Kritische Betrachtung der Managervergütung in Deutschland


Bachelorarbeit, 2010

56 Seiten, Note: 1,3 (91 von 100)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Managergehälter auf dem Prüfstand
2.1 Die Komplexität von Vergütungssystemen
2.1.2 Ableitung der Motivation auf die Vergütung
2.1.3 Gängige Vergütungskomponenten
2.1.4 Die Problematik buchhalterischer Kennzahlen und des Aktienkurses als Bemessungsgrundlage für die Bonuszahlung
2.1.5 Die Auswirkung der Principal-Agent-Theorie auf die wertorientierte Vergütung
2.2 Entlohnung
2.2.1 Verschiedene Versionen der Effizienzlohntheorie als Erklärungsansatz für übertarifliche Bezahlung
2.2.2 Lohngerechtigkeit aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften
2.3 Gesetzlicher Rahmen zur Vorstandsvergütung
2.3.1 Corporate Governance
2.3.2 Die Auswirkung der Corporate Governance auf das Managementsystem
2.3.3 Gesetze und der Corporate Governance Kodex
2.3.4 Die Umsetzung der Gesetzesbeschlüsse und Empfehlungen
2.4 Zusammenfassung

3 Ethikmanagement
3.1 Moral
3.2 Ethik
3.3 Wirtschaftsethik
3.3.1 Ordnungsethik
3.3.2 Unternehmensethik
3.3.2.1 Unternehmenskultur
3.3.2.2 Corporate Social Responsibility
3.3.3 Individualethik
3.4 Lohngerechtigkeit aus Sicht der Ethik
3.5 Zusammenfassung

4 Physiologische und psychologische Aspekte des Managerberufs
4.1 Work-Life-Balance
4.2 Arbeitszeit und -situation
4.3 Freizeit- und Familiensituation
4.4 Gesundheitsmanagement
4.5 Zusammenfassung

5 Forschungsmethodik
5.1 Forschungsziel
5.2 Forschungsansatz
5.3 Datenerhebung
5.4 Auswertung

6. Schlussbetrachtung

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Verhältnis zwischen den Bezügen der Vorstände und eines Durchschnittsmitarbeiter der DAX 30 Unternehmen

Abbildung 2: Zustimmung zum System der Vorstandsvergütung bei den DAX 30 Unternehmen

Abbildung 3: Die Interaktion der drei Ebenen der Wirtschaftsethik

Abbildung 4: Wissenskontinuum und verschiedene Forschungsmethoden

1 Einleitung

Im Rahmen der vorliegenden Bachelor Thesis soll im ersten Abschnitt eine Einführung in die Thematik gegeben werden. Nach der Beschreibung der Ausgangssituation, die ebenfalls die Problematik beinhaltet, werden die Zielsetzung und schließlich der Aufbau der wissenschaftlichen Ausarbeitung dargelegt.

1.1 Ausgangssituation

Managergehälter sorgen bereits seit vielen Jahren für Diskussionen. Seit Ausbruch der Finanzkrise werden vermehrt Stimmen aus der Bevölkerung und insbesondere der Politik laut, das Einkommen auf ein „geregeltes“ Maß zu reduzieren. Transparenz in dieser Hinsicht hat bereits ein am 30.06.2005 vom deutschen Bundestag beschlossenes Gesetz geschaffen. Erstmals seit den Geschäftsabschlüssen 2006 müssen die Einkommen der Spitzenmanager von Aktiengesellschaften, wozu ebenfalls beispielsweise Gewinnbeteiligungen und Abfindungen gehören, offengelegt werden.

Ein im vergangenen Jahr erschienenes Gesetz, das sogenannte VorstAG geht sogar einen Schritt weiter und bestimmt, wie Vorstände künftig bezahlt werden sollen.

