Armutsfalle Alleinerziehend?

Untersuchung des Altersarmutsrisikos alleinerziehender Frauen in Deutschland


Fachbuch, 2010

119 Seiten


Leseprobe


Einleitung

I Ehe und Familie im Wandel

II Einelternfamilien in Deutschland
Im Spiegel der Statistik Definition
Alter und Haushaltsgröße
Familienstand
Bildung
Verweildauer im Status „allein erziehend"
Erwerbsleben von Einelternfamilien Chancen und Teilhabe Arbeitslosigkeit
Familienpolitische Konzepte zur Förderung der Erwerbsarbeit
Einkommens- und Lebenssituation Staatliche Leistungen und Transfers Haushaltseinkommen Kinder in Einelternfamilien Wohnsituation Gesundheitliche Risiken Soziale Netze und Hilfsangebote

III Finanzielle Situation von Frauen im Alter - staatliche Unterstützung und private Vorsorge
Die gesetzliche Rente
Aufbau und Finanzierung Probleme der Rentenversicherung
Altersvorsorge von Frauen
Förderung der eigenständigen Absicherung
Höhe und Entwicklung der Zahlbeträge der gesetzlichen Rente
Hinzuverdienst
Rente wegen Arbeitslosigkeit und Altersteilzeit Rente wegen Erwerbsminderung Bedarfsorientierte Grundsicherung Beamtenversorgung Privat- und Betriebsvorsorge
Haushaltseinkommen von Frauen im Alter
Aktuelle wirtschaftliche Lage der Rentnerinnen Projizierte Netto-Alteseinkommen Vererbung und Vermögen

IV Armut in Deutschland

Definitionen und Dimensionen Wissenschaftliche Ansätze und Konzepte Armuts- und Reichtumsbericht Deutschland im europäischen Vergleich

Indikatoren der Altersarmut

Risiko von Alleinerziehenden

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glossar

Altersteilzeit:

Mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Altersteilzeitgesetz) wurde mit Wirkung zum 1. August 1996 für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rahmenbedingungen für Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit geschaffen. Das Altersteilzeitgesetz bietet älteren Arbeitnehmern die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit nach Vollendung des 55. Lebensjahres auf die Hälfte zu vermindern und eröffnet jüngeren Arbeitslosen oder Auszubildenden eine (zusätzliche)

Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt. Die Altersteilzeitvereinbarung muss immer mindestens bis zum Rentenalter reichen. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Altersteilzeitarbeit von der Bundesagentur für Arbeit gefördert (BMAS, 2007, S. 1)

Anrechnungszeiten:

Anrechnungszeiten sind so genannte beitragsfreie Zeiten, in denen der Versicherte hauptsächlich aus persönlichen schutzwürdigen Gründen keine Beiträge gezahlt hat. Insbesondere sind dies Zeiten, in denen eine versicherte Berufstätigkeit wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft, Krankheit/Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder Ausbildung unterbrochen worden ist bzw. unterbleibt (Schuster, Anhang, S. 13).

Äquivalenzprinzip:

Das Äquivalenzprinzip stellt Leistung und Gegenleistung in einen direkten Bezug. Die Leistungen richten sich nach der Höhe der eingezahlten Beiträge. Die Beiträge hängen von der Höhe des Erwerbseinkommens ab. Dabei spiegeln sich die ungleichen Positionen auf dem Arbeitsmarkt im sozialen System wider (Schuster, Anhang, S.13).

Äquivalenzeinkommen:

Hierbei handelt es sich um äquivalenzgewichtete Personennettoeinkommen. Auf Empfehlung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird zwischen zwei unterschiedlichen Skalen von Gewichtungsfaktoren unterschieden. Bei der ursprünglichen (alten) OECD-Skala erhält der Haupteinkommensbezieher des Haushalts den Gewichtungsfaktor 1,0, alle übrigen Haushaltsmitglieder über 14 Jahren den Gewichtungsfaktor 0,7 und Personen unter 14 Jahren den Gewichtungsfaktor 0,5. Die entsprechenden Faktoren der modifizierten (neuen) OECD-Skala sind 1,0/0,5/0,3. Sie ist die für die Äquivalenzgewichtungen derzeit am meisten verwendete Skala (Deutscher Bundestag, 2008, S. 170).

Beitragsfreie / Beitragsgeminderte Zeiten:

Beitragsfreie Zeiten, sind Zeiten in denen keine Beiträge entrichtet worden sind, die aber den Rentenanspruch dennoch erhöhen, da sie beispielsweise mit einer Anrechnungszeit Ersatzzeit oder Zurechnungszeit belegt sind. Beitragsgeminderte Zeiten ergeben sich aus Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten. Es sind die Kalendermonate, die anteilig mit beiden Zeiten belegt sind (Schuster, Anhang, S 14).

Direktversicherung:

Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber eine Lebens- oder Rentenversicherung zugunsten seiner Beschäftigten ab. Die Beiträge zahlt der Arbeitgeber ein. Der Beschäftigte kann sich durch Entgeltumwandlung zusätzlich beteiligen (Schuster, Anhang, S. 15).

Direktzusage:

Mit einer Direktzusage geht der Arbeitgeber die Verpflichtung ein, dem Beschäftigten oder dessen Angehörigen bei Ruhestand, Invalidität oder Tod Leistungen zu zahlen. Diese Altersvorsorge-Form wird in der Regel allein vom Arbeitgeber finanziert. Zusätzlich haben die Beschäftigten die Möglichkeit, die Zusage durch eine Entgeltumwandlung zu erhöhen (Schuster, Anhang, S. 15).

Eckrentner:

Als Eckrentner oder auch Standardrentner wird bezeichnet, wer 45 Jahre lang als Durchschnittsverdiener Beiträge gezahlt und daraus 45 Entgeltpunkte erzielt hat. Er bildet die abstrakte Orientierungsgröße in der Rentenversicherung, um das Standard­Rentenniveau zu verdeutlichen (Schuster, Anhang, S.16).

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS):

Die EVS ist eine Haushaltsbefrgung, die seit 1962/63 regelmäßig in etwa fünfjährigem Abstand durch das Statistische Bundesamt durchgeführt wird. Es werden in Deutschland private Haushalte zu ihren Einnahmen und Ausgaben, zur Wohnsituation, der Ausstattung mit tchnischer Gebrauchsgütern sowie ihrem Vermögen bzw. den Schulden befragt. Sie ist eine Quotenstichprobe, die auf der Basis des jeweils aktuellen Mikrozensus hochgerechnet wird. Die letzte Erhebung stammt aus dem Jahr 2005 (Deutscher Bundestag, 2008, S. 171).

Ersatzzeiten:

Vor 1992 konnten Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten erworben werden. Darunter fallen Zeiten des Wehr- und Kriegsdienstes im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen, Zeiten der Verfolgung durch das Naziregime, Zeiten der Vertreibung aus den früheren Ostgebieten und Flucht aus der DDR. Ersatzzeiten zählen bei den Wartezeiten und bei der Rentenberechnung mit (Schuster, Anhang, S.16).

Erwerbsfähigkeit:

Erwerbsfähig im Sinne des SGB II ist, wer mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Erwerbsfähigen ist mit wenigen Ausnahmen jede Arbeit zumutbar (VAMV, 2007, S.103).

Erwerbsminderungsrente:

Eine teilweise Erwerbsminderungsrente liegt vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche erwerbstätig sein können. Die Höhe der Rente wegen teilweiser

Erwerbsminderung beträgt die Hälfte der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese tritt ein, wenn der Versicherte nur noch weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann (BMAS, 2008, E-Rente, S. 9/10).

Ertragsanteil:

Der Ertragsanteil ist der der steuerpflichtige Teil einer Rente. Bis zum 31.12.2004 wurden Renten nicht mit ihrem Zahlbetrag, sondern nur mit dem so genannten Ertragsanteil versteuert. Damit ist nur ein fiktiver Ertrag des eingezahlten Kapitals (also der Rentenversicherungsbeiträge) steuerpflichtig. Der Ertragsanteil ist gesetzlich festgelegt. Seine Höhe bestimmt sich nach dem Alter des Rentners bei Rentenbeginn oder, bei Erwerbsminderungsrenten, nach der Dauer des Rentenbezugs. Die steuerrechtlichen Vorschriften setzen hierfür in Abhängigkeit des Lebensalters des Rentners bei Rentenbeginn feste Vom-Hundert-Sätze an (DRV)

Erziehungsgeld:

Das Bundeserziehungsgeldgesetz wurde 2007 durch das Bundeselterngeldgesetz abgelöst und gilt bzw. galt für Kinder, die bis zum 31. Dezember 2006 geboren wurden. Das Gesetz unterscheidet beim Erziehungsgeld zwischen zwei Möglichkeiten, dem Regelbetrag (300 Euro) und dem Budget (450 Euro). Maßgebend für die mögliche Inanspruchnahme ist das jährliche Einkommen. Wenn sich Eltern für das Budget entscheiden, beträgt das Erziehungsgeld über einen Zeitraum von 12 Monaten monatlich 450 Euro. Bis zu einer Einkommensgrenze von 22.086 Euro für Paare und 19.086 für Alleinerziehende mit einem Kind wird das Erziehungsgeld gewährt. Wer sich für den Regelbetrag entscheidet, erhält 300 Euro monatlich, diese aber vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats des Kindes. Die Einkommensgrenzen für den Regelbetrag liegen mit 30.000 für Paare und 23.000 für Alleinerziehende etwas höher als beim Budget. Die genannten Einkommensgrenzen gelten zunächst vom 1. bis 6. Lebensmonat und reduzieren sich ab dem 7. Monat auf 16.500 bis 13.500 Euro. Wer mehr Einkommen erzielt hat unter Umständen Anspruch auf ein gemindertes Erziehungsgeld. Entgeltersatzleistungen wie Arbeitslosengeld werden dabei als Einkommen berücksichtigt, Leistungen nach ALG II sind anreichnungsfrei (BErzGG, §5).

Familienlastenausgleich:

Familienlastenausgleich - zum Teil auch als Kinderlastenausgleich oder Familienleistungsausgleich bezeichnet - ist der Oberbegriff für sämtliche staatliche Maßnahmen, die auf eine Umverteilung von Einkommen zugunsten von Familien mit Kindern gerichtet sind. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung beinhaltet er beispielsweise die Kindererziehungszeiten (Schuster, Anhang, S.17).

Generationenvertrag:

Unausgesprochener, nicht schriftlich festgelegter Vertrag zwischen der Beiträge zahlenden und der Leistungen/Renten empfangenen Generation. Inhalt des Vertrages ist die Verpflichtung der heutigen aktiven, erwerbstätigen Generation zur Finanzierung der derzeitigen Renten in der Erwartung, dass die ihr folgende Generation die gleiche Verpflichtung zur Sicherung ihrer Renten übernimmt (Schuster, Anhang, S.18).

