Sprachengesetzgebung in Katalonien seit 1983

Von der LNL (1983) zur LPL (1998): Grundlagen, Inhalt und Umsetzung der Sprachgesetze


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Der Sprachkonflikt in Katalonien
I.1 Das Autonomiestatut und dessen Bedeutung für die Sprachengesetzgebung Kataloniens

II. Das erste Sprachgesetz: Die LNL vom 06.04.1983
II.1 Das Gesetz
II.1.1 Katalanisch in der Verwaltung
II.1.2 Stärkung des Katalanischen als Landessprache
II.1.3 Das Katalanische im Bildungssystem
II.2 Exemplarische Darstellung der LNL-Umsetzung: Chancen und Schwierigkeiten im Bildungswesen
II.3 Auswirkungen des Gesetzes auf Kenntnis- und Gebrauchsstand der Sprache

III. Das zweite Sprachgesetz: Die LPL vom 07.01.1998
III.1 Reformbedarf? Beibehaltung der LNL oder Monolinguismus? Die Sprachdebatte
III.2 Voraussetzungen, Bedingungen und Ziele des Gesetzes
III.3 Das Gesetz

Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

Einleitung

Ein Sprachkonflikt liegt dann vor, wenn zwei deutlich voneinander verschiedene Sprachen sich gegenüberstehen, wobei die eine politisch dominiert (im staatlichen und öffentlichen Gebrauch) und die andere politisch unterworfen ist. Die Formen der Dominanz sind vielfältig und gehen von den eindeutig repressiven (wie sie der Spanische Staat unter dem Franquismus verwendete) bis hin zu den politisch toleranten, deren repressive Kraft vor allem ideologischer Natur ist […]. (Definition des Congrés de Cultura Catalana; vgl. Kremnitz 1990: 33).

Das zeitliche und geografische Nebeneinander von Kastilisch und Katalanisch stellt die Region Katalonien vor diese Problematik eines Sprachkonflikts. Während in der Franco-Diktatur die Regionalsprache Katalanisch systematisch unterdrückt und geschwächt wurde, liegt der Fokus seit dem ersten Autonomiestatut von 1979 auf einer erneuten Regulierung des Sprachgebrauchs in Katalonien, einer Sprachpolitik zugunsten des Katalanischen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Etablierung der Sprache, der sogenannten Sprachnormalisierung. Dies stellte die politischen Kräfte vor eine große Herausforderung, denn außer der geschwächten Stellung und dem niedrigen Anerkennungswert der Sprache in der Bevölkerung aufgrund der nahen Geschichte, musste sie sich immer wieder mit stark divergierenden Forderungen gesellschaftlicher Gruppierungen auseinandersetzen, die von Monolinguismus bis zu einer llei de catalá reichten. Auf welchem Weg die Etablierung des Katalanischen erreicht werden sollte, was die Rahmenbedingungen für erfolgversprechende gesetzliche Maßnahmen waren, wie diese aussahen und in welchen Bereichen sie wie umgesetzt wurden, möchte diese Arbeit darstellen. Ein vollständiges Bild aufzuzeigen ist anhand der Komplexität der Thematik jedoch nicht möglich - es werden die wichtigsten Eckpunkte der Sprachgesetze dargestellt.

Zunächst soll der Sprachkonflikt Katalanisch versus Kastilisch, genauer der Autonomiestatus Kataloniens und der damit verknüpfte Status der Kooffizialität der beiden Sprachen als Grundlage der Sprachpolitik in Katalonien dargestellt werden. Nur auf dieser Grundlage können die Sprachgesetze später zum Tragen kommen. Im Folgenden wird dezidiert auf die beiden Sprachgesetze Kataloniens, die Llei de Normalització Lingüística a Catalunya (LNL) von 1983 und die Llei de Política Lingüística (LPL) von 1998 eingegangen und deren Inhalte in den bedeutendsten Bereichen vorgestellt. Im Bezug auf die LNL wird ein Blick auf die Umsetzung im Bildungswesen geworfen. Hinsichtlich der LPL wird die Sprachendebatte erwähnt um einen kurzen Einblick in die oftmals problematische Situation der Gesetzgebung zu geben. Diese muss eine Gratwanderung zwischen Sprachpolitik auf der einen Seite und dem Berücksichtigen der gesellschaftlichen Forderungen auf der anderen leisten, da die Gesellschaft von dieser Politik in besonderem Maße, gerade im alltäglichen und zugleich intimen Bereich der Sprache, betroffen ist.

I. Der Sprachkonflikt in Katalonien

I.1 Das Autonomiestatut und dessen Bedeutung für die Sprachengesetzgebung Kataloniens

Autonomie bedeutet die Befähigung der Region eigene Normen zu erlassen, die sich jedoch in die staatliche Rechtsordnung einzufügen haben (vgl. Torres de Moral 1986 zitiert in Gergen 2000: 24). Das Autonomiestatut von 1979 ist anzusehen als die Grundgesetzgebung Kataloniens und betont, dass es sich in gewissen Bereichen selbstverwaltet, die spanische Verfassung und den spanischen Statt jedoch als institutionelle Basis anerkennt. Es regelt die Kompetenzen der Regionalorgane und enthält unter anderem die Festlegung der Sprachregelungen, nämlich die der Region eigenen Amts- und Landessprachen:

Artículo 3.

1. La lengua propia de Cataluña es el catalán.
2. El idioma catalán es el oficial de Cataluña, así como también lo es el castellano, oficial en todo el Estado español.
3. La Generalidad garantizará el uso normal y oficial de los dos idiomas, adoptará las medidas necesarias para asegurar su conocimiento y creará las condiciones que permitan alcanzar su plena igualdad en lo que se refiere a los derechos y deberes de los ciudadanos de Cataluña.
4. El habla aranesa será objeto de enseñanza y de especial respeto y protección.

Es sei an dieser Stelle betont, dass das Autonomiestatut von 1979 im Jahr 2006 überarbeitet und neu verabschiedet wurde, was zu einer Stärkung der Selbstverwaltung Kataloniens führte. In diesem neuen Autonomiestatut wird an späterer Stelle weitaus ausführlicher auf die Sprachenregelung eingegangen, was als Verdienst und Erfolg des in dieser Arbeit beschriebenen Prozesses der Sprachpolitik ist. Deshalb werden die Gesetze hier zunächst auf Grundlage des Statuts von 1979 betrachtet, da sie auf dessen Basis diskutiert und verabschiedet wurden; die katalanischen Sprachgesetze LNL und LPL müssen mit diesen grundlegenden Bestimmungen des Autonomiestatuts konform sein: Artikel 3 bestimmt das Katalanische als Landes- und, neben dem Kastilischen, ebenso als Amtssprache. Dieser Zustand wird als Kooffizialität bezeichnet (vgl. Gergen 2000: 26), da beide Sprachen in der Kommunikation mit staatlichen Behörden und Institutionen benutzt werden können. Dass diese Kooffizialität jedoch nur in der Region selbst gilt, das Kastilische ansonsten aber eine weitaus höhere Stellung im Gesamtstaat

- da überall offiziell - genießt, betont Gergen (vgl. Gergen 2000: 26) und betont diese “asymmentrische Kooffizialität”. Laut des Statuts soll ausserdem die Normalisierung, das heisst der selbstverständliche Gebrauch der beiden Sprachen gefördert und gefordert, die Kenntnis der Sprachen gesichert und die Bedingungen für gleiche Behandlung und Rechte der Sprecher beider Sprachen garantiert werden. De facto muss also eine Sprachpolitik zugunsten des Katalanischen betrieben werden, da dieses nach dem Franco-Regime in allen Punkten unter weitaus schlechteren Bedingungen steht als das Kastilische.