All diese Beschlüsse sind vielen Kritikern zufolge immer noch nicht ausreichend und erfordern weiteres Handeln, um die als unethisch verschrienen und unverhältnismäßig zu Tariflöhnen steigenden Gehälter in Balance zu bekommen. Zugegebenermaßen haben Skandale aus der jüngsten Vergangenheit um Klaus Kleinfeld von Siemens, Klaus-Joachim Gebauer von VW oder den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Post Klaus Zumwinkel das Ansehen der Manager ziemlich ramponiert. Besteht in der Managerzunft auf dieser Grundlage ein ethisches Problem und inwieweit ist Ethik in der Wirtschaft vertretbar? Führt eine Debatte um Managergehälter und die daraus resultierende angespannte, teilweise sogar feindselige Stimmung nicht zur Abwanderung der Spitzenführungskräfte in andere Länder?

Bei der Diskussion kommen einzelne Manager nur selten zu Wort und werden meist durch Wirtschaftsverbände vertreten. Was denken aber die Lenker und Denker der Wirtschaft über die Beschuldigungen und wie gehen sie mit ihnen um?

1.2 Zielsetzung

Das primäre Ziel dieser Arbeit besteht darin, die erwachsene Kritik gegenüber der Vergütung von Managern und ihre Rechtfertigung zu hinterfragen. Weiterhin geht diese Arbeit der Frage nach, ob nicht genügend Regularien und Konzepte zur Verfügung stehen um die Vergütung angemessen zu gestalten oder ein Instrument zur Hilfestellung entwickelt werden muss. Die individuellen Ansichten der Manager sind bei der Beantwortung der Fragestellung einzubeziehen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Zunächst wird die Vergütung vor dem Hintergrund der Arbeitsökonomie dargestellt. In diesem Zusammenhang werden staatliche Regulierungsmaßnahmen und ihre Umsetzung präsentiert und erläutert.

Der nächste Teil überprüft die Vereinbarkeit von Ethik und Wirtschaft und stellt die Lohngerechtigkeit aus der Perspektive der Ethik dar.

Darauf folgend werden physiologische und psychologische Belange, die mit der Beschäftigung als Manager einhergehen, analysiert.

Das fünfte Kapitel ist die empirische Untersuchung. Bezüglich der Planungsphase wird zunächst ein Überblick über das Forschungsziel, den Forschungsansatz und die Datenerhebung gegeben, bevor die Auswertung erfolgt.

Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung im sechsten Teil ab.

2 Managergehälter auf dem Prüfstand

Die üppigen Bezüge der Vorstände der DAX 30 Unternehmen (die größten und umsatzstärksten, an der Frankfurter Wertpapierbörse gelisteten deutschen Unternehmen) sind allen am Thema Interessierten mit geringem Aufwand zugänglich und somit größtenteils bekannt. Vielen ist aber die Dimension dieser Bezüge im Vergleich zu der Durchschnittsbelegschaft nicht bewusst. Die folgende Abbildung soll hierzu einen Überblick schaffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Verhältnis zwischen den Bezügen der Vorstände und einem Durchschnittsmitarbeiter der DAX 30 Unternehmen1

Die Zusammensetzung dieser Bezüge, der lohntheoretische Hintergrund und ihre Rechtfertigung oder Nicht-Rechtfertigung auf wirtschaftswissenschaftlicher Basis sollen in den nachstehenden Kapiteln erläutert werden.

2.1 Die Komplexität von Vergütungssystemen

Die äußerst komplexe Vergütung von Managern erfordert Systeme, die in diesem Kapitel erläutert werden sollen. Zunächst steht die Motivation und ihre Ableitung auf die Vergütung im Vordergrund. Folgend werden gängige Vergütungskomponenten präsentiert. Danach beschäftigt sich diese Ausarbeitung mit der Problematik buchhalterischer Kennzahlen und des Aktienkurses als Bemessungsgrundlage für die Bonuszahlung.

