Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung in die Jugendsprache
2.1 Versuch der Definition der Jugendsprache
2.2 Merkmale und Register der sprachlichen Oberfläche der Jugendsprache
2.3 Die Kanak Sprak
3. Die empirische Untersuchung
3.1 Beschreibung der empirischen Untersuchung
3.2 Auswertung der empirischen Untersuchung
4. Fazit
5. Literatur- und Quellenangaben
6. Anhang
1. Einleitung
Was guckst du? Bin isch Kino oder was?
Die deutsche Sprache hat sich schon immer verändert, aber gerade in den letzten Jahren hat sich eine Diskussion entwickelt, die Sprachwissenschaftler, Erzieher, Lehrer, Eltern und auch die Jugend beschäftigt. Diese Diskussionen beschäftigen sich mit der Jugendsprache und vor allem auch mit der Kanak Sprak, die eine Variation der Jugendsprache ist. Viele haben Angst, dass die deutsche Standardsprache ausstirbt. Denn was soll nur aus ihr werden, wenn die heutige Jugend erwachsen wird und ihr Sprachgut an die Kinder weitergibt? Sagen dann die Schulkinder die oben kursiv gedruckten Sätze, wenn sie sich von der Lehrperson provoziert fühlen? Wird die hochdeutsche Sprache dann von der Sprache der heutigen Jugendlichen geprägt? Wie beispielsweise von der Anredefloskel Alter lan, was gehtn ab bei dir? oder Moinsen Digger, gehs du auch Schule jetzt?
Da auch an mir diese Diskussionen nicht vorbeigegangen sind und ich die Auswirkungen der Jugendsprache häufig in meinem Umfeld miterlebe, war mein Entschluss schnell gefasst, eine Arbeit zu diesem Thema zu schreiben. Gerade weil dieses Thema bei weitem noch nicht so ausgiebig erforscht ist wie andere sprachliche Phänomene und viel zu selten Gegenstand an der Universität oder an der Schule ist, war meine Motivation groß, mehr zu diesem Thema zu erfahren.
Mit meiner Arbeit möchte ich einen Überblick zu dieser sprachlichen Besonderheit geben. Dazu habe ich mich zur Einführung in die Thematik mit einer Definition der Begrifflichkeit „Jugendsprache“ versucht, um anschließend ihre sprachlichen Register und Eigenheiten näher zu beschreiben. Auch die für meine Hausarbeit so wichtige Kanak Sprak hat in Punkt 2.3 mein Interesse geweckt und ich werde versuchen, sie in all ihren Facetten vorzustellen.
Ich möchte in dieser Arbeit außerdem eine eigene empirische Untersuchung vorstellen, die sich mit der Jugendsprache an sich und der Kanak Sprak im Besonderen beschäftigt. Mit diesem Fragebogen wollte ich Faktoren ermitteln, die den Gebrauch dieser Sprachvariationen beeinflussen. Außerdem will ich eine von mir selbst aufgestellte These be- bzw. widerlegen. Die These lautet wie folgt: Deutsche Jugendliche sprechen die Kanak Sprak, um Teil der Gruppe zu werden und so Gruppenzugehörigkeit zu erfahren.
Manche der aus der Literatur entnommenen Beispiele mögen nicht mehr dem jetzigen Stand entsprechen, da die jugendsprachlichen Ausdrücke einer rasanten Änderung unterliegen und meine eigenen Erfahrungen auch schon wieder veraltet sind. Nichts desto trotz werde ich versuchen, ein möglichst aktuelles Bild der Jugendsprache darzustellen.
Ich möchte zum Schluss noch darauf hinweisen, dass ich das generische Maskulinum verwenden werde.
2. Einführung in die Jugendsprache
Dieser Punkt meiner Hausarbeit soll den Bereich der Jugendsprache beleuchten und versuchen, den Begriff der Kanak Sprak zu erläutern. Ich werde die Schwierigkeiten beim Erklären des Begriffes „Jugendsprache“ darstellen und zugleich dennoch versuchen, eine Definition zu erstellen.