Geringfügig Beschäftigte:

Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt die festgeschriebene Entgeltgrenze von 400 Euro brutto monatlich nicht übersteigt. Als geringfügig gelten auch so genannte kurzfristige Beschäftigungen, die innerhalb eines Kalenderjahres auf zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt sind. Geringfügige Beschäftigungen sind versicherungsfrei. Der Arbeitgeber zahlt einen Pauschalbetrag, den der Beschäftigte zugunsten eines höheren Rentenanspruchs bis zur Höhe des gesetzlichen Beitrages aufstocken kann (Schuster, Anhang, S.19).

Hilfebedürftigkeit:

Hilfebedürftig im Sinne des SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus einem Einkommen oder Vermögen sichern kann (VAMV, 2007, S. 103)

Kapitaldeckungsverfahren:

Beim Kapitaldeckungsverfahren werden die eingehenden Beitragszahlungen zum Aufbau eines Kapitalstocks angespart. Aus diesem werden im Alter die Renten finanziert (Schuster, Anhang, S.19).

Kindschaftsrechtsreform:

Mit der Reform des Kindschaftsrechts wurde insbesondere die Stellung des Kindes gegenüber den Eltern nachdrücklich gestärkt und die rechtliche Situation von allein erziehenden Eltern verändert. War vorher das alleinige Sorgerecht (meistens der Mutter) die Regel, ist sie heute begründungsbedürftige Ausnahme. 80 Prozent aller Eltern, die sich scheiden lassen, behalten das gemeinsame Sorgerecht. Bestandteil der Reform war auch ein eigenständiges Recht des Kindes auf Umgang mit dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil (Cyprian, S.10).

Kohorten:

In der Sozialwissenschaft sind Kohorten Jahrgänge oder Gruppen von Jahrgängen, di der Abgrenzung von Bevölkerungsgruppen dienen. Sie sind durch ein zeitlich gemeinsames, längerfristig prägendes Startereignis definiert. Ja nach Startereignis kann es sich dabei um Alters-, Geburtenkohorten, um Eheschließungskohorten oder auch Berufseintrittskohorten u.ä. handeln (Deutscher Bundestag, 2008, S. 172).

Leben in Europa 2006 / EU-SILC:

Die Erhebung "Leben in Europa" (European Union Statistics on Income and Living Conditions - EU-SILC) ist eine europäische Erhebung mit dem Ziel zeitlich vergleichbare Daten zu sammeln. Sie wird seit 2005 in allen EU 25 Staaten, Norwegen und Irland einheitlich durchgeführt und liefert als einzige amtliche Quelle international vergleichbare Informationen zu Einkommensverteilung, Armut und Lebensbedingungen in Europa (Deutscher Bundestag, 2008, S. 172).

Median:

Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median (Zentralwert) verwendet. Dabei werden Personen ihrem Äquivalenzeinkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen Personen, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung. 60 Prozent dieses Medians stellen die Armutsgefährdungsgrenze dar (Deutscher Bundestag, 2008, S. 172).

Mikrozensus:

Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland. Bereits seit 1957 liefert er statistische Informationen in tiefer fachlicher und regionaler Gliederung über die Bevölkerungsstruktur, die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung, der Familien, Lebensgemeinschaften und Haushalte, die Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche, Aus- und Weiterbildung, die Wohnverhältnisse und Gesundheit. Sie dient dazu, in regelmäßigen und kurzen Abständen Eck- und Strukturdaten über die genannten Erhebungsinhalte sowie deren Veränderung zu ermitteln und dadurch die Datenlücke zwischen zwei Volkszählungen zu füllen. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa. Aufgrund der Stichprobengröße von 1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland lassen die Daten auch repräsentative Aussagen über einzelne Bevölkerungsgruppen zu (Deutscher Bundestag, 2008, S. 173).

Regelbeiträge für Selbständige:

Versicherungspflichtige Selbständige und Gewerbetreibende im Handwerksbetrieb zahlen in der Regel Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung anhand ihres beitragspflichtigen Arbeitseinkommens. Der zu zahlende Regelbetrag beträgt derzeit 494,52 Euro (West) und 417,90 Euro (Ost). In den ersten 3 Kalenderjahren nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit wird der Regelbetrag nur zur Hälfte angesetzt, der Betrag erhöht oder erniedrigt sich jedoch bei entsprechendem Nachweis des beitragspflichtigen Arbeitseinkommens. Ferner gilt bei entsprechend niedrigen Einkommen ein Mindestbeitrag von monatlich 79,60 Euro. Der Höchstbeitrag liegt bei 1.054,70 Euro (Deutsche Rentenversicherung Bund).

Regelsatz nach SGB II:

Die Bemessung des Regelsatzes berücksichtigt Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Datengrundlage sind die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in den unteren Einkommensgruppen. Die Daten werden aus der Einkommens- und Verbrauchtsstichprobe entnommen, die vom Statistischen Bundesamt alle fünf Jahre durchgeführt wird, zuletzt 2003 (BfA, 2008, S. 8).

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit:

Diese Rente ist eine Sonderregelung für vor dem 02.01.1961 geborene Versicherte, die aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation Berufsschutz genießen. Berufsunfähigkeit bedeutet, dass der bisherige versicherungspflichtige Beruf wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zu einem ähnlich ausgebildeten Gesunden nur noch weniger als 6 Stunden täglich ausgeübt werden kann. Es wird allerdings geprüft, ob die Leistungsfähigkeit ausreicht, um eine zumutbare andere Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zumutbar ist dabei eine Tätigkeit, die eine Stufe unter der Gruppe des bisherigen Berufs liegt (BMAS, Erwerbsminderungsrente 2008, S. 11).

Schwankungsreserve:

Die Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten halten eine Schwankungsreserve (Betriebsmittel und Rücklage), der die Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben zugeführt werden. Die Schwankungsreserve dient der Deckung von Defiziten (BfA, 2003c, S.54). Auch in der Schweiz werden von den Vorsorgeeinrichtungen Reserven gebildet, mit denen Verluste auf den Vermögensanlagen und von Ertragsausfällen gedeckt werden (Schuster, Anhang, S.24).

Sozialer Ausgleich:

Über den sozialen Risikoausgleich hinaus gibt es in der Gesetzlichen Rentenversicherung einen sozialen Ausgleich. Dazu gehören die Elemente der Rentenberechnung, die außerhalb der Äquivalenz von Beitrag und Leistung stehen, also die Berücksichtigung von Zeiten, für die keine Beiträge gezahlt worden sind und die Gewährung höherer Leistungen, als es aufgrund der gezahlten Beiträge gerechtfertigt wäre. Zur ersten Gruppe zählen Anrechnungszeiten, Ersatzzeiten und auch Leistungen an in der DDR politisch Verfolgte, zur zweiten zählt u.a. die Höherbewertung der Pflichtzeiten während einer Kindererziehung (BMGS, 2003, S. 70).

Soziale Sicherung:

Die soziale Sicherheit, auch soziale Sicherung, ist ein Sammelbegriff für die Sozialversicherung, die Versorgung und die Sozialhilfe. Der Begriff wurde 1948 von den Vereinten Nationen in die allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen. In Deutschland liegt das Schwergewicht in der Sozialversicherung (Schuster, Anhang, S.24)

Soziokulturelles Existenzminimum:

Das soziokulturelle Existenzminimum ist im Sozialhilferecht abgesichert. Die Inanspruchnahme dieser Mindestleistungen zeigt das Ausmaß, in dem Teile der Bevölkerung einen zugesicherten Mindeststandard nur mit Unterstützung des Systems der sozialen Sicherung erreichen. Zu diesem Mindeststandard gehört in Deutschland nicht nur die Erhaltung er physischen Existenz, sondern eine der Würde des Menschen entsprechende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Deutscher Bundestag, 2008, S. 173).

Sozio-ökonomisches Panel (SOEP):

Das SOEP ist eine repräsentative Längsschnittstudie privater Haushalte in Deutschland. Die laufend jährliche Wiederholungsbefragung von Deutschen, Ausländern und Zuwanderern, wird seit 1984 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgeführt. Sie beinhaltet Personen-, Haushalts- und Familiendaten, wobei Schwepunkte der Erhebung auf den Bereichen Erwerbs- und Familienbiographie, Erwerbsbeteiligung und berufliche Mobilität, Einkommensverläufe, Gesundheit und Lebenszufriedenheit liegen (Deutscher Bundestag, 2008, S. 174).

Statistikmodell:

Das Statistikmodell ist eine seit dem Ende der 1980er Jahre verwendete Methode, die die Warenkorb-Methode abgelöst hat. Sie besteht in einer differenzierten Ermittlung der Einkommen und Ausgaben nach Warenkategorien im Rahmen einer für die gesamte Bevölkerung repräsentativen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Aufgrund einer politischen Vorgabe darüber, wie die untere Einkommensschicht abzugrenzen ist, die als Referenzgruppe dienen soll, werden deren durchschnittliche Ausgaben im Einzelnen analysiert. Politische Instanzen entscheiden dann unter Beachtung staatlicher Budgetresriktionen darüber, inwieweit die einzelnen Ausgabenarten vollständig oder nur teilweise für ein soziokulturelles Existenzminimum für erforderlich gehalten werden Auf dieser Basis wird die höhe der Mindestsicherungsleistungen und der steuerlichen Grundfreibeträge festgelegt (Hauser, S. 106).

Steuerfreies Existenzminimum:

Für das von der Einkommenssteuer freizustellende Existenzminimum ist der sozialhilferechtliche Mindestbedarf maßgeblich. Der Grundfreibetrag liegt zurzeit bei 7664 Euro, der Kinderfreibetrag bei 3648 Euro. Bei Familien sind zusätzlich der Betreuungs­und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in Höhe von 2160 Euro steuerlich zu berücksichtigen. Damit ergibt sich ein steuerlicher Freibetrag für jedes zu berücksichtigende Kind von 5808 Euro (Deutscher Bundestag, 2008, S.174).

Umgangsrecht:

Mit dem Kindschaftsreformgesetz 1998 wurde auch das zugehörige Umgangsrecht neu geregelt. Es wurden die bisherigen Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern beseitigt. Künftig steht allen Vätern ein Umgangsrecht zu, das - genauso wie bisher bei ehelichen Kindern - nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Vor allem hat das Kind selbst jetzt einen Anspruch auf Umgang mit beiden Eltern. Das bisher lediglich als Elternrecht ausgestaltete Umgangsrecht wird damit in erster Linie zu einem Recht des Kindes. Folgerichtig betont das Gesetz jetzt nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht jedes Elternteils zum Umgang mit dem Kind (BMFSFJ, Infos zum Kindschaftsrecht).

Umlageverfahren:

Das Umlageverfahren ist ein Finanzierungssystem, bei dem die durch Beiträge aufgebrachten Mittel direkt in die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen „umgelegt" werden (Schuster, Anhang, S.25).

