Das Thema Rechtsextremismus löst eine Vielzahl von
unterschiedlichen Gefühlen bei dem jeweiligen Rezipienten aus. Eines
davon ist sicherlich die Ohnmacht dem wachsenden Ausmaß des
Rechtsextremismus in der Alltagswelt gegenüber. Immer wieder lassen
Zeitungsmeldungen, wie die folgende, den Leser aufhorchen:
„Mehr rechte Straftaten
Die Zahl rechtsextremer und antisemitischer Straftaten hat im zweiten
Quartal deutlich zugenommen. [...]“1
Wobei der alltagsweltliche Kontakt des `Normalbürgers´ zu `den
Rechtesextremen´ zumeist über die Berichterstattung der Medien
geschieht, schon da jugendliche Rechtsextreme in den letzten Jahren
immer wieder für Schlagzeilen sorgten. So spielt für mich und meine
Arbeit das Ausmaß des Rechtsextremismus eine entscheidende Rolle bei
der Bearbeitung, da es die Aktualität und den Bezug zur Gesellschaft
widerspiegelt. Um das Ausmaß des Rechtsextremismus zu beschreiben,
möchte ich mich an dieser Stelle zunächst an die
Verfassungsschutzberichte der letzten Jahre halten:
Gerade im vergangenen Jahr hat das Thema Rechtsextremismus
erheblich an Umfang und Prägnanz in den Verfassungsschutzberichten
gewonnen. Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2001 beginnt das
Kapitel zur Entwicklung des Rechtsextremismus mit folgenden Worten:
„Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten ist im monatlichen Vergleich
2001 rückläufig. Trotz Rückgangs des gesamten rechtsextremistischen
Personenpotentials war ein Anstieg im gewaltbereiten und neonazistischen Spektrum zu verzeichnen [...].“2 Dieses ist ein Trend, der sich beständig
seit den 90er Jahren fortsetzt (s.u.). Das neonazistische Personenpotential
steigt 2001 erstmals seit 1996 wieder an. Insgesamt zeigte die Neonazi-
Szene 2001 stärkere Präsenz durch den „Kampf um die Straße“. „Kampf
um die Straße“ ist NPD-Jargon und meint Demonstrationen.3 Der
Verfassungsschutzesbericht für das Jahr 1999 spricht von einer Zunahme
der von Rechtsextremisten verübten Gewalttaten um 5,4% im Vergleich zu
1998. Außerdem soll der „als gewaltbereit eingeschätzte `harte Kern´ der
Szene“ im gleichen Bezugsraum um ca. 10% zugenommen haben.4 [...]
1 HAZ vom 25.07.02, Seite 2
HAZ steht für Hannoversche Allgemeine Zeitung, im folgenden wird die
Abkürzung HAZ verwendet.
2 Verfassungsschutzbericht 2001, Seite 24
3 Vgl. Verfassungsschutzbericht 2001, Seite 24 f
4 Vgl. HAZ vom 05.04.00, Seite 2
Inhaltsverzeichnis
- Gliederung und Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- RELEVANZ DES THEMAS
- ZIEL DER ARBEIT
- DEFINITION UND KLÄRUNG ZENTRALER BEGRIFFE
- RECHTSEXTREMISMUS
- FASCHISMUS
- DER THEORETISCHE RAHMEN DER ARBEIT
- PIERRE BOURDIEU
- Der Habitus
- Die sozialen Klassen
- Der soziale Raum
- Der Raum der sozialen Positionen
- Der Raum der Lebensstile
- Die Homologie der Räume
- Das soziale Feld
- Die Kapitalarten
- Das ökonomische Kapital
- Das kulturelle Kapital
- Das soziale Kapital
- Das symbolische Kapital
- DIE SOZIALEN MILIEUS
- Milieu, ein Begriff mit Tradition
- Der Milieuforschungsansatz von Vester u.a.
- DER STAND IN DER RECHTSEXTREMISMUSFORSCHUNG
- DARSTELLUNG DER VERSCHIEDENEN FORSCHUNGSRICHTUNGEN
- Sozialisationsbezogene Erklärungsansätze
- Modernisierungstheoretische Erklärungsansätze
- Geschlechtsbezogene Erklärungsansätze
- Konflikttheoretische Erklärungsansätze
- Entwicklungsdynamische Erklärungsansätze
- ZUSAMMENFASSUNG DER FORSCHUNGSRICHTUNGEN
- Wie werden die Jugendlichen verortet, bzw. beschrieben?
- Was wird für die rechtsextreme Karriere als förderlich dargestellt?