Der Begriff der Jugendsprache umfasst ein weites Feld. “Jugendsprache- ist das ein Jargon, ein (lexikalisches und phraseologisches) Register, eine Stilschicht, eine Varietät, ein Kommunikationsstil, ein Gemisch aus Alltags- bzw. Umgangssprache und Szenesprache, ein salopper, unkonventioneller, provokativer, spielerischer Sprachgebrauch- oder was eigentlich noch?“[1]
Schon Johannes Volmert zeigt in seinem Aufsatz, dass man viele Bereiche der Sprache beleuchten muss, um auch nur annähernd den Versuch machen zu können, Jugendsprache zu definieren. Noch schwieriger ist es bei dem von Feridun Zaimoglu geschaffenen Begriff „Kanak Sprak“, mit dem er sowohl dem Wort „Kanak(e)“ die negative Konnotation genommen hat, als auch das Phänomen dieses bestimmten Soziolekts näher beleuchtet beziehungsweise die Menschen für dieses Thema sensibilisiert hat.
2.1 Versuch der Definition der Jugendsprache
Augenscheinlich erscheint eine Definition des Begriffes „Jugendsprache“ sehr einfach: „Jugendsprache“ ist die von der Jugend verwendete Sprache; also gewissermaßen die Stimme der Jugendlichen. Diese Definition allerdings würde bedeuten, dass die Jugendsprache nur von der Jugend gesprochen werden würde und dass alle Jugendlichen dieselbe Sprache sprechen würden. „Gegenüber eher vorurteilsbeladenen Vorstellungen und Fiktionen wird Jugendsprache von Sprachwissenschaftlern heute als ein komplexes sprachliches Register angesehen.“[2] Doch die Jugendlichen sprechen alles andere, nur nicht dieselbe Art der Sprache, die Erwachsene als Jugendsprache einstufen würden. Vielmehr ist die Jugendsprache von Gruppe zu Gruppe, von Region zu Region unterschiedlich, da sich die Jugendsprache als gruppeninterne Sprache versteht und so genutzt wird, um sich von der Erwachsenenwelt, aber auch von anderen jugendlichen Gruppen abzugrenzen.[3] Doch was ist „Jugend“ überhaupt? Die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Pubertät, die zwischen dem 11. und dem 14. Lebensjahr einsetzt, und der Postadoleszenz wird gemeinhin als Jugend tituliert.[4] Besonders in dieser Zeitspanne ist der Einfluss der verschiedenen Welten, nämlich die der Eltern und die der Freunde, am größten und beeinflusst den Jugendlichen und seine Sprache enorm. Die meisten Jugendlichen sind auch in der Lage, den eigenen Sprachgebrauch ihrem Gegenüber anzupassen.
Das größte Problem meiner Meinung nach ist allerdings der heutige Trend der ewigen Jugend. Nie zuvor war der Zustand der Jugendlichkeit so beliebt wie heute, nie hatte Jugend einen so großen Stellenwert in unserer Gesellschaft, womit die Definition der Psychologie meiner Ansicht nach hinfällig wird. Um jung zu erscheinen, benutzen auch Menschen, die entwicklungspsychologisch nicht mehr in der Pubertät bzw. Adoleszenz/ Postadoleszenz anzusiedeln sind, jugendsprachliche Ausdrücke. Diese Form der künstlichen Jugendsprache ist nicht Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, obwohl auch dieser Aspekt der Sprache reizvoll wäre. Doch meiner Auffassung nach ist diese Sprache keine Jugendsprache im eigentlichen Sinn; sie wird nur genutzt, um jugendlich zu wirken, und Teil der Jugend zu sein.
