Auf die Frage, ob seine Filme postmodern seien, antwortete der Regisseur Aki Kaurismäki in einem Interview: „Ich habe das Wort gebraucht, doch ich verstehe es nicht. Ich habe die letzten fünf Jahre versucht, seine Bedeutung zu begreifen, aber es ist mir nicht gelungen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass THRU THE WIRE [Kaurismäki 1987] ein wenig postmodern ist. [...] Was bedeutet dieses Wort? Sagt es mir.“ Die Interviewer, gestandene Filmjournalisten, reagierten mit Ratlosigkeit.
Diese Episode scheint bezeichnend für die Debatte um den postmodernen Film zu sein: keiner weiß genau, was damit gemeint ist und dennoch wird das Schlagwort „postmodern“ im Zusammenhang mit dem Film häufig genannt - oft von Filmkritikern, manchmal in einem pejorativen Kontext, manchmal als Kompliment. Die Filme, die in der Literatur mit dem Label „postmodern“ versehen werden, sind durchaus verschieden. Die Liste beginnt bei „Kultfilmen“ wie CASABLANCA (Curtiz 1942), führt über „Spektakel-Blockbuster“ aus Hollywood bis hin zu den „typisch postmodernen Autorenfilmen“ – den verstörenden eines David Lynch und den spielerisch-zitatreichen von Quentin Tarantino. Das Attribut „postmodern“ scheint auf alles zu passen und erweckt damit den Eindruck eines beliebigen und wenig fundierten Schlagwortes.
Ziel dieser Arbeit ist darzustellen, auf welche unterschiedlichen Weisen vom postmodernen Film gesprochen wird, welche filmästhetischen Merkmale postmodern genannt werden und ob es, abseits der Beliebigkeit, Sinn ergibt von einem „postmodernen Film“ zu sprechen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundlagen
- 2.1. Postmoderne - ein Überblick
- 2.2. Unsere postmoderne Moderne
- 2.3. Merkmale postmoderner Ästhetik
- 3. Postmoderner Film - eine Bestandsaufnahme
- 3.1. Forschungsstand und Quellenkritik
- 3.2. Wovon verabschiedet sich der postmoderne Film?
- 3.3. Jens Eder - Oberflächenrausch
- 3.4 Jürgen Felix - Postmoderne im Kino
- 3.5 Ritvan Sentürk - Postmoderne Tendenzen im Film
- 3.6. Helmut Merschmann - Von Fledermäusen und Muskelmännern
- 3.7. Anthrin Steinke - Aspekte postmodernen Erzählens
- 3.8. Zwischenresümee
- 4. Merkmale des postmodernen Films
- 4.1. Formal-ästhetische Merkmale
- 4.1.1. Radikale Pluralität und die Überschreitung der Grenze
- 4.1.2. Immanenz und die Praxis des Zitierens
- 4.1.3. Dekonstruktion durch Ironie und Spiel
- 4.1.4. Dekonstruktion tradierter Erzählverfahren
- 4.1.5. Dekonstruktion durch offensichtlichen Konstruktcharakter
- 4.1.6. Figurativität und Spektakel
- 4.1.7. Verlust von Tiefe durch Simulation
- 4.2. Rezeption - Doppelcodierung
- 4.3. Produktion – Kommerzialisierung
- 5. Die filmischen Strategien und die postmoderne Haltung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Begriff des „postmodernen Films“ und untersucht, inwiefern dieser Begriff sinnvoll verwendet werden kann. Dabei wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen Definitionen von Postmoderne gegeben und anschließend die Positionen von Wolfgang Welsch, Uta Kösser und Torsten Scheer dargestellt.
- Die verschiedenen Bedeutungen und Anwendungen des Begriffs „postmodern“ im Zusammenhang mit dem Film
- Die Merkmale der „postmodernen“ Filmästhetik
- Die Frage, ob es sinnvoll ist, von einem „postmodernen Film“ zu sprechen
- Die Rolle von Strategien und Haltungen im Kontext des postmodernen Films
- Die Verbindung zwischen formalen Elementen und der postmodernen Haltung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt die Frage nach der Bedeutung des Begriffs „postmodern“ im Kontext des Films anhand eines Interviews mit dem Regisseur Aki Kaurismäki. Das zweite Kapitel liefert einen Überblick über verschiedene Positionen zum Verständnis von Postmoderne und konzentriert sich auf die Ansätze von Wolfgang Welsch, Uta Kösser und Torsten Scheer. Es werden die zentralen Merkmale postmoderner Ästhetik nach Ihab Hassan vorgestellt.
Das dritte Kapitel bietet eine Bestandsaufnahme des „postmodernen Films“ und betrachtet die Forschung dazu. Es wird untersucht, von welchen Merkmalen sich der postmoderne Film verabschiedet und analysiert verschiedene Sammelbände und Monografien zum Thema. Das vierte Kapitel listet anhand der Literatur die verschiedenen Merkmale des „postmodernen Films“ auf und unterscheidet dabei zwischen formal-ästhetischen Merkmalen und Merkmalen der Rezeption und Produktion.
Schlüsselwörter
Postmoderne, Film, Filmästhetik, postmoderner Film, Forschungsstand, Quellenkritik, Merkmale, Strategien, Haltung, Rezeption, Produktion, Kommerzialisierung.
- Quote paper
- Wiebke Wolter (Author), 2009, Postmoderne Strategien im Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161536