneiden?
2.1.1.7 Sind die Glaubensartikel im Laufe der Zeit angewachsen?
2.1.2Das innere Wirkgeschehen des Glaubens
2.1.2.1 Heißt Fürwahrhalten(credere = glauben) „mit Beipflichtung denken“?
2.1.2.2 Werden die Wirkheiten des Glaubens richtig so unterschieden, dass es das Gottglauben, den Gottesglauben und die Gläubigkeit an Gott gibt?
2.1.2.3 Ist es zum Heile notwendig, etwas über die natürliche Vernunft hinaus für wahr zu halten?
2.1.2.4 Ist zu glauben notwendig, was mit der na türlichen Vernunft erwiesen werden kann?
2.1.2.5 Ist bei etwas ausdrücklich der Mensch zum Glauben gehalten?
2.1.2.6 Sind alle gleicherweise gehalten, einen einzelausgedrückten Glauben zu haben?

2.1.2.7 Ist bei allen der ausdrückliche Glaube an das Geheimnis der Fleischwerdung Christi heilsnötig?
2.1.2.8 Ist der ausdrückliche Glaube an die Dreifaltigkeit heilsnötig?
2.1.2.9 Ist Glauben verdienstlich?
2.1.2.10 Mindert die folgernde Vernunft bei Glaubenssachen das Glaubensverdienst?
2.1.3Die äußere Glaubenshandlung
2.1.3.1 Ist das Bekennen eine Glaubenshandlung?
2.1.3.2 Ist das Bekenntnis des Glaubens zum Heile notwendig?
2.1.4Die Tugend des Glaubens selbst
2.1.4.1 Ist folgende Begriffsbestimmung des Glaubens richtig: „Glaube ist der Wesenskern der Dinge unserer Hoffnung, der Erweis für etwas, das man nicht sieht“ (Hebr. 11,1)?
2.1.4.2 Gibt es den Glauben im Verstand als seinem Träger?
2.1.4.3 Ist die Teuerliebe die Wesungsform des Glaubens?
2.1.4.4 Kann unbewester Glaube ein bewester werden oder umgekehrt?
2.1.4.5 Ist der Glaube eine Tugend?
2.1.4.6 Ist der Glaube (eine Tugend) in der Einzahl?
2.1.4.7 Ist der Glaube die erste unter den Tugenden?
2.1.4.8 Ist der Glaube gewisssicherer als die Wissenschaft und die anderen verstandlichen Tugenden?
2.1.5Der Besitzer des Glaubens
2.1.5.1 Hat der Engel oder der Mensch in seiner ersten Stellung den Glauben besessen?
2.1.5.2 Gibt es in Dämonen den Glauben?
2.1.5.3 Kann der Irrgläubige, der sich einem Glaubensartikel verweigert, den unbewesten Glauben von den anderen Artikeln haben?
2.1.5.4 Kann der Glaube in einem größer sein, als im anderen?
2.1.6Die Ursache des Glaubens
2.1.6.1 Ist der Glaube dem Menschen von Gott eingegossen?
2.1.6.2 Ist der unbeweste Glaube ein Geschenk Gottes?
2.1.7Die Wirkungen des Glaubens
2.1.7.1 Ist die Furcht eine Wirkung des Glaubens?
2.1.7.2 Ist die Reinigung des Herzens Wirkung des Glaubens?
2.2 Philip Melanchthon
2.2.1Der Glaubensbegriff in der Confessio Augustana
2.2.2Der Glaubensbegriff in der Apologie des Augsburger Bekenntnisses
2.2.2.1 Was ist rechtfertigender Glaube?
2.2.2.2 Dass der Glaube an Christus rechtfertigt
2.2.2.3 Dass wir die Sündenvergebung allein durch den Glauben an Christus erlangen
2.3 Wolfhart Pannenberg
2.3.1Glaube und Wahrheit
2.3.2Glaube und Wissen
2.3.3Glaube als Vertrauen
2.3.4Glaube und Kenntnisnahme
2.3.5Glaube und historisches Wissen
2.3.6Glaubensgrund und Glaubensgedanken

3 Eigener Entwurf einer Glaubenstheorie
3.1 Herkunft des Glaubens oder Glauben und Denken
3.2 Das Wesen des Glaubens
3.3 Die Wirkung des Glaubens

4 Ist Glaube also lernbar?

5 Literaturverzeichnis

6 Erklärung

7 Anhang

1 Einleitung

Im Rahmen der Studientage, die unter dem Thema „Glaube in Vielfalt“ standen, entschied ich mich, die Studienarbeit im Bereich Dogmatik zu schreiben.

Das übergeordnete Thema ist definitiv ein Schwammthema, innerhalb dessen es sich zu entscheiden gilt. Deshalb war meine Intention dieser Arbeit, den christlichen Glauben, oder zumindest die Begrifflichkeit dessen, aus verschiedenen theologischen Sichten zu betrachten. So kann veranschaulicht werden, dass selbst der chris tliche Glaube, also eigentliche Gemeinsamkeit der Christen, in seiner Definition unterschiedlich ist.

Bedeutende Theologen entwarfen in ihren systematisch-theologischen Gedankengängen differenzierte und komplexe Konstrukte von Herkunft, Struktur und Charakteristika des Glaubens. Exemplarisch werden die Glaubensbegriffe Thomas von Aquins, Philip Melanchthons und Wolfhart Pannenbergs dargestellt, um jeweils einen Vertreter der Theologie des Mittelalters, der Reformationszeit und der Neuzeit vorzustellen. Die Darstellung sollte möglichst so erfolgen, dass sie auch für Laien verständlich wird.

Auch beschloss ich, im Rahmen der Beschäftigung mit den genannten Theorien, mich selbst an einer solchen zu versuchen. Die von mir erdachte „Glaubenslehre“ ist jedoch reines Gedankenkonstrukt. Ich sehe diese lediglich als eine Niederschrift meiner Gedanken zum Glaubensbegriff und versuche damit eigene Überzeugungen wiederzuspiegeln.

Letztlich muss noch ein interdisziplinärer Bezug stattfinden. Dies soll über die Fragestellung erfolgen, ob der Glaube als solcher lernbar sei, somit kann also die Brücke zur Religionspädagogik geschlagen werden.

2 Glaubenstheorien bedeutender Theologen

2.1 Thomas de Aquino

Thomas von Aquin eröffnet das „Theologen-Trio “, deren Glaubensbegriffe darzustellen es meine Absicht war. Deutlich wird bei der Lektüre der Texte des Thomas die Zeit der Entstehung dieser. Die Sprache, in der sich sein Werk präsentiert, ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Auch ist der Autor geprägt von seiner Zeit, was sich beispielsweise in der Einteilung der Glaubensqualität nach Ständen äußert (siehe 2.1.2.6).

Die Lehre des Thomas von Aquin ist geprägt vom Begriff der „Tugenden“. Hierzu zieht er die in der Philosophie gebrauchten Kardinaltugenden, also Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhaltung, heran, ergänzt diese jedoch durch die drei theologischen Tugenden, namentlich Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Kardinaltugenden der Philosophie spielen im Verhältnis zu den theologischen eine untergeordnete Rolle, was den häufig an ihn gewandten Vorwurf, er habe die Theologie an die Philosophie verraten, entkräftet. Die Kardinaltugenden gliedern sich wiederum in Teiltugenden, so dass man am Ende auf eine Zahl von 44 Teiltugenden kommt, die einen vollkommenen Christenmenschen ausmachen.1

Im Folgenden soll es allerdings nur um eine der theologischen Tugenden gehen, nämlich den Glauben.

Es folgt ein Einblick in die Glaubenslehre des Thomas von Aquin. Ich habe davon abgesehen, die Untersuc hungen in allen Einzelheiten wiederzugeben, da hier lediglich die Ergebnisse von Belang sind und alles andere zu weit führte. Solche habe ich versucht, zusammengefasst wiederzugeben.

Bei der Gliederung habe ich mich an der Reihenfolge der von Thomas von Aquin durchgeführten „Untersuchungen“ gehalten.2

2.1.1 Der Gegenstand des Glaubens

2.1.1.1 Ist der Gegenstand des Glaubens die vorderste Wahrheit?

Der Gegenstand des Glaubens ist zunächst Gott selbst, als die primäre Wahrheit, nicht christliche Dogmen oder Inhalte der Bibel. Alle anderen Inhalte des Glaubens, wie Bibel etc., sind Glaubensinhalt, dem im Glauben zugestimmt wird, da er sich auf Gott, als die Erstwahrheit, bezieht.

Der Glaube ist zwar auch Zustimmung, dennoch stimmt der Glaube keiner Sache zu, die nicht Offenbarung Gottes ist, oder nicht eine „Hinordnung auf Gott“3 aufweist. Hierbei ist die Bibel,als Wort Gottes, eben solche Offenbarung.