Was viele Erwachsene und Wissenschaftler allerdings vernachlässigen, ist das breite Spektrum der Jugendsprache. Diese wird oft nur aufgrund einiger weniger Ausdrücke und Phraseologismen (z.B.: krass, fett, hammer, Was gehtn? Rein haun!) charakterisiert und findet ihre Aufmerksamkeit oft nur, wenn sie vulgär oder provozierend auf den Betrachter wirkt. Diese selektive Wahrnehmung entspricht allerdings nicht dem Inventar der Jugendsprache, welches in Punkt 2.2 näher erläutert werden soll. Diese eingeschränkte Sicht erweckt den Eindruck, dass Jugendsprache gelernt werden kann, was wohl auch den hohen Absatz der jugendsprachlichen Lexika erklärt. Doch durch die gruppeninternen Sprachvarianten wird jeder Versuch eines Erwachsenen, Jugendsprache zu sprechen, scheitern, da sie von Jugendlichen erkannt und als lächerlich empfunden werden wird. Trotzdem werden diese die Jugendsprache benutzenden Erwachsenen ihren Erfolg darin haben, sich von anderen Erwachsenen abzugrenzen, weshalb ihnen diese Methode vergönnt sein soll.
Jugendsprache ist eine spezifische Sprechweise, die die Standardsprache voraussetzt und diese schöpferisch abwandelt, stereotypisiert und spezifische Formen ihres sprachlichen Spiels pflegt.[5]
2.2 Merkmale und Register der sprachlichen Oberfläche der Jugendsprache
Die linguistische und soziologische Forschung konnte sich weitgehend auf fünf charakteristische Merkmale und Register für den Sprachstil der Jugendsprache einigen.
Beginnen möchte ich, wie auch Johannes Volmert[6], mit der Hyperbolik. Sie beschreibt die Übertreibungen und die Drastiken in den Benennungen und Beschreibungen der Jugendsprache. Sie bedient sich hauptsächlich aus dem Repertoire der adjektivischen Attribuierung und der adverbialen Verstärkung. Wie der Begriff der Hyperbolik bereits vermuten lässt, sind den Ausdrücken keine Grenzen gesetzt. Von riesig bis gigantisch sind alle Übertreibungen erlaubt. Auch die Präfixe bzw. Präfixoiden mit der emphatisch- steigernden Funktion wie zum Beispiel mega-, ultra- usw. dienen den Hyperboliken.
Außerdem werden auch entlehnte Wörter aus der Standardsprache zweckentfremdet, um allerdings in völlig umgedeuteter und umbewerteter Form verwendet zu werden. Dabei können sie sowohl für sehr positive, als auch für extrem negative Bewertungen genutzt werden. Beispiele hierfür wären krass, abartig, fett, brutal, tödlich usw.. Oft werden alle diese sprachlichen Merkmale indes inflationär gebraucht, was bei vielen Elementen zu einer sehr schnellen Entwertung führt. Zu erklären ist dies durch den Wunsch, zu schocken oder sich abzugrenzen. Indem zu viele zu oft diese Übertreibungen benutzen, entwertet sich die Wirkung und die Begriffe verlieren an Bedeutung, vor allem aber an Effekt. Dies wird von den Nutzern der Jugendsprache durch zusätzliche Adverbien bzw. Gradpartikel kompensiert.
Verkürzungen, oft auch als „Comic- Sprache“ betitelt, sind ein weiteres sprachliches Register. Die wichtigste Quelle der „Comic- Sprache“ ist „- wie der Name schon sagt- die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa eingeführte Comic- Literatur amerikanischer Provenienz.“[7] Sie zeichnet sich vor allem durch ihre dialogischen Interaktionen aus. Die Verkürzung bedient sich hauptsächlich zweierlei Typen:
der i- Bildung und der o- Bildung, bei denen der Wortstamm beziehungsweise die Wortwurzel plus „i“ bzw. plus „o“ versehen wird, anhand dessen man klar den infantilen Charakter der Comic- bzw. Kindersprache erkennen kann, welcher aber ebenso schnell verloren geht, wie er auftaucht. Was aber sichtbar bleibt, ist die Funktion der maximalen Verknappung. Beispiele für die i- Bildungen sind Wörter wie Alki ( Alkoholiker), Asi ( Asozialer), Fuffi ( Fünfziger) und viele mehr. Die Akzeptanz und Beliebtheit dieser Wörter der i- Bildung sind dafür verantwortlich, dass sie großenteils in die allgemeine Umgangssprache übernommen werden. Die o- Bildungen sind nicht annähernd so produktiv und finden ihren Ursprung oft in der alternativen Studentenszene. Beispiele hierfür wären Anarcho, Psycho etc. Durch die mediale Vermarktung werden aber auch diese Wörter schnell in die Alltagssprache übernommen.