Versicherungslücken:

Zeiten, in denen keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden und die auch nicht als sonstige rentenrechtliche Zeiten anerkannt sind. Das sind häufig Zeiten als Selbständiger, mithelfender Familienangehöriger in der Landwirtschaft oder im eigenen Haushalt. Solche Versicherungslücken wirken rentenmindernd. Lücken in der Versicherung können auch bei jüngeren Versicherten, etwa durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit vor Eintritt ins Berufsleben oder längerer schulischer Ausbildung, entstehen. In diesen Fällen wird künftig die Rentenhöhe nicht mehr negativ beeinflusst werden. Denn diese Zeiten werden bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Anrechnungszeiten berücksichtigt, auch wenn die Person vorher nicht versicherungspflichtig war (Rentenratgeber, Glossar).

Wartezeit:

Voraussetzung für den Bezug von Leistungen aus der gRV ist eine

Mindestversicherungszeit. Für den Bezug der so genannten Regelaltersrente, die dann beansprucht werden kann, gilt eine allgemeine Versicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren. Beitrags- und Ersatzzeiten sowie Monate aus dem Versorgungsausgleich, Rentensplitting und versicherungsfreier Beschäftigung werden an die Wartezeiten angerechnet (Schuster, Anhang, S.26).

Zurechnungszeiten:

Zurechnungszeiten sollen frühzeitig erwerbsgeminderten Menschen eine ausreichende Rente im Alter sichern. Sie werden von der Zeit vom Eintritt der Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres angerechnet (Schuster, Anhang, S.26).

Einleitung

Ein dramatischer Geburtenrückgang, steigende Scheidungszahlen und rückläufige Eheschließungen sowie die Zunahme von Haushalten und Lebensgemeinschaften ohne Kinder werden als maßgebliche Hinweise auf die Erosion der gesellschaftlichen Institution Ehe erachtet. Das traditionelle Modell der bürgerlichen Kleinfamilie verliert seine Monopolstellung und andere Familienformen, die zwar zuvor schon existierten aber marginal waren, gewinnen zunehmend an Bedeutung (Maihofer/Böhnisch/Wolf, S. 16/17). Neben den nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist in den letzten Jahren auch die Zahl der Einelternfamilien deutlich angewachsen. Zwischen 1979 und 1996 erhöhte sich der Anteil der Alleinerziehenden in den Altbundesländern von etwa 6 auf 12,6 Prozent und stieg bis zum Jahr 2006 weiter bis auf 17 Prozent an (Statistisches Bundesamt, 2008, S. 7). Heute sind fast ein Fünftel aller Familien Einelternfamilien. Das sind 1,57 Millionen allein erziehende Mütter und Väter, die 2,6 Millionen Kinder betreuen. Fast 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen (Statistisches Bundesamt, 2008, Tabelle 6). Heute wird nahezu jedes siebte Kind in den alten bzw. sogar jedes fünfte Kind in den neuen Bundesländern von einem Elternteil allein aufgezogen. Alleinerziehen stellt längst eine gesellschaftliche Realität dar, die Ausdruck der Pluralisierung von Familienformen und Lebensstilen ist (Deutscher Bundestag, 16/10257).

In Literatur und Wissenschaft finden sich mittlerweile diverse Studien, die die Lebenssituation Alleinerziehender umreißen und ein umfassendes Bild darüber vermitteln, welchen Belastungen Alleinerziehende, insbesondere auch als alleiniger Haushaltsvorstand in finanzieller Hinsicht mit all seinen Folgeerscheinungen ausgesetzt sind. Insbesondere am Arbeitsmarkt sind Alleinerziehende aufgrund ihrer Lebenssituation benachteiligt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestaltet sich generell für Einelternfamilien schwierig (ebenda). Dies spiegelt sich in geringem Einkommen, überproportionaler Arbeitslosigkeit und einem erhöhten Armutsrisiko. Wie der 3. Armuts­und Reichtumsbericht zeigt, sind insbesondere Alleinerziehende und ihre Kinder deutlich stärker als andere Gruppen von Einkommensarmut betroffen. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der in Familien mit alleinerziehendem Elternteil lebenden Bevölkerung war im Jahr 2005 armutsgefährdet, in Familien mit mindestens zwei Erwachsenen dagegen höchstens jeder Elfte (9 Prozent, Statistisches Bundesamt, 2008a, S. 9). Häufig leben Kinder in relativer Armut, weil ihre Eltern oder andere, die sie unterstützen, nicht in der Lage sind, die notwendige materielle Sicherheit zu gewährleisten, um unabhängig von staatlichen Unterstützungsleistungen leben zu können. Kinderarmut ist demnach familiäre Armut. Zu 35 bis 40 Prozent betrifft sie Kinder in Einelternfamilien (Bertram, 2008a, S. 20). Doch was heißt das für die Zukunft? Werden die Armen von heute auch die Armen von morgen sein? Ausgehend von der Behandlung der Frage, welche Ursachen das überproportionale Armutsrisiko von Alleinerziehenden hat, habe ich untersucht, wie hoch das Risiko Alleinerziehender ist, auch im Alter von Armut betroffen zu sein. Berücksichtigung finden dabei insbesondere auch die jüngsten Reformen der gesetzlichen Rentenversicherung im Zuge derer das Rentenniveau drastisch sinken wird und der privaten Vorsorge eine zunehmende Bedeutung zukommt. Auch wenn Altersarmut gegenwärtig noch kein zentrales Problem in Deutschland darstellt. Rentenexperten warnen seit einiger Zeit vor einem drastischen Anstieg der Altersarmut in 20 bis 30 Jahren. Zur Zeit sei die Lage noch solide, äußerten sich OECD-Rentenexperten. Weniger gut stehe es aber in der Zukunft um die Versorgung von Geringverdienern sowie der zunehmenden Zahl von Menschen, die nicht durchgehend Rentenbeiträge gezahlt hätten. Für diese Gruppe fehle in Deutschland eine automatische Altersabsicherung. Auch der Präsident der Rentenversicherung Herbert Rische teilt die Sorgen. So nehme der Anteil der Geringverdiener immer weiter zu. Wer aber wenig verdient, könne nicht im großen Stil für das Alter vorsorgen. Insbesondere müsse darauf geachtet werden, dass die Scheinselbständigen, Langzeitarbeitslosen und die Erwerbsunfähigen nicht durch das Netz der Rentenversicherung fallen. Die vorliegende Arbeit soll auch Antworten auf die Frage geben, in welchem Ausmaß Alleinerziehende betroffen sind und welche Auswirkungen dies auf ihre Situation im Alter hat. Es ist erwiesen, dass Frauen aufgrund ihrer Erwerbsbiografie, und hier vor allem Mütter, die wegen der Kindererziehung einige Jahre beruflich kürzer treten oder ganz aussteigen, deutlich niedrigere Renten beziehen als kinderlose Frauen oder Männer. Aber sind sie deshalb auch im Alter arm? Die Bundesregierung hat eine Reihe familienpolitischer Maßnahmen beschlossen, die die Situation von Frauen und Müttern im Blick haben und auf eine Verbesserung der Einkommenssituation zielen. Der Familienlastenausgleich schließt Steuererleichterungen und staatliche Transfers ein. Trotzdem monieren vor allem Interessensvertretungen von Alleinerziehenden, dass die Belange Alleinerziehender nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Aber stimmt dieser Eindruck? Bei der Beantwortung der Frage, wie sich die Lebenssituation der Alleinerziehenden heute und im Alter darstellt, habe ich daher auch in die Untersuchung einfließen lassen, welche Ansätze es auf Seiten der Bundesregierung zur Verbesserung der Situation von Familien gibt und inwieweit sie ausreichen, um Armut, respektive Altersarmut von Alleinerziehenden zu verhindern.

I Ehe und Familie im Wandel

Das Modell der Kernfamilie, bestehend aus Mutter, Vater, Kind (davon oft sehr viele) existierte bereits in der Frühen Neuzeit. Zu einem Haushalt gehörten damals jedoch nicht nur die Familienmitglieder im klassischen Sinn, sondern zumeist auch Mägde, Knechte, Dienstboten, Verwandte oder weitere Untermieter. Es wurde zusammen gearbeitet, gegessen und geschlafen, in der Regel sogar in denselben Räumen (Maihofer/Böhnisch/Wolf, S. 13). Die Betreuung und Erziehung der Kinder fand neben und im Rahmen der täglichen Arbeit durch die Mitglieder des Haushaltes und nur zu einem geringen Teil durch die Eltern selbst statt. Auf dem Land war es zudem bis zum 18. Jahrhundert üblich, dass Kinder im frühen Alter von 7 oder 8 Jahren das Elternhaus verließen, um zu Verwandten oder fremden Leuten in Dienst zu gehen (ebenda). Grundlage der Beziehungen waren keinesfalls Liebe und Zuneigung, Ehen wurden vor allem aus materiellen Gründen geschlossen. Die Anforderungen, die an die Frau gestellt wurden, waren vor allem Aufgaben als Hausfrau und Gattin. Im Mittelpunkt standen Arbeitsfähigkeit und Gehorsam, nicht aber das Verhältnis zu ihren Kindern. Die Beziehung zu den Kindern war stark durch ihre ökonomische Bedeutung geprägt (ebenda, S. 15).

Das Wort "Familie" wurde erst gegen Ende des 18. Jahrhundrets in den Sprachgebrauch aufgenommen, begleitet vom allmählichen Übergang von der bis dahin offenen Haushaltsform zur traditionellen bürgerlichen Kleinfamilie. Diese ging im 19. Jahrhundert mit der Neuentdeckung des Kindes einher(vgl. BMFSFJ, 2008, S. 16). Eltern investierten zunehmend mehr Zeit, Geld und Emotionen in die Entwicklung ihrer Kinder, der ökonomische Aspekt kindlicher Arbeitskraft oder der Unterstützung der Eltern trat zurück. Kinder wurden zu einem wertvollen Gut, deren Erziehung die Eltern nun selbst übernahmen (ebenda, S.17). Familie implizierte ein verheiratetes verschiedengeschlechtliches Paar, das in einem gemeinsamen Haushalt mit mindestens einem Kind lebt. Geheiratet wurde idealiter aus Liebe und Zuneigung und die Ehe für das ganze weitere Leben geschlossen. Eine Scheidung war nicht vorgesehen. Die Beziehung verlangte strenge Monogamität und das Bekenntnis zur Treue. Ehe und Familie waren aufs Engste miteinander verbunden. Die Struktur der traditionellen Familie ist dabei entscheidend geprägt durch die moderne bürgerliche Trennung von Erwerbsarbeit und Familie und der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, bei der dem Mann die Rolle als Alleinverdiener und Ernährer und der Frau die der Hausfrau und Mutter zukam (Maihofer/Böhnisch/Wolf, S. 15).

