Im Rahmen dieser Arbeit soll Lessings Mitleidsdramaturgie dargestellt und deren Umsetzung in seinem bürgerlichen Trauerspiel Emilia Galotti anhand der Titelheldin Emilia Galotti untersucht werden. Die Erläuterung der Mitleidsdramaturgie, die Lessing in seiner Hamburgischen Dramaturgie und im Briefwechsel über das Trauerspiel dargelegt hat, erfolgt auf der Grundlage ihrer
wichtigsten Intertexte: Jean-Jacques Rousseaus Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen und die Poetik von Aristoteles. Im ersten Teil der Arbeit werden diese Theorien dargestellt und der jeweilige Bezug zu Lessing aufgezeigt, um herauszufinden, warum Lessing einzig das Mitleid zum zentralen tragischen Affekt erklärt. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche besondere Eigenschaft und Wirkung Lessing dem Mitleidsaffekt zuschreibt und wie eine Tragödie beschaffen sein muss, damit sie
Mitleid erregt und eine sittliche Besserung des Zuschauers erzielt werden kann.
Im Anschluss an den theoretischen Teil soll untersucht werden, inwiefern Lessing in seinem Werk Emilia Galotti am Beispiel der Emilia-Figur die zuvor erläuterten Kriterien seiner Mitleidsdramaturgie erfüllt. Der Fokus liegt hierbei auf der Forderung Lessings nach einem mittleren Helden, der durch ein Fehlverhalten die Katastrophe auslöst.
Zunächst wird die Figur Emilia Galotti kurz charakterisiert unter der Fragestellung, ob sie als eine mittlere Heldin bezeichnet werden kann. Im Rahmen dessen soll auch ein kurzer Blick auf die sich um Emilia herum befindenden Personen, insbesondere auf die Vaterfigur
Odoardo geworfen werden, da deren Ideale Emilia entscheidend geprägt haben.
Daran anschließend soll untersucht werden, ob Emilia ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist und damit die Forderung Lessings nach einem Fehler des Helden („Hamartia“) als erfüllt angesehen werden kann. Lässt sich objektiv eine Schuld Emilias feststellen? Erklärt sich Emilia selbst für schuldig?
Schließlich erfolgt die Auseinandersetzung mit der Bedeutung ihres Freitods und der Frage dessen Begründung. Am Ende der Analyse steht die Beantwortung der Frage, inwieweit Lessing seine in der Hamburgischen Dramaturgie aufgestellten Bedingungen am Beispiel der
Figur Emilia erfüllt und ob in dieser Hinsicht Emilia Galotti ein Werk ist, welches Mitleid erregt und den Menschen sittlich bessert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rousseaus Anthropologie als Grundlage für Lessings Mitleidsbegriff
- Rousseaus Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen
- Der Mensch im Naturzustand
- Der Mensch im Gesellschaftszustand
- Rousseaus Kritik am Theater
- Lessings Mitleidsethik im Briefwechsel über das Trauerspiel
- Die Affektlehre der Aufklärung
- Bewunderung und Schrecken als Stützen des Mitleidsaffekts
- Das Mitleid als zentrale Wirkung der Tragödie
- Die aristotelische Tragödienkonzeption als Ausgangspunkt der Tragödientheorie Lessings
- Die Poetik von Aristoteles
- Der Tragödiensatz
- Der wirkungsästhetische Ansatz bei Aristoteles
- Zentrale Elemente der Tragödie
- Der „Mythos“ der Tragödie
- Der mittlere Held und die „Hamartia“
- Auf den Spuren von Aristoteles: Die Mitleidsdramaturgie von Lessing
- Lessings Hamburgische Dramaturgie
- Die Übersetzung der Wirkungsbegriffe „Eleos“ und „Phobos“
- Mitleid als Affekt und die zentrale Bedeutung der Furcht
- Konstruktionsmerkmale der Tragödie nach Lessing
- Der gemischte Charakter des Helden und sein Fehler
- Die tragische Handlung
- Die kathartische Reinigung
- Die Umsetzung von Mitleidsdramaturgie am Beispiel der Figur Emilia Galotti
- Emilia Galotti – eine mittlere Heldin?