Auch die derzeitig äußerst beliebte „Computer- oder Chatsprache“ (hdgdl = hab dich ganz doll lieb, lol = laugh out loud, ild = Ich liebe dich) kann den Verkürzungen zugerechnet werden. Mit diesen Verknappungen sind die Jugendlichen in der Lage, mit sehr wenigen Buchstaben ganze Dialoge zu führen bzw. Nachrichten mitzuteilen.
Eine Beispielliste, für die der „Comic- Sprache“ entsprechenden Lautwörtern zu erstellen, erweist sich als schwierig, da sich diese besonders schnell dem Trend anpassen. Möglichst aktuelle Beispiele wären heul, schnief, stöhn, schluck usw.. Gerade diese Lautwörter führten dazu, dass den Jugendlichen eine Sprachlosigkeit vorgeworfen wurde, die mit einer fehlenden Syntax einherging. Was den Spracherziehern und Sprachpflegern hingegen nicht bewusst war, ist die Bildlichkeit und Plastizität der Lautwörter, die mit anderen sprachlichen Mitteln kaum so ausgedrückt werden kann.
Auch die Vulgarismen und Obszönitäten in Bezeichnungen und Sprüchen sind Merkmale der Jugendsprache. Gerade das vulgäre Wort „geil“, welches in den 70er Jahren der botanischen Sprache entlehnt wurde, symbolisierte zu der Zeit die provokante Art der Jugendsprache und wurde von den meisten Eltern und Lehrern strikt verboten. Doch gerade anhand dieses Beispiels kann man sehr gut erkennen, wie manche Wörter der Jugendsprache in die Standardsprache übergehen und somit ihre Brisanz einbüßen. Beispiel für heutige Vulgarismen sind meiner Erfahrung nach ( nach Gesprächen mit Jugendlichen) motherfucker, bitch, kacken/ abkacken, Schizzo, schwul und viele weitere.
Spielerische und umdeutende Verwendung von standardsprachlichen Begriffen, anderen Varietäten und Kontaktsprachen zeigen, meiner Meinung nach, die Kreativität der Jugendsprache. Um dieses sprachliche Register der Jugendsprache zu kreieren, müssen die Sprecher mit ihrer Standardsprache und ihren Varietäten vertraut sein, denn nur dann ist das Spiel mit ihnen möglich. Beispiele für Entlehnungen der Standardsprache, bei denen metaphorische, metonymische und paronymische Umdeutungen vorherrschen, wären „die bereits erwähnten adjektivischen Qualifikatoren wie herb, stark, fett, krass, öde
u. Ä.“[8]. Sie tauchen großenteils in Phraseologismen auf. Die Metaphorik taucht vor allem in Personenbezeichnungen auf. Kuh, Perle, Macker, Torte, Schnalle sind nur einige Beispiele, um einen Einblick zu bekommen. „Die jugendliche Kreativität zeigt sich indessen am ausgeprägtesten beim Spiel mit neuen Derivaten im Bereich des Verbs.“[9] Dabei werden universell einsetzbare Präfixe benutzt, wie beispielsweise ab-, an-, rein-, rum-, rüber-, ver- und andere.[10] Auch die De- Substantivierung wie bei tigern, brettern, sülzen u. a. wird bei Verb- Neubildungen genutzt.