II. Das erste Sprachgesetz: Die LNL vom 6.4.1983

II.1 Das Gesetz

Mit der Verabschiedung des Autonomiestatuts war die Richtung der Sprachpolitik vorgegeben. Die Generalitat (Regierung von Katalonien) musste nun die geeigneten Maßnahmen ergreifen um das Katalanische in den normalen, alltäglichen Gebrauch zu erheben, um die Kenntnis der Sprache zu sichern und deren Anwendung effizient zu fördern. Mit der Direcció General de Política Lingüística wurde die zuständige Behörde für Sprachpolitik und die Gesetzgebung geschaffen, in der Folgezeit immer wieder vergrößert und durch andere Institutionen ergänzt. Das erste Sprachgesetz wurde im April 1983 von den Befürwortern der steigenden Autonomie und Wahrung des Katalanismus im katalanischen Parlament verabschiedet, die Sitzverteilung im Parlament war günstig: Die Convergència i Unió (CiU) stellte, wie auch 1997 bei der Verabschiedung des zweiten Sprachgesetzes, mehr als die Hälfte der Abgeordneten (vgl. Gergen 2000: 29).

II.1.1 Katalanisch in der Verwaltung

Einer der zentralen Bereiche, für die das Gesetz Maßnahmen vorsah, war der Verwaltungssektor. Die üblicherweise zu gebrauchende Sprache im Verwaltungsbereich, nämlich von nun an das Katalanische, wurde vom Gesetz vorgeschrieben. Trotzdem hat jeder Bürger das Recht auf Kommunikation mit den Behörden auf Kastilisch, was die Kenntnis beider Sprachen der Beschäftigten voraussetzt (vgl. LNL, Artikel 13). Katalanischkenntnisse sind somit Vorraussetzung für eine Verwaltungstätigkeit und können geprüft werden. Schulungen für die Anwendung der Sprache auf Informationstechnik und Computersoftware, sowie deren Bereitstellung und Weiterentwicklung stellten in diesem Kontext weitere Herausforderungen dar, mit denen sich Termcat, das Centre de Terminologia, beschäftigt. Termcat wurde im Jahr 1995 gegründet und beschäft sich seitdem mit der normalització terminològica, unter anderem mit Korpusplanung in den oben genannten Bereichen der neuen Medien und weiteren Fachsprachen ( vgl. auch www.termcat.cat).

II.1.2 Stärkung des Katalanischen als Landessprache

[…]la Generalitat podrà subvencionar les publicacions periòdiques redactades totalmente o parcialmente en català[…] (LNL, Artikel 22).

Das Stärken und Etablieren des Katalanischen als Landessprache im alltäglichen Bereich und sozialen Umgang der Bevölkerung, damit einhergehend in Massenmedien und im kulturellen Bereich, stellt einen weiteren zentralen Bereich des Gesetzes dar. Das Gesetz bestimmt das Katalanische als die üblicherweise zu gebrauchende Sprache in Radio, Fernsehen und weiteren sozialen Kommunikationsmedien der Generalitat und das gleichzeitige Fördern der Normalisierung des Katalanischen in staatlichen und privaten Rundfunkanstalten. Es wird das Recht der Bevölkerung festgelegt, auf der Landessprache und auf Kastilisch informiert zu werden, wobei die Sprachen gleichen Stellenwert genießen. Darüber hinaus sollen im Bereich der Massenmedien vermehrt Kinofilme auf Katalanisch synchronisiert oder untertitelt werden und die Sprache in Theater und im Verlagswesen, das heisst besonders hinsichtlich Buchveröffentlichungen, gefördert und berücksichtigt werden.

