Wir wollen nun im Folgenden versuchen, die Entwicklung nachzuzeichnen, die im Laufe des Mittleren Reiches zur verstärkten Ansiedlung asiatischer Volksgruppen im Ostdelta führte, und zu Beginn der Zweiten Zwischenzeit in einer Abspaltung dieser völkischen Elemente mit darauf folgender Fremdherrschaft über weite Teile des Landes mündete. Hierzu sollen zunächst die zeitgenössischen und späteren schriftlichen Quellen untersucht werden, aus denen eine Ansiedlung von Asiaten im Ostdelta hergeleitet werden kann. Weiteren Aufschluß bietet uns im Anschluß die Betrachtung der materiellen Hinterlassenschaften des Zeitraumes
von der 12. bis zur beginnenden 15. Dynastie im Ostdelta. Exemplarisch werden in diesem Kontext die Ergebnisse der von Manfred Bietak geleiteten österreichischen Grabungen in Tell el-Dab´a und Umgebung vorgestellt, zumal dieser Fundort sich im Hinblick auf unsere Zeitstellung als am ergiebigsten erwies. Im ersten Schritt soll dazu ein kurzer Überblick über die Besiedlungsgeschichte der Region von Tell el-Dab´a im Zeitraum von der 12. bis zum Beginn der 15. Dynastie gewährt werden. Im zweiten Schritt werden wir jene Elemente der materiellen Kultur herausstellen, die als typisch asiatisch gelten können. Aufgrund der großen Menge an Funden und Befunden aus mittlerweile mehr als 40 Jahren Grabungsgeschichte
muß dieser Überblick naturgemäß summarisch bleiben und sich auf einige Beispiele stützen, ohne dabei jedes einzelne Detail berücksichtigen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Vorderasiatische Besiedlung des Ostdeltas anhand schriftlicher Quellen
- 1. Situation in der 12. Dynastie:
- 2. Situation zu Beginn der Zweiten Zwischenzeit:
- III. Vorderasiatische Besiedlung des Ostdeltas anhand der materiellen Hinterlassenschaften aus Tell el-Dab´a
- 1. Besiedlungsgeschichte der Region Tell el-Dab´a/Auaris
- 2. Asiatische Elemente in Befunden und Fundgut
- a) Architektur:
- b) Grabsitte:
- c) Keramik:
- d) Bewaffnung:
- e) Anthropologisches Material
- IV. Ergebnis
- V. Literatur
- VI. Abbildungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Seminar „Oberägypten in der Zweiten Zwischenzeit“ beschäftigt sich mit der vorderasiatischen Besiedlung des Ostdeltas und dem Prozess, der zur Abspaltung dieser Elemente und zur anschließenden Fremdherrschaft über weite Teile Ägyptens führte.
- Die Entstehung und Entwicklung der vorderasiatischen Besiedlung im Ostdelta
- Die Rolle der schriftlichen Quellen im Verständnis der Besiedlungsgeschichte
- Die Analyse der materiellen Kultur aus Tell el-Dab´a als Beweis für die asiatische Präsenz
- Die Integration asiatischer Spezialisten in die ägyptische Gesellschaft
- Die Auswirkungen der vorderasiatischen Fremdherrschaft auf die ägyptische Kultur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den traditionellen ägyptischen Blick auf fremde Völker dar und verdeutlicht, wie dieser in der offiziellen Propaganda verkörpert wurde. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Realität ein deutlich komplexeres Bild zeigt. Im Alten Reich bestanden freundschaftliche Beziehungen zu einigen vorderasiatischen Stadtstaaten und es gab ein bedeutendes Maß an kulturellem Austausch. Das Mittlere Reich sah die Wiederaufnahme dieser Beziehungen, aber auch den Beginn einer verstärkten Ansiedlung asiatischer Bevölkerungsgruppen im Ostdelta. Die Illahun-Papyri liefern wichtige Hinweise auf die Integration asiatischer Arbeiter und Spezialisten in die ägyptische Gesellschaft, jedoch unter strikter Kontrolle der ägyptischen Oberschicht.
Kapitel II untersucht die schriftlichen Quellen, die belegen, dass im Verlauf der 12. Dynastie die Zahl der Asiaten in Ägypten stark zunahm, insbesondere durch Kriegsgefangenschaft. Asiatische Elemente fanden zunehmend ihren Weg in die Verwaltung und konnten sogar hohe Positionen einnehmen. Die 13. Dynastie erlebte einen Rückgang der Zentralmacht, der die Entstehung der 14. Dynastie im Ostdelta begünstigte. Letztere wurde bald von asiatischen Herrschern dominiert. Manetho, ein griechischer Geschichtsschreiber, liefert einen Bericht über die Hyksos-Fremdherrschaft, der jedoch stark von propagandistischer Sichtweise geprägt ist.
Kapitel III fokussiert auf die materiellen Hinterlassenschaften von Tell el-Dab´a, das von Archäologen als Hyksos-Hauptstadt Auaris identifiziert wird. Die Besiedlungsgeschichte des Ortes wird vom Ende der 10. Dynastie bis zum Ende der Zweiten Zwischenzeit nachgezeichnet. Es wird deutlich, dass bereits im Mittleren Reich eine planmäßige Ansiedlung asiatischer Spezialisten stattfand, die jedoch noch stark von der ägyptischen Kultur geprägt war. Im Laufe der 13. Dynastie wurden vorderasiatische Elemente immer stärker sichtbar, was sich in der Architektur, der Grabsitte, der Keramik und der Bewaffnung zeigt. Es wird jedoch betont, dass es sich bei der Integration asiatischer Elemente in die ägyptische Kultur um eine Mischkultur handelte, die sowohl eigene als auch übernommenen Elemente umfasste.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Themen vorderasiatische Besiedlung, Ostdelta, Hyksos, Tell el-Dab´a, Auaris, Mittleres Reich, Zweite Zwischenzeit, Schriftquellen, materielle Kultur, Integration, Mischkultur, Architektur, Grabsitte, Keramik, Bewaffnung, Anthropologie.
- Quote paper
- Magister Artium Christian E. Schulz (Author), 2008, Die Vorderasiatische Besiedlung des Ostdeltas, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156566