Während meiner praktischen Studiensemester in der städtischen Gemeinschaftsunterkunft Weiglstraße, im Frühjahr des Jahres 2000, wurde ich das erste mal unmittelbar mit dem Leben von Flüchtlingen in Deutschland konfrontiert. Später arbeitete ich als Pförtner mit Sonderaufgaben in der Gemeinschaftsunterkunft Schwanthalerstraße, wo ich weitere eineinhalb Jahre Erfahrungen und Eindrücke über das Leben dieser Menschen sammeln konnte.
Menschen die ihre Heimat aufgeben mußten und vielfach unter den Eindrücken und Erlebnissen von Gewalt und Schrecken eine vorübergehende Bleibe in unserem Land fanden. Froh den furchtbaren Bedingungen entkommen zu sein, leben sie nun unter Menschen aus verschiedenen Kontinenten, aus unterschiedlichsten Kulturen, die ein ähnliches Schicksal ereilte, oft über viele Jahre hinweg unter den schwierigen Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften. Im unklaren über die Länge ihres Aufenthaltes, blicken sie einer ungewissen Zukunft entgegen und müssen sich mit dem Status als Flüchtlinge, mit der fremden Welt des Gastlandes arrangieren.
Besonders betroffen machten mich hier die Schicksale der zahlreichen Kinder, die meist etwa ein Drittel der Bewohner ausmachen. Sie schaffen es auf der einen Seite sehr schnell sich der neuen Sprache und Kultur anzupassen, sind sogar nicht selten hier geboren. Auf der anderen Seite steht ihr von Abschiebung bedrohter Aufenthaltsstatus und die Kultur und Sprache ihrer Heimat, die sie teilweise nur noch durch ihre Eltern vermittelt bekommen was sie nicht selten in Konflikt mit den hier erworbenen Normen und Werten bringt. Ziel meiner Arbeit wird sein zu analysieren, wo und wie sich besagte Problemlagen bei Kindern zeigen, wie sie mit dem
Leben in Gemeinschaftsunterkünften zusammenhängen und welche Auswirkungen dies auf ihr Leben hat. Ergebnisse der Arbeit können sicherlich keine allgemeingültigen und generalisierbaren Aussagen sein, dazu sind die Lebensbiographien, kulturellen Hintergründe und charakterlichen Eigenheiten der Menschen, sowie die Lage und Beschaffenheit der Unterkünfte selbst viel zu unterschiedlich. Vielmehr gilt es Gemeinsamkeiten und gehäuft auftretende Phänomene aufzudecken und Lösungsansätze hierfür herauszuarbeiten.
Im ersten Teil der Arbeit, werde ich Daten, Fakten und Zahlen, sowie die rechtlichen Bedingungen beleuchten und so den Leser in das Flüchtlingsthema einführen. Anschließend werde ich versuchen, unter anderem mit Hilfe einiger Interviews, [...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Daten, Zahlen und rechtliche Grundlagen zum Thema
- 1.1 Begriffsdefinition „Flüchtling“
- 1.2 Der rechtliche Schutz minderjähriger Flüchtlinge
- 1.2.1 Internationale Abkommen
- 1.2.2 Deutsche Gesetze
- 1.3 Der rechtliche Status der Flüchtlinge
- 1.4 Die aufenthaltsrechtliche Situation der Flüchtlinge
- 1.5 Zahlen und Statistiken über in Deutschland lebende Flüchtlinge
- 2. Lebenslagen von Flüchtlingskindern in Gemeinschaftsunterkünften
- 2.1 Änderung des Asylbewerberaufnahmegesetzