Zwischen Nationalität und Multikulturalität


Hausarbeit (Hauptseminar), 1998

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Globalisierung der Welt

2. Ursachen der Ausländerfeindlichkeit
2.1. Einführung in die Problemstellung
2.1.1. Was ist ein Ausländer?
2.1.2. Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit als gesellschaftliches Problem
2.2. Erklärungsversuche
2.2.1. Ethnozentrismus und die Bedeutung der Ausländerzahl
2.2.2. Xenophobie
2.2.3. Soziale Ungleichheit
2.2.4. Die Sündenbock-Hypothese
2.3. Die Rolle der Politik
2.3.1. Die Ausländerpolitik
2.3.2. Die Asylpolitik

3. Rechtsextremismus und Fremdenhaß
3.1. Entstehungsbedingungen
3.2. (Kultur)Rassismus
3.3. Antisemitismus

4. Möglichkeiten zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit
4.1. Politische Bildung
4.2. Die Verantwortung der Medien
4.3. Jugendarbeit und Erziehung zur Toleranz
4.4. Integration
4.4.1. Was heißt Integration?
4.4.2. Probleme bei der Integration und Reintegration
4.4.3. Politische Instrumente zur Integration
4.4.4. Probleme und Möglichkeiten der Integration in einem Großbetrieb

5. Das Verhältnis zwischen Nationalität und Multikulturalität
5.1. Zusammenfassung
5.2. Ausblick

1. Die Globalisierung der Welt

Die Welt wächst zusammen. Aufgrund globaler Probleme, die von den Regierungen der Einzelstaaten alleine nicht mehr gelöst werden können, gibt es Bestrebungen, den Nationalstaat durch internationaler bzw. supranationaler Organisationen zu ersetzen. Der Nationalstaat, wie er im 19.und frühen 20. Jahrhundert propagiert wurde, verliert immer mehr an Souveränität. Inter- bzw. supranationale Organisationen erhalten mehr Befugnisse, wodurch die finanziellen Ressourcen sowie die politische Macht des Nationalstaates langsam schwindet. Aber wo bleibt der Bürger innerhalb dieser Globalisierung? Der Bürger, der sich immer mit dem Nationalstaat, indem er lebte, identifiziert hatte und sich mehr als „Deutscher“, „Franzose“ oder „Italiener“ anstatt als „Europäer“ identifizierte, muß sich in der heutigen Zeit und insbesondere in der Zukunft umorientieren. In Europa ist diese Entwicklung gerade in den letzten Jahren besonders gut zu beobachten. Europa wächst immer mehr zusammen. Die Europäische Union, die jetzt mit der Einführung einer einheitlichen Währung die Souveränität des Staates weiter einschränkt und eine multikulturelle Gesellschaft noch weiter fördert, hebt die staatlichen Barrieren in Europa Zug um Zug auf.

Während Europa und die Welt durch wirtschaftliche Zusammenarbeit und durch die Lösung globaler Probleme auf staatlicher Ebene immer mehr zusammenwächst, ist die dadurch resultierende multikulturelle Gesellschaft, d.h. eine Gesellschaft, in der Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft friedlich und gleichberechtigt Zusammenleben, diversen Spannungen ausgesetzt. Gruppierungen, die eine ethnisch homogene Gesellschaft propagieren, haben einen enormen Zulauf und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Rechtsextreme Organisationen sind das Auffangbecken für Menschen, die oftmals aufgrund von Furcht und Angst eine Gefahr in der multikulturellen Gesellschaft sehen. Eine kulturelle Heterogenität wird von vielen Menschen als problematischer Tatbestand gewertet. Viele Menschen reagieren auf diese Befremdung mit Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit. Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft argumentieren mit einer kulturellen Bereicherung des Lebens durch die Vielzahl der Einflüsse.

Fremdenfeindliche Anschläge in Hoyerswerda, Hünxe oder Mölln waren extreme Beispiele für eine exzessive Ausländerfeindlichkeit innerhalb rechtsextremer Gruppen. Ausländerfeindlichkeit ist für rechtextreme Gruppierungen ein wesentlicher Eckpfeiler ihrer Ideologie. Deswegen kann und darf der Rechtextremismus in einer Arbeit über „Ausländerfeindlichkeit“ nicht fehlen. Doch die Anschläge in Hünxe oder Mölln waren keine Einzelfälle. Ausländerfeindlichkeit ist ein permanenter Tatbestand in unserer Gesellschaft, während Europa immer mehr zusammenwächst. Welches Verhältnis besteht zwischen der Zunahme der Fremdenfeindlichkeit und der fortschreitenden Multikulturalität der Gesellschaft? In wieweit ist Multikulturalität der Grund dafür ? Und welche Möglichkeit gibt es, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken?

