Hauptsache kompliziert?! - Sprache im Fachjournalismus


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung: Sprache – das Chamäleon im fachlichen Blätterwald

2. Fachzeitschriften als Foren der Experten

3. Fachzeitschrift ist nicht gleich Fachzeitschrift: Nuancen der Komplexität

4. Die Wissensgemeinschaft und ihre Fachsprache: Fachjournalisten und Rezipienten

5. Satzstrukturen zwischen Schlagzeilenstil und Schachtelsatz

6. Kritischer Journalismus oder Hofberichterstattung? - Eine Frage des (Sprach-)Stils

7. Fazit: Fachzeitschriften und Fachfremde

Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Sprache – das Chamäleon im fachlichen Blätterwald

Ohne die Silbe „Fach“ wäre das Wort „Fachzeitschrift“ nicht vollständig. Fachschriften tragen ihren Namen, weil sie sich ein Fachgebiet zum Thema machen. Diese Hausarbeit thematisiert das Thema Sprache im Fachjournalismus anhand von mehreren Beispielen aus Fachzeitschriften.

Die Auseinandersetzung mit diesem Thema sollte sich hier jedoch -salopp ausgedrückt- nicht mit der Feststellung „Hach, ist das alles kompliziert geschrieben“, begnügen. Anders gesagt: die Untersuchung von Syntax und Lexik ist in dieser Hausarbeit kein Selbstzweck. Denn es geht hier nicht darum, Satzbau und Wortwahl einzelner Fachzeitschriften auf einer grammatikalischen beziehungsweise linguistischen Mikroebene zu analysieren. Denn Sprache hat schließlich nicht nur individuelle Strukturen, sondern auch individuelle Inhalte. Um das Verhältnis zwischen Sprache und Fachzeitschrift besser zu verstehen, reicht das Zählen von Kommata und Nebensätzen folglich nicht aus. Vielmehr gilt es, Sprache als einen Teil des Gesamtsystems Fachjournalismus zu verstehen, sie in einem direkten Kontext mit Themen und Rezipienten fachjournalistischer Publikationen zu begreifen.

Sprache ist das elementarste Werkzeug des Journalismus. Wäre sie ein Tier, dann ein Chamäleon. Ihr Stil wechselt, meist mit Thema und Rezipientenkreis. Diese Wechselwirkung macht ihre Rolle im (Fach-)Journalismus so interessant. Zugleich ist es deshalb jedoch auch schwer, auf der sprachlich-stilistischen Ebene übereinstimmende Merkmale von Sprache in Fachzeitschriften zu finden. Denn im Zusammenspiel sprachlicher Nuancierungsmöglichkeiten und fachjournalistischer Themenvielfalt entsteht eine Fülle von individuellen Merkmalen einzelner Zeitschriften. Anders gesagt: die Sprache von „Bänder, Bleche, Rohre“ ist eine andere als die von „Tibia – Magazin für Holzbläser“.

Und doch gibt es bei vielen Zeitschriften eine wesentliche Gemeinsamkeit – und die liegt im Verwenden von Fachsprache. Fachsprache ist kein individuelles Phänomen einzelner Fachzeitschriften. Sie ist in Publikationen aus den unterschiedlichsten Themenfeldern zu finden. Die Beschäftigung mit ihrer Bedeutung im Fachjournalismus bildet deshalb den wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkt dieser Hausarbeit.

Die vorliegende Ausarbeitung ist der Versuch einer grundsätzlichen Bestandsaufnahme ohne missionarische Stoßrichtung. Eine einseitige Parteinahme für Fachjournalisten und ihren derzeitigen Sprachgebrauch ist deshalb nicht das Ziel, ein Plädoyer für einen allgemeinverständlichen Fachjournalismus ebenso wenig.