- HYPOTHESEN
- METHODE DER ERHEBUNG UND DER AUSWERTUNG
- DAS NARRATIVE LEBENSGESCHICHTLICHE INTERVIEW
- DIE 'HABITUSHERMENEUTISCHE' INTERPRETATION
- DIE ERHEBUNG
- DER INTERVIEWLEITFADEN
- SCOUTING/INTERVIEW-SITUATIONSBESCHREIBUNG
- Situationsbeschreibung der Scouting-Phase'
- Situation während des Interviews mit 'Pascal'
- Situation während des Interviews mit 'Timm'
- DIE AUSWERTUNG DER INTERVIEWS
- DARSTELLEN DER INTERVIEWS
- Das Interview mit 'Pascal'
- Herkunftsfamilie
- Kindheit und schulische Laufbahn
- Ausbildung und Beruf
- Partnerschaft
- Freizeit und Lebensstil
- Politikverständnis
- Zukunftspläne
- Das Interview mit 'Timm'
- Herkunftsfamilie
- Kindheit und schulische Laufbahn
- Ausbildung und Beruf
- Partnerschaft
- Freizeit und Lebensstil
- Politikverständnis
- Zukunftspläne
- AUSWERTEN/NACHZEICHEN DER ENTSCHEIDENDEN ELEMENTE DER RECHTSEXTREMEN KARRIEREN
- Stationen der rechtsextremen Karriere bei Pascal'
- Stationen der rechtsextremen Karriere bei `Timm'.
- HABITUSBESCHREIBUNG
- Habitusbeschreibung von 'Pascal'
- Habitusbeschreibung von `Timm´
- MILIEUZUGEHÖRIGKEIT
- Milieuzugehörigkeit von 'Pascal'
- Milieuzugehörigkeit von `Timm'.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema Rechtsextremismus und untersucht, wie junge Männer durch gemeinschaftlichen Tabubruch und Provokation Anerkennung gewinnen können. Die Arbeit analysiert den Habitus zweier rechtsextremer junger Männer und versucht, ihre Biografien zu verstehen.
- Der Habitus rechtsextremer junger Männer
- Die Rolle von Tabubruch und Provokation im Rechtsextremismus
- Soziale und biografische Faktoren, die zur rechtsextremen Orientierung beitragen
- Die Suche nach Anerkennung und Zugehörigkeit in rechtsextremen Milieus
- Die Bedeutung von Pierre Bourdieus Theorie des Habitus für die Analyse von Rechtsextremismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Relevanz des Themas Rechtsextremismus wird im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen und medialer Berichterstattung beleuchtet. Das Ziel der Arbeit wird definiert, das darin besteht, den Habitus zweier rechtsextremer junger Männer zu analysieren.
- Definition und Klärung zentraler Begriffe: Die Begriffe Rechtsextremismus und Faschismus werden definiert und abgegrenzt. Dabei werden die zentralen Merkmale und Strömungen des Rechtsextremismus beleuchtet.
- Der theoretische Rahmen der Arbeit: Die Arbeit stützt sich auf Pierre Bourdieus Theorie des Habitus. Der Habitus wird als ein System von Dispositionen verstanden, das durch soziale Prägung und Erfahrung geformt wird. Die verschiedenen Kapitalarten (ökonomisches, kulturelles, soziales und symbolisches Kapital) werden im Zusammenhang mit der Entwicklung des Habitus erläutert.
- Der Stand in der Rechtsextremismusforschung: Die Arbeit stellt verschiedene Forschungsrichtungen des Rechtsextremismus vor. Es werden sozialisationsbezogene, modernisierungstheoretische, geschlechtsbezogene, konflikttheoretische und entwicklungsdynamische Erklärungsansätze dargestellt. Die verschiedenen Perspektiven auf Rechtsextremismus und ihre Schwerpunkte werden zusammengefasst.
- Hypothesen: Die Arbeit formuliert Hypothesen über die Rolle des Habitus und den Einfluss von sozialen und biografischen Faktoren auf die Entwicklung rechtsextremer Orientierungen.
- Methode der Erhebung und der Auswertung: Die Arbeit verwendet das narrative Lebensgeschichtliche Interview als Methode zur Datenerhebung. Es werden die Besonderheiten des Interviewleitfadens und der Interviewsituationen beschrieben.
- Die Auswertung der Interviews: Die Interviews mit den beiden Probanden werden in Detail dargestellt, wobei die einzelnen Lebensbereiche wie Herkunftsfamilie, Kindheit, Ausbildung, Partnerschaft, Freizeit und Politikverständnis beleuchtet werden. Die Stationen der rechtsextremen Karriere beider Probanden werden nachgezeichnet.
- Habitusbeschreibung: Die Arbeit beschreibt den Habitus der beiden Probanden, indem die charakteristischen Dispositionen, Praktiken und Wertvorstellungen analysiert werden.
- Milieuzugehörigkeit: Die Arbeit untersucht die Milieuzugehörigkeit der beiden Probanden und analysiert die sozialen und kulturellen Einflüsse, die ihre rechtsextreme Orientierung geprägt haben.
Schlüsselwörter
Rechtsextremismus, Habitus, Pierre Bourdieu, soziale Klassen, soziale Milieus, Tabubruch, Provokation, Anerkennung, Biographie, Lebensgeschichte, Interviewmethode, Jugendliche, Rechtsextreme Karriere, Gewalt, Identität.
- Quote paper
- Christoph Hagen (Author), 2002, Gemeinschaftlicher Tabubruch und Provokation, als Mittel um Anerkennung zu gewinnen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14836