1 Einleitung
Émile Zola, Leitfigur des französischen Naturalismus und Initiator einer gesamteuropäischen literarischen Bewegung, begann im Jahre 1867 mit dem Roman "Thérèse Raquin", die Forderungen der Brüder Edmond und Jules de Goncourt nach einer wirklichkeitsgetreuen Literatur umzusetzen. Nach dem Vorbild von Honoré de Balzacs monumentaler "Comédie Humaine" (1821-1850; von 137 geplanten Romanen beendete Balzac rund 90) konzipierte Zola sein Hauptwerk, den Romanzyklus "Les Rougon-Macquart", der den Untertitel « Histoire naturelle et sociale d’une famille sous le Second Empire » trägt und zwischen 1871 und 1893 erschien. Der Untertitel lässt seine naturwissenschaftliche, analytische Betrachtungsweise bereits erkennen und steckt zugleich den zeitlichen Rahmen der Handlung ab, die 1851 mit dem Staatsstreich Napoléon Bonapartes beginnt und 1870 mit der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg endet. In 20 Romanen wird der Lebensweg von fünf Generationen der Familien Rougon, Macquart und Mouret dargestellt, den Nachfahren der „Urmutter“ Adélaïde Fouque. "Nana" (1880), der „Dirnenroman im Naturalismus“ , ist der neunte Band innerhalb des 20-bändigen Romanzyklus und führt die Geschichte von Anna Coupeau – genannt „Nana“ – fort, deren Kindheit und Jugend bereits in "L’Assommoir" (1877), dem siebten Band des Zyklus, geschildert wurde.
Die vorliegende Hauptseminararbeit untersucht naturalistische Züge und Themen in Émile Zolas Kurtisanenroman "Nana". Kapitel 2 beschäftigt sich zunächst mit den Grundlagen des Naturalismus. Kapitel 2.1 befasst sich mit der naturalistischen Ideologie, die den Grundstock für die Romane des Rougon-Macquart-Zyklus bildet. In Kapitel 2.2 wird Zolas Werk "Le Roman expérimental" hinzugezogen, in dem er im Jahre 1880 sein deterministisches Konzept theoretisch niederlegte. Mit dem diskursiven Fundus aus dem zweiten Kapitel soll Nana in Kapitel 3 beispielhaft als literarische Umsetzung der naturalistischen Theorie betrachtet werden.
2 Grundlagen des Naturalismus
Zolas naturalistische Ästhetik, die unter dem Einfluss der positivistischen Philosophie und der zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Theorien entstand, verknüpfte die naturwissenschaftliche Systemhaftigkeit und die schöngeistige Literatur auf eine neue Art und Weise.
2.1 Die Ideologie des Naturalismus: Die Wissenschaft als Vorbild
Die literarische Bewegung des Naturalismus profitierte wesentlich vom explosionsartigen Wissenszuwachs in den (...)
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Grundlagen des Naturalismus
- 2.1 Die Ideologie des Naturalismus: Die Wissenschaft als Vorbild
- 2.2 Émile Zolas theoretisches Manifest: Le Roman expérimental
- 3 Betrachtung von Émile Zolas naturalistischem Roman Nana
- 3.1 Nana, « grande cocotte » und « femme fatale »: Zur Darstellung von Weiblichkeit und Dekadenz
- 3.2 Nanas destruktive Wirkung: Der vermenschlichte Mythos
- 4 Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht naturalistische Züge und Themen in Émile Zolas Roman Nana. Das Hauptziel besteht darin, Nanas Darstellung als literarische Umsetzung der naturalistischen Theorie zu analysieren, basierend auf den ideologischen und theoretischen Grundlagen des Naturalismus. Die Arbeit beleuchtet Zolas Konzept des Determinismus und dessen Einfluss auf die Charaktere und Handlung des Romans.
- Der Naturalismus als literarische Bewegung und seine ideologischen Grundlagen
- Die Rolle der Wissenschaft und des Positivismus im Naturalismus
- Die Darstellung von Weiblichkeit und Dekadenz in Nana
- Der Determinismus als zentrales Thema und seine Auswirkungen auf die Figuren
- Nana als Beispiel für die Umsetzung naturalistischer Theorie in der Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des französischen Naturalismus und Émile Zolas ein. Sie beschreibt Zolas Romanzyklus Les Rougon-Macquart und dessen naturwissenschaftliche und analytische Herangehensweise. Der Fokus wird auf Nana als neunten Band des Zyklus gelegt, der die Geschichte von Anna Coupeau, genannt Nana, weitererzählt, deren früheres Leben in L'Assommoir beschrieben wurde. Die Arbeit selbst wird als Untersuchung naturalistischer Aspekte und Themen in Nana vorgestellt, wobei Kapitel 2 die Grundlagen des Naturalismus behandelt und Kapitel 3 Nana als deren literarische Umsetzung analysiert.
