Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Glossar und Abkurzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Konsum in den letzten Jahren der Sowjetunion
2.1 Marken in der Sowjetunion
3. Konsum nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
3.1 Markenwahrnehmung nach 1991
3.2 Markenwahrnehmung im heutigen Russland
3.3 Werbung in Russland
3.4 Handel in Russland
3.5 Konsumverhalten
4. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Gini- Koeffizient nach Land
Tabelle 2: Die Top 10 werbenden Firmen in Russland 1996/1997
Tabelle 3: Die Top 10 werbenden Firmen in Russland 1998/1999
Tabelle 4: Vor- und Nachteile von Kiosken als Verkaufsstellen
Tabelle 5: Vor- und Nachteile einer Direktinvestition in Russland
Glossar und Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Wahrend in der Sowjetunion eine Guterknappheit herrschte, hat der russische Konsument heute eine groBe Auswahl an Produkten. Wahrend in der sowjetischen Gesellschaft kein Platz fur Markenprodukte war, da die Gesellschaft auf die Gleichheit aller angelegt war, wird im heutigen Russland gerne zur Schau gestellt was man hat und was man sich leisten kann.
Diese Hausarbeit stellt den Konsum in den letzten Jahren der Sowjetunion bis heute dar. AuBerdem wird auf das Konsumverhalten und die Markenwahrnehmung eingegangen.
Das Ziel ist es darzustellen, wie sich der Konsum und das Konsumverhalten bis heute entwickelt haben. Diese Arbeit soll daher die Frage beantworten: Wie hat sich die Konsumlandschaft von der Ara Gorbacev bis heute entwickelt und was konnen FMCG Hersteller daraus lernen?
Da der Rahmen dieser Hausarbeit begrenzt ist, bezieht sich die folgende Darstellung auf die schnelldrehenden Konsumguter, die Fast Moving Consumer Goods (FMCG) und auf die Region Moskau.
Der erste Teil stellt den Konsum und die Markenwelt der Sowjetunion dar. Der zweite Teil konzentriert sich auf die ersten Jahre nach dem Zusammenbruch. Der letzte Teil bezieht sich auf die Markenwahrnehmung im heutigen Russland, auf die Werbung, den Handel und das Konsumverhalten.
Die Schlussfolgerung gibt schlieBlich Aufschluss daruber, was westliche FMCG Hersteller im russischen Markt beachten mussen.
2. Konsum in den letzten Jahren der Sowjetunion
Der Konsum in der Sowjetunion entwickelte sich erstmals nach dem Tod Stalins und war primar von politischen Entscheidungen abhangig.[1] Die Nachfolger Stalins versuchten das Lebensniveau der Bevolkerung zu heben, was zu einer Uberlastung des Staatshaushaltes fuhrte. Die Kosten fur Renten explodierten, die Subventionierung von Lebensmitteln verschlang Unsummen, die Bereitstellung von Wasser, Heizung, Wohnung, Telefon, Fernsehen und Radio war kostenlos und die kunstliche Vollbeschaftigung verursachte tiefe Locher in die Staatskasse.[2] Die Unfahigkeit das versprochene Konsumniveau zu finanzieren waren schlieBlich einer der Grunde fur das Scheitern des kommunistischen Regimes.[3]
Im Jahre 1985 wurde Michail Sergeevic Gorbacev Generalsekretar der KPDSU. Er lautete mit den Begriffen „Perestrojka“, „Glasnost“ und „Uskorenie“ Reformen ein, die der Sowjetunion zum Verhangnis werden sollten. Vor der Zeit Gorbacevs war der Anreiz von Unternehmen zu Innovationen, gesteigerter Effizienz oder einer Verbesserung der Qualitat unzureichend oder nicht vorhanden. Diese Einstellung wurde damit begrundet, dass Produktionsziele erreicht oder ubertroffen wurden. Bei Erneuerungen oder dem Einsatz neuer Technologien hatte es Produktionsunterbrechungen gegeben, diese waren aber im Zuge der zu erfullenden Plane nicht gestattet. Die Vorteile von Innovationen und Effizienz in einer Marktwirtschaft - niedrigere Preise, groBere Marktanteile, hohere Gewinne - waren in der Planwirtschaft durch festgesetzte Preise und eine Erhohung der Produktionsziele im nachsten Jahr nicht gegeben. Es gab auch keinen Anreiz Produkte zu hoher Qualitat zu produzieren, da hohere Preise nicht durchsetzbar waren.[4] Ab 1988 sollten Unternehmen dann eigenstandig und gewinnorientiert arbeiten.