Evolution, Natürliche Selektion und Wirtschaftswachstum

Von Stagnation zu Wachstum


Seminararbeit, 2010

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die historische Entwicklung und die Galor-Moav-Theorie
2.1 Historische Entwicklung
2.2 Die Wachstumstheorie von Galor und Moav
2.2.1 Die Stimulierung natürlicher Selektionsmechanismen
2.2.2 Darwinsche Überlebensstrategie und der evolutionäre Vorteil
2.2.3 Humankapital, Technologie und demografische Transition

3. Das Galor-Moav-Modell
3.1 Die Grundstruktur des Modells
3.1.1 Produktion und Output
3.1.2 Individuelle Präferenzen
3.1.3 Budgetbeschränkung
3.1.4 Humankapitalproduktion
3.2 Nutzenmaximierung
3.2.1 Optimierung bezüglich Zeitkosten der Erziehung
3.2.2 Optimierung bezüglich Investitionen in Bildung
3.2.3 Zwischenergebnis

4. Endogene Transition von Stagnation zu Wachstum
4.1 Die zentralen Zeitpfade
4.1.1 Investitionen in Bildung
4.1.2 Rate technologischer Entwicklung
4.1.3 Anteil qualitätsverzerrter Individuen innerhalb der Population
4.1.4 Effektive Ressourcen
4.2 Das diskret dynamische System
4.2.1 Prähistorische Zeit malthusianischer Stagnation
4.2.2 Der Prozess menschlicher Evolution
4.2.3 Die Transition von Stagnation zu Wachstum
4.2.4 Ergebnis

5. Fazit

Literaurverzeichnis

1. Einleitung

Die Entwicklung von einer Ära globaler Stagnation im Malthusianischen Zeitalter zu regional ungleichmäßigen Niveaus anhaltenden modernen Wachstums ist ein Prozess, der sich über einen sehr weiten Zeithorizont der Menschheitsgeschichte erstreckt. Im Laufe dieser historischen Entwicklung durchläuft die Menschheit das sogenannte malthusianische Wachstumsregime, das post-malthusianische Übergangsregime und mündet schließlich in eine Ära modernen Wachstums.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die in den folgenden Abschnitten ausführlich thematisierte evolutorische Wachstumstheorie von Galor und Moav (2002). Sie vereint einzelne Elemente und Charakteristika der genannten drei Regime und versucht durch die Integration der darwinschen Theorie natürlicher Auslese, die Bestimmungsfaktoren des annahmegemäß graduellen und endogenen Übergangs von Stagnation zu Wachstum zu erklären. Dabei spielen vor Allem folgende Fragestellungen eine besonders hervor- gehobene Rolle: Wie lässt sich das Verhältnis zwischen Humankapital und technologi- schem Fortschritt erklären? Was sind die tiefgreifenden Determinanten der industriellen Revolution sowie der Fertilitätstransition? Welche Faktoren als auch Wechselwirkun- gen zwischen den Faktoren sind ausschlaggebend für den Ausbruch aus der malthusianischen Falle?

2. Die historische Entwicklung und die Galor-Moav-Theorie

2.1 Historische Entwicklung

Nach Galor (2004) ist der größte Teil der Menschheitsgeschichte im Laufe der histori- schen Entwicklung von Stagnation zu Wachstum durch das sogenannte Malthusianische Zeitalter charakterisierbar. Diese sehr lange Phase um das Subsistenzlevel fluktuieren- den Lebensstandards prägte jahrtausendelang das Leben rund um den gesamten Globus [Galor (2004, S.174)].

In besonderem Maße gekennzeichnet durch die durchgängig positive Verbindung zwi- schen dem Einkommen und der Bevölkerungswachstumsrate, wurden während des malthusianischen Wachstumsregimes Erhöhungen des Pro-Kopf-Einkommens durch eine Anpassung der Bevölkerungswachstumsrate absorbiert, so dass die relativ seltenen und insgesamt langsamen Technologiefortschritte sowie Landexpansionen langfristig keine bedeutenden Veränderungen der Pro-Kopf-Einkommen zur Folge hatten [Galor (2004) S.179-185)].