2 Grundlagen des Naturalismus: Dieses Kapitel legt die Grundlagen des Naturalismus dar, indem es die naturalistische Ideologie und deren wissenschaftliche Fundamente beleuchtet. Es wird der Einfluss positivistischer Philosophie und naturwissenschaftlicher Theorien auf Zolas Ästhetik erläutert. Die Rolle von Auguste Comte und Hippolyte Taine und deren Konzept des Determinismus (race, milieu, moment) wird herausgestellt. Zolas Werk Le Roman expérimental wird als Manifest seiner naturalistischen Ästhetik präsentiert, das die Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden auf die Literatur beschreibt und die Vorstellung einer objektiven Darstellung der Wirklichkeit postuliert. Die interne Krise des Naturalismus und das "Manifeste des cinq" werden ebenfalls thematisiert, wobei die Bedeutung des Naturalismus als gesamteuropäische Bewegung hervorgehoben wird.
Schlüsselwörter
Naturalismus, Émile Zola, Nana, Determinismus, Positivismus, Le Roman expérimental, Weiblichkeit, Dekadenz, Les Rougon-Macquart, race, milieu, moment, soziale Determinanten.
Häufig gestellte Fragen zu: Naturalistische Züge und Themen in Émile Zolas Roman Nana
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert naturalistische Züge und Themen in Émile Zolas Roman Nana. Das Hauptziel ist die Untersuchung von Nanas Darstellung als literarische Umsetzung der naturalistischen Theorie, basierend auf den ideologischen und theoretischen Grundlagen des Naturalismus. Ein Fokus liegt auf Zolas Konzept des Determinismus und dessen Einfluss auf die Charaktere und Handlung des Romans.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Der Naturalismus als literarische Bewegung und seine ideologischen Grundlagen; die Rolle der Wissenschaft und des Positivismus im Naturalismus; die Darstellung von Weiblichkeit und Dekadenz in Nana; der Determinismus als zentrales Thema und seine Auswirkungen auf die Figuren; Nana als Beispiel für die Umsetzung naturalistischer Theorie in der Literatur.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Kapitel 1 (Einleitung): Einführung in den französischen Naturalismus und Émile Zola, Vorstellung des Romanzyklus Les Rougon-Macquart und des Romans Nana. Kapitel 2 (Grundlagen des Naturalismus): Darstellung der naturalistischen Ideologie und ihrer wissenschaftlichen Fundamente, Einfluss des Positivismus und naturwissenschaftlicher Theorien, Rolle von Comte und Taine, Zolas Le Roman expérimental als Manifest und die interne Krise des Naturalismus. Kapitel 3 (Betrachtung von Émile Zolas naturalistischem Roman Nana): Analyse von Nana als literarische Umsetzung der naturalistischen Theorie, Darstellung von Weiblichkeit und Dekadenz, Nanas destruktive Wirkung. Kapitel 4 (Schlussbetrachtung): Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Naturalismus, Émile Zola, Nana, Determinismus, Positivismus, Le Roman expérimental, Weiblichkeit, Dekadenz, Les Rougon-Macquart, race, milieu, moment, soziale Determinanten.
Wie wird die wissenschaftliche Methode im Naturalismus angewendet?
Die Arbeit untersucht, wie Zola naturwissenschaftliche Methoden auf die Literatur anwendet, inspiriert durch den Positivismus und das Konzept des Determinismus (race, milieu, moment). Le Roman expérimental wird als Schlüsseltext für dieses Verständnis herangezogen.
Welche Rolle spielt der Determinismus im Roman Nana?
Der Determinismus ist ein zentrales Thema. Die Arbeit analysiert, wie die Charaktere und die Handlung von sozialen, biologischen und umweltbedingten Faktoren determiniert werden und wie sich dies auf das Schicksal von Nana auswirkt.
Wie wird Weiblichkeit und Dekadenz in Nana dargestellt?
Die Arbeit untersucht, wie Zola Weiblichkeit und Dekadenz in der Figur der Nana darstellt und inwiefern diese Darstellung mit den Prinzipien des Naturalismus übereinstimmt.
Welche Bedeutung hat Le Roman expérimental für diese Arbeit?
Zolas Le Roman expérimental dient als theoretische Grundlage für die Analyse des Romans Nana. Es wird untersucht, wie Zolas naturalistische Theorie in der literarischen Praxis umgesetzt wird.
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- Jeanette Gonsior (Author), 2010, Naturalistische Züge und Themen in Émile Zolas Dirnenroman "Nana", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169113