Diesen Prozess in der europäischen Entwicklung der Familie, der im späten 19. Jahrhundert begann und bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts dauerte, bezeichneten Surkyn/Lesthaege (2004) als "Ersten Demographischen Übergang". Ihn kennzeichnet, dass mehr geheiratet wurde, das Heiratsalter sank und die Scheidungszahlen bei gleichzeitig hoher Wiederverheiratungsquote sehr gering waren. Ein Rückgang der Geburten begleitete diese Entwicklung, wobei der im wesentlichen auf eine Abnahme von Geburten im höheren Lebensalter zurückzuführen war, verbunden mit einer Verringerung des Alters bei der ersten Geburt (BMFSFJ, 2008, S.17).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Geburtenrückgang zwischen 1946 und 1970 durch einen geringen Wiederanstieg, heute auch Baby-Boom genannt, abgelöst. Ihm folgte ein europaweit zu beobachtender Absturz der Geburtenzahlen, der auf die Einführung sicherer Verhütungsmittel zurückgeführt wird. So ging die Zahl der lebend geborenen Kinder in Deutschland von 1,4 Millionen im Jahr 1964 auf 782.000 im Jahr 1975 zurück (ebenda, S.18). Dieser Trend hat sich bis heute fortgesetzt. Im Jahr 2006 wurden nur rund 673.000 Geburten gezählt (Statistisches Bundesamt, 2008, Tabelle 5). Heute werden die rückläufigen bzw. stagnierenden Geburtenzahlen auch mit der Liberalisierung von Ehe und Familie, den gestiegenen Wahlmöglichkeiten und Ansprüchen an die Elternrolle sowie eine feste und gesicherte Partnerschaft begründet.Aber auch wirtschaftliche Aspekte wie Arbeitslosigkeit und hohe Kosten der Kindererziehung spielen eine bedeutende Rolle (vgl. Dunkake, S.25/26).

Aber nicht nur der dramatische Geburtenrückgang, auch steigende Scheidungszahlen und rückläufige Eheschließungen (vgl. auch Abschnitt ) sowie die Zunahme von Haushalten und Lebensgemeinschaften ohne Kinder werden als maßgebliche Hinweise auf die Erosion der gesellschaftlichen Institution Ehe erachtet (Maihofer/Böhnisch/Wolf, S. 16).

Der Wandel der Haushalts- und Familienstrukturen lässt sich in allen westlichen Industrienationen nachweisen und geht zu Lasten des Dreigenerationenhaushalts (verheiratetes Paar mit Kind). Grob lassen sich vier Entwicklungstendenzen zusammenfassen: das Aufkommen neuer Haushaltstypen, die Diversifizierung der Haushaltstypen im Sinne einer Verschiebung der Gewichte der verschiedenen Lebensformen, eine fortschreitende Verweiblichung der Haushaltsvorstände (Mutter­Kind-Familien, alleinerziehende Frauen) und einem häufigeren Wechsel zwischen verschiedenen Haushaltstypen im Verlauf der Gesamtbiografie (Peuckert, S. 27). Nach Nave-Herz ist dieser Wandel zurückzuführen auf eine grundlegende Veränderung in der Struktur der Familie, genauer in den Beziehungen der Personen innerhalb der Familie (ebenda, S. 12).Soziologen teilen die Ansicht, dass Familie immer weniger als etwas natürlich Gegebenes oder als eine selbstverständliche gesellschaftliche Konvention verstanden werden kann. Die gesellschaftliche Individualisierung führe zu einer wachsenden Bedeutung individueller Autonomie gegenüber institutionellen Vorgaben und Bindungen an traditionelle Werte und Normen (ebenda).

Gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, die für den Rückgang der Eheschließungen und den Anstieg der Ehscheidungen verantwortlich sind, haben komplementär auch zu einem Anstieg nichtehelicher Lebensgemeinschaften und anderer nichttraditionaler Lebensformen beigetragen. Dazu gehören ein bestimmtes Maß an Wohlstand, der Wertewandel, die hohe Bewertung von Unabhängigkeit, freier Entfaltung und Persönlichkeit (Gleichberechtigung von Mann und Frau), die Diskussion um außereheliche Sexualität, die nachlassende Stigmatisierung Unverheirateter, die hohe Bildungs- und Erwerbsbeteiligung junger Frauen und der Bedeutungsrückgang der Ehe, vor der Versorgerehe. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl unverheirateter Paare, die ihre Lebensform als Alternative zur Ehe begreifen und sich langfristig dagegen entscheiden. Je länger junge Menschen einen unabhängigen Weg praktiziert haben, desto stärker rücken sie endgültig von traditionalen Familienbildern ab. Dies gilt in besonderer Weise für

Frauen. Wer einmal Freiheit und Autonomie „geschnuppert" hat, ist weniger leicht bereit, sich in starre eheliche und familiale Rollenmuster einzubinden (ebenda, S. 45). Heute sind demografische Veränderungen, Veränderungen in der Arbeitswelt und Wirtschaft wie auch der Geschlechterrollen charakteristisch für die Entwicklung in Industrie- und Wohlfahrtsstaaten (Deutscher Bundestag, 2006a, S XXIII).

Eingeleitet wurde der Wandel maßgeblich durch zwei Jugendgenerationen: die "68er- Generation", die sich gegen den Wertekomplex Ehe/Familie" ideologisch abgesetzt hatte, und die "jungen Erwachsenen der Bildungsexpansionsphase", die zugleich ein neues Demokratieverständnis der Chancengleichheit zwischen Schichten und Geschlechtern proklamierten (BMFSFJ, 2008, S. 76).

Im statistischen Sinn umfasst Familie heute im Mikrozensus (Anhang, S.) alle Eltern-Kind- Gemeinschaften, also alle Ehepaare, nichteheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie allein erziehende Mütter und Väter mit ledigen Kindern im Haushalt. Neben den leiblichen Kindern, sind auch Stief-, Pflege und Adoptivkinder ohne Altersbegrenzung einbezogen. Kinder, die noch gemeinsam mit ihren Eltern in einem Haushalt leben, dort aber bereits eigene Kinder versorgen, sowie Kinder, die nicht mehr ledig sind und mit einem Partner zusammenleben, zählen statistisch gesehen als eigene Familie bzw. Lebensform.

Im Jahr 2007 lebten in Deutschland knapp 8,6 Millionen Familien, davon 7,1 Millionen in den alten und 1,5 Millionen in den neuen Bundesländern. 5,5 Millionen bzw. 856.000 dieser Familien sind Ehen. Trotz der wachsenden Bedeutung alternativer Familienformen überwiegen also nach wie vor die Ehepaare mit Kindern deutlich. 2007 waren etwa drei Viertel (74 %) der in Deutschland lebenden Familien Ehepaare. Gegenüber 1996 ist dies jedoch ein Rückgang von 7 Prozent, bei einer gleichzeitigen Abnahme der Familien insgesamt. Im früheren Bundesgebiet ging die Zahl der Familien seit 1996 um 2 Prozent, in den neuen Ländern sogar um 32 Prozent zurück (Statistisches Bundesamt, 2008a, S.6/7).

In den letzten Jahren nehmen Einelternfamilien statistisch gesehen einen immer größeren Raum ein. Im Jahr 2007 waren in Deutschland 18 Prozent und damit etwa ein Fünftel aller Familien Einelternfamilien (1996: 14 Prozent). Das sind 1,57 Millionen allein erziehende Mütter und Väter, die 2,2 Millionen minderjährige Kinder betreuen. Werden auch Kinder im Alter von über 18 Jahren berücksichtigt, erhöht sich die Zahl auf 2,6 Millionen. Fast 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen (Statistisches Bundesamt, 2008, Tabelle 6). Wiederum 90 Prozent haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Entsprechend der gesamtdeutschen Entwicklung ist aber auch in Familien mit Migrationshintergrund eine wachsende Scheidungsrate festzustellen. Das liegt zum einen an der wachsenden Häufigkeit interethnischer Partnerwahl und Eheschließungen sowie dem erhöhten Risiko des Scheiterns binationaler Ehen sowie der Pluralisierung und Modernisierung auch ethnisch-national homogener Ehen, bei denen beide Partner in Deutschland wohnen (Erler, S. 2). Zum anderen wird es aber auch als Zeichen kultureller Integration, aber auch als Anwachsen einer besonders schwierigen Lebensform vor dem Hintergrund traditionell-familialistischer Orientierungen der sozialen Umgebung (Cyprian, S. 14).

Die Zunahme von Einelternfamilien gilt wie beschrieben als Indiz für das Aufbrechen der klassischen Frauenrolle.Seit den 80er Jahren wird für die Altbundesländer ein

schrumpfender "Familiensektor" gegenüber einem wachsenden "Nicht-Familiensektor" konstatiert (Enders-Dragässer, S. 1). Zwischen 1979 und 1996 erhöhte sich der Anteil der Alleinerziehenden in den Altbundesländern von etwa 6 auf 12,6 Prozent und stieg bis zum Jahr 2006 weiter bis auf 17 Prozent an (Statistisches Bundesamt, 2008, S. 7). Mit der Zunahme alleinerziehender Frauen hat sich auch ihre gesellschaftliche Wahrnehmung gewandelt. Die radikale Ablehnung in den 50er Jahren ist inzwischen einem Bewusstsein in der Gesellschaft gewichen, wonach eine Einelternfamilie als eine mit der "Normalfamilie" gleichwertige und damit akzeptierte Lebensform anzusehen ist (Wörndl, S.1).

Alleinerziehende Frauen in Ostdeutschland verstanden sich zu DDR-Zeiten und weitestgehend heute noch nicht als "alleinerziehend", sondern als "alleinlebend", "alleinlebend mit Kind", "unverheiratet oder geschieden mit Kind" (Enders-Dragässer, S.2/3). In den neuen Ländern war diese Lebensform zu DDR-Zeiten bereits weiter verbreitet als in den alten Bundesländern. Allein erziehende Frauen erhielten in der DDR eine besondere staatliche Unterstützung, die dem Ziel diente, auch diese Frauen voll in das Erwerbsleben zu integrieren. Dadurch wurden sie im öffentlichen Bewusstsein auch nicht mit typischen Belastungen und Vorurteilen in Verbindung gebracht (Wörndl, S. 2) Auch die hohe Nichtehelichenquote in der DDR ist mit dem Motiv der Inanspruchnahme familienpolitischer Leistungen für Alleinerziehende, also einem sozialpolitischen Effekt erklärt worden, der ein Vorziehen der Geburt vor die Heirat bewirkt hat. Alleinerziehende haben bevorzugt Wohnraum und Krippenplätze und bei Krankheit des Kindes eine bezahlte Freistellung von der Arbeit erhalten und hatten zudem einen Anspruch auf einen einjährigen bezahlten Mutterschutzurlaub. Viele heirateten erst, wenn es keine Anspruchsmöglichkeit mehr gab. Die Vermutung, dass sich mit dem Wegfall der Privilegien auch das Verhaltensmuster ändern werde, hat sich nicht erfüllt. Nach der Wende hat sich die Schere zwischen den beiden deutschen Regionen überraschend noch vergrößert. In den neuen Bundesländern hat man es mit einer weitgehend fortschreitenden Entkopplung von Ehe und Geburt der Kinder zu tun. Dagegen sind im alten Bundesgebiet Ehe und Kinder noch stärker verknüpft (Peuckert, S. ) Ein-Eltern-Familien machen in den neuen Bundesländern heute ein Viertel (26 Prozent) aller Familien aus. Das sind 8 Prozent mehr als noch 1996 (Statistisches Bundesamt, 2008, S.7).