Abgelöst wurde die malthusianische Stagnation durch das post-malthusianisIstmals eine signifikante Erhöhung der durchschnittlichen Wachstumsra- te des Pro-Kopf-Einkommens beobachtet werden konnte. Die positive Verbindung zwi- schen Pro-Kopf-Einkommen und der Bevölkerungswachstumsrate lag weiterhin vor, so dass der schnelle Anstieg der Einkommen eine ebenfalls signifikante Erhöhung des Be- völkerungswachstums zur Folge hatte. Allerdings wurde der negative Effekt steigender Bevölkerungszahlen auf die Pro-Kopf Einkommen, durch die gleichzeitige Akzeleration technologischer Entwicklung abgeschwächt, so dass die Lebensstandards ansteigen konnten [Galor (2004, S.185-S.194) und Galor/Weil (2000, S.808)].

Der Übergang in das Regime modernen (anhaltenden) Wachstums wurde von der demografischen Transition begleitet, löste das post-malthusianische Regime ab und führte einen allmählichen Rückgang der Bevölkerungswachstumsraten sowie die Umkehrung der positiven Verbindung zwischen Fertilität und Einkommen herbei [Galor (2004, S.195-205) und Galor/Weil (2000, S.809)].

2.2 Die Wachstumstheorie von Galor und Moav

Nach Galor und Moav (2001, S.720) ist die Grenze zwischen der Stagnation und dem Regime anhaltenden Wachstums an den beiden Schlüsselereignissen, der Akzeleration technologischen Fortschritts und dem demografischen Übergang zu ziehen. Für die Begründung der demografischen Transition im Sinne einer Umkehrung des po- sitiven Effektes von Einkommen auf die Fertilität und dem Rückgang der Fertilitätsra- ten, bestehen bisweilen unterschiedliche Theorien und Ansätze (z.B. geringere Mortali- tätsraten, höhere Pro-Kopf-Einkommen etc. [siehe hierzu Galor (2004, S.224-230)]. Eine der empirisch bestätigbaren Ursachen des demografischen Übergangs ist im An- stieg der Humankapitalnachfrage zu sehen. Das der vorliegenden Arbeit zugrundelie- gende Erklärungskonzept sieht den Kausalzusammenhang zwischen der steigenden Nachfrage nach Humankapital (als Antwort auf technologischen Fortschritt) und dem Rückgang der Fertilität als eine Folge der Evolution von Einstellungen hinsichtlich der Investitionen in die Bildung [Galor (2004, S. 231)].

Auch der rapide technologische Fortschritt, der sich im Laufe der industriellen Revolu- tion ereignete, wird mit der Evolution menschlicher Präferenzen erklärt. Die Theorie von Galor und Moav (2002) geht davon aus, dass sich im Zuge eines Selektionsprozes- ses die relative Häufigkeit derjenigen Individuen innerhalb der Population erhöht hat, die eine relativ hohe Präferenz bezüglich des Bildungsstandes ihrer Kinder hatten. Ge- koppelt an die Tatsache, dass Investitionen in Humankapital sowie technologischer Fortschritt eine wechselseitig positive funktionale Beziehung aufweisen, ergibt sich aus der genannten Hypothese ein Erklärungsansatz für den Übergang in modernes Wachstum, einschließlich der industriellen Revolution und der demografischen Transition [Galor/Moav (2002, S.1142 -S.1144)].

Das im dritten Kapitel dargestellte Wachstumsmodell von Galor und Moav (2002) basiert auf unterschiedlichen Elementen, die in den nächsten drei Abschnitten einzeln erörtert werden um gleichzeitig die zentrale Aussage des Modells herzuleiten.

2.2.1 Die Stimulierung natürlicher Selektionsmechanismen

Das erste zentrale Element der Theorie entspricht den wesentlichsten Eigenschaften einer malthusianischen Gesellschaft. Land ist annahmegemäß fix, die Individuen sind konfrontiert mit einem Subsistenzlevel des Konsums (unterhalb dessen kein Überleben möglich ist) und die Fertilitätsrate wird positiv durch das Pro-Kopf-Einkommen beeinflusst [Galor/Moav (2002, S. 1137)].

Bedingt durch die genannten Eigenschaften, resultiert aus einer Erhöhung der Technologie vorübergehend eine Erhöhung des Pro-Kopf-Outputs (sobald dieses über das Subsistenzlevel des Konsums hinausgeht), was einen Anstieg der Bevölkerungszahl zur Folge hat. Dadurch sinkt das effektive Land-Labor-Verhältnis und die Löhne erreichen aufgrund abnehmender Skalenerträge der Arbeit (Land ist fix) ihr ursprüngliches Gleichgewichtsniveau [Galor/Moav (2002, S. 1137)].

