The Man And His (Postmodern) Movies:
„Und dann kommt eines Tages eine Supertrash-Variante von einem dirty war movie, in dem Juden nicht Opfer sind, sondern Helden einer blutigen revenge fantasy, in dem die Résistance gewinnt und Hitler, ohne Rücksicht auf historische Fakten, mitsamt seiner widerlichen Entourage – Kaboooom! – in die Luft gesprengt wird.“
Was passiert, wenn sich Quentin Tarantino den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus vornimmt, ist in diesem Zitat prägnant auf den Punkt gebracht: Den Zuschauer erwartet ein ungewöhnliches Kino-Märchen, in dem die Guten Rache an den mordenden Nazis nehmen dürfen, das sich hemmungslos bei cineastischen Vorbildern bedient, unterschiedlichste Genres zu einem neuen Ganzen mischt und die Künstlichkeit des Films niemals verhüllt, sondern sie sogar offen in den Kern der Erzählung rückt: Dem Kino wird dadurch die Chance gegeben, über die historische Wirklichkeit zu triumphieren.
Ein Blick zurück erklärt, dass Quentin Tarantinos Weg fast unweigerlich ins Filmbusiness und zum filmischen Pastiche führen musste – immerhin wurde ihm der filmische Bezug buchstäblich in die Wiege gelegt, ist er doch nach „Quint Asper“, einer Figur aus der TV-Western-Serie „Gunsmoke“, benannt. Als Kind verbrachte er außerdem viel Zeit in so genannten „Grindhouses“, eher schäbigen US-Vorstadtkinos, die für Trash, B-Movies und Exploitationfilme bekannt waren und sich als Referenzpunkte in Tarantinos Filmen niederschlagen sollten. Mit 17 Jahren verließ er die Schule, um Schauspielunterricht zu nehmen und bekam dank seines enormen Filmwissens fünf Jahre später einen Job in den „Video Archives“ in Kalifornien. Hier baute Tarantino seine umfangreichen Kenntnisse über Filme jeglicher Art weiter aus.
Es erscheint daher kaum verwunderlich, dass Tarantino „[…] einfach weg[wirft], was [er] nicht mag, und [behält], was [ihm] gefällt“ und am Ende eine cineastische „Pastetenfüllung“ herauskommt – Tarantino macht das Kino selbst zum Gegenstand seiner Filme und könnte daher als „Meister“ des postmodernen Films angesehen werden. Die postmoderne Filmästhetik umfasst immerhin vier zentrale Merkmale, die auch in Tarantinos Werk eine große Rolle spielen: Intertextualität, Spektakularität und Ästhetisierung, Selbstreferentialität sowie Anti-Konventionalität und dekonstruktive Erzählverfahren.
Inwiefern aber ist Tarantinos neueste cineastische Pastetenfüllung, „Inglourious Basterds“, nicht nur postmodern, sondern auch selbstreflexiv?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: The Man And His (Postmodern) Movies
- 2. Selbstreflexivität in „Inglourious Basterds“
- 2.1 „Inglourious Basterds“ – Ein Titel mit (mehr als) doppeltem Boden
- 2.2 „Ein bisschen Western, ein bisschen dirty war und ganz viel Rache - fertig ist ein Tarantino-Film“
- 2.3 Dekonstruktionsstrategien
- 2.4 Der Film im Film
- 2.5 „Wer bin ich?“ - Das Spiel im Spiel
- 3. Bruch mit Stereotypen und Kino-Mythen
- 4. Schlussbemerkung: Selbstreflexivität vs. Selbstreferentialität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die Selbstreflexivität in Quentin Tarantinos Film „Inglourious Basterds“. Das Hauptziel ist es, die verschiedenen Strategien zu analysieren, die Tarantino einsetzt, um den Film als Kunstprodukt zu inszenieren und das Bewusstsein des Zuschauers für den filmischen Prozess zu schärfen.
- Analyse von Tarantinos postmodernem Stil und dessen Einfluss auf die Selbstreflexivität
- Die Verwendung von Intertextualität und die Dekonstruktion von Filmgenres
- Die Rolle des Films im Film und die Reflexion der Wahrnehmungsstrukturen
- Der Einfluss von Propaganda und die Darstellung der Filmindustrie als politischer Faktor
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt den Leser in Quentin Tarantinos Werk und seine filmischen Vorlieben ein. Es beleuchtet seine prägenden Einflüsse, wie den Grindhouse-Filmen und seiner Leidenschaft für das Kino. Kapitel zwei konzentriert sich auf die Selbstreflexivität in „Inglourious Basterds“. Es analysiert den Titel, die Handlung und die ästhetischen Mittel, die Tarantino einsetzt, um den Film als Kunstwerk zu präsentieren und seine künstliche Natur offenzulegen. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Dekonstruktion von Stereotypen und Kino-Mythen im Film. Die Analyse zeigt, wie Tarantino mit gängigen Genre-Konventionen bricht und eine alternative Geschichte des Zweiten Weltkriegs erzählt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Selbstreflexivität, Intertextualität, Postmoderne, „Inglourious Basterds“, Quentin Tarantino, Film im Film, Dekonstruktion, Propaganda, Grindhouse, Kino-Mythen, Genre-Konventionen, historische Revision.
- Arbeit zitieren
- Bachelor of Arts Britta Wehen (Autor:in), 2010, Selbstreflexivität in Tarantinos "Inglourious Basterds", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156468