Die direkte Demokratie in der Schweiz


Seminararbeit, 2009

17 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Die direkte Demokratie als demokratische Herrschaftsform

B. Die direkte Demokratie in der Schweiz
1. Bedeutung und Entwicklung der direkten Demokratie in der Schweiz
2. Die Instrumente der schweizerischen direkten Demokratie – Volksrechte auf Bundesebene
2.1 Volksinitiative
2.2 Fakultatives Referendum
2.3 Obligatorisches Referendum
2.4 Petition
3. Die Volksabstimmung
4. Die Volksrechte auf kantonaler Ebene
4.1 Initiativen
4.2 Referenden
4.3 Die Landsgemeinde

C. Nachwort

D. Literaturverzeichnis

A. Die direkte Demokratie als demokratische Herrschaftsform

Die direkte oder auch „plebiszitäre“ Demokratie, wie wir sie heute kennen, hat ihren Ursprung in der Versammlungsdemokratie, die bis auf die antike griechische Polis zurückgeht. Zwar waren damals noch keine Frauen stimmberechtigt, doch war die Idee der unmittelbar vom Volk zu treffenden Entscheidungen die gleiche. Diese werden hauptsächlich im Rahmen von Volksversammlungen und Volksabstimmungen getroffen. Oberste Gewalt des Staates ist in einer direkten Demokratie.

Das Gegenteil der direkten Demokratie ist die „Urnendemokratie“ oder auch indirekte oder repräsentative Demokratie, zu der die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik zählt. Die Bürger haben hierbei keinen unmittelbaren Einfluss auf die Geschehnisse im täglichen Politikgeschäft. Sie können dieses Privileg mittels regelmäßiger Wahlen lediglich an das Parlament übertragen. In diesem Fall trifft das Volk lediglich Personalentscheidungen, wohingegen bei der direkten Demokratie auch Sachentscheidungen auf der Agenda stehen. „Zusammenfassend lä[ss]t sich daher der Begriff „Direkte Demokratie“ umschreiben als Volkswillensbildung im Bereich von S a c h entscheidungen [Hervorh. i. Original] sowie von P e r s o n a l entscheidungen [Hervorh. i. Original] außerhalb der Parlamentswahlen.“[1] Zwar hat das Volk auch in indirekten Demokratien die Möglichkeit der Sachentscheide, doch sind diese etwa auf Verfassungsänderungen beschränkt. Im Verhältnis zum Parlament hat das Volk daher nur eine „Relevant-Kompetenz“ inne. Im Gegensatz zur direkten Demokratie, bei der man von einer „Universal-Kompetenz“ spricht.[2]

Aufgrund der geringen Vorkommen der direkten Demokratie ist die Schweiz mit großer Wahrscheinlichkeit der bekannteste Vertreter, wenngleich man korrekterweise von einer halbdirekten Demokratie sprechen muss, da Staatsorgane wie das Parlament und die Regierung dennoch existieren. Eine reine direkte Demokratie gibt es momentan in keinem Staat der Erde.

B. Die direkte Demokratie in der Schweiz

1. Bedeutung und Entwicklung der direkten Demokratie in der Schweiz

Die Schweiz ist eine föderale Republik mit einer direkten Demokratie, in der die oberste Gewalt des Staates das Volk ist. Das allgemeine Stimm- und Wahlrecht für Männer wurde auf eidgenössischer Ebene 1848 eingeführt, das Frauenstimm- und Wahlrecht erst im Jahre 1971. Seit dem Jahr 1991 gilt das Stimmrechtsalter 18, vorher musste man 20 Jahre alt sein, um sich an der Urne äußern zu dürfen.[3]

„Der Ursprung der schweizerischen direkten Demokratie liegt in der Institution der „Landsgemeinde“, deren Geschichte bis in das 13. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann.“[4] Allerdings dauerte es noch einige Jahrhunderte, bis direkt-demokratische Volksrechte auf gesamtschweizerischer Ebene verankert wurden. Doch der politische Impuls direkter Demokratie ging demnach nicht von einer Zentralstaatsgewalt aus, sondern entwickelte sich auf der Grundlage der Gemeindedemokratie.[5] Heute gibt es die Landsgemeinde nur noch in zwei Kantonen der Schweiz. Hierauf wird allerdings in einem eigenen Kapitel dieser Arbeit noch eingegangen werden.[6]