Somit ist das malthusianische Regime in besonderem Maße gekennzeichnet durch einen Überlebenskampf und stellt innerhalb der Galor-Moav-Theorie die Grundvoraussetzung für das Wirken natürlicher Selektionsmechanismen dar [Galor/Moav (2002, S. 1134)].

2.2.2 Darwinsche Überlebensstrategie und der evolutionäre Vorteil

Das zweite wesentliche Element innerhalb der Galor-Moav-Theorie liegt in der darwin- schen Überlebensstrategie. Die individuellen Präferenzen bestehen aus Konsum ober- halb des Subsistenzlevels und der Anzahl (Quantität) sowie dem Bildungsstand bzw. Humankapital (Qualität) der eigenen Nachkommen, wodurch unter Berücksichtigung der malthusianischen Restriktionen zwei fundamentale Trade-Off´s wiedergespiegelt werden: Der erste Trade-Off resultiert aus dem Umstand, dass alle Individuen in Bezug auf die Ressourcenallokation zwischen dem eigenen Konsum und der Zuteilung von Ressourcen auf ihre Nachkommen abwägen. Außerdem wägen alle Individuen in Bezug auf die Ressourcen, die der Erziehung von Nachkommen zugeteilt werden, zwischen der Anzahl an Kindern (Quantität) und der Qualität (Bildung) jedes einzelnen Kindes ab, was den zweiten fundamentalen Trade-Off wiederspiegelt [Galor/Moav (2002, S. 1138)].

Der positive Effekt des eigenen über das Subsistenzlevel hinaus gehenden Konsums, liegt in der Steigerung der eigenen Gesundheit sowie Produktivität und ist eine notwen- dige Voraussetzung für das Überleben der eigenen Gene durch Reproduktion. Aller- dings wird durch die implizite Reduktion der verfügbaren Ressourcen für die Nach- kommen ein negativer Effekt auf das Überleben der eigenen Gene ausgelöst [Galor/Moav (2002, S. 1138)].

Alle Individuen werden im Rahmen der Theorie nach ihren intergenerational übertrag- baren Einstellungen hinsichtlich der Qualität von Nachkommen unterschieden. Quanti- tätsverzerrte Präferenzen (d.h. die Gewichtung der Qualität ist relativ gering) generieren aufgrund ihres direkten positiven Effektes auf die Fertilitätsraten einen evolutionären Vorteil. Allerdings wird dieser Vorteil durch die Tatsache ausgehebelt, dass dadurch ein nachteiliger Effekt auf die Qualität der Nachkommen entsteht. Annahmegemäß wird durch die Qualität der Nachkommen ihr potentielles Einkommenslevel und ihre Fitness determiniert und Einkommensunterschiede werden durch Differenzen in den intergene- rational vererbten Eigenschaften reflektiert. Somit begünstigen qualitätsverzerrte Präfe- renzen (d.h. die Gewichtung der Qualität ist relativ hoch) im Durchschnitt die Produkti- on von mehr Nachkommen und aufgrund der intergenerationalen Verbindung, sind die- se Nachkommen einerseits selbst qualitätsverzerrt und andererseits relativ reich an Bil- dung. Der adverse Effekt der Quantitätsverzerrung bedingt demnach gerade aufgrund der malthusianischen positiven Verbindung zwischen Einkommen und Fertilität einen evolutionären Nachteil [Galor/Moav (2002, S.1137 - 1139)].

2.2.3 Humankapital, Technologie und demografische Transition

Galor und Moav knüpfen an den oben beschriebenen Zusammenhängen an und ziehen daraus den Schluss, dass ein solcher - dem malthusianischen System inhärenter- Selek- tionsdruck in besonderem Maße den Reproduktionserfolg derjenigen Individuen be- günstigt, deren individuelle Eigenschaften qualitätsverzerrt und deswegen komplemen- tär zum Wachstumsprozess sind. Im Laufe der Zeit wird infolge dessen eine allmähliche Veränderung in der Komposition der Bevölkerung generiert [Galor/Moav (2002, S.1134)].

Gekoppelt an die Annahme, dass Humankapital einen positiven Effekt auf technologi sche Entwicklung hat, induziert die allmähliche Veränderung der Bevölkerungskomposition die Erhöhung der Rate technischen Fortschritts [Galor/Moav (2002, S.1140)]. Der technologische Fortschritt wiederum erhöht die Erträge des Humankapitals und durch den zusätzlichen Anstieg der Einkommen erhöhen sich die Anreize noch mehr Humankapital zu akkumulieren, was die Substitution der Quantität durch die Qualität der Nachkommen induziert[Galor (2002, S.1140)].