2. Fachzeitschriften als Foren der Experten

Fachzeitschriften lassen sich in der Abgrenzung von General Interest-Publikationen begreifen: Claudia Mast beschreibt in ihrem Standardwerk „ABC des Journalismus“ vier Kriterien für Tageszeitungen : „Wesentliche Merkmale der Tageszeitung sind ihre Aktualität, Publizität (sie stellt Öffentlichkeit in ihrem jeweiligen Verbreitungsgebiet her), Periodizität (sie erscheint mindestens zweimal wöchentlich) und Universalität (Vielfalt der Themen). Sie berichtet über einen weiten Themenkreis, der Politik, Kultur, Unterhaltung, Sport und sonstiges Zeitgeschehen umfasst.“ [1] Der Unterschied zu Fachzeitschriften besteht hier primär im letztgenannten Kriterium. Während General-Interest-Publikationen eine große Bandbreite an Themen behandeln und sich damit grundsätzlich an alle Lesekundigen in seinem Verbreitungsgebiet richten, konzentrieren sich Fachzeitschriften auf einen enger gefassten Leserkreis. Dieser kann sowohl Rezipienten umfassen, die sich in Beruf oder Studium mit einem bestimmten Fachgebiet auseinander setzen, als auch solche, die sich in ihrer Freizeit mit einem bestimmten Themenfeld beschäftigen.

Diese Ausrichtung wirkt sich somit auch ein weiteres Kriterium aus: die Publizität. Auch Fachzeitschriften stellen Öffentlichkeit her; aber es ist keine allgemeine Öffentlichkeit, sondern eine partikulare, weil partikular interessierte Rezipientenschicht, die hier angesprochen wird. Anders gesagt: Fachzeitschriften werden in der Regel von Experten für Experten herausgegeben. Durch die Tatsache, dass es sich hier um Zeitschriften und nicht um Zeitungen handelt, ist zudem eine seltenere Erscheinungsweise die Regel - in der Regel maximal wöchentlich. Folglich gelten für Fachzeitschriften somit auch in punkto Aktualität andere Maßstäbe.

Auch allgemeine journalistische Qualitätskriterien bedürfen in punkto Fachjournalismus einer Spezifizierung. „Wir unterscheiden vier Dimensionen, in die solche Qualitäten sich erstrecken können: Vielfalt, oder anspruchsvoller: U n i v e r s a l i t ä t, Richtigkeit, oder anspruchsvoller W a h r h e i t, A k t u a l i t ä t und schließlich V e r s t ä n d l i c h k e i t“, heißt es im Werk „Stilistik für Journalisten.“[2]

Es liegt im Wesen des Fachjournalismus, dass in punkto Verständlichkeit für Fachzeitschriften andere Maßstäbe gelten, als für General-Interest-Produkte. Verständlichkeit bezeichnet in bezug auf Fachzeitschriften eben keine Allgemeinverständlichkeit, sondern eine intradisziplinäre Verständlichkeit; eine Ebene der Kommunikation zwischen Fachleuten, die auf einem gesicherten Fundament fachspezifischen Vorwissens basiert, das keiner Erklärung von spezifischen Grundbegriffen bedarf. Fachjournalisten, ihre Informanten und Rezipienten bilden folglich eine gesellschaftlich partikulare Wissensgemeinschaft. Hiervon wird auf den folgenden Seiten noch näher die Rede sein, da sich gerade dieses Phänomen stark auf sprachliche Charaktermerkmale in Fachzeitschriften auswirkt.

Auch Claudia Mast unterstreicht die Bedeutung der partikularen Rezipientengruppe in ihrer Definition von Fachzeitschriften: „Fachzeitschriften wenden sich an ein speziell interessiertes Publikum, das zu klar definierten Themen informiert werden möchte. Das Hauptanliegen ist die fachlich ausgerichtete Informationsvermittlung in Wirtschaft und Gesellschaft. Zielgruppen sind in der Regel z. B. Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe, eines Verbandes oder einer Religionsgemeinschaft. Es wird zwischen wissenschaftlichen und berufsbezogenen Fachzeitschriften unterschieden; erstere Gruppe dient der Kommunikation innerhalb verschiedenster Wissenschaftsgebiete und stellt das wichtigste Forum der wissenschaftlichen Kommunikation dar. Die zweite Gruppe transportiert berufsbezogene Informationen und ist in der Regel unverzichtbare Informationsquelle für die meisten Berufsgruppen.“[3]

Auf der Ebene journalistischer Publikationssparten lässt sich allerdings eine klare Trennlinie zwischen Fachzeitschriften und Special-Interest-Zeitschriften mitunter nur schwer ausmachen. Dies liegt vor allem an einer großen Schnittmenge von Hobbyisten und beruflichen Experten. Der Begriff „Special Interest“ impliziert zwar grundsätzlich eine eher hobbyhafte Beschäftigung mit einem bestimmten Themengebiet; dennoch gibt es viele Fälle, bei denen die Grenzen zwischen Freizeitgestaltung und hauptberuflicher Auseinandersetzung nur schwer zu ziehen sind; beispielsweise im Falle von Sammlermagazinen, die sowohl von Freizeitinteressierten als auch von hauptberuflichen Händlern gelesen werden.