- Emilias Schuld - die Suche nach Emilias Fehler
- Emilias Tod
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Mitleidsdramaturgie von Gotthold Ephraim Lessing und deren Umsetzung in seinem bürgerlichen Trauerspiel Emilia Galotti. Die Arbeit analysiert Lessings Mitleidsbegriff im Kontext der Aufklärungsphilosophie und der aristotelischen Tragödientheorie. Sie beleuchtet die Rolle des Mitleids als zentralen Affekts in der Tragödie und untersucht, wie Lessing die Kriterien seiner Mitleidsdramaturgie in der Figur der Emilia Galotti umsetzt.
- Die Entwicklung des Mitleidsbegriffs in der Aufklärung
- Die Rolle des Mitleids in Lessings Tragödientheorie
- Die Umsetzung der Mitleidsdramaturgie in Emilia Galotti
- Die Figur der Emilia Galotti als mittlere Heldin
- Die Bedeutung des Fehlverhaltens und des Todes der Emilia Galotti
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Mitleidsdramaturgie bei Lessing ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor: Inwiefern erfüllt Lessing seine in der Hamburgischen Dramaturgie aufgestellten Bedingungen am Beispiel der Figur Emilia und ob in dieser Hinsicht Emilia Galotti ein Werk ist, welches Mitleid erregt und den Menschen sittlich bessert.
Das zweite Kapitel beleuchtet Rousseaus Anthropologie als Grundlage für Lessings Mitleidsbegriff. Es analysiert Rousseaus Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen und zeigt auf, wie Rousseaus Gedanken über den Naturzustand und die Entwicklung des Menschen zur Gesellschaft die Grundlage für Lessings Mitleidsdramaturgie bilden.
Das dritte Kapitel untersucht Lessings Mitleidsethik im Briefwechsel über das Trauerspiel. Es analysiert die Affektlehre der Aufklärung und zeigt auf, wie Bewunderung und Schrecken als Stützen des Mitleidsaffekts dienen. Das Kapitel beleuchtet auch die zentrale Bedeutung des Mitleids als Wirkung der Tragödie.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der aristotelischen Tragödienkonzeption als Ausgangspunkt der Tragödientheorie Lessings. Es analysiert die Poetik von Aristoteles und zeigt auf, wie Aristoteles den Tragödiensatz und den wirkungsästhetischen Ansatz der Tragödie definiert. Das Kapitel beleuchtet auch die zentralen Elemente der Tragödie, wie den „Mythos“ und die „Hamartia“ des Helden.
Das fünfte Kapitel untersucht Lessings Mitleidsdramaturgie in seiner Hamburgischen Dramaturgie. Es analysiert die Übersetzung der Wirkungsbegriffe „Eleos“ und „Phobos“ und zeigt auf, wie Lessing das Mitleid als zentralen Affekt der Tragödie definiert. Das Kapitel beleuchtet auch die Konstruktionsmerkmale der Tragödie nach Lessing, wie den gemischten Charakter des Helden, die tragische Handlung und die kathartische Reinigung.
Das sechste Kapitel analysiert die Umsetzung der Mitleidsdramaturgie am Beispiel der Figur Emilia Galotti. Es untersucht, ob Emilia Galotti als eine mittlere Heldin bezeichnet werden kann und ob ihr ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Das Kapitel beleuchtet auch die Bedeutung des Freitods der Emilia Galotti.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Mitleidsdramaturgie, die Tragödientheorie, die Aufklärungsphilosophie, Jean-Jacques Rousseau, Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti, der mittlere Held, die „Hamartia“, der Naturzustand, die Gesellschaft, das Mitleid, die Bewunderung, der Schrecken, die kathartische Reinigung.
- Quote paper
- Simone von Oppeln (Author), 2007, Lessings Dramaturgie des Mitleids - Eine exemplarische Untersuchung zur Figur Emilia Galotti, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149349