Das Unbewußte in den Theorien von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung im Vergleich


Hausarbeit, 2003

19 Seiten, Note: sehr gut (1)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Das Unbewußte in der Psychoanalyse Sigmund Freuds
1. Arten des Unbewußten
2. Inhalte, Eigenschaften und Funktionsweisen des Unbewußten
3. Das Unbewußte im Wechselspiel mit Trieben und Kontrollen
4. Die Rolle des Träumens für das Unbewußte

III. Das Unbewußte in der analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs
1. Das persönliche Unbewußte
2. Das kollektive Unbewußte
3. Der Traum und dessen Bezug zum Unbewußten

IV. Resümee

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Das Bewußtsein bezeichnet allgemeinhin den „Zustand, in dem jemand dazu in der Lage ist, die eigene Existenz und seine Umwelt normal wahrzunehmen“; andernfalls den „Zustand, in dem man sich einer Sache bewußt ist und entsprechend handelt“; und auch die „Fähigkeit, Vorgänge in seiner Umwelt durch den Verstand und die Sinne aufzunehmen und zu behalten“ [Encarta 1999, „Bewusstsein“].

Es gibt verschiedene Formen des Bewußtseins: Zum einen die nicht bewußten Prozesse, zu denen zum Beispiel körperliche Vorgänge gehören; die vorbewußten Erinnerungen, die dem Menschen erst bewußt werden, wenn er auf ein bestimmtes Geschehen sein Augenmerk richtet; weiterhin nicht beachtete Informationen, welche Reize sein können, die einen Menschen andauernd umgeben, sodaß dieser sie aus dem Bewußtsein ausblendet; und nicht zuletzt das Unbewußte, dessen Vorhandensein ein Mensch erst gewahr wird, wenn er sein Handeln aus den Beweggründen, die er sich bewußt macht, nicht erklären kann [Zimbardo 1999, 163-166].

Das Unbewußte ist ein angenommener Bereich des Geistes, der sich u.a. aus den Erinnerungen, Emotionen und Ängsten zusammensetzt, die durch das Bewußtsein daran gehindert werden sich darzustellen und sich statt dessen in Träumen oder Neurosen offenbaren und auf bewußte Prozesse einwirken [Fröhlich 1987, 350 f.]. Das Handeln eines Menschen ist manifest: Was er sagt, was er tut und was er wahrnimmt – dessen ist er sich bewußt. Latent hingegen sind die Inhalte, die dem Menschen durch unbewußte Prozesse verborgen bleiben. Auf diesem unbewußten Niveau der Denkens lassen sich dann die Bedeutungen von Neurosen, Träumen usw. finden [Zimbardo 1999, 532]. Unbewußt ist also das, was der geistigen aber auch emotionalen Aufmerksamkeit eines Menschen nicht zugänglich ist: Das Unbewußte beinhaltet die Dinge, die einem Menschen mal bewußt waren, die er erlebte, nun aber verdrängt oder vergessen hat [Bischof 1983, 156].

Sigmund Freud (1856 – 1939), Wiener Nervenarzt und Begründer der Psychoanalyse, wird als Entdecker des Unbewußten angesehen[1]. Er ging davon aus, daß das Unbewußte aus unterdrückten Kindheitserfahrungen, traumatischen Erinnerungen und tabuisierten Wünschen besteht, welche so unheilvoll für des Menschen Psyche sind, daß sie aus dessen Bewußtsein verdrängt werden, aber noch immer das Verhalten (quasi introspektiv unerkannt) beeinflussen [Zimbardo 1999, 166].

Der schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875 – 1961) erweiterte die Theorie Freuds und behauptete, daß das Unbewußte nicht nur durch die Erfahrungen des Einzelnen geprägt wird, sondern auch durch bestimmte archaische, universelle und ererbte Vorstellungen, die von allen Menschen geteilt werden. Hierfür prägte er den Begriff des „kollektiven Unbewußten“ [Zimbardo 1999, 536].

Um die „Seelenvorgänge“ im Menschen zu erklären, haben Freund und Jung das Unbewußte für sich entdeckt, wiederholt verändert und neu gefaßt [Fisseni 1998, 28].

Die Unterscheidungen die beide dazu in ihren Theorien machen, sind Gegenstand dieser Arbeit.

II. Das Unbewußte in der Psychoanalyse Sigmund Freuds

Laut Freud schließt das Psychische Bewußtsein und Unbewußtes ein. Er ging von Unbewußtem aus, da er bei Behandlung seiner Patienten die Ursachen für seelische Phänomene nicht allein mit dem Bewußtsein erklären konnte und verborgene Gründe für deren Auftreten vermutete. Unergründliche Phänomene wie das Träumen und sinnlos erscheinende Vorgänge konnten nun verstanden und erklärt werden [Kornbichler 1989, 55].

1. Arten des Unbewußten

Freud unterscheidet zwischen dem deskriptiven und dem dynamischen Unbewußten.

Das deskriptive (Vorbewußte) meint das Unbewußte, welches erst dann ins Bewußtsein tritt, wenn Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird. Es umfaßt alles, was zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gegenwärtig [Kornbichler 1989, 56 ff.], also temporär verschwunden, aber bewußtseinsfähig ist [Frey-Rohn 1969, 146]. So sind sämtliche Erinnerungen nicht immer präsent, sondern werden erst bei Konzentration darauf bewußt.

Das dynamische Unbewußte besteht aus Verdrängtem und kann nicht ohne Widerstand bewußt werden. [Kornbichler 1989, 56 ff.] Auf das dynamische Unbewußte wird im Folgenden Bezug genommen.