Eine wichtige Entwicklung in Richtung direkter Demokratie fand auf eidgenössischer Ebene gegen Ende des 19. Jahrhunderts statt. Die direkte Demokratie der Schweiz, wie sie heute besteht, basiert zu größten Teilen auf der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874. Zwar sah schon die Bundesverfassung vom 12. September 1848 als erste „Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ direkt-demokratische Elemente auf gesamtschweizerischer Ebene vor, doch waren diese noch nicht besonders umfangreich und beschränkten sich im wesentlichen auf die Verfassungsgebung.[7] Zum einen gab es die Möglichkeit der Total- oder Teilrevision der Bundesverfassung, für die es die einfache Mehrheit der insgesamt abgegebenen Stimmen und die einfache Mehrheit der Kantone benötigte. Zum anderen entstand die Verfassungsinitiative, die eines Begehren von 50.000 Stimmberechtigen bedurfte und auf Totalrevision beschränkt war. Die Initiative zu einer Partialrevision lag allein bei der Bundesversammlung[8].[9]

Die Ausweitung der Volksrechte von der Verfassungsebene auf die Gesetzesebene begann wiederum zunächst in den Kantonen. Nach und nach führten die Mehrzahl der Kantone das fakultative Gesetzesreferendum und etwas zögernder sogar einige die Gesetzesinitiative ein.[10] Erst aufgrund der Totalrevision der Bundesverfassung 1874 und mehrerer späterer Partialrevisionen wurden die Volksrechte auf eidgenössischer Ebene um zwei der wichtigsten Vertreter – das Referendumsrecht und das Initiativrecht – erweitert.[11] Was die einzelnen Elemente bedeuten und worin sie bestehen, wird im folgenden Kapitel erläutert.

2. Die Instrumente der schweizerischen direkten Demokratie – Volksrechte auf Bundesebene

2.1 Volksinitiative

„Das Initiativrecht stellt die Vermittlung direkter Impulse aus dem Volk im Rahmen des Willensbildungsprozesses dar, es ist artikulierte öffentliche Meinung.“[12] Die Volksinitiative wurde als eidgenössisches Volksrecht im Jahr 1891. Sie besagt, dass alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, Interessenverbände und Parteien eine Änderung oder Ergänzung der Verfassung beantragen können, indem sie innerhalb von 18 Monaten 100.000 Unterschriften sammeln. Sind die erforderlichen Stimmen eingeholt, werden alle Stimmberechtigten aufgerufen, in einer Volksabstimmung[13] über die Initiative abzustimmen.

Die Bundesverfassung unterscheidet zwei Arten von Volksinitiativen: „Art. 138. Volksinitiative auf Totalrevision der Bundesverfassung (1) 100 000 Stimmberechtigte können innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Initiative eine Totalrevision der Bundesverfassung vorschlagen. Art. 139. Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung (1) 100 000 Stimmberechtigte können eine Teilrevision der Bundesverfassung verlangen.“[14]

Bei einer Teilrevision spricht die Bundesverfassung dem Antragsteller zudem die Möglichkeit zu, den Inhalt der Initiativen fertig auszuformulieren oder einfach eine allgemeine Anregung einzureichen, die dann vom Parlament ausformuliert wird. Bevor eine eingereichte Volksinitiative zur Abstimmung kommt, darf sie von der Bundesversammlung als ungültig erklärt werden, falls sie die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende Bestimmungen des Völkerrechts verletzt. Wird die Initiative aber für gültig erklärt, doch die Bundesversammlung spricht sich dagegen aus, hat sie eine weitere Möglichkeit, Volk eventuell doch in seine Richtung zu ziehen: Sie kann der Initiative als Alternative einen Gegenentwurf gegenüber stellen, über den gleichzeitig abgestimmt wird.[15] Der Gegenentwurf ist immer in Form einer Kompromisslösung formuliert, um zwar die Gunst der Bürger zu gewinnen und dennoch die eigenen Vorstellungen in Abgrenzung zur Volksinitiative zu einem gewissen Teil durchzusetzen. Doch nicht immer realisiert die Bundesversammlung einen Gegenentwurf obwohl sie die Volksinitiative nicht gutheißt. Die Entscheidung der Bundesversammlung für oder gegen einen Gegenentwurf gleicht einem Pokerspiel: Erarbeitet sie einen Gegenentwurf, der im Falle einer Annahme nicht so schwer für sie wiegen würde wie die Forderung der Volksinitiative, aber dennoch nicht vollständig ihren Vorstellungen entspricht. Oder pokert sie auf eine Ablehnung der Volksinitiative nach dem Motto „alles oder nichts“.