In dieser Arbeit werden die verschiedenen Ursachen der Ausländerfeindlichkeit und die Entstehung des Rechtsextremismus erläutert. Die Möglichkeiten zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus sollen anschließend behandelt werden. Die Möglichkeit und das Problem der „Integration“ bekommt hierbei einen besonderen Stellenwert zugeschrieben.

2. Ursachen der Ausländerfeindlichkeit

2.1. Einführung in die Problemstellung

2.1.1 Was ist ein Ausländer?

Als Ausländer gelten die Personen, die in einem Land eine andere Staatsangehörigkeit besitzen. In Deutschland ist der Ausländer, wer nicht Deutscher im Sinne des Artikels 16 I Grundgesetz ist. Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit, die im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 in Deutschland aufgenommen wurden, sind demnach keine Ausländer, sondern so genannte Statusdeutsche. Ein Anspruch auf staatliche Dienste wie Sozialhilfe sowie die Hilfe zur Pflege und andere Leistungen bestehen aber auch für Ausländer.

Ausländer aus der Europäischen Union, Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konventionen genießen eine privilegierte Rechtsstellung, die im Asylverfahrensgesetz bzw. dem Aufenthaltsgesetz der Europäischen Union geregelt ist. Die Rechtsstellung von Ausländern ist im Ausländergesetz vom 8. Juli 1990 festgelegt.

Ein Ausländer, der sich im Inland niedergelassen hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen auf seinen Antrag hin eingebürgert werden. Erleichterungen gelten für die ausländischen Ehegatten deutscher Staatsangehöriger.

2.1.1. Ausländer bzw. Fremdenfeindlichkeit als gesellschaftliches Problem

Ausländerfeindlichkeit ist ein Problem in jedem Land. Die Aggressionen werden in einigen Ländern sogar von den jeweiligen Behörden und Regierungen unterstützt. In anderen Ländern ist die Gewalt gegen Ausländer eher gering, was aber nicht heißen mag, daß in diesen Ländern nicht unterschwellig eine Abneigung gegen Ausländer besteht. Die Gruppe von Menschen, die offen gegen Ausländer angehen, ist eher gering zu der Menge, die stillschweigend die Fremden in ihrem Land ablehnen.

In Deutschland wird Ausländerfeindlichkeit als eine Bedrohung betrachtet, die beseitigt werden muß. Gerade wegen der kaltblütigen Vernichtung und Diskriminierung der Ausländer im dritten Reich ist Fremdenfeindlichkeit in Deutschland ein hochsensibles Thema.

Was jedoch unter „Ausländerfeindlichkeit“ zu verstehen ist, hat mit dem Genozid in der nationalsozialistischen Zeit nichts zu tun. Andererseits ist „Ausländerfeindlichkeit“ aber nicht nur ein Unbehagen, was man gegenüber Ausländern verspürt. Als „feindlich“ bezeichnet man einen Tatbestand, der zu einer abwehrenden Haltung führt und durch eine Bedrohung zustande kommt. Das beinhaltet auch eine aggressive Handlung, um dieser Bedrohung zu begegnen. Diese „feindselige“ Haltung richtet sich auf „Ausländer“, d.h. Nichtdeutsche, die eine andersartige Kultur und andere Traditionen pflegen und daher „fremd“ erscheinen. Gegenüber anderen Kulturangehörigen gibt es generalisierte Vorstellungen und mitunter auch generalisierte Aggressionen. Das fängt an mit verbalen Attacken und geht bis zu vorsätzlichen Gewaltakten gegen Ausländer.

Diese Haltung gegen Menschen aus anderen Kulturkreisen hat sich erst in den letzten beiden Jahrzehnten verstärkt. In den 60er Jahren wurden die Gastarbeiter freudig begrüßt. Ausländer wurden als Arbeitskräfte gebraucht. Als die Arbeitskraft der Ausländer jedoch nicht mehr gebraucht wurde, änderte sich das Verhältnis zwischen Deutsche und Ausländer schlagartig. Anzeichen für eine Verschlechterung des Verhältnisses von Deutschen und Ausländern zeigte sich darin, daß die Gewalt gegen Ausländer ihren Ausnahmecharakter verlor. Desweiteren erfolgte die Diskriminierung zum Teil öffentlich und umfaßte alle Lebensbereiche. Außerdem trat verstärkt eine organisierte Ausländerfeindlichkeit auf, die ihre Legitimität aus dem Willen der schweigenden Mehrheit ableitete.

