Mori Ogai (1862-1922) war Schriftsteller eines Landes, das sich im
radikalen Umbruch befand – im Umbau von einer feudalen
Ständegesellschaft, die zweieinhalb Jahrhunderte lang nahezu völlig von
der Außenwelt abgeschnitten lebte, zu einer modernen bürgerlichen
Gesellschaft in einem zentralistischen Staat, der im Machtkampf der
Weltmächte bereits erhebliches internationales Gewicht gewonnen hatte.
Als führender Beamter im Dienste des Militärs war er durchaus an
diesem Umbau beteiligt, ohne jedoch den kritischen Abstand und die
beobachtende Distanz zu den Ereignissen zu verlieren. Aufgrund dieser
gegensätzlichen Eindrücke, die Ogai als Mitglied des Militärs und
parallel dazu als intellektueller Schriftsteller in sich vereinte, ist es uns
heute möglich, einen Einblick in die vielseitigen Schichten dieses in
seiner Schnelligkeit und Radikalität nahezu einzigartigen Umbruchs zu
erfahren und über seine Literatur wahrzunehmen.
Trotz zahlreicher Übersetzungen deutscher und anderer europäischer
Werke wie dem „Faust“ und vielerlei eigener Romane, Novellen und
Erzählungen ist Mori Ogai, wie so mancher seiner Schriftstellerkollegen,
dennoch weiterhin ein recht unbekannter Autor in Europa und der
Öffentlichkeit kein geläufiger Begriff. Dies ist vor allem deshalb so
erstaunlich, da viele seiner Romane und Erzählungen in Deutschland
spielen oder zumindest deutschsprachige Figuren in seinen Werken
häufig auftreten. Somit sollte man meinen, dass er zumindest in
Deutschland auf mehr Aufmerksamkeit gestoßen sei, doch dem ist bis
heute nicht so. Dennoch ist Ogai zum wichtigsten Vermittler deutscher
Literatur in Japan geworden und hat damit den deutsch-japanischen
Geistesbeziehungen einen unschätzbaren Dienst erwiesen.
Die Vielschichtigkeit seiner Werke und sein kaum einzuordnender
Schreibstil, der sich durchaus vielseitiger Stielmittel bediente ohne sich
jedoch stilistisch festlegen zu wollen und seine bipolaren Lebensinteressen und Tätigkeiten sollen in der folgenden Arbeit über
Mori Ogais Leben vermittelt werden und anschaulich in seinen
Lebenslauf eingewoben werden. Auf eine Trennung seines literarischen
Schaffens von seinem Leben soll hier verzichtet werden, da gerade die
von ihm erlebten Einflüsse des Lebens das neue und begeisternde
Element seiner Schreibweise verkörpern. [...]
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hauptteil
- 1. Der Deutschlandaufenthalt
- 2. Selbstfindung der japanischen Literatur
- 3. Rückkehr nach Japan
- 4. Die letzte Schaffensperiode
- C. Schluss
- D. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Leben und Werk des japanischen Schriftstellers Mori Ogai (1862-1922). Sie analysiert seine literarische Entwicklung im Kontext des rasanten Umbruchs Japans vom Feudalstaat zur modernen Gesellschaft. Dabei werden Ogais Erfahrungen während seines Deutschlandaufenthalts und die Einflüsse der deutschen Kultur auf seine literarische Produktion beleuchtet.
- Ogais Leben und literarisches Schaffen im Kontext der Modernisierung Japans
- Der Einfluss des Deutschlandaufenthalts auf Ogais Werke
- Die Auseinandersetzung mit der deutschen Kultur und Literatur
- Die Vielschichtigkeit und der einzigartige Schreibstil von Mori Ogai
- Die Verbindung von literarischem Schaffen und Lebenserfahrungen
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung
Die Einleitung stellt Mori Ogai als Schriftsteller in einem sich im Umbruch befindlichen Japan vor. Sie beleuchtet seine Rolle als Militärbeamter und Intellektueller, die ihm Einblicke in die vielseitigen Schichten des Modernisierungsprozesses ermöglichten. Trotz seiner zahlreichen Übersetzungen deutscher und anderer europäischer Werke, ist Ogai in Europa relativ unbekannt. Die Arbeit zielt darauf ab, seine Vielschichtigkeit und seinen Schreibstil anhand seiner Lebensgeschichte und seinen Werken zu vermitteln.
B. Hauptteil
1. Der Deutschlandaufenthalt
Dieses Kapitel behandelt Ogais Aufenthalt in Deutschland und seine Erfahrungen mit der europäischen Kultur. Es beleuchtet, wie Deutschland als Vorbild für die herrschende Elite in Japan diente und wie Ogai im Auftrag der Regierung die Kultur und Errungenschaften Deutschlands studieren sollte.
- Arbeit zitieren
- Nils Urban (Autor:in), 2001, Mori Ogai. Stationen seines Lebens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15834