2. Inhalte, Eigenschaften und Funktionsweisen des Unbewußten

Wie eingangs erwähnt, war für Freud das Unbewußte eine für jeden Menschen individuelle Mischung unausgelebter, nicht offen erkennbarer Konflikte und lebensgeschichtlicher Daten. Freuds Unbewußtes ist das Fundament verborgener und verdrängter Wahrheiten, die aber wiederkehrend in das Bewußtsein treten – z.B. als Versprecher. Diese Annahmen zog er aus seinen therapeutischen Erfahrungen, welche zeigten, daß man Psychisches nicht allein durch Bewußtes verdeutlichen kann, sondern daß „gewisse ‚Inhalte’“ erst durch Überwältigung innerer Hemmnisse in das Bewußtsein gelangen. Insbesondere Kindheitswünsche, so Freud, seien im Unbewußten verankert. Weiterhin stellte er fest, daß die Psyche erfüllt ist mit unbewußten Gedanken, von denen „Symptome“[2] abstammen [Laplanche; Pontalis 1972, 562 f.]. Freud versuchte daraufhin das Verhalten seiner Patienten immer aus ihren „unbewußten Motivationen“ her zu ergründen [Frey-Rohn 1969, 22].

Die verdrängten Inhalte, den Kern des Unbewußten, bezeichnete Freud als „Triebrepräsentanzen“. Ein Trieb[3] kann sich nie im Bewußtsein manifestieren und erscheint im Unbewußten nur durch seine (Vorstellungs-)Repräsentanzen: Er steht „auf der Grenze zwischen Körperlichem und Seelischem“ [Laplanche; Pontalis 1972, 563]. Er behauptete, daß diese Triebrepräsentanzen zeitlos seien – sich also durch vergehende Zeit nicht verändern und somit mit der Zeit in keinem Zusammenhang stehen. Auch hätten diese unbewußten Vorgänge keinen Realitätsbezug: „Sie sind dem Lustprinzip unterworfen“ und sind je nach Stärke beständig oder von kurzer Dauer [Bally 1968, 106]. Die Triebrepräsentanzen versuchen in das Bewußtsein einzutreten und wirksam zu werden, also die Verdrängung zu überwinden, um in das Bewußtsein zu gelangen. Das gelingt ihnen aber nur in Form von Kompromißbildungen, nach Verzerrung durch Zensur (zwischen Vorbewußtem und Unbewußtsein). Den unbewußten Vorstellungen wohnen Sehnsüchte inne, die durch Triebe verstärkt werden und in „bildhafte Darstellungen des Wunsches“ übergehen [Laplanche; Pontalis 1972, 562]. Mehrere Triebrepräsentanzen können parallel existieren, ohne sich, auch bei Gegensätzlichkeit, zu beeinflussen, zu widersprechen und sich demnach zu kompensieren – eher gehen sie Kompromisse ein, „zur Abfuhr der Energie“. Weiterhin sind diese Triebrepräsentanzen oder Vorstellungen beweglich und beherrscht, können sich also verdichten oder verschieben. Diesen Prozeß nennt man Primärvorgang [Bally 1968, 105 f.].

Der Primärvorgang kennzeichnet das System des Unbewußten. Die psychische Energie fließt frei, weil sie ohne Blockaden, in Folge von Verschiebungen und Verdichtungen, von einer Vorstellung zur anderen überläuft. Sie streben nach unmittelbarer Triebbefriedigung. Sind Vorstellungen befriedigt, trachtet die psychische Energie danach diese wieder neu zu besetzen, da die Vorstellungen miteinander vernetzt sind und aufeinander überspringen. Hingegen ist beim Sekundärvorgang, welcher das System Vorbewußt-Bewußt kennzeichnet, die Energie gebündelt bevor sie sich kontrolliert entlädt, was ermöglicht, daß verschiedene Befriedigungswege durchgespielt werden können. Das ermöglicht kontrolliertes Handeln und strukturiertes Denken [Laplanche, Pontalis 1972, 397]. Somit steht der „Ungehemmtheit“ des Unbewußten ein „System von hemmenden Einflüssen gegenüber“. Diese Polarität war für Freuds Verständnis der Verdrängung bedeutend: Unbewußte Vorgänge sind „verdrängte Erinnerungsspuren“, welche sich „in einem Zustand von freibeweglicher Energie“ befinden [Frey-Rohn 1969, 147 f.]. „Der Gegensatz zwischen Primärvorgang und Sekundärvorgang entspricht dem zwischen Lustprinzip und Realitätsprinzip“ [Laplanche; Pontalis 1972, 397].

[...]


[1] Gleichwohl führte Carl Gustav Carus den Terminus des Unbewußten ein, jedoch ist Freud der Entdecker der gesetzmäßigen Aktivitäten des Unbewußten [Brockhaus 1993; Bd.22, 617].

[2] Hier: Negative Entwicklungen oder Eigenschaften.

[3] Triebe sind bei Freud sexuelle und aggressive Gelüste.

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Details

Titel
Das Unbewußte in den Theorien von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung im Vergleich
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Psychologie)
Note
sehr gut (1)
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V16154
ISBN (eBook)
9783638210829
ISBN (Buch)
9783638787970
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unbewußte, Theorien, Sigmund, Freud, Carl, Gustav, Jung, Vergleich, Unbewußtsein, Psyche, unbewußt, Psychoanalyse, kollektiv, kollektives, Unterschiede, Gemeinsamkeiten
Arbeit zitieren
Ricardo Westphal (Autor:in), 2003, Das Unbewußte in den Theorien von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16154

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