II Einelternfamilien in Deutschland

Im Spiegel der Statistik

Definition

Im Sprachgebrauch und der Literatur ist heute sowohl von "allein erziehenden Müttern und Vätern" oder "Alleinerziehenden" bzw. "allein Erziehenden" als auch "Ein-Eltern- Familien" die Rede. Letzterem Begriff wird unterstellt, der am wenigsten ideologisch belastete und verzerrende Begriff zu sein. Kritisiert wird jedoch, er suggeriere, dass das Kind nur noch einen Elternteil hat, während de facto der zweite Elternteil nur nicht im gleichen Haushalt wohnt, der Kontakt aber bestehen bleiben kann (Rahab, S. 10). Gebräuchlicher und auch in den amtlichen Statistiken zu finden ist der Begriff "allein erziehend", wenngleich hier angemerkt wird, dass er diese Lebenslage auf Erziehungsprobleme verkürzt und durch diese Bezeichnung einen angeblichen Mangel dieser Familienform nahelegt (Wörndl, S. 11). Unter einer Ein-Eltern-Familie wird eine Familienform verstanden, in der ein Elternteil für ein Kind oder mehrere Kinder, mit dem (denen) es eine Hausgemeinschaft bildet, die alltägliche Erziehungsverantwortung besitzt (Peuckert, S. 186)

Mit dem sozialen und familiären Wandel, einer veränderten Rechtsgrundlage und einem Überdenken der in der Gesellschaft vorherrschenden Werte und Normen hat sich das Bild von Alleinerziehenden und die Definition dieser Familienform verändert. Die Definition der Ein-Eltern-Familien als Familien, in denen ein Elternteil die Erziehungsverantwortung oder das Sorgerecht für das Kind oder die Kinder besitzt, gilt mittlerweile als überholt, da sie das alleinige Sorgerecht eines Elternteils als Voraussetzung für die Zugehörigkeit zu Einelternfamilien impliziert (Rahab, S. 9/10). Mit der Kindschaftsrechtsreform 1998 ist dieser Ansatz in Frage gestellt, da nunmehr beide Elternteile nach der Scheidung in der Mehrheit der Fälle das gemeinsame Sorgerecht behalten.

Auskunft über die zahlen- und anteilsmäßige Entwicklung von Ein-Eltern-Familien liefert die amtliche Statistik, die allerdings diejenigen Alleinerziehenden nicht erfasst, deren Ehe gescheitert ist, die ihren Auszug aber verspätet gemeldet haben oder aus steuerlichen oder sonstigen Gründen den Fortbestand der Ehe behaupten. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich unterschiedliche Definitionen, je nachdem, ob es sich um Alleinerziehende mit oder ohne Partner im Haushalt handelt (Peuckert, S. 187)..

Bis Mitte der 90er Jahre definierte das Statistische Bundesamt "Alleinerziehende" als ledige, verheiratet getrenntlebende, geschiedene und verwitwete Väter und Mütter, die mit ihren minder- oder volljährigen Kindern zusammenleben. Dabei war es unerheblich, ob außer dem alleinerziehenden Elternteil und den Kindern noch weitere Personen in dem Haushalt lebten. Seit 1996 wird im jährlichen Mikrozensus die Frage nach einer Lebenspartnerschaft gestellt. Nach dem neuen "Konzept der Lebensformen" können alleinerziehende Eltern danach unterschieden werden, ob sie einen Lebenspartner bzw. eine Lebenspartnerin haben oder nicht (ebenda).

Nach der neueren Definition des Statistischen Bundesamtes sind Alleinerziehende heute, Mütter und Väter, die ohne Ehe- oder Lebenspartner/in mit ihren minder- oder volljährigen Kindern in einem Haushalt zusammenleben. Elternteile, mit Lebenspartnern im Haushalt zählen zu den Lebensgemeinschaften mit Kindern.

Doch ob geschieden, verwitwet, getrennt lebend oder ledig, der Status "allein erziehend", sagt noch nichts darüber aus, wie alleinerziehende Mütter und Väter leben. Einelternfamilien sind keine homogene Gruppe mit gleichen Lebensumständen. Studien zeigen eine Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, Problem- und Bedarfslagen und belegen, dass insbesondere der Entstehungszusammenhang, die Platzierung der Lebensphase in der Biografie und ihre Dauer sowie Strukturmerkmale wie die Beziehung zum anderen Elternteil, eine neue Partnerschaft oder die Erwerbs- und finanzielle Situation die unterschiedliche Lebenssituation mitbestimmen (Schneider, S. 2).

Auch in manchen Partnerschaften oder neu zusammengesetzten Familien, so genannten Patchworkfamilien, in denen manchmal sowohl die Frau als auch der Mann Kinder aus früheren Verbindungen "mitbringen", fühlen sich die Elternteile weiter als "allein erziehend". Entscheidend für die Selbstdefinition ist die Verantwortung für die Erziehung der Kinder. Bei Alleinerziehenden, die weitgehend allein verantwortlich bleiben (wollen), bewirkt die neue Partnerschaft keine Veränderung (Schneider, S. 4) Auch Ehefrauen sehen sich manchmal als Alleinerziehende, wenn sie bei der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder allein gelassen werden (VAMV, S. 11). Die Uni Mainz kam in einer Studie aus dem Jahre 2001 zu der Erkenntnis, dass 61 Prozent der befragten Alleinerziehenden zur damaligen Zeit insofern allein erzogen, als weder der andere Elternteil noch neue Partner in nennenswertem Umfang Erziehungsverantwortung übernahmen. In 31 Prozent der Fälle bestand eine Zwei-Eltern-Situation: bei 18 Prozent übernahm der Stiefelternteil und bei 13 Prozent der andere leibliche Elternteil in maßgeblichem Umfang Erziehung und Betreuung der Kinder. Bei 8 Prozent der Fälle waren sogar drei Erziehungspersonen beteiligt: neben der "alleinerziehenden" Person, der andere leibliche Elternteil und der neue Partner bzw. die neue Partnerin (Schneider, S. 4).

Die meisten Alleinerziehenden sind durch Trennung oder Tod des Partners in diese Familienform hineingeraten (VAMV, S. 14). Nur in wenigen Fällen, ist die Lebensform "alleinerziehend" jedoch freiwillig und bewusst gewählt. Einer (nichtrepräsentativen) Untersuchung von Nave-Herz und Krüger aus dem Jahre 1992 zufolge war die Schwangerschaft bei keiner der befragten 177 ledigen Mütter bewusst geplant. Sie führte meist zu einem "Wendepunkt" in der Beziehung zwischen der ledigen Mutter und ihrem Partner. Die Frauen sahen sich mit einem Entscheidungsdilemma konfrontiert. Zum Zeitpunkt der Geburt bestand bei 91 Prozent der Befragten die Partnerschaft nicht mehr. Die ledige Mutter-Kind-Familie kann als subjektiv bejahte, wenn auch nicht von vornherein geplante Lebensform im Zuge des allgemeinen Modernisierungsprozesses angesehen werden, aber nicht im Sinne einer bewussten Abgrenzung von der Normalfamilie (Peuckert, S. 206). In qualitativen Interviews, die im Jahr 2001 mit 130 Alleinerziehenden geführt wurden, ließen sich bezüglich des Selbstbestimmtheitsgrades des Alleinerziehens vier Gruppierungen zuordnen: 31 Prozent der Befragten waren freiwillig Alleinerziehende insofern, dass sie sich weitgehend selbstbestimmt und aktiv für diese Lebensform während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt entschieden haben. Die bedingt freiwillig Alleinerziehenden (22 Prozent) haben sich bei der Wahl zwischen zwei Alternativen für das Alleinerziehen entschieden. Als Gründe wurden hierbei Spannungen mit dem Partner genannt. Die zwangsläufig Alleinerziehenden (22 Prozent) mussten unter erheblichem Handlungsdruck (z.B. Gewalttätigkeit des Partners, Alkoholismus oder hohe Schulden) unter zwei eher schlechten Alternativen wählen und betrachten das Alleinerziehen als das kleinere Übel. Ein Viertel sind ungewollt Alleinerziehende (25 Prozent). Sie hatten keine Wahlmöglichkeit und wurden durch Verwitwung alleinerziehend oder von ihrem Partner (meist sehr abrupt) verlassen. Hauptursachen waren entweder "eine Andere" oder die eingetretene Schwangerschaft. Für die meisten Frauen stellt die Lebensform "allein erziehend" eine biografische Phase dar, die in andere, partnerschaftliche Lebensformen überführt wird (ebenda)

Alter und Haushaltsgröße

Das oft verbreitete Bild einer alleinerziehenden ziemlich jungen Mutter mit Kleinkind in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen trifft nur auf eine Minderheit der Einelternfamilien tatsächlich zu. In den letzten zehn Jahren lässt sich ein deutlicher Rückgang von jüngeren Alleinerziehenden beobachten (Cyprian, S. 13). Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2007 weniger als 6 Prozent der Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern und etwa drei Prozent aller Alleinerziehenden jünger als 25 Jahre alt. Über 90 Prozent der Alleinerziehenden sind zwischen 25 und 55 Jahre alt, fast die Hälfte aller Alleinerziehenden (48,8 Prozent) gehört der Altersgruppe der 35- bis 45-Jährigen an. Im Alter ab 55 Jahren gibt es kaum noch (2 Prozent) Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern.

Alleinerziehende betreuen zudem auch seltener jüngere Kinder. Während 15 Prozent aller Familien in Deutschland im Jahr 2004 Kinder im Krippenalter betreuten (unter 3 Jahren), waren es bei den Alleinerziehenden lediglich 8 Prozent.

Deutliche Unterschiede gibt es auch zwischen alleinerziehenden Müttern und Vätern. Je niedriger das Alter des jüngsten Kindes, umso höher ist der Anteil von Müttern als betreuender Elternteil (Cyprian, S. 13). Im Jahr 2006 war das jüngste Kind bei 50 Prozent der alleinerziehenden Mütter zwischen 1 und 10 Jahren alt, während alleinerziehende Väter zu deutlich höheren Anteilen mit älteren Kindern zusammenleben. In 75 Prozent der Fälle ist das jüngste Kind alleinerziehender Väter zwischen 10 und 18 Jahren alt. Es gibt keinen statistisch nachweisbaren Anteil an alleinerziehenden Vätern mit Kindern unter drei Jahren (VAMV, S. 2).

Entsprechend der vergleichsweise geringen Scheidungszahlen bei Paaren mit vier und mehr Kindern, gibt es auch nur wenige Alleinerziehende (zwei Prozent) in dieser Situation. Im Jahr 2006 hatten 90 Prozent der alleinerziehenden Frauen und Männer ein (59,4 Prozent) oder zwei Kinder (ebenda).