II.1.3 Das Katalanische im Bildungssystem

Ein wichtiger Aspekt der LNL ist das Festlegen des Katalanischen als Unterrichts- bzw. als unterrichtete Sprache im Artikel 14. Somit wird nicht nur das Ziel der Normalisierung und der Statusetablierung gesichert, sondern auch der Kenntnisstand der Sprache garantiert und ausgebaut, was gewissermaßen die Grundlage für alle weiteren Bemühungen legt. Deshalb soll auf diesen Aspekt der Umsetzung und deren Problematik im nächsten Kapitel nocheinmal ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Das Gesetz legt Katalanisch als die dem Bildungssektor eigene Sprache fest. Es räumt jedoch ein, dass jedes Kind seine Grundschulbildung in der von ihm im normalen Gebrauch gesprochenen Sprache erhalten kann. Grundsätzlich muss jedes Kind nach dem Ende der (Pflicht-) Schulzeit beide Sprachen normal gebrauchen können, was das Entwickeln von didaktischen Programmen und Materialien für das Unterrichten der katalanischen und in katalanischer Sprache erforderlich macht. Für die Universitäten gibt es keine Sprachvorgabe aufgrund der Lehrfreiheit, allerdings müssen sie nach Artikel 16 der LNL Kurse anbieten, die das Verständnis des Katalanischen von Studenten und Lehrkräften sichern.

II.2 Exemplarische Darstellung der LNL-Umsetzung: Chancen und Schwierigkeiten im Bildungswesen

Um die normalització des Katalanischen zum Erfolg zu führen, den gewöhnlichen Gebrauch der Sprache in alltäglichen Situationen zu sichern, ist die Umsetzung der Gesetzgebung im Bildungswesen ein Schlüsselbereich: Die öffentliche und alltägliche Präsenz wird in erheblichem Maß gesteigert, gleichzeitig die Kenntnis und der korrekte Gebrauch der Sprache gesichert, eine positive Haltung gegenüber der Sprache vermittelt, und mit der einhergehenden Beschäftigung mit katalanischer Kultur und Geschichte die katalanische Identität ins Bewusstsein gerückt.

Die Einführung des Katalanischen als Schulfach kann nur der erste Schritt in diese Richtung sein, denn Webber/Strubell i Trueta (1991) verweisen auf Studien, die die Bedeutung und den Einfluss des Unterrichtens auf Katalanisch auf die Sprachkompetenz betonen:

[...] that pupils where at least a part of the curriculum was tought through Catalan had higher levels of oral expression than those who had only studied Catalan as a subject for four years. This supports that the recovery of Catalan in a school environment will largely depend on the use of Catalan as a medium of instruction. (Webber/Strubell i Trueta 1991: 30).

Diese Form der Integration des Katalanischen in den Bildungsplan konnte jedoch anfänglich nur schleppend verlaufen. Die Schulen sahen sich vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt: fehlende Schulbücher auf Katalanisch, unzureichendes didaktisches Material, wenige ausgefeilte Methoden und als Hauptproblem viele Lehrer, die dem Katalanischen gar nicht oder nicht in dem Maß mächtig waren um ihren Unterricht in dieser Sprache zu halten. Ab 1983 lag das legale Minnimum des katalanischsprachigen Unterrichts in weiterführenden Schulen bei mindestens zwei Fächern. Doch zwischen diesem Minnimum und dem Optimum des vollständigen Unterrichtens auf Katalanisch bestand eine erhebliche Diskrepanz, mitunter von Schule zu Schule. Diese Probleme wurden früh gesehen und entsprechende Maßnahmen getroffen:

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Sprachengesetzgebung in Katalonien seit 1983
Untertitel
Von der LNL (1983) zur LPL (1998): Grundlagen, Inhalt und Umsetzung der Sprachgesetze
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V148724
ISBN (eBook)
9783640589548
ISBN (Buch)
9783640589722
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachengesetzgebung, Katalonien, Grundlagen, Inhalt, Umsetzung, Sprachgesetze
Arbeit zitieren
Sarah Pfeffer (Autor:in), 2007, Sprachengesetzgebung in Katalonien seit 1983, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148724

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