Die häufigste spielerische Umdeutung ist meiner Meinung nach jedoch die Verwendung von Anglizismen. In den letzten Jahren nahm die Benutzung dieser Wörter immens zu, was auf der einen Seite der Medienwelt zuzuschreiben ist, aber auch verstärkt der Musikkultur. Die Jugendlichen identifizieren sich mit Sängern und möchten ihrem Idol so ähnlich werden wie nur irgend möglich. Dafür benutzen sie möglichst viele Wörter, die die vor allem englischsprachigen Künstler einsetzen. Es gibt unzählige Beispiele für die von Jugendlichen verwendeten Anglizismen. Ein Beispiel für die entlehnte englische Syntax wäre das „Sinn machen“ ( statt „einen Sinn ergeben“) welches von „to make sense“ abgeleitet werden muss. Wörter, die einfach in die Sprache übernommen werden sind zum Beispiel heavy, feeling, fuck, bitch, joke etc.
Das letzte sprachliche Register, das Johannes Volmert in seinem Aufsatz aufführt, ist das der Sprachspiele. Sie enthalten sowohl Sprachbasteleien als auch Parodien und Verfremdungen „fremder“ Sprachgebräuche. Gerade bei diesem Register achteten die Untersuchenden darauf, das Register in seinem Zusammenhang von sozialer und situativer Einbettung zu betrachten, da die „Sprechweisen als Ausdruck von Sprechstilen (die immer zugleich „kulturelle Stile“ sind)“[11] zu verstehen sind. Die Typik der Kommunikationsstile stellt sich dem Hörer schon bei der Eröffnung des Gespräches dar. Ein Ey, „Was geht?“, Hi, Na stellt schon zu Beginn des Gespräches fest, dass der Umgangston bzw. die Umgangssprache in dieser Kommunikationssituation verwendet wird. Im markanten Kontrast dazu stehen Anredeformeln wie Guten Tag, Ich begrüße Sie etc .
Schlobinski/ Kohl und Ludewigt beobachteten Anfang der 90er Jahre, dass ey eines der wenigen sprachlichen Elemente ist, „das sich in den unterschiedlichsten adoleszenten Gruppierungen als Signal mit vergleichbaren Funktionen findet.“[12] Es hat die mannigfaltigen Funktionen des Gliederungssignals bei narrativen Passagen, außerdem wird es zur Adressierung genutzt, als „attention getter“, als Bewertung von Äußerungen und als Mittel der Emphase bzw. Intensivierung ( vgl. Volmert).
Aber auch die so genannten „running gags“ sind Mittel, die die Jugendlichen benutzen, um eine Gruppenzusammengehörigkeit zu schaffen, aber auch auszudrücken. Dazu werden gruppenspezifische Dialogelemente separiert, die der Gruppe als witzig/ besonders erscheinen, welche aber von anderen oft nicht verstanden werden.
Sprüche oder Slogans wie Kein Schwanz ist so hart wie das Leben oder Der frühe Vogel kann mich mal werden auch von Erwachsenen verstanden, doch die Jugendlichen schaffen damit ihren Gedanken und Gefühlen Ausdruck. Diese Form der Sprachspiele erfreut sich gerade in der heutigen Zeit großer Beliebtheit, wie man in den Foren Studivz.net etc. sehen kann, doch auch in früheren Jahren waren es die Toilettensprüche, die oftmals die „Poesie“ der Jugend waren. So werden Wörter, Gegenstände und bekannte Symboliken in einen neuen Kontext gestellt.
2.3 Die Kanak Sprak
Das Wort „Kanak(e)“ beschreibt ursprünglich die indigene Bevölkerung der französischen Kolonie Neukaledonien.[13] In der Zeit, in der die Einwanderer und Gastarbeiter nach Deutschland kamen, entwickelte sich der Begriff zu einer rassistischen, zumindest einer abwertenden Formulierung für diese Menschen, hauptsächlich für die mit türkischer Herkunft. Erst Feridun Zaimoglu schaffte es mit seinem Buch „Kanak Sprak- 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft“, welches 1998 erschien, dem Begriff etwas Positives zu geben. Heute wird der Begriff Kanake hauptsächlich von jungen Personen nicht-deutscher Herkunft verwendet, um mit ihrer Außenseiterrolle zu spielen, aber auch um einen gewissen Herkunftsstolz auszudrücken.