2.1.1.2 Ist der Gegenstand des Glaubens etwas aussageweise Zusamm engesetztes?

Gott, als die Wahrheit und Gegenstand des Glaubens, ist etwas „Unzusammengesetztes“4, dennoch steht der Glaube zwischen Wissen und Meinung, welche sich über Aussagesätze definieren. Im Glauben werden jedoch nicht Sätze, sondern Dinge, also die Aussage eines Satzes, zum Gegenstand. Das Problem ist, dass im Glauben keine unmittelbare Gottesschau stattfindet, sondern nur die Wahrnehmung Gottes im Rahmen der Welt. Der Glaube kann, da er von Meinung und Wissen, beides Dinge, die abhängig sind von Sätzen, bestimmt ist, auch nur in solchen geäußert werden. Der menschliche Verstand erkennt nur durch zusammensetzen und teilen, also Kombination und Differenzierung, dies sind die notwendigen Werkzeuge des Verstehens und Erkennens. Somit kann der Mensch auch „Unzusammengesetztes“ nur als aussageweise Zusammengesetztes verstehen.

2.1.1.3 Kann dem Glauben Falsches unterliegen?

Im Glauben, der sich ausschließlich auf Gott und die Dinge bezieht, die sich wiederum auf Gott beziehen, kann, durch den Bezug zur primären Wahrheit nichts Falsches enthalten sein.

2.1.1.4 Kann der Gegenstand des Glaubens etwas Gescha u tes sein?

Glauben geht nicht auf etwas „Schaubares“ zurück. Gerade der Gegenstand des Glaubens ist etwas Unsichtbares. Sowohl Meinung, als auch Glauben bilden sich durch Abwägung und Entscheidung, nicht aber durch etwas schlicht Sichtbares. Glaube ist die Zustimmung zu jenem, das der Mensch für wahr hält. Allein diese abstrakte Begrifflichkeit macht klar, dass dies nichts

„Schaubares“ sein kann. Abwägung, geprägt von Befürchtungen und Ängsten bildet eine Meinung, Abwägung geprägt von Zuversicht wird Glaube.

2.1.1.5 Kann, was des Glaubens ist, gewusst sein?

Was geglaubt wird, kann nicht gewusst werden. Es ist gerade ein Charakteristikum des Glaubens, dass sein Gegenstand nicht gesehen, somit gewusst, werden kann, deswegen ist es nicht möglich, Inhalte des christlichen Glaubens zu wissen.

2.1.1.6 Ist das Fürwahrliche in bestimm te Stücke zu schneiden?

Wie bereits erwähnt ist es das Wesen des Menschen, Dinge zu unterteilen, zu zerschneiden, um das Begreifen zu erleichtern. Dennoch bezieht sich alles im Glauben auf einen Mittelpunkt: Gott.

Deshalb können die Lehren zwar unterteilt auftreten, bleiben im Wesentlichen jedoch eins. Alle Glaubensartikel sind im Grunde somit einer, der unterteilt wurde.

2.1.1.7 Sind die Glaubensartikel im Laufe der Zeit angewachsen?

Die Glaubensartikel ähneln den Grundsätzen jeder anderen Lehre, die mit der Vernunft zu begreifen ist. Ausgehend von einem Mittelpunkt ziehen sich konzentrische Kreise, die die Lehre differenzieren, sich allerdings eben immer auf denselben Ausgangspunkt beziehen. Im Glauben ist dies ebenso. Obgleich die äußere Lehre in ihren Artikeln angewachsen ist, weil die Menschen nach und nach erst Dinge erkannten, die ihre Vorgänger nicht ausdrücklich erkannten, welche aber dennoch in ihrem Glauben durch das Bekenntnis zu Gott bereits enthalten waren, so ist der Wesenskern des Glaubens doch stets derselbe geblieben.

Die folgenden drei Untersuchungen zum Thema „Gegenstand des Glaubens“, im Originalwerk des Thomas von Aquin, gehen einzig in Richtung des Glaubensbekenntnisses und sind in ihrer Thematik zu spezifisch, als dass sie zur hiesigen Erörterung beitrügen. Aufgrund dessen habe ich sie ausgelassen.