„Die meisten Initiativen werden bei der Volksabstimmung zwar verworfen, nutzlos sind sie jedoch trotzdem nicht. Die Initiativen lösen oft intensive Diskussionen aus und führen nicht selten dazu, dass Anregungen, die in den Initiativen formuliert wurden, zu einem späteren Zeitpunkt in die entsprechenden Gesetze einfließen.“[16]

2.2 Fakultatives Referendum

„Den größeren Teil der Volksrechte umfassen die verschiedenen Arten des Referendums zur Kontrolle der parlamentarischen Tätigkeit; daher wird auch von der Schweiz als einer „Referendumsdemokratie“ gesprochen.“[17] Bei den Referenden unterscheidet man zwischen dem fakultativen und dem im folgenden Kapitel erläuterten obligatorischen Referendum. Im Gegensatz zum obligatorischen Referendum muss ein Beschluss des Parlaments, welcher einem fakultativen Referendum unterliegt, nicht zwingend dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Gemäß Art. 141 der Eidgenössischen Verfassung ergreift das Volk wie folgt ein fakultatives Referendum: „Verlangen es 50 000 Stimmberechtigte oder acht Kantone innerhalb von 100 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des Erlasses, so werden dem Volk zur Abstimmung vorgelegt: a. Bundesgesetze; b. dringlich erklärte Bundesgesetze, deren Geltungsdauer ein Jahr übersteigt; c. Bundesbeschlüsse, soweit Verfassung oder Gesetz dies vorsehen; d. völkerrechtliche Verträge, die: 1. unbefristet und unkündbar sind; 2. den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen; 3. eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeiführen.“[18] Die darauf folgende Volksabstimmung wird in Kapitel 3 dieser Arbeit behandelt.

„Das fakultative Referendum wird oft als Bremse der direkten Demokratie bezeichnet, da es die Umsetzung von Gesetzen oder Gesetzesänderungen, die bereits vom Parlament beschlossen worden sind, verhindern kann. Das fakultative Referendum fördert jedoch auch die Konkordanz: unter dem Druck des Referendums sind die Mitglieder des Parlaments bemüht, möglichst viele Interessengruppen in die Diskussionen über neue Gesetze oder Gesetzesänderungen einzubeziehen, damit ein mehrheitsfähiger Kompromiss gefunden werden kann.“[19]

[...]


[1] Hernekamp, Karl: Formen und Verfahren direkter Demokratie. Frankfurt am Main 1979, S. 19

[2] Vgl. Hernekamp, Karl: Formen und Verfahren direkter Demokratie. Frankfurt am Main 1979, S. 19

[3] Vgl. http://www.swissworld.org/dvd_rom/direct_democracy_2005/index.html

[4] Körkemeyer, Stephan: Direkte Demokratie und Europäische Integration. Vreden 1994, S. 14

[5] Vgl. Körkemeyer, Stephan: Direkte Demokratie und Europäische Integration. Vreden 1994, S. 14

[6] Siehe Kapitel 4.3

[7] Vgl. Hernekamp, Karl: Formen und Verfahren direkter Demokratie. Frankfurt am Main 1979, S. 48

[8] Die Bundesversammlung ist das schweizerische Bundesparlament. Es besteht aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem Ständerat. Der Nationalrat besteht aus den Abgeordneten des schweizerischen Volkes, der Ständerat – das föderale Bundesorgan – aus den Abgeordneten der Kantone.

[9] Vgl. Körkemeyer, Stephan: Direkte Demokratie und Europäische Integration. Vreden 1994, S. 15

[10] Vgl. Hernekamp, Karl: Formen und Verfahren direkter Demokratie. Frankfurt am Main 1979, S. 49f.

[11] Vgl. Körkemeyer, Stephan: Direkte Demokratie und Europäische Integration. Vreden 1994, S. 16

[12] Schumann, Klaus: Das Regierungssystem der Schweiz. Köln, Berlin, Bonn, München 1971, S. 45

[13] Die Volksabstimmung wird in Kapitel 3 der Arbeit behandelt.

[14] http://www.verfassungen.de/ch/verf99-i.htm

[15] Vgl. Art. 139 Abs. 2 ff.

[16] http://www.swissworld.org/dvd_rom/direct_democracy_2005/index.html

[17] Schumann, Klaus: Das Regierungssystem der Schweiz. Köln, Berlin, Bonn, München 1971, S. 45

[18] http://www.verfassungen.de/ch/verf99-i.htm

[19] http://www.swissworld.org/dvd_rom/direct_democracy_2005/index.html

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die direkte Demokratie in der Schweiz
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1,3
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V146705
ISBN (eBook)
9783640556335
ISBN (Buch)
9783640556564
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Note wurde für das gesamte Seminar vergeben (Anwesenheit, Referat, Seminararbeit). Eine gesonderte Note für die Seminararbeit liegt nicht vor.
Schlagworte
Demokratie, Schweiz
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Anonym, 2009, Die direkte Demokratie in der Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146705

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