Abgrenzungsprobleme in Einzelfällen sind jedoch kein Grund, die Augen davor zu verschließen, dass Journalismus nicht nur in Massenmedien sondern auch in Veröffentlichungen für partikulare Rezipientenschichten stattfindet. Zu groß ist die Gesamtauflage solcher Titel, um dieses Phänomen aus medienwissenschaftlicher Sicht zu ignorieren - egal, ob man die oben genannten Grenzfälle mit einbezieht oder nicht.

Denn genau wie das Feuer keinen Namen braucht, um zu brennen, sind auch „Fachzeitschrift“ und „Special Interest-Magazin“ Begriffe, von denen die Existenz der jeweiligen Publikationen nicht abhängt. Ein Verleger wird die Herausgabe seiner Zeitschrift nicht deshalb stoppen, weil ein Medienwissenschaftler Probleme hat, ihr den passenden Begriff in seinem Kategoriensystem zuzuweisen. Denn bei diesen Begriffen handelt es sich schließlich um künstliche, nachträglich geschaffene Oberbegriffe, die es ermöglichen sollen, in einem sich immer weiter diversifizierenden Medienmarkt den Überblick zu behalten.

3. Fachzeitschrift ist nicht gleich Fachzeitschrift: Nuancen der Komplexität

Komplexität ist eine Frage der Perspektive. Denn der Schlüssel zum Verstehen von Fachpublikationen ist Fachwissen. Bildlich gesprochen: Wer diesen Schlüssel hat, gelangt in den jeweiligen Wissensbau, wer ihn nicht hat, bleibt vor der Tür. Er kann die Texte lesen, aber er versteht nicht, worum es darin geht.

Und doch scheint es im Vergleich, als seien manche Fachzeitschriften für den Laien verständlicher als andere. Oder, um zu der bildlichen Ausdrucksweise zurückzukehren: Bei einigen Fachzeitschriften gelangt man auch ohne Schlüssel zumindest in den Hausflur, bei anderen nicht einmal in den Vorgarten. Liegt das daran, dass manche Fachjournalisten komplizierter schreiben als ihre Kollegen? Solche Rückschlüsse wären vorschnell. Denn die Bandbreite fachjournalistischer Erzeugnisse reicht von der Zeitschrift für das Reinigungswesen über das Wochenheft für den Reiseverkäufer oder das Fachmagazin für den Elektrotechniker bis hin zur akademischen Vierteljahresschrift, die sich an Experten für Holzblasinstrumente richtet. – Sie alle verfügen über unterschiedliche sprachliche Merkmale, die über ihre Position auf der Polaritätenskala zwischen „Allgemeinverständlich“ und „Fachchinesisch“ entscheiden.

Solche sprachlichen Merkmalsausprägungen finden auf unterschiedlichen Ebenen statt. Eine grundsätzliche Unterscheidung ist die zwischen Syntax und Lexik. Auf der Ebene der Syntax lässt sich der Satzbau fachjournalistischer Publikationen begutachten; auf der Ebene der Lexik die Wortwahl. Diese beiden strukturellen Ebenen haben zugleich Einfluss auf den gesamten sprachlichen Stil von Fachzeitschriften.

[...]


[1] Mast, Claudia; ABC des Journalismus; UVK Medien; Konstanz; 1998; S. 18

[2] Kurz, Josef u.a. Stilistik für Journalisten; Westdeutscher Verlag; Opladen; 2000; S. 23 (Hervorhebungen im Original. T.J.)

[3] Mast, Claudia; ABC des Journalismus; UVK Medien; Konstanz; 1998; S. 21

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Hauptsache kompliziert?! - Sprache im Fachjournalismus
Hochschule
Hochschule Bremen  (Internationaler Studiengang Fachjournalistik)
Veranstaltung
Medientheorie V
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V15551
ISBN (eBook)
9783638206242
ISBN (Buch)
9783638758338
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hauptsache, Sprache, Fachjournalismus, Medientheorie
Arbeit zitieren
Thomas Joppig (Autor:in), 2003, Hauptsache kompliziert?! - Sprache im Fachjournalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15551

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