2.1.2 Das innere Wirkgeschehen des Glaubens

2.1.2.1 Heißt Fürwahrhalten (credere = glauben)„mit Beipflichtung denken“?

Zunächst kann denken in dreifacher Weise interpretiert werden:

- Allgemein jede Erwägung, die man im Verstand anstellt.
In diesem Sinne verstanden trifft es nicht exakt zu, dass Glaube ein beipflichtendes Denken ist, da in dieser Weise auch wissbare und rationale Dinge mit Beipflichtung gedacht werden.
- Zum zweiten ein Gedankengang, im Sinne einer Untersuchung, die sich mit dem Wissbaren oder Bekannten auseinandersetzt, bis man zur wahren Erkenntnis, der wahren Schau, gelangt bzw. bis eine Entscheidung zu Stande kommt. Hier muss man erneut unterscheiden:
- Zum einen gibt es also das Denken im Bezug auf greifbares, in welchem auch eine Entscheidung getroffen werden kann.
Zwar kann in diesem Zusammenhang mit Beipflichtung gedacht werden, jedoch bleibt die Entscheidung, die Erkenntnis, greifbar.
- Zum anderen das Erwägen von Abstrakta, welche sich einer beweisbaren Entscheidung entziehen.

Hier muss man das beipflichtende Denken verankern, welches dem Glauben entspricht, da hier eben jenes zutrifft, dass Gott, als die Erstwahrheit, erst in der Gottesschau ersichtlich wird und eine Entscheidung auf rationalem und beweisbarem Wege nicht möglich ist.

2.1.2.2 Werden die Wirkheiten des Glaubens richtig so unterschieden, dass es das Gottglauben, den Gottesglauben und die Gläu bigkeit an Gott gibt?

Auf den Gegenstand des Glaubens kann in dreifacher Weise Bezug genommen werden. Diese drei Auswirkungen, die der Glaube mit sich bringt sind zu unterscheiden:

Geht man vom Verstand aus, gibt es zweierlei Betrachtungswege:

- Den Gottesglauben („credere deum“5 = „an Gott glauben“), im Sinne von „ an die Existenz Gottes glauben“,
- Sowie das (dem) Gott glauben („credere deo“6), also seine Zus timmung zu Gottes

Aussagen, dem Geglaubten, geben.

Die dritte Möglichkeit besteht darin, sich dem Gegenstand des Glaubens von Seitens des Willens, also der Bereitschaft her, zu nähern.

- Hier erschließt sich das Sich-Gott-Hingeben im Glauben („credere in deum“7), also die liebevolle Hingabe an Gott im Glauben.

Dies sind jedoch keine unterschiedliche n Stufen des Glaubens, sondern nur verschiedene Richtungen der Wirkweise des Glaubens, im Hinblick auf seinen Gegenstand. Die ersten beiden Möglichkeiten können jedoch auch „Ungläubigen“(besser: Nicht-Gottesfürchtigen, da es sich hierbei um jene handelt, die in der Gewissheit der Existenz Gottes leben, sich ihm aber verschließen; Anm. d. Verf.) zu Eigen sein.

2.1.2.3 Ist es zum Heile notwendig, etwas über die natürliche Vernun ft hinaus für wahr zu halten?

Der Mensch ist ein natürliches Wesen. Daher kommt ihm auch die natürliche Vernunft zu. Dennoch ist diese Vernunft nur ein Teil des Menschlichen und vermag alleine nicht zur Vollendung zu gelangen. Auch der göttliche Aspekt ist im Menschen vorhanden. Der Mensch kann somit seine Vollendung nur in einer „Gottesschau“8 finden. Für diese ist jedoch die Zustimmung zu Gottes Wahrheit, die er von jenem in einem Lehrer-Schüler Verhältnis lernt,

nötig und somit der Glaube, in welchem diese Zustimmung stattfindet. Also muss der Mensch im Glauben die Wahrheit Gottes neben der natürlichen Vernunft für wahr halten, um die Endvollendung zu erreichen.

2.1.2.4 Ist zu glauben notwendig, was mit der natürlichen Vernun ft erwiesen werden kann?

Der Mensch soll im Glauben auch die Dinge anerkennen, die nicht über die Vernunft hinausgehen. Hierfür werden drei Gründe angeführt:

- Der Mensch kann über die bereits vorliegenden Erkenntnisse der Wissenschaft über Gott schneller zur Erkenntnis Gottes gelangen
- Menschen, die nicht die Zeit oder die Begabung haben, sich mit der Erkenntnis Gottes auseinander zu setzen, können so einen allgemeinen Wissensgrund im Glauben erreichen.
- Weil sich das Göttliche nur all zu oft der menschlichen Vernunft entzieht, braucht es einen fundierten Wissenskern über Gott, der bei allen Menschen vorhanden ist.

2.1.2.5 Ist be i etwas ausdrücklich der Mensch zum Glauben gehalten?

Der Mensch ist angehalten, das erste „Führwahrhaltliche “9, also die ersten Glaubensartikel, zu glauben. Vornehmlich spricht Thomas von Aquin freilich auch von dem, was die Kirche in ihrer Lehre aufstellt. Dies weist wiederum auf die geschichtliche Umwelt des Thomas hin, in der die Kirche eine weitaus gewichtigere Rolle spielte. Der Rest, auch jenes, was in der Bibel steht, wird ihm nur dann Pflicht im Glauben, wenn er selbst es ausdrücklich für Bestandteil der Glaubenslehre hält.