2.1.1 Motivation

“Unter Motivation versteht man im Allgemeinen eine personale Determinante menschlichen Verhaltens, die in enger Beziehung zu Erscheinungen wie Arbeitseinsatz, Absentismus, Fluktuation und der Entstehung von Handlungszielen gesehen wird.“2

Eine Führungskraft hat auf Grund ihrer Vorbildfunktion eine besondere Verantwortung, die nicht nur die Entwicklung der eigenen Motivation, sondern das Arbeitsverhalten der Arbeitskräfte des gesamten Unternehmens anvisiert. Dadurch lassen sich Arbeitseinsatz, Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative und die Identifikation mit dem Unternehmen erhöhen, was wiederum zu Erfolg und Arbeitszufriedenheit führt.

Um diese Wirkungskette sicherzustellen, bedarf es der Beeinflussung der Motivation der Führungskraft, die extrinsisch oder intrinsisch erfolgen kann. Die intrinsische Motivation ist von innen heraus, selbstbestimmend und stimmt mit der eigenen Auffassung überein, somit sind keine externen oder intrapsychischen Anstöße wie Versprechungen und Drohungen notwendig.

Extrinsische Motivationen hingegen erfordern äußere Einflüsse und zielen auf die möglichen positiven Konsequenzen der Handlungsergebnisse, bspw. eine Gehaltssteigerung, ab.

2.1.2 Ableitung der Motivation auf die Vergütung

Der Aufbau der intrinsischen Motivation wurde bis heute nicht intensiv genug erforscht, sodass Faktoren, wie herausfordernde Arbeit, Anerkennung, Autonomie am Arbeitsplatz sowie Fairness, die sich auf intrinsische Motivation auswirken, bedingt oder nur mit großem Aufwand kontrollierbar sind.

Deswegen legen viele Unternehmen großen Wert auf die extrinsische Motivation. Diese ermöglicht eine zielgenaue Steuerung und Disziplinierung der Führungskräfte. Zudem kann sich die auf der extrinsischen Motivation basierende Entgeltgestaltung positiv auf die intrinsische Motivation der Führungskraft auswirken, indem sie zunächst verpflichtet, nicht bekannte und anspruchsvolle Aufgaben anzugehen, bei denen sich im Bearbeitungsprozess ein Kompetenzerleben entwickelt.

Eine extrinsische Steuerung von Verhalten wäre in einer Welt voller „homo oeconomicus“, die den eigenen Nutzen in den Vordergrund stellen und das Einkommen die wichtigste Komponente darstellt, möglich.

Vor dem Hintergrund der Soziologie und Psychologie lässt sich aber Motivation nicht dauerhaft durch, beispielsweise variable Vergütung erhöhen. Um einer Abnutzung vorzubeugen, müsste sich die Stimulation regelmäßig steigern. Dies würde den Fokus auf vergütete Teilaufgaben begünstigen und somit den Verlust der Ausrichtung auf die Gesamtkomplexität zur Folge haben.

Deshalb ist ein facettenreiches Motivationsmanagement mit Anpassung an die Vielfältigkeit der Probleme als immaterieller Bestandteil von Anreizsystemen notwendig.

Eine variable Vergütung ist nur dann sinnvoll, wenn „Ergebnisse einer Tätigkeit messbar sind oder messbare Einsatzkriterien gefunden werden können, die keine dysfunktionalen Effekte mit sich bringen.“3

2.1.3 Gängige Vergütungskomponenten

Die Managementvergütung von börsennotierten Unternehmen setzt sich in der Praxis aus den folgenden Bestandteilen zusammen: dem Grundgehalt, der variablen Vergütung sowie Aktien und Aktienoptionen.

Das Grundgehalt ist als Mindestbezahlung für eine gewisse Arbeitsleistung anzusehen und dient der Sicherstellung des Lebensstandards. Es besitzt aber keine Anreizwirkung für die Führungskräfte.

Wettbewerbsvergleiche, die anhand von Gehaltsumfragen sowie Statistiken erfasst werden, und die Unternehmensgröße stellen die entscheidenden Parameter für die Festsetzung des Fixgehalts dar.

Der Stellenwert des Fixgehalts ist von der Risikofreude eines Managers abhängig. Je höher seine Risikoaversion ist, desto größer ist der Wunsch nach dem Fixgehalt als überwältigenden Anteil an der Gesamtvergütung.