Seit den Jahrgängen ab 1955 stagniert in allen Familienhaushalten sowohl in Ost als auch in West der Anteil von Haushalten mit drei und mehr Kindern. Bei den älteren Jahrgängen verringerte sich der Anteil der Frauen mit einem Kind zugunsten des Anteils der Frauen mit zwei Kindern (BpB, 2008c, S.27). Diese Entwicklung bildet sich auch bei den Alleinerziehenden ab. Seit 1991 sank der Anteil von Ein-Kind-Haushalten um zwölf Prozent, während die Alleinerziehenden-Haushalte mit 2 Kindern um 9 Prozent und mit drei Kindern um 3 Prozent zunahmen. Alleinerziehende mit drei und mehr Kindern sind zu zwei Dritteln zwischen 35 und 50 Jahre alt und finden sich nicht bei den unter 25­jährigen und über 55-Jährigen.

Bei den jüngeren Müttern in Ostdeutschland ist indes ein Trend zur Ein-Kind-Familie zu beobchten. 37 Prozent der 35- bis 49-jährigen Mütter hatten 2006 lediglich ein Kind, 48 Prozent hatten zwei und 16 Prozent drei oder mehr Kinder (BpB, 2008c, S. 27).

Familienstand

Die Zusammensetzung der Gruppe der Alleinerziehenden hat sich auch in Bezug auf den Familienstand seit Mitte der 70er Jahre grundlegend geändert. Am Beispiel der alten Bundesrepublik zeigt sich ein massiver Rückgang der verwitweten Mütter. Ihr Anteil an allen Alleinerziehenden sank von 30 Prozent auf 8 Prozent im Jahr 1996 ab. Gleichzeitig stieg der Anteil lediger Mütter von 12 auf 25 Prozent deutlich an (VAMV, 1997, S. 4).

Heute sind im Bundesgebiet 33 Prozent aller Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren ledig, 43,3 Prozent geschieden und 17,6 verheiratet getrennt lebend. Wird die Statistik der Alleinerziehenden mit Kindern über 18 Jahren hinzugezogen, wird die Verschiebung von Verwitwung zu mehr ledigen Alleinerziehenden noch deutlicher. Gegenüber einem Anteil von 5,9 Prozent Verwitweten bei den Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, beträgt der Anteil der Verwitweten bei Hinzunahme der Alleinerziehenden mit Kindern über 18 Jahren gegenwärtig etwa 21 Prozent. Festzustellen sind ferner große regionale Unterschiede. So korreliert der Status der Alleinerziehenden mit dem Anteil alternativer Lebensformen in den einzelnen Bundesländern. Länder mit einem höheren Anteil alternativer Lebensformen weisen auch einen höheren Anteil Alleinerziehender auf. Der Schwerpunkt der Alleinerziehenden liegt in den Stadtstaaten Berlin (32,1 Prozent), Bremen (27,3 %) und Hamburg (25,6 %) sowie in den neuen Bundesländern. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hatten im Jahr 2006 alternative Lebensformen in Ostdeutschland einen Anteil von 42,3 Prozent an den Familien insgesamt. Davon sind 25,4 Prozent Alleinerziehenden-Haushalte.

In Westdeutschland dominieren weiterhin die Ehen mit knapp 75 Prozent. Uneheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern sind mit 5 bis 7 Prozent um ein Vielfaches weniger verbreitet Den geringsten Anteil alternativer Familienformen an allen Familien verzeichnen Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit einem Anteil von etwa 15 Prozent (BpB, 2008a, S.9).

Schon 1996 bildeten in Ostdeutschland ledige Alleinerziehenden mit etwa 50 Prozent die größte Gruppe der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren, gefolgt von den Geschiedenen (38 Prozent), während im Westen umgekehrt die Geschiedenen (42 Prozent) vor den Ledigen (31 Prozent) dominierten (VAMV, 1997, S.4). Nach der Statistik ohne Altersbeschränkung der Kinder stieg der Ledigen-Anteil der Alleinerziehenden im letzten Jahrzehnt um sieben Prozent in Ostdeutschland und um zwei Prozent in Westdeutscland an. Damit ist heute jeder dritte alleinerziehende Elternteil in den neuen Ländern und Berlin und etwa jeder Fünfte im früheren Bundesgebiet ledig (Cyprian, S. 12).

Im vergangenen Jahrzehnt wurden nicht nur weniger Ehen geschlossen. (Ihr Anteil sank von 1996 bis 2006 um fast 60.000 auf 374.000 ab). Der rückläufigen Zahl stand auch eine gestiegene Scheidungsrate gegenüber. Wurden im Jahr 1992 noch sieben von 1000 Ehen geschieden, waren es im Jahr 2006 bereits 10. Nach Meinung und Berechnungen von Experten ist davon auszugehen, dass in Deutschland auch künftig mehr als ein Drittel aller Ehen früher oder später geschieden wird (BpB, 2008b, S. 15). Für einen weiteren Anstieg sprechen neben dem stetig nach oben zeigenden Trend der zusammengefassten Ehescheidungsziffern: der weiter zu erwartende Wiederanstieg der Scheidungsneigung in den neuen Bundesländern, die Zunahme von späten Ehescheidungen, die größere Instabilität von Zweit- und Drittehen, der gestiegene Anteil kinderloser Ehen, die wachsende Zahl von Menschen, die eine Ehescheidung bereits erlebt haben und eher bereit sind, den Ehekonflikt durch Scheidung zu lösen und die aus internationalen Trends gewonnene Erfahrung, dass ein einmal erreichtes hohes Scheidungsniveau selten wieder absinkt (Peuckert, s. 172). Das Risiko, dass eine Ehe geschieden wird, ist daneben abhängig von der Dauer der Ehe. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wiesen im Berichtsjahr 2005 die Ehen, die seit vier bis acht Jahren bestanden, die höchsten ehedauerspezifischen Scheidungsziffern auf. Bei den Ehen mit Kindern überwiegen die Ehescheidungen nach einer Ehedauer von 16 bis 20 Jahren mit 22,7 Prozent aller geschiedenen Ehen deutlich. Etwa die Hälfte der Ehen mit Kindern wurde nach einer Ehedauer von 6 bis 15 Jahren geschieden (BpB, 2008b, S. 16).

Das Alter der Ehegatten bei der Scheidung hat sich dabei in den vergangenen Jahren nach oben verschoben. Waren die Eheleute zum Zeitpunkt der Scheidung Anfang der 90er Jahre noch zu überwiegenden Anteilen zwischen 25 und 35 Jahre alt, hat es seit der Jahrtausend-Wende eine Verlagerung des Schwerpunktes zu den 35- bis 45-jährigen gegeben (Statistisches Bundesamt, Tabelle 6.14).

Trennungen vollziehen sich zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als Scheidungen. Zwar ist für nahezu keine der ledigen Mütter das allein Erziehen ein Lebensentwurf. Die Schwangerschaft kommt in der Regel ungelegen, dennoch stellen sich die Frauen in ihrer Lebensführung auf ihre Mutterrolle ein und erwarten dies auch vom Vater des Kindes. Fehlt die Bereitschaft oder die Fähigkeit des leiblichen Vaters zur Übernahme der Vaterrolle, kommt es häufig bereits in der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt des Kindes zur Trennung (Cyprian, S. 14). In der Hälfte der Fälle trennen sich Alleinerziehende von ihrem Partner, wenn die Kinder noch unter drei sind. Etwa 20 Prozent noch in der Schwangerschaft. (BMFSFJ, 2008a, S.44). Die Trennungsrate von nichtehelichen Lebensgemeinschaften innerhalb der ersten 6 Jahre ist etwa dreimal so hoch, wie die Trennungsrate von Ehen. Wenn die leiblichen Eltern eines nichtehelich geborenen Kindes unverheiratet zusammenleben, liegt das Risiko einer Trennung bis zum 18. Lebensjahr des Kindes sogar bei über 80 Prozent (Peuckert, S. 172).

Bildungsstand

Das Bildungsniveau der alleinerziehenden Frauen ist im Vergleich zu den Frauen insgesamt als überdurchschnittlich einzustufen. Nur fünf Prozent der alleinerziehenden Mütter und etwa drei Prozent der alleinerziehenden Väter verfügen über keinen Schulabschluss. Etwa ein Fünftel der alleinerziehenden Frauen und ein Viertel der Männer hat Fachhochschulreife und Abitur (VAMV, 2008a, S.1). Während 21 Prozent aller Frauen über einen Realschul- oder gleichwertigen Abschluss verfügen, sind dies nach Angaben des statistischen Bundesamtes bei den Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern 41,4 Prozent. 23,8 Prozent haben Fachhochschulreife oder Hochschulreife gegenüber 19 Prozent bei den Frauen insgesamt. Festzustellen ist auch, dass Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, prozentual über höhere Schulabschlüsse verfügen als

Alleinerziehende mit Kindern über 18 Jahren. So liegt der Anteil von Realschulabsolventen unter Hinzunahme der Alleinerziehenden mit Kindern über 18 Jahren bei 36 Prozent gegenüber 38,1 Prozent Alleinerziehenden mit Hauptschulabschluss (Tabelle 3 BSTA).

Rund 73 Prozent aller Alleinerziehenden verfügen über einen beruflichen Ausbildungsabschluss, während dies bei den Frauen insgesamt 66 Prozent sind (Im blickpunkt, S. 26).

In den letzten Jahren hat sich die Bildungssituation von Frauen stark verbessert. Es bestätigt sich auch hier, dass die jüngeren Jahrgänge formal einen höheren Bildungsstand aufweisen als ältere. Die Angebote des allgemeinen Bildungssystems werden von Frauen und Männern mittlerweile in gleicher Weise wahrgenommen, so dass bei der jüngeren Generation hinsichtlich des Bildungsniveaus zwischen beiden Geschlechtern kaum noch nennenswerte Unterschiede bestehen. 2004 besaßen in der Altersgruppe der 25- bis 35­Jährigen jeweils 35 Prozent der Frauen und der Männer eine Fachhochschul- oder Hochschulreife. Demgegenüber können im gleichen Jahr von den über 65-Jährigen nur 6 Prozent der weiblichen und 15 Prozent der männlichen Bevölkerung Abitur vorweisen. Ähnlich ist es bei den Lehrabschlüssen. Im Jahr 2004 hatten 55 Prozent der 25- bis 35­Jährigen Frauen eine Lehre abgeschlossen, hingegen nur 43 Prozent (1996: 39 Prozent) der 65-Jährigen und älteren Frauen (Nagel, S. 16). Das steigende Bildungsniveau von Frauen zeigt sich auch in einer Zunahme der Studentinnen. Seit 1998/99 hat sich der Anteil der weiblichen Studierenden um 3,2 Prozent erhöht, wobei die Zahl der Studierenden 2004/2005 mit 2,0 Millionen um 200.000 höher lag als noch vor sechs Jahren (Nagel, S.20). Erhebliche Unterschiede gibt es aber bei Frauen mit und ohne Kindern bei gleichem Bildungsstand zwischen den alten und den neuen Bundesländern. In den alten Ländern waren 19 Prozent der Frauen zwischen 40 und 75 Jahren mit mittlerem Bildungsabschluss und mehr als ein Viertel (26 Prozent) mit hohem Bildungsabschluss im Jahr 2006 kinderlos. Anders in den neuen Ländern. Hier ist der Anteil kinderloser Frauen mit mittlerem und hohem Bildungsniveau kleiner (8 Prozent) als mit niedrigem Bildungsniveau (13 Prozent). Das heißt im Umkehrschluss: Im Osten haben anteilig mehr Frauen mit Kindern einen hohen Bildungsabschluss als im Westen.