2.1.2.6 Sind alle gleicherweise gehalten, einen einzelausgedrückten Glauben zu haben?

Der Glaube in seiner Entfaltung ist standesabhängig. Es steht den Menschen höheren Standes daher zu, einen entfalteteren Glauben zu haben und die Menschen niederen Standes darin zu unterrichten.

2.1.2.7 Ist bei allen der ausdrückliche Glaube an das Geheimnis der Fleischwerdung Christi heilsnötig?

Der Weg des Menschen zur Glücksseeligkeit liegt in dem Geheimnis der Inkarnation und des Martyriums Christi, es ist also Teil des Gegenstandes des Glaubens. Dieser Teil des Glaubens erfuhr im Wandel der Zeiten und im Hinblick auf die Individualität des einzelnen verschiedene Formen. Dennoch ist, da das Geheimnis der Fleischwerdung Christi zum Heil des Menschen notwendig ist, also jeder dazu angehalten, daran zu glauben, im Sinne der Lehre der Kirche zu jenem Glaubensinhalt.

2.1.2.8 Ist der ausdrückliche Glaube an die Dreifaltigkeit heilsnötig?

Da das Wirken Christi für die Menschen den Weg zur Glücksseligkeit bedeutet, ist der Glaube an die Trinität notwendig. Die Bedeutung Christi ist sonst als solche nicht nachvollziehbar. Unmittelbar mit Christus verknüpft ist nämlich die dreifache Personalität Gottes. Christus wurde durch den Heiligen Geist Empfangen, so wurde Gott-Sohn Fleisch, wirkte mit dem Heiligen Geist, wurde in diesem angenommen und kehrte am Ende heim zum Vater. Diese starke Vereinfachung beweist bereits, dass, ohne den Glauben an die Dreieinigkeit, ein Verständnis oder die Zustimmung zu Christi Verdiensten unmöglich ist.

2.1.2.9 Ist Glauben verdienstlich?

Die Wirkung des Glaubens ist verdienstlich, da sie auf eine freie Entscheidung für Gott zurückgeht. Wichtig ist hierbei, dass die Entscheidung für Gott aus dem von ihm aus Gnade geschenkten freien Willen hervorgeht. Zum anderen ist alles Wirken verdienstlich, das eine Hinordnung auf Gott beinhaltet. Wie bereits verdeutlicht, ist gerade der Glaube eine Zustimmung zu allem, was sich auf Gott bezieht. Somit sind alle Auswirkungen des Glaubens verdienstlich.

2.1.2.10 Mindert die folgernde Vernun ft bei Glaubenssachen das Glaubensverdienst?

Die Vernunft kann im Bezug auf den Glauben in unterschiedlicher Weise fungieren.

- Wenn also die Vernunft zur Stütze des Glaubens dient, indem sie rationale Gründe und Beweise zur Festigung des Glaubens, dessen Gegenstand jedoch abstrakt ist, beiträgt, wird sie zu einer Art „Krücke“, die den eigentlichen Verdienst, nämlich an etwas nicht fassbares zu glauben, vermindert oder sogar aufhebt.
- Steht jedoch die Vernunft dem Glauben gegenüber, so dass sie das Geglaubte als eigentlich irrational erklärt, so ist der Verdienst, dennoch zu glauben, sogar höher.
- Mindert die Argumentation der Vernunft jedoch die Bereitschaft und den Willen zu glauben, so verringert sich auch das Glaubensverdienst.

[...]


1 Vgl. Otto Hermann Pesch: Thomas von Aquin S. 110

2 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 5 - 46

3 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 5f

4 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 6

5 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 21

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. ebd.

8 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 24

9 Vgl. Thomas von Aquino: Summe der Theologie S. 25

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Der Christliche Glaube
Hochschule
Evangelische Hochschule Nürnberg; ehem. Evangelische Fachhochschule Nürnberg  (FB Theologie)
Veranstaltung
Interdisziplinäre Studientage - Glaube in Vielfalt
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
32
Katalognummer
V14475
ISBN (eBook)
9783638198677
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Christliche, Glaube, Interdisziplinäre, Studientage, Glaube, Vielfalt
Arbeit zitieren
Thomas Schleicher (Autor:in), 2003, Der Christliche Glaube, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14475

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