Die variable, ergebnisorientierte und gewinnbeteiligende Vergütung, auch als Bonuszahlung bekannt, soll laut Gesetz in der Regel in einem Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft bestehen (§86 Abs. 1 AktG). Ihre Höhe setzt sich größtenteils aus buchhalterischen Kennzahlen zusammen und beinhaltet eine Unter- und Obergrenze. Nach dem Überschreiten einer festgelegten Mindestanforderung an Leistung wird eine Bonuszahlung gewährleistet, die solange ansteigen kann, bis die Obergrenze erreicht ist.

Die Ziele einer variablen, ergebnisabhängigen und gewinnbeteiligenden Vergütung reichen von unternehmensbezogenen Zielen, die Motivation, Produktivitätserhöhung, Commitment und somit die Vorbeugung von hoher Fluktuation beinhalten, über gesamtwirtschaftliche Ziele, die aus höherem Wirtschaftswachstum, Beschäftigungsgrad und der Konjunkturförderung bestehen, bis schließlich zur Wohlfahrtspflege und dem Betriebsfrieden, die als sozialpolitische Ziele zusammengefasst werden können.4

Aktien, die bei einer direkten Beteiligung der Verwaltung des Managements und bei indirekter Beteiligung des Unternehmens unterliegen, stellen die dritte Vergütungskomponente dar.

Sie befähigen die Führungskraft an der Dividendenausschüttung durch die Wertentwicklung der Aktien zu partizipieren. Die aktienorientierte Vergütung soll hochqualifizierte Führungskräfte anwerben und als ihr langfristiger Leistungsanreiz dienen.

In der Praxis hat sich im Jahr 2009 für die Struktur der Vergütung eines Vorstandsvorsitzenden im DAX 30 folgendes Bild ergeben:

27% der Gesamtvergütung ergibt sich aus dem Grundgehalt. Nebenleistungen und Altersvorsorge übernehmen 12% vom Ganzen. Jahreserfolgsvergütungen (Boni) machen 39% und die variablen Langfristigkeitsvergütungen (Aktien, etc.) 22% aus.5

2.1.4 Die Problematik buchhalterischer Kennzahlen und des

Aktienkurses als Bemessungsgrundlage für die Bonuszahlung Die Problematik, die aus Bonuszahlungen vor dem Hintergrund ihrer buchhalterischen Bemessungsgrundlage erwächst, liegt in der Ausrichtung der Führungskräfte auf die eigenen Interessen. Das Management wird bemüht sein, sich auf die Kennzahlen zu konzentrieren, die am Jahresende die höchste Ausschüttung an Bonuszahlungen garantieren. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass beispielsweise weniger in Forschung und Entwicklung investiert wird, die generell in späteren Jahren einen Return on Investment versprechen.

Außerdem besteht bei der Bilanzierung, trotz unzähliger Rechnungslegungsvorschriften zur Ermittlung des Jahresabschlusses, Möglichkeit zur Manipulation. In Form von Bildung sowie Auflösung von stillen Reserven und Rückstellungen, der Bewertung sowie Bilanzierung von materiellen und immateriellen Vermögensgegenständen und der Abschreibungsmethoden. Gängige Praxis in den USA ist beispielsweise die Bildung zusätzlicher stiller Reserven in Perioden mit Verlusten, die in Jahren mit Gewinnen aufgelöst werden und eine Erhöhung der Bonuszahlungen zur Folge haben.

Ein weiteres Problem der buchhalterischen Bemessungsgrundlage ergibt sich aus der Fokussierung des Managements auf Investitionen, die den größtmöglichen Gewinn erzielen. Dies kann im worst case dazu führen, dass das Vermögen der Aktionäre vernichtet wird, indem die Investitionen auf Unternehmensebene eine niedrigere Eigenkapitalrendite erwirtschaften als die Alternativrendite auf Anteilseignerebene.

Das Ziel der auf dem Aktienkurs basierenden Vergütung der Führungskräfte ist die Steigerung des Aktienkurses inklusive der Dividendenauszahlung, das den Shareholdern zugute kommt.