[5] Da die planwirtschaftlichen festgelegten Preise zu niedrig angesetzt wurden, nahmen die Unternehmen Abstand von der Produktion einiger Guter, dies fuhrte zu einer Guterknappheit, die durch Hortung der Konsumenten noch verstarkt wurde. Durch das Guterdefizit entwickelte sich ein Schwarzmarkt zu Preisen, die fur normale Konsumenten unerschwinglich waren.[6] Um begehrte Guter trotz Knappheit zu erhalten und langes Schlangestehen zu vermeiden, waren personliche Kontakte und Netzwerke in der Sowjetunion sehr wichtig. Schlangestehen war in der Sowjetunion an der Tagesordnung und mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, da Geschafte sich nur auf eine Produktkategorie beschrankt hatten. Dies hatte zur Folge, dass man mehrere Geschafte an einem Tag aufsuchen musste um seine Bedurfnisse zu befriedigen.[7] Schlangen stellten damals einen Ort der Begegnung dar, wo Konsumrelevantes und anderes reflektiert, diskutiert und kommentiert wurde.
Konsumguter wurden wahrend der Sowjetunion nicht nur uber Geschafte und Markte verkauft, die Verteilung der Waren erfolgte auch uber die Arbeitsstatten. Allerdings wurden manche Waren nur als Paket verteilt, so dass der Konsument zwar knappe Waren erhielt, aber auch Guter erwerben musste, die er nicht gebrauchen konnte.[8] In der Sowjetunion gab es auBer den Schlangen vor den Geschaften auch virtuelle Schlangen in Form von Bestelllisten fur Konsumguter.[9]
2.1 Marken in der Sowjetunion
In der Sowjetunion konnten Produkte nur durch Herkunftsland, Hersteller und Preis unterschieden werden.[10] Marken passten nicht in eine Gesellschaft, die auf die Gleichheit aller angelegt war. Daher mussten die Konsumenten eigene Kriterien zur Produktbewertung finden.[11]
Der Preis diente dazu, Produkte innerhalb einer Kategorie zu unterscheiden. Ein weiteres Kriterium war das Herkunftsland. Fur jede Produktkategorie gab es favorisierte Herkunftslander innerhalb der Sowjetunion, da westliche Produkte auf dem offiziellen Markt nicht erhaltlich waren. Baltische Produkte wurden am hochwertigsten angesehen. Des Weiteren spielte der Hersteller eine groBe Rolle bei der Produktauswahl, da mehrere Hersteller Produkte unter der gleichen Produktbezeichnung herstellten und dabei unterschiedliche Qualitaten 12 zustande kamen.[12]
Es gab auch sowjetische Luxusmarken, die einen Ruf von exklusiver Qualitat hatten und die Flagschiffe des sozialistischen Exports waren. Sie waren allerdings nur uber privilegierte Zugangswege erhaltlich.[13]
Westliche Konsumguter stellten fur die Sowjetburger eine Faszination dar, da sie oft unerreichbar und schwer erhaltlich waren. Sie transferierten das Image des Westens. Nur Privilegierte konnten westliche Produkte auf Auslandreisen erstehen oder sie in speziellen Geschaften mit auslandischen Devisen kaufen. Diese Produkte wurden dann oft auf dem Schwarzmarkt verkauft. Das erste westliche FMCG auf dem sowjetischen Markt war Pepsi-Cola, die 1972 im Rahmen eines Barterabkommens mit Vodka Stolichnaja eingefuhrt wurde. Da jeder aber auch Coca-Cola aus dem Fernsehen kannte, war diese Marke aufgrund der Unerreichbarkeit attraktiver als Pepsi-Cola.[14] Durch den Vergleich mit Westmarken wurde den Sowjetburgern die Minderwertigkeit Ihrer eigenen Produkte bewusst.[15]
Westmarken galten als Statussymbole und Vehikel fur ein westliches Image. Der Konsum westlicher Marken war der Ausdruck eines Strebens nach westlichem Lebensstil und es spielte keine Rolle um welche westliche Marke es sich handelte, Hauptsache sie kam aus dem Westen.[16]
3. Konsum nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
Am 2.Januar 1992 erfolgte in Russland die generelle Freigabe der Preise. Durch die Preisfreigabe erhohten sich die Preise fur Konsumguter sprunghaft, was einen eingeschrankten Konsum nach sich zog. Zusatzlich zu einer hohen Inflation, die zu einer Verringerung der Reallohne fuhrte, hatte die Bevolkerung in den 90er Jahren mit weiteren Problemen wie nicht gezahlten Lohnen, Arbeitslosigkeit und extremen Einkommensdifferenzen zu kampfen.