Das Bildungsniveau und ein möglicher daraus erwachsender Bildungsnachteil von Alleinerziehenden mit Kindern hängt stark von dem Weg ab, der zur alleinerziehenden Elternschaft geführt hat. Wie die Europäische Kommission in einer Studie herausfand, ist das Risiko eines niedrigen Bildungsabschlusses bei Witwen viel größer als bei verheirateten Müttern. Dieser negative Effekt wird aber bei Berücksichtigung des Alters abgeschwächt. In Ländern mit einer steigenden Anzahl von alleinerziehenden Teenager­Müttern ist zudem das Risiko eines viel niedrigeren Bildungsniveaus für unverheiratete Mütter viel größer als für verheiratete Mütter derselben Altersklasse (EU, S.3). Auch aus einigen Studien aus den Bundesländern geht hervor, dass jüngere alleinerziehende Frauen besonders häufig keinen Schulabschluss haben bzw. einen geringen schulischen oder Bildungsabschluss aufweisen. Im Vergleich sind diese Frauen besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen (Limmer, S. 134). Die Beziehung zwischen früher Elternschaft, Beziehungstrennungen und niedrigem Bildungsniveau scheint sich auch für die Gruppe „neuer" alleinerziehender Väter abzuzeichnen. Auch hier gibt es Verschiebungen von älteren Witwern hin zu jungen geschiedenen und unverheirateten alleinerziehenden Vätern, bei steigendem Anteil alleinerziehender Väter mit niedrigem Bildungsniveau (EU, S. 4).

Verweildauer im Status „allein erziehend"

Konstatieren lässt sich zunächst, dass die in einem Jahr von Einelternfamilien erhobenen Zahlen nur als Untergrenze aller Betroffenen anzusehen sind. Tatsächlich dürften wesentlich mehr Eltern während der Erziehung ihrer Kinder wenigstens eine Phase erleben, in der sie mit keinem Partner zusammenleben. Dies kann unmittelbar nach der Geburt des Kindes sein oder als Folge von Trennungen und Scheidungen mitten in der aktiven Erziehungszeit oder auch an ihrem Ende. Das heißt, auch in zahlreichen Paar­Familien gibt es Väter, Mütter und Kinder, die irgendwann einmal in einem Ein-Eltern- Haushalt gelebt haben (Cyprian, S. 14).

Häufig bleiben Alleinerziehende längerfristig in dieser Lebensform. Im Jahr 2005 waren von den 1,6 Millionen Ein-Eltern-Haushalten etwa ein Drittel weniger als drei Jahre alleinerziehend (BMFSFJ, 2008a, S. 44). 34 Prozent der Mütter und 16 Prozent der Väter sind jedoch seit mindestens 10 Jahren alleinerziehend und 23 Prozent der Alleinerziehenden zum wiederholten Male in dieser Situation. Dabei ist in den neuen Ländern dieser Anteil mit 37 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern mit 16 Prozent (Cyprian, S. 13).

Mit zunehmender Sicherheit in der neuen Lebenssituation und der Bewältigung der Ubergangsprobleme erhöht sich die Zufriedenheit der meisten Alleinerziehenden und sie wollen diese möglicherweise nicht mit einem neuen Partner gefährden. Viele geschiedene Alleinerziehende entwickeln daher im Verlauf des Alleinerziehens eine Präferenz für die Partnerschaftsform mit getrennten Haushalten (ebenda, S. 14).

Zwar werden immer mehr Ehen geschieden, die meisten Geschiedenen gehen jedoch nach einer gewissen Zeit wieder eine neue Ehe ein. Von 1991 bis zum Jahr 2006 hat sich die Zahl der Eheschließungen von geschiedenen Frauen um etwa fünf Prozentpunkte auf 25,7 Prozent aller Eheschließungen im Jahr 2006 (96.129) erhöht. Im Jahr 2000 waren nur noch 64 Prozent der westdeutschen und 59 Prozent der ostdeutschen Eheschließungen Erst­Ehen, was aber eben auch aus einer erhöhten Scheidungsrate an sich resultiert. 1960 waren es noch 83 bzw. 78 Prozent. Die Wiederheirat nach Scheidung hat dabei die Wiederheirat nach Verwitwung abgelöst. 95 Prozent der 1999 neu gegründeten Folgeehen von Frauen gegenüber 67 Prozent im Jahr 1960 waren Eheschließungen nach vorheriger Scheidung (Peuckert, S. 208).

Im Durchschnitt heiraten Frauen in den früheren Bundesländern mit 42,6 und in den neuen Ländern mit 44,2 Jahren zum wiederholten Mal. Dabei unterlag die Spanne zwischen dem durchschnittlichen Erstheiratsalter und dem Alter bei erneuter Heirat im Laufe der letzten Jahrzehnte nur geringfügigen Schwankungen und hat sich seit Beginn der 90er Jahre bis ins Jahr 2006 von 12 auf 13 Jahre erhöht (Tabelle 6.5., StBA).

In 69.500 Fällen oder 18,6 Prozent aller Eheschließungen wurden voreheliche Kinder mit in die neue Ehe gebracht. Im Jahr 1990 betrug der Anteil der Eheschließungen mit vorehelichen Kindern nur etwa 5 Prozent und ist damit in den zurückliegenden 15 Jahren deutlich angestiegen (Tabelle 2.3., StBA).

Am schwersten fällt die Neuorientierung verwitweten Alleinerziehenden. Der Wunsch nach einer neuen Partnerschaft ist in dieser Gruppe am größten, wird aber am seltensten realisiert (Cyprian, S. 14). Seit den 90er Jahren werden deutlich weniger als 2 Prozent der Ehen von verwitweten Frauen geschlossen, im Jahr 2006 lag die Quote bei etwa 1,2 Prozent (Tabelle 2.5., StBA).

Die Wiederverheiratungsneigung Geschiedener hängt von personenbezogenen, ehebiografischen und jurstischen Merkmalen sowie von den Strukturen des Heiratsmarktes ab. Wichtige Bestimmungsfaktoren der

Wiederverheiratungswahrscheinlichkeit sind unter anderen das Scheidungsalter, der Bildungsstatus, die Ehedauer und Kinder. Die Wiederverheiratungswahrscheinlichkeit sinkt mit steigendem Scheidungsalter. Das Bildungsniveau der Frauen ist zwar weitgehend unbedeutend für die Wahrscheinlichkeit eine zweite Ehe einzugehen, jedoch verkleinert sich der verfügbare Pool von "angemessenen" Heiratspartnern bei den Frauen um so mehr, je qualifizierter sie sind. Zudem haben Frauen mit einem sozio-ökonomisch hohen Status eine niedrigere Wiederverheiratungswahrscheinlichkeit. Vermutlich sind Frauen mit niedrigem Status aus Gründen der Existenzsicherung häufiger zu einer baldigen Wiederheirat gezwungen. Auch eine lange Ehedauer erhöht die Wahrscheinlichkeit der Wiederheirat. Dabei gilt, je später die Scheidung, desto unmittelbarer wird, falls überhaupt, wieder geheiratet. Geschiedene mit Kindern unter 6 Jahren aus der ersten Ehe haben eine wesentlich höhere Neigung, wieder zu heiraten. Vermutlich ist die Heiratswahrscheinlichkeit geschiedener Mütter in der Kleinkindphase auf Grund des größeren Wunsches der Frau nach Wiederherstellung einer "vollständigen" Familie und der schnelleren gegenseitigen Akzeptanz zwischen den Kindern und einem neuen Partner der Frau erhöht, während sich in der Pubertätsphase wegen des ausgeprägten Widerstandes der Kinder gegen die Aufnahme eines neuen Partners der Frau in die Familie die Wiederverheiratungswahrscheinlichkeit verringert (Peuckert, S. 210).

Erwerbsleben von Einelternfamilien

Chancen und Teilhabe

In der Zweielternfamilie disponieren beide Eltern als Haushaltsmitglieder "innerhalb der gesellschaftlich und individuell gestalteten Rahmenbedingungen für den privaten Haushalt" darüber, welcher Anteil ihrer Arbeitsressourcen im hauswirtschaftlichen Bereich bleibt und welcher auf dem Arbeitsmarkt angeboten wird. Einelternfamilien stehen vor der zumeist schwierigen Situation, dass hier ein andauernder Ressourcenverlust eingetreten ist und eine einzige Person allein Familienarbeit und Erwerbsarbeit und ihre Vereinbarkeit als Daseinsvorsorge zur Sicherung der - nicht nur wirtschaftlichen - Lebensgrundlage zu gewährleisten hat. Alleinerziehende sind daher von der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit in einer Weise existenziell betroffen, die für Zweielternfamilien so nicht gilt. Der Druck der sozioökonomischen und sozialpolitischen Verhältnisse, verwandelt alleinerziehende Mütter in erwerbstätige Haushaltsvorstände (Enders-Dragässer, S. 4). Mehr noch als Eltern-Familien sind Alleinerziehende auf Unterstützungen und Hilfe angewiesen. Dabei ist die Kinderbetreuungssituation von unmittelbarer Bedeutung für die Erwerbs- und Bildungsmöglichkeiten von Müttern (ebenda, S. 5). 80 Prozent der Alleinerziehenden nutzen institutionelle Angebote. Fast ebenso viele sind darauf angewiesen, zusätzlich private Hilfe für die Kinderbetreuung zu organisieren. Diese Lösungen sind jedoch mit hohem organisatorischem Aufwand belegt. Es besteht Bedarf an organisatorischer und finanzieller Unterstützung als auch an flexiblen und unkompliziert nutzbaren Angeboten zur Kinderbetreuung (Schneider, S.3).

Wenn bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, ist dies ein Haupthemmnis bei der Aufnahme und Ausübung von Erwerbstätigkeit für Alleinerziehende (Gallingen/Fischer/Simon, S. 51). Die so genannte "Abkehr" vom Arbeitsmarkt, die sich für Alleinerziehende als Armutsrisiko erweist, ist nur selten frei gewählt, sondern Ergbnis eines Verhandlungs- und Abstimmungsprozesses, der vor dem Hintergrund unzureichender Kinderbetreuung und geschlechterungerechter Arbeits- und Einkommensverhältnisse zum Nachteil von Frauen gereicht (VAMV, 2008, S. 6).