In dem bereits erwähnten Buch von Zaimoglu wird unter anderem der Soziolekt der Kanak Sprak oder der so genannten Ghettosprache bzw. Türkendeutsch thematisiert. Dieser Soziolekt bzw. Ethnolekt[14] zeichnet sich durch Abweichungen zur deutschen Standardsprache aus, was sich in Lautverschiebungen, anderen grammatikalischen Strukturen, Wortübernahmen aus anderen Sprachen (vorzugsweise Türkisch), einem reduzierten Satzbau und dem Fehlen von Artikeln und Präpositionen zeigt.
Bei den Beispielen[15] gutes Gewinn, son großer Plakat, der ganse Haus, ein Ohrfeige geben kann man erkennen, dass die Genera verändert werden. Peter Auer schreibt in seinem Aufsatz, dass das vermutlich ad hoc passiert.[16] Die Beispiele keine richtige Gruppen, schlechten Gewissen gehabt, steht einer Deutscher zeigen an, dass die Kongruenz in komplexen Nominalphrasen teilweise anders geregelt wird. „In diesen Fällen werden offenbar die Flexionssuffixe (teilweise) ikonisch parallelisiert.“[17] Wie oben bereits erwähnt, fehlen oft sowohl die definiten als auch indefiniten Artikel. Deutlich wird dies zum Beispiel bei den Formen da wird Messer gezogen, du bist toter Mann und ich gehe Klo. Gerade bei dem oft verwendeten Ausdruck Hast du Problem? scheint der fehlende Artikel obligatorisch, als wäre es eine feststehende Phrase.
Auch Präpositionen werden weggelassen (wenn ich überhaupt Schule gehe) oder es werden die falschen Präpositionen benutzt (ich muss das noch nach Schule bringen).
Wie ich bereits oben erwähnt habe, wird auch die Syntax geändert (j etzt ich gehe in die Pause).
[...]
[1] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 85-91.
[2] Schlobinski, Peter/ Kohl, Gaby/ Ludewigt, Irmgard: Jugendsprache. Opladen 1993. S. 12.
[3] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 85-91.
[4] Schmidbauer, Wolfgang: Jugendlexikon Psychologie. Reinbek 1976. S. 104.
[5] Henne Helmut: Jugend und ihre Sprache. Berlin 1986. S. 208 ff.
[6] Im folgenden beziehe ich mein Wissen über die sprachliche Oberfläche der Jugendsprache aus folgendem Aufsatz: Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 85-91.
[7] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 88.
[8] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 89.
9 Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 89.
10 Ehmann, Hermann: Jugendsprache und Dialekt. Regionalismen im Sprachgebrauch von Jugendlichen. Wiesbaden 1992 , S. 107 u. 129ff.
[11] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 90.
[12] Volmert, Johannes: Jugendsprache- Jugendliteratur- und ihre Erforschung. In: Der Deutschunterricht. Heft 3, 2005, S. 90.
[13] http://de.wikipedia.org/wiki/Neukaledonien#Bev.C3.B6lkerung. 26.11.2009.
[14] Ein Ethnolekt ist eine Sprechweise (Stil), die von den Sprechern selbst und/oder von anderen mit einer oder
mehreren nicht-deutschen ethnischen Gruppen assoziiert wird.
http://www.forum-interkultur.net/fileadmin/user_upload/pdf/9.pdf. 27.11.2009.
[15] Die Beispiele entstammen entweder dem Aufsatz von Peter Auer oder aus eigenen Aufzeichnungen aus privaten Gesprächen mit Jugendlichen.
[16] vergleiche:
http://www.forum-interkultur.net/fileadmin/user_upload/pdf/9.pdf. 27.11.2009.
[17] http://www.forum-interkultur.net/fileadmin/user_upload/pdf/9.pdf. 27.11.2009.