Kurzfristige Probleme können in Form von dem tatsächlichen Marktwert des Eigenkapitals nicht entsprechenden Kursentwicklungen auftreten. Auf langer Basis erübrigt sich dieses Problem. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu bilanziellen Kennzahlen dieser Ansatz als objektive Bemessungsgrundlage betrachtet werden kann.

Ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung des Kapitalwertes einer gegenwärtigen Investition. Da der Aktienkurs die abgezinsten zukünftigen Cash-Flows eines Unternehmens darstellt, müsste sich unter der Voraussetzung von perfekten Informationen eine Investition im Aktienkurs widerspiegeln.

Trotzdem bewahren effiziente Kapitalmärkte mit perfekter Information nicht vor Fehlern, die sich in der Über- oder Unterbewertung eines Unternehmens äußern können. 6

2.1.5 Die Auswirkung der Principal-Agent-Theorie auf die wertorientierte Vergütung

Die Principal-Agent-Theorie ist ein Ansatz zur Analyse der optimalen Gestaltung einer Vertragsbeziehung zwischen Principals (Shareholder) und Agents (Manager). In der jüngsten Vergangenheit hat die Bedeutung wertorientierter Managementkonzepte und der damit in Verbindung stehenden Vergütung der Manager wesentlich zugenommen. Dieser Effekt ist auf die Trennung von Eigentum und Kontrolle in Unternehmen und somit die Heterogenität der Interessen und Zielsetzung zwischen Principal und Agent zurückzuführen. Vergütung stellt ein entscheidendes Mittel dar, um das Handeln der Manager auf die Präferenzen der Shareholder auszurichten. Die Ausgestaltung der Vergütung sieht zumeist eine Beteiligung der Manager am Unternehmen vor, damit sich die daraus resultierende Eigentümerstellung positiv auf die Entscheidungen des Managements im Sinne der Aktionäre auswirkt. Konkret bedeutet dies, die Koppelung der variablen Vergütungsbestandteile an den Total Shareholder Return (Eigentümerrendite, bedingt durch die Erhöhung des Unternehmenswertes).7

Indirekt deutet die Principal-Agent-Theorie darauf hin, dass eine Incentivierung auf Basis der Managementleistung durch die Eigentümer aufgrund der gegebenen Informationsassymetrie, die unter anderem aus der Nicht-Partizipation der Principals auf der operationalen Ebene entsteht, nicht möglich ist. Unter diesem Vorbehalt ist es nicht überraschend, wenn Manager ihren Fokus ausschließlich auf die Realisierung einer Wertsteigerung des Unternehmens legen. Im Grunde genommen erfüllen sie nur ihre Pflicht der Erhöhung des Shareholder Value.

2.2 Entlohnung

Nach der Veranschaulichung des Vergütungssystems im vorangegangenen Kapital soll in diesem Kapitel der Frage auf Basis der Effizienzlohntheorie nachgegangen werden, warum Manager weitaus übertariflich entlohnt werden. Anschließend wird die Lohngerechtigkeit aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht erläutert.

2.2.1 Verschiedene Versionen der Effizienzlohntheorie als Erklärungsansatz für übertarifliche Bezahlung

Der Grundgedanke dieser Theorie ist die Abhängigkeit der Leistungsintensität der Arbeit vom gezahlten Entgelt und ihre explizite Berücksichtigung bei der Lohnsetzung durch das Unternehmen. Steigt die Motivation mit der Höhe des Lohns, stellt der Lohnsatz nicht mehr nur einen Kosten-, sondern auch einen Produktionsfaktor dar.

Derlabour turnover -Ansatz drückt aus, das kostenintensive Personalfluktuationen durch eine übertarifliche Bezahlung verhindert werden können.

Der Sinn der übertariflichen Entlohnung besteht bei dem shirking - Ansatz darin, die Belegschaft indirekt, effizient zu kontrollieren und zu disziplinieren, da der Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund von unproduktiver Arbeit größere Kosten verursacht als bei tariflicher Bezahlung.