Dies fuhrte fur viele Konsumenten zu existentiellen Noten.[17] Die folgende Tabelle zeigt den Gini-Koeffizient von Russland in den ersten Jahren nach der Offnung der Sowjetunion bis heute, als Vergleichswert ist der Gini-Koeffizient von Deutschland, den USA und Polen dargestellt. Der Gini-Koeffizient misst, wie sehr die Einkommensverteilung in einer Gesellschaft von einer Gleichverteilung abweicht: Ein Wert von 0 bedeutet ein absolut einheitliches Einkommensniveau, ein Wert nahe 1 bedeutet es liegt eine groBe Ungleichheit vor.
Tabelle 1: Gini- Koeffizient nach Land
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quellen: OECD, Income Distribution- Inequality, Stat Extracts Country tables, Wiegert, Ralf: Transformation, Wachstum und Wettbewerb in RuBland , CIA Worldfactbook
Wie man in der Tabelle sehen kann, ist der Gini- Koeffizient nach der Offnung der Sowjetunion stark gestiegen, was bedeutet, dass die Schere zwischen arm und reich immer groBer geworden ist in Russland und dies mit steigender Tendenz. In Deutschland ist der Gini- Koeffizient dagegen konstant geblieben und hat sich kaum verandert, ebenso ist in den USA der Zuwachs sehr gering. In Polen kann man auch einen Anstieg feststellen, wenn auch in geringerem MaBe als in Russland.
Die Liberalisierung des Handels fuhrte zu einem spontanen Einzelhandel in verschiedensten Formen.[18] Es wurden Waren auf Markten, in Kiosken und an improvisierten Verkaufsstanden verkauft. Hygienische Standards blieben auBen vor. Man spricht hier von einer „Kioskisierung“ oder „Basarisierung“. Diese Art des Handels war typisch fur die Transformationszeit und hatte eine hohe Bedeutung fur die Versorgung der Menschen mit Gutern des taglichen Bedarfs. [19] Noch heute findet man in Russland diese Form des Handels und auch heute noch spielt diese Form eine groBe Rolle, allerdings eher fur die armere Schicht der Bevolkerung. Heute sind die Markte gepragt von Konsumgutern aus asiatischen Staaten und es werden oft gefalschte Markenwaren von minderer Qualitat angeboten.
Die Markenpiraterie ist gravierender in Russland als in Deutschland. Der okonomische Anreiz zur Kopie ist durch die Premiumpreise von westlichen Konsumgutern hoher. Die unklare Rechtslage und fehlende Kontrollen ermutigen die Falscher. Man ging 1996 davon aus, dass ca. 80% der SuBwaren und Erfrischungsgetranke gefalscht seien. Um mit der Piraterie fertig zu werden, gibt es verschiedene Moglichkeiten. Zum einen kann man die Falscher mit juristischen Mitteln bekampfen. Weitere Moglichkeiten sind die Einfuhrung von falschungssicheren Erkennungszeichen am Produkt, die auch beworben werden oder eine Einfuhrung schneller Produktinnovationen, was sehr kostspielig ist. Wenn die Qualitat der Kopien gut ist, kann man auch mit den Falschern kooperieren und Ihnen eine Lizenz erteilen und erreicht somit eine hohere Marktpenetration.[20]
Nachdem sich die volkswirtschaftliche Lage in der Mitte der 90er Jahre stabilisiert hatte, bekam sie einen groBen Dampfer wahrend der Finanzkrise 1998.