In Studien und Befragungen von Alleinerziehenden hat sich gezeigt, dass die Frauen unterschiedliche Strategien entwickelt haben, ihre Sonderprobleme mit der

Kinderbetreuung möglichst unsichtbar zu machen. Die nötige Kinderbetreuungszeit sicherten sich einige der Frauen durch Stellenwechsel, der mit Nachteilen verbunden war. Andere wechselten auf eine Teilzeitstelle bei Einbußen an nötigem Verdienst und wieder andere erkauften den Stellenwechsel mit deutlich längeren Fahrzeiten oder tauschten eine für sie interessante Tätigkeit gegen eine uninteressante ein. Weitere Möglichkeiten waren eine flexible Handhabung der Arbeitszeit per Diensttausch oder Nacharbeiten von ausgefallener Zeit (Wörndl, S. 3). Eltern und Großeltern sind eine wichtige Stütze bei der Kinderbetreuung, aber auch im Haushalt. Gerade bei Berufstätigen funktioniert selbst die Unterbringung im Kindergarten nur, weil Familienmitglieder eingreifen (ebenda, S.5).

Es ist inzwischen belegt, dass Frauen mit Kindern aufgrund von

Kinderbetreuungsproblemen bedingten quantitativen und qualitativen Diskontinuitäten in ihren Bildungsmöglichkeiten und Erwerbsverläufen schwerwiegender und über längere Phasen als zuvor angenommen beruflich benachteiligt sind, mit der Konsequenz ihrer niedrigeren Erwerbsbeteiligung, niedrigerer Einkommen und entsprechender Schlechterstellung bei der Altersversorgung (Enders-Dragässer, S. 5). Da alleinerziehende Frauen im gesamten Bundesgebiet fast neun Zehntel der Alleinerziehenden ausmachen, bedeutet das, sie werden weiterhin in doppelter Weise auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, als Frauen und als Alleinerziehende (Gallingem/Fischer/Simon, S. 54).

Für einen hohen Anteil Alleinerziehender gilt, dass sie unter ihren beruflichen Qualifikationen und Potenzialen beschäftigt sind. Arbeitgeber begegnen Alleinerziehenden immer noch mit großen Vorbehalten. Sie rechnen stark mit vermehrten

Fehlzeiten wegen eigener oder möglicher Krankheiten der Kinder und mit einer eher instrumentellen Arbeitsorientierung. Erfahrungen zeigen jedoch, dass die biografische Kompetenz, die Alleinerziehende bei der Bewältigung ihrer schwierigen Lebensumstände an den Tag legen, auch ein Erfahrungsfundus sein kann, der für die Erledigung komplexer Aufgaben in der Arbeitswelt hilfreich ist (Erler, S. 3).

In den letzten Jahren ist insgesamt eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen zu beobachten. Mit knapp 49 Prozent stellen Frauen heute fast die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland. 1991 lag der Anteil noch bei rund 44 Prozent (BfA, S. 6). Doch während 36 Prozent der ostdeutschen und 32 Prozent der westdeutschen Frauen ihren überwiegenden Lebensunterhalt durch Erwerbseinkommen bestreiten, ist dieser Anteil bei den Alleinerziehenden mit 56,3 Prozent überdurchschnittlich hoch (vgl. Mogge-Grotjahn). Neben den individuellen Wünschen sind es vor allem unzureichende Unterhaltszahlungen und ökonomische Zwänge, die zu einer hohen Erwerbsorientierung Alleinerziehender führen. Alleinerziehende Frauen in Westdeutschland sind zum einen deutlich häufiger erwerbstätig als verheiratete Mütter (59 Prozent zu 48 Prozent), zum anderen prozentual doppelt so häufig vollzeitbeschäftigt (29 Prozent) wie mit Ehepartner zusammenlebende Frauen (Engelbrech/Jungkunst, S. 2)

Insgesamt hat die Erwerbstätigenquote der Frauen im Westen, die der Frauen im Osten erreicht. Die Entwicklungen in beiden Landesteilen sind zum Teil jedoch gegenläufig. Während in Westdeutschland die Erwerbsquote auf einen neuen Höchststand kletterte, ist in Ostdeutschland infolge der drastischen Arbeitsmarkteinbrüche seit 1990 die Frauenerwerbstätigkeit und damit auch die Vollzeitarbeit deutlich zurückgegangen (Klenner, S.33/34). Allerdings auf einem sehr viel höheren Ausgangsniveau, so dass heute die Vollzeitquote der erwerbstätigen Frauen noch immer deutlich über der in den alten Bundesländern liegt. Im Jahr 2007 arbeiteten 49 Prozent der alleinerziehenden ostdeutschen Frauen Vollzeit gegenüber 53 Prozent der verheirateten Mütter (Engelbrech/Jungkunst, S. 2).

Im Westen haben es vor allem Teilzeitangebote und geringfügige Beschäftigungen immer mehr Frauen ermöglicht, erwerbstätig zu sein (BMFSFJ, 2005, S. 1). Der Zuwachs bei der Erwerbsquote um sechs Prozentpunkte von 1996 auf 61 Prozent im Jahr 2004 ist dabei fast ausschließlich auf vermehrte Teilzeitarbeit zurückzuführen. In Westdeutschland stieg die Teilzeitquote um sieben bis acht Prozentpunkte, in Ostdeutschland um sechs bis sieben Prozentpunkte an (BMFSFJ, 2006, S. 224). Heute sind 30 Prozent der Alleinerziehenden in Westdeutschland Teilzeit beschäftigt, in Ostdeutschland sind dies 10 Prozent der alleinerziehenden Frauen (Engelbrech/Jungkunst, S. 2).

Hinter der Teilzeitarbeit Alleinerziehender verbirgt sich aber häufig ein harter Zwang. Nur wenige Alleinerziehende können aus dem Einkommen von Teilzeitstellen für sich und ihre Kinder die Existenz bestreiten (Erler, S. 2). Ostdeutsche Frauen werden dabei aufgrund ungünstiger Arbeitsmarktbedingungen in besonderem Maße in atypische Beschäftigungsverhältnisse gedrängt (BMFSFJ, S. 1). Oft müssen Alleinerziehende ungewollte Teilzeitstellen, schlechtere Arbeitsbedingungen, ungünstige oder längere Arbeitszeiten und weitaus häufiger Befristungen hinnehmen (Engelbrech/Jungkunst, S.1). Vor allem im Westen Deutschlands schränken Frauen mit Kindern im Haushalt ihre

Berufstätigkeit bis zum Alter von 40 Jahren auf eigenen Wunsch merklich ein. Fast jede zweite westdeutsche Frau (48 Prozent) im Alter zwischen 20 und 44 Jahren hält das Modell „Familie und Teilzeitarbeit" für die günstigste Lösung, gefolgt von dem Wunsch nach einem zeitlich begrenzten Ausstieg aus dem Erwerbsleben, so lange die Kinder klein sind (26 Prozent). Vollzeiterwerbstätigkeit spielt eine eher untergeordnete Rolle (13 Prozent; Peuckert, S. 237).

Meistens sind es alleinerziehende Mütter mit mehreren und noch kleinen Kindern, die eine Zeitlang nicht erwerbstätig sind (AGIA, S. 16). Mit der Folge von Einkommenseinbußen. Studien belegen, dass Unterbrechungen nicht nur für die Zeit des Berufsausstieges einen akuten Einkommensverlust mit sich bringen, sondern auch langfristig das Einkommenspotenzial der wieder Beschäftigten einschränken. Allein eine Elternzeit von 10 Monaten führt nach Ruhm (1998) zu einem Lohnverlust von 4 Prozent (BMFSFJ, 2005, S. 1).

Die ökonomische Notwendigkeit zu arbeiten ist für Mütter in den neuen Ländern größer, da sie häufiger alleinerziehend sind und auch häufiger mit der Erwerbslosigkeit des Vaters des Kindes und einem geringeren Einkommen des Partners rechnen müssen. Auch wird in den neuen Bundesländern die Vereinbarkeit von Vollzeiterwerbstätigkeit und Familie nicht nur häufiger praktiziert als in den alten Bundesländern, sondern auch häufiger angestrebt (43 Prozent). Erst an zweiter Stelle steht hier der Wunsch nach einer Teilzeitbeschäftigung (41 Prozent). Einen befristeten Ausstieg aus dem Erwerbsleben wünschen sich lediglich 9 Prozent (Peuckert, S. 239)

Mit dem Alter des Kindes steigen allgemein Erwerbstätigkeit und Wochenarbeitszeit von Frauen an. Heute arbeiten ab einem Alter des jüngsten Kindes von 12 Jahren 60 Prozent der alleinerziehenden Mütter mehr als 31 Stunden in der Woche (Cyprian, S. 16). Das entspricht der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von Frauen insgesamt. Jedoch hat die zunehmende Frauen-Erwerbstätigkeit, und hier besonders von Müttern, insgesamt kaum zu einem höheren Erwerbsvolumen geführt. Stattdessen hat sich die Schere zwischen den durchschnittlichen Arbeitszeiten von Frauen und Männern (40,2 Stunden/Woche) deutlich weiter geöffnet (Mogge-Grotjahn, S. 354). Die oft ungünstige Arbeitssituation spiegelt sich auch in den Einkommen. Die Lücke zwischen normativer und faktischer Gleichstellung der Geschlechter ist noch unerwartet groß. Dies erklärt sich aus der Verknüpfung dreier Ungleichheits- oder Benachteiligungsmechanismen: dem ungleichen Arbeitsvolumen, ungleicher Entlohnung von Frauen- und Männer-Tätigkeiten sowie den ungleichen Erwerbschancen und der Entlohnung in Ost- und Westdeutschland, die in Anbetracht der in Ostdeutschland häufigeren Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen sich wiederum in geschlechtsspezifischen Einkommensdifferenzen niederschlägt (ebenda, S. 354).

Mit einigen Schwankungen stagnierte die schlechte Einkommensposition der Alleinerziehenden über zwei Jahrzehnte. Ein Drittel der Alleinerziehenden verdient heute monatlich weniger als 1300 Euro, die Hälfte der Alleinerziehenden zwischen 500 und 1500 Euro, wohingegen Paare mit Kindern deutlich häufiger zu den Haushalten mit mittleren und höheren Einkommen zählen (Cyprian, S.15). Nach einer niedersächsischen Studie leben insbesondere junge Frauen, die sich in Ausbildung befinden, arbeitslose sowie nichterwerbstätige Alleinerziehende finanziell beengt.

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Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Armutsfalle Alleinerziehend?
Untertitel
Untersuchung des Altersarmutsrisikos alleinerziehender Frauen in Deutschland
Autor
Jahr
2010
Seiten
119
Katalognummer
V152414
ISBN (eBook)
9783640653935
ISBN (Buch)
9783640654390
Dateigröße
1576 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Armut, Altersarmut, Frauen, alleinerziehend, Deutschland, Rente, Altersvorsorge, Kinderarmut, Armutsrisiko
Arbeit zitieren
Lic. rer. publ. Solveig Schuster (Autor:in), 2010, Armutsfalle Alleinerziehend?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152414

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