Die positive Wechselwirkung technologischen Fortschritts und der Akkumulation des Humankapitals sowie der damit verbundene Anstieg der Durchschnittsqualität der Bevölkerung begründet schließlich die industrielle Revolution (Akzeleration des Technologiefortschritts und Einkommenserhöhung), den demografischen Übergang (zunehmende Reallokation höherer Einkommen von Quantität zu Qualität) und den Ausbruch aus der malthusianischen Falle [Galor/Moav (2002,S.1142)].

3. Das Galor-Moav-Modell

Die im Folgenden angeführten Argumente, die Darstellung des Modells und die dazu- gehörigen Interpretationen entsprechen ihrem Inhalt nach hauptsächlich dem Beitrag „Natural Selection and the Origion of Economic Growth“ von Oded Galor und Omar Moav (2002).1

3.1 Die Grundstruktur des Modells

Das Basismodell beschreibt eine zeitdiskrete OLG Ökonomie, die endlos existiert und in der jedes Individuum über zwei Lebensperioden verfügt.

In der ersten Periode (Kindheit) konsumieren die Individuen einen bestimmten Anteil elterlicher Zeitausstattung und sind in der zweiten Periode (Erwachsenendasein) selbst mit einer Einheit Zeit ausgestattet, die unter Beachtung bestimmter Restriktionen in die Erziehung der Kinder und der Teilnahme am Produktionsprozess (für die Generierung von Konsumgütern) investiert wird.

3.1.1 Produktion und Output

In jeder Periode wird ein homogenes Gut erzeugt. Die eingesetzten Produktionsfaktoren sind Arbeit (gemessen in Effizienzeinheiten) und Land. Kapital wird den Inputfaktoren nicht zugerechnet. Die für den Produktionsprozess verwendete Angebotsmenge an Bo den (X) ist im Zeitablauf konstant und exogen gegeben. Die Arbeitsmenge (das Arbeitsangebot) gemessen in Effizienzeinheiten (Ht) als auch der Technologiefortschritt (At) sind endogen bestimmt.

Die zugrundeliegende Produktionsfunktion weist konstante Skalenerträge auf und die Produktionsmenge in Periode t, Yt, ist gegeben durch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei das Produkt aus X und At die effektiven Ressourcen darstellt.

Die effektiven Ressourcen pro Effizienzeinheit der Arbeit in t ergeben sich aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und der Lohn pro Effizienzeinheit der Arbeit (wt) entspricht dem produzierten Output pro Effizienzeinheit der Arbeit (xt α):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Land wirft aufgrund der Annahme fehlender Eigentumsrechte keine Erträge ab, deswegen ist die Bodenrente gleich null.

3.1.2 Individuelle Präferenzen

Die individuellen Präferenzen sind definiert über Konsum oberhalb des Subsistenzlevels (c>cs) als auch der Qualität und der Quantität der Nachkommen.

Die Nutzenfunktion (uit) derjenigen Generation des Typs i, die in t ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellt, lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei bezeichnet cit den Konsum des Typs i der Generation t, nit ist die Anzahl der Kin- der in t und hit+1 stellt das Humankapitalniveau jedes einzelnen Nachkommens für die darauffolgende Periode dar. Der Parameter γ repräsentiert den Trade-Off bezüglich der Zeitallokation zwischen den Eltern und ihren Nachkommen und ist für alle Individuen identisch. Der Qualitätsparameter ( β i ) wird im Laufe der Zeit unverändert intergenerati- onal weitergegeben.

[...]


1 Daher verzichtet der folgende Abschnitt auf explizite Verweise, abgesehen von einigen Stellen, in denen alternative Arbeiten hinzugezogen werden.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Evolution, Natürliche Selektion und Wirtschaftswachstum
Untertitel
Von Stagnation zu Wachstum
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Makro)
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
22
Katalognummer
V169335
ISBN (eBook)
9783640876594
ISBN (Buch)
9783640876846
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
evolution, natürliche, selektion, wirtschaftswachstum, stagnation, wachstum
Arbeit zitieren
Özgür Bati (Autor:in), 2010, Evolution, Natürliche Selektion und Wirtschaftswachstum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169335

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