Die Abwertung des Rubels gegenuber dem US-Dollar fuhrte zu Preissteigerungen, Kaufkraftverlusten und einer Verteuerung von Importwaren. Dies hatte zur Folge, dass russische Konsumenten eher zu einheimischen Produkten griffen, Waren horteten und das auslandische Firmen sich aus dem russischen Markt zuruckzogen.[21] Nach der weltweiten Finanzkrise 2008 bessert sich die volkswirtschaftliche Lage auch langsam wieder in Russland und der Konsum steigt wieder an. Allerdings haben die meisten Russen heutzutage mehrere Jobs, um sich den Lebensunterhalt zu finanzieren. Viele Jobs laufen schwarz, da zusatzliches Einkommen versteuert werden muss.
[...]
[1] Vgl. Siegrist, Hannes, Europaische Konsumgeschichte : zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Konsums (18. bis 20. Jahrhundert), Frankfurt, 1997, S.206
[2] Vgl. Schramm, Gottfried: Russlands langer Weg zur Gegenwart, Gottingen, 2001, S.73-84
[3] Siegrist, Hannes, Europaische Konsumgeschichte : zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Konsums (18. bis 20. Jahrhundert), Frankfurt, 1997, S.213
[4] International Monetary Fund: A study of the Soviet economy, Paris, 1991, S.13
[5] Vgl. Gotz-Coenenberg, Roland: Die Konsumguterversorgung in der Sowjetunion : Lage und Aussichten, Koln, 1989, S.3
[6] Vgl. Gotz-Coenenberg, Roland: Die Konsumguterversorgung in der Sowjetunion : Lage und Aussichten, Koln, 1989, S. 24-27
[7] Vgl Caldwell, Melissa L.: Not by bread alone, Berkeley, 2004, S.45
[8] Vgl. Lewada, Juri : Die Sowjetmenschen 1989-1991. Soziogramm eines Zerfalls, Berlin, 1992, S.305
[9] Auzan, Alexander: Changes in the Behaviour of Russian Consumers under Recent Reforms, in: Journal of Consumer Policy 18.01.1995, S.73-84
[10] Kuskova, Ekaterina: Der konsumentenbezogene Handelsmarkenerfolg im internationalen Vergleich - eine theoretische und empirische Analyse am Beispiel von Deutschland und Russland, Koln, 2008, S.66
[11] Vgl. Schmid, Sigiid: Der russische Konsument, Munster, 2004, S.153
[12] Vgl. Schmid, Sigrid: Der russische Konsument, Munster, 2004. S.154-156
[13] Vgl. Schmid, Sigrid: Der russische Konsument, Munster, 2004, S.157
[14] Vgl. Schmid, Sigrid: Der russische Konsument, Munster, 2004, S.159-161
[15].Vgl. Schmid, Sigrid: Der russische Konsument, Munster, 2004, S.157
[16] Schmid, Sigrid: Der russische Konsument, Munster, 2004, S.163
[17] Vgl. Althanns, Luise Maria, McLenin : eine Konsumrevolution in Russland, Bielefeld, 2009, S.92
[18] Vgl. Trapp, Manfred: Der dekretierte Markt. Die sozialistische Wirtschaftsordnung und Transformation in der Sowjetunion und der Russischen Forderation 1985-1992, Baden-Baden, 2001, S.289-303
[19] Vgl. Althanns, Luise Maria, McLenin : eine Konsumrevolution in Russland, Bielefeld, 2009, S.95
[20] Vgl. Wadenpohl, Martin: Konsumgutermarketing in RuBland : Probleme und Chancen westlicher Anbieter von Verbrauchsgutern, Koln, 1998, S.120-123
[21] Vgl. Althanns, Luise Maria, McLenin : eine Konsumrevolution in Russland, Bielefeld , 2009,S.100