Die adverse selection - Version der Effizienzlohntheorie versteht sich als Selektionsinstrument. Die Theorie des Arbeitnehmers der sich mit einer geringeren Entlohnung zufrieden gibt angesichts seiner Zweifel an seiner Qualifikation führt dazu, dass überdurchschnittlich produktive bzw. qualifizierte Arbeitnehmer angeworben werden.8

2.2.2 Lohngerechtigkeit aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften

Lohngerechtigkeit lässt sich auf zwei Ebenen diskutieren, der funktionalen Lohngerechtigkeit und der interpersonellen Lohngerechtigkeit. Der erste Ansatz beantwortet die aufkommende Frage, ob die Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital gerecht vollzogen wird und ist somit für diese wissenschaftliche Ausarbeitung nicht von primärer Bedeutung.

Vielmehr interessiert die Frage, ob verschiedene Arbeitstätigkeiten in Relation zueinander gerecht vergütet werden. Im Folgenden sollen die zur Lohngerechtigkeit gehörenden Spannungsfelder Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit nähert erläutert werden.

Das Konzept der Leistungsgerechtigkeit bedient sich der Tatsache, dass sich Leistungen von Individuen unterschiedlich ausprägen und deshalb die relative Gleichheit als gerecht angesehen wird. Das Humankapital, wozu die formale schulische oder berufliche Ausbildung als auch die berufliche Erfahrung und die Weiterbildungsmaßnahmen gehören, bestimmt über die Leistungsfähigkeit eines Menschen. In der Humankapitaltheorie wird die Annahme getätigt, dass Investitionen in Wissen und Fertigkeiten, die mit einem temporären Einkommensverzicht verbunden sind, getätigt werden, wenn in der Zukunft ein Return on Investment zu erwarten ist.

In der Lohnpolitik resultieren absolute Entlohnungsunterschiede aus unterschiedlichen Leistungen und sind somit als gerecht zu betrachten. Die absolute Gerechtigkeit, also die gleiche Entlohnung bei beliebiger Tätigkeit ist kein erstrebenswerter Zustand, da sonst der Anreiz, mehr zu leisten, eliminiert wird.

Diese Tatsache stellt für alle Mitglieder der Gesellschaft einen Vorteil dar. Von weiterer Bedeutung ist eine adäquate Entlohnung von Tätigkeiten, die eine substantielle Wissensbasis erfordern, damit der Anreiz gegeben ist, diese Kenntnisse zu erwerben. Da die Lohnunterschiede die Vor- und Nachteile verschiedener Tätigkeiten ausgleichen, kommt es zu einer gerechten Lohnstruktur. Diese ist auch im Sinne der Volkswirtschaft, da sich in ihr der unterschiedliche Aufwand für die einzelnen Arbeitsleistungen kennzeichnet.

Die Operationalisierung monetärer Leistungsgerechtigkeit ist in der Literatur nicht deutlich definiert, aber nach der ökonomischen Theorie auch nicht notwendig. Diese besagt, dass freie Märkte die leistungsgerechte Einkommensverteilung selbst regulieren. In diesem Sinne wird der Verdienst danach bewertet, in wie weit eine Zahlungsbereitschaft für eine Leistung durch andere Marktteilnehmer besteht. Die leistungsgerechte Einkommensverteilung durch den Markt dient gleichzeitig der Anreizsetzung der Individuen.9

Markteinkommen stellen eine sinnvolle Orientierungsgröße für leistungsgerechte Einkommen dar, trotzdem ist in den Diskussionen um Managergehälter anzumerken, dass das intransparente Entlohnungssystem und die zu den übrigen Arbeitnehmern ungleichmäßige Lohnentwicklung als ungerecht angesehen wird. Diese Ansicht ist ein Hinweis auf ein Fehlverhalten in der Bewertung von Leistungen auf dem Markt. Wie bereits erwähnt, ist die Bestimmung monetärer Leistungsgerechtigkeit in der ökonomischen Theorie nicht eindeutig geregelt. Der Markt soll diese Aufgabe übernehmen. Ist es ihm aber in Anbetracht der zahlreichen externen Faktoren überhaupt möglich, eine gerechte Lösung zu finden? Zur Beantwortung dieser Frage soll das folgende Beispiel eine Hilfestellung geben.

„Angenommen zwei Versicherungsvertreter machen sich auf, um Versicherungspolicen zu verkaufen. Beide bekommen die gleiche Zeitvorgabe und müssen vergleichbare Wegstrecken zu ihren Kunden zurücklegen. Der erste Versicherungsvertreter hat aber mehr Glück als der zweite: Weil die Straßen frei sind und er schneller vorankommt, kann er mehr Kunden beraten als sein Kollege, der auf verstopfte Straßen trifft. Obwohl die Beratung beider Vertreter jeweils gleich gut und überzeugend (und der Einsatz damit der gleiche) ist, gewinnt der erste

Vertreter mehr Kunden und erhält daher auch eine höhere Leistungsprämie. Das Gleiche gilt für den Fall, dass der erste Vertreter zufällig auf Kunden trifft, die sich schneller für einen Vertragsabschluss entscheiden.“10

Aus ökonomischer Sicht steht dem ersten Vertreter aufgrund der höheren erwirtschafteten Umsätze und Gewinne eine dementsprechend gerechtfertigt höhere Leistungsprämie zu.

Dieses Ergebnis ist aus dem Zufall ungleicher Verkehrsbedingungen oder der Entscheidungsfreude der Kunden, die von Vornherein nicht absehbar waren und nicht aus einer effizienteren Beratung entstanden. In Anbetracht der Eingangsfrage, lässt sich behaupten, wenn gleicher Einsatz unterschiedliche Ergebnisse erbringt, dass eine ausschließlich ergebnisorientierte Vergütung nicht als leistungsgerecht angesehen werden kann.

Eine weitere Begründung, warum bei vielen Menschen das Lohngerechtigkeitsempfinden beim Thema Managergehälter besonders ausgeprägt ist, lässt sich mit der Bedarfsgerechtigkeit erklären. Diese beschäftigt sich mit der Deckung von Grundbedürfnissen, die durch inkorrekte Verteilung beschränkter Ressourcen seitens des Marktes oder verschiedener Ausgangssituationen und damit verbundener Möglichkeiten zur individuellen Entwicklung nicht befriedigt werden. Die Vergütung von Managern, die hohe Leistungen erbringen und ein entsprechendes Entgelt erhalten, ist nicht im Einklang mit der allgemeinen Vorstellung von Bedarf und Bedarfsgerechtigkeit.

Abschließend anzumerken ist der positive Effekt, dass eine aus makroökonomischer Perspektive empfundene Lohnungerechtigkeit, wie beispielsweise die als unangemessen wahrgenommene Vergütung bestimmter Beschäftigungsgruppen oder Eliten, auf der mikroökonomischer Ebene nicht zwangsläufig zu negativen Anreizeffekten führt. Das Verhalten und die Leistung stehen eher in Abhängigkeit von interpersonellen Vergleichen.11

2.3 Gesetzlicher Rahmen zur Vorstandsvergütung

Der rechtliche Rahmen der Vorstandsvergütung steht im Wesentlichen mit der Corporate Governance im Zusammenhang, deswegen wird im ersten Schritt ein allgemeiner Überblick zur Corporate Governance gegeben. Anschließend wird die Auswirkung der Corporate Governance auf das Management System erläutert.

Nachfolgend beschäftigt sich die Untersuchung mit den aus der Corporate Governance hervorgegangenen Gesetzen und den Corporate Governance Kodex, bevor im letzten Schritt die Umsetzung der Gesetze und Empfehlungen präsentiert werden.

2.3.1 Corporate Governance

Corporate Governance gehört in der heutigen Zeit zu den am meisten diskutierten Managementthemen. Eine wörtliche Übersetzung ins Deutsche existiert bisher nicht. Sinngemäß ist der angelsächsische Begriff der Unternehmensverfassung gleichzusetzen, wobei Corporate Governance über die Festlegung von Informations- und Entscheidungsrechten diverser Akteure bzw. Interessengruppen hinaus einen rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen zur Einbindung des Unternehmens in seine Umwelt (z.B. Kapitalmarkt) vorgibt.

Inhaltlich werden die effiziente Leitung und Kontrolle vornehmlich börsennotierter Gesellschaften zur Realisierung langfristiger Wertschöpfung behandelt.12 Die Regelungen können von unterschiedlichen Institutionen sowie Interessengruppen stammen und sind dementsprechend entweder als Gesetz, Richtlinie, Empfehlung oder Anregung in einem Kodex, Unternehmensleitbild oder Absichtserklärung mit verpflichtendem oder appellierendem Charakter schriftlich fixiert.

Die Perspektive der Corporate Governance kann sowohl von innen heraus als auch aus der Außensicht erfolgen. Bei der Innensicht stehen die Unternehmensorgane wie Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung und ihre Kompetenzen, Funktionsweisen und Rollenzuweisung im Vordergrund. Die Außensicht hingegen nimmt Bezug auf die Konstellation zwischen Unternehmensführung und den primären Bezugsgruppen, zu denen die Stakeholder und insbesondere die Shareholder (Anteilseigner) zugehören.13

[...]


1 http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/managergehaelter-was-die-bosse-verdienen_aid_479629.html 3

2Joest, Andreas: Aktienbasierte Entgeltgestaltung. Motivation, Rechnungslegung, Unternehmenswert. Verlag Dr. Kovac. Hamburg, 2010, S.149

3Joest, Andreas: Aktienbasierte Entgeltgestaltung. Motivation, Rechnungslegung, Unternehmenswert. Verlag Dr. Kovac. Hamburg, 2010, S.159

4Kurdelbusch, Antje: Variable Vergütung in deutschen Großunternehmen - Entgeltsysteme zwischen Flexibilisierung und Flächentarifvertrag. Inauguraldissertation, Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr Universität Bochum, Bochum, 2002 S. 47 f

5http://www.towerswatson.com/germany/press/1464

6Lazar, Christian: Managementvergütung, Corporate Governance und Unternehmensperformance. Deutscher Universitäts-Verlag / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2007, S. 61 f

7Kramarsch, Michael H.: Aktienbasierte Managementvergütung. Schäfer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2000, S. 15 ff

8Kößler, Michael: Der gerechte Lohn aus betriebswirtschaftlicher und philosophischer Sicht. Universitätsverlag Rudolf Trauner, Linz, 2001

9Lesch, Hagen, Jenny Bennett: Arbeit und Fairness. Die Suche nach dem gerechten Lohn. Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, Köln, 2010, S. 23 f

10Lesch H., J. Bennett (2010), S. 28 f

11Vgl. Lesch H., J. Bennett (2010), S. 28 f

12Rechkemmer, Kuno: Corporate Governance. Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München, 2003, S. 3

13 V. Werder, Axel: Führungsorganisation. Grundlagen der Corporate Governance, Spitzen- und Leitungsorganisation. 2. Auflage. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2008, S. 1 ff

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Kritische Betrachtung der Managervergütung in Deutschland
Hochschule
Business and Information Technology School - Die Unternehmer Hochschule Iserlohn
Note
1,3 (91 von 100)
Autor
Jahr
2010
Seiten
56
Katalognummer
V165426
ISBN (eBook)
9783640815463
ISBN (Buch)
9783640815159
Dateigröße
1036 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
u.a. Interviews mit Managern, insbesondere zu aktuellen Regularien und der Angemessenheit der Höhe. Systeme. Ethik. Physiologie. Psychologie
Schlagworte
managervergütung, deutschland, management, vergütungssystem, entgelt, lohn, führungskraft, DAX 30, anreizsystem, variable vergütung, gesetze, VorstAG, DCGK, Corporate Governance
Arbeit zitieren
Waldemar Hein (Autor:in), 2010, Kritische Betrachtung der Managervergütung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165426

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