2.2. Erklärungsversuche

2.2.1. Ethnozentrismus und die Bedeutung der Ausländerzahl

Ethnozentrismus ist ein soziologischer Begriff, der eine Einstellung oder Lehre bezeichnet, in der die eigene Gruppe, Gemeinschaft oder Rasse, als überlegen gewertet wird. Die eigene Sozialstruktur und Kultur wird als Maßstab an andere Gruppen angelegt und für allgemeingültig gehalten. Die Wertvorstellungen dienen somit als Bezugssystem für die Beurteilung von Fremdgruppen. Dadurch entstehen negative Vorurteile sowie eine Distanzierung und Ablehnung der anderen Gruppen. Das eigene Volk wird als Mittelpunkt gesehen.

Die steigende Ausländerzahl führt dazu, daß nicht mehr das eigene Volk im Mittelpunkt steht. Aufgrund der multikulturellen Begebenheiten sind andere Völker ebenfalls in den Mittelpunkt gerückt, d.h. man wird täglich mit ihnen konfrontiert. Es gibt Erklärungsversuche, daß Ausländerfeindlichkeit zunimmt, je mehr Ausländer in einem Land leben. Auch Politiker vertreten diese Auffassung. In der FAZ vom 28.10.1981 heißt es nach einer Hochrechnung der aktuellen Ausländerzahlen: „Mit einer derartigen Entwicklung könnte die Schwelle erreicht werden, ab der das Unbehagen beträchtlicher Teile der deutschen Bevölkerung in offene Abwehrhaltung umschlägt. Die Folgen wären soziale und politische Spannungen, die den gesellschaftlichen Frieden in der Bundesrepublik gefährden würden.“[1]

Der erste Ausländerbeauftragte Heinz Kühn äußerte sich im Interview, „wenn der Prozentsatz von Ausländern in einer Gemeinde 12 bis 15 % übersteigt, drohe das latente Unlustgefühl der Bevölkerung gegenüber Fremden in ein brisantes Feindschaftsgefühl umzustürzen.“[2] Es gibt keine wissenschaftliche Beweise für eine derartige Vermutung, auch wenn in rechtsradikalen Publikationen pseudowissenschaftliche Untersuchungen dies belegen wollen.

Wahrscheinlicher ist, daß mit der Zunahme der Ausländer in Deutschland auch die Konfrontation mit Ausländern zunimmt. Daß verstärkt die „Fremdheit“ gegenüber den Ausländern. Man wird öfter mit fremdartigen Sitten konfrontiert, da die Distanz zu den Ausländern durch die große Anzahl der Ausländer schwindet.[3]

2.2.2. Xenophobie

Es gibt auch biologische Erklärungsversuche, die Ausländerfeindlichkeit als eine „Reiz-Reaktion-Handlung“ zu verstehen. Das heißt, Menschen reagieren instinktiv auf verschiedene, andersartige Merkmale von Ausländern. „Xenophobie“ heißt also nichts anderes als die angeborene Bereitschaft, Fremden mit Ablehnung zu begegnen. Bei Kleinkindern ist eine Fremdenfurcht erkennbar. Außenseitern und Fremden wird zuerst Mißtrauen und Ablehnung entgegen gebracht. Erst wenn man sich mit jemanden vertraut gemacht hat, schwindet dieses Mißtrauen und wird abgebaut. Auch aus der Tierwelt kann man aus Beobachtungen schließen, daß „fremde“ Arten ausgegrenzt und mit aggressiven Verhalten begegnet wird. „Gruppenfremde“ werden nicht akzeptiert.

[...]


[1] Zitiert nach Georgios Tsiakalos, Ausländerfeindlichkeit : Tatsachen und Erklärungsversuche, München 1983, S. 27

[2] Zitiert nach Tsiakalos 1983, S. 28

[3] vgl. dagegen Barley, Grundzüge und Probleme der Soziologie, Neuwied und Berlin 1966. Barley meint, Fremdheit würde nicht immer Mißtrauen auslösen, sondern auch eine gewisse positive Anziehungskraft ausüben.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Zwischen Nationalität und Multikulturalität
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Sozialwissenschaftliches Institut)
Veranstaltung
Soziale Probleme
Note
1,3
Autor
Jahr
1998
Seiten
25
Katalognummer
V1457
ISBN (eBook)
9783638108980
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ursachen der Ausländerfeindlichkeit, Erklärungsversuche, die Rolle der Politik, Rechtsextremismus und Fremdenhaß, Möglichkeiten zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit, das Verhältnis zwischen Nationalität und Multikulturalität 203 KB
Schlagworte
Rechtsextremisus, Fremdenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Fremdenhaß, Kultur, Nationalismus, Identität
Arbeit zitieren
Mike Offermanns (Autor:in), 1998, Zwischen Nationalität und Multikulturalität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1457

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