Nachdem Gottfried Keller bei seinem Verlag Vieweg , bei dem er zuvor bereits publizierte, einen „Possen gespielt“ hatte und dadurch für die Entstehung seines Novellenzyklus‘ ‚Die Leute von Seldwyla‘ den ersten Stein setzte, schrieb er im Jahre 1854 in einer Nachricht an Ferdinand Freiligrath, einem deutschen Dichter und Übersetzer, der zur gleichen Zeit wie Keller lebte : „Ich […] werde nun zu Hause mit wichtigem Gesicht mich an eine höchst raffinierte und ausgetüftelte Tätigkeit machen.“ In den darauffolgenden Jahren verfasste Keller seinen raffinierten und ausgetüftelten ersten Band des Novellenzyklus‘, den er ‚Die Leute von Seldwyla‘ nannte sowie den Plan für den zweiten Band, der jedoch erst in den Jahren zwischen 1860 und 1875 veröffentlicht wurde. Der erste sowie der zweite Band der Erzählungen Kellers bestehen jeweils aus fünf Geschichten. Jene, die in dieser Hausarbeit im Zentrum steht, befindet sich im ersten Band an dritter Stelle und wurde von Gottfried ‚Frau Regel Amrain und ihr Jüngster‘ betitelt. Die Novelle spielt, wie es zu erwarten ist, in der fiktiven Stadt Seldwyla, die sich irgendwo innerhalb der Schweiz befindet. Frau Regel Amrain ist eine, von ihrem in Seldwyla geborenen Ehemann mit einem enormen Schuldenberg, zurückgelassene allein erziehende Mutter von drei Söhnen, die sich, nachdem ihr jüngster Sohn Fritz, sie vor einer unehelichen Liebelei rettete, das Ziel setzt, all ihre Aufmerksamkeit auf jenen kleinen Sohn zu lenken, der ihr an diesem Tag heldenhaft zur Seite stand, um ihn durch ihre spezielle Art der mütterlichen Erziehung auf einen besseren Weg zu lenken, als den, den sein Vater sowie die Masse der restlichen Seldwyler einschlugen. Christian Stotz schrieb hierzu:
„[Es ist nicht nur] der Konflikt zwischen Vater und heranwachsendem Sohn; es ist auch der Konflikt zwischen Rechtschaffenheit und Seldwylertum, zwischen ganz unterschiedlichen Auffassungen von Verantwortung. […] Es ist das Element, das die Sphären der Ökonomie und die der Bürgerpflicht, in denen Fritz jeweils achtbare Erfolge vorweisen kann, […] und das auch Resultat seiner Erziehung ist.“
Ob Stotz‘ These der Wahrheit entspricht, dass Frau Regel Amrains Erziehung der Grundstein für ein nicht-seldwylerisches Leben ist, ob dementsprechend die Erziehung den Ausweg aus dem Typus der Seldwyler ermöglicht, wird in dem nun folgenden herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gottfried Kellers Novelle „Frau Regel Amrain und ihr Jüngster“. Von den Regeln der Erziehung, die den Ausweg aus dem Typus der Seldwyler ermöglichen
- Frau Regel Amrains Kampf um den Steinbruch und der Auslöser ihrer Erziehungsvorsätze
- Frau Regel Amrains Erziehung als Ausweg aus dem seldwylerischen Dasein
- Schlusswort
- Literatur- und Internetquellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert Gottfried Kellers Novelle „Frau Regel Amrain und ihr Jüngster“ und untersucht, inwiefern die Erziehung des Titelhelden Fritz, durch seine Mutter Frau Regel Amrain, den Ausweg aus der typischen „Seldwyler“-Mentalität ermöglicht. Die Analyse beleuchtet die Gründe für die seldwylerische Lebensweise und erörtert, wie Frau Regel Amrain durch ihre Erziehung einen anderen Lebensweg für ihren Sohn beschreitet.
- Die Darstellung der „Seldwyler“-Mentalität und ihrer typischen Verhaltensmuster
- Frau Regel Amrains Erziehungsmethoden und ihre Bedeutung für Fritz' Entwicklung
- Der Konflikt zwischen der seldwylerischen Gesellschaft und Frau Regel Amrains Erziehungszielen
- Die Rolle der Ökonomie und des Ehrgeizes im Leben der Seldwyler
- Die Möglichkeit des Ausbruchs aus dem „Seldwyler“-Typus durch Erziehung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Novelle dar, wobei die Entstehung von Kellers „Die Leute von Seldwyla“ und die Bedeutung der Novelle innerhalb des Zyklus hervorgehoben werden. Die Novelle selbst beginnt mit der Darstellung von Frau Regel Amrain, einer allein erziehenden Mutter, die durch ihren Ehemann mit einem Steinbruch und Schulden zurückgelassen wird. Der Fokus liegt auf der Beschreibung des typischen Seldwyler-Charakters, welcher durch oberflächliche Lebensfreude, mangelnde Verantwortung und den Fokus auf Luxusgüter gekennzeichnet ist. Herr Amrain, der „vollkommene Seldwyler“, versinkt durch seinen unüberlegten Umgang mit dem Steinbruch im Ruin. Frau Amrain, im Gegensatz dazu, handelt „ganz unseldwylerisch“ und übernimmt die Leitung des Steinbruchs, indem sie ihn auf wirkliche Produktion fokussiert und fleißige Arbeiter beschäftigt. Diese Handlung stellt einen wichtigen Wendepunkt dar, da Frau Amrain die typischen seldwylerischen Verhaltensmuster ablehnt und einen anderen Lebensweg für sich und ihre Söhne anstrebt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Analyse sind: Gottfried Keller, „Frau Regel Amrain und ihr Jüngster“, „Die Leute von Seldwyla“, Seldwyler, Erziehung, Verantwortung, Ökonomie, Luxus, Produktion, Ausweg, Lebensweg.
- Quote paper
- Susanne Hahn (Author), 2011, Überlegungen zu Gottfried Kellers Novelle „Frau Regel Amrain und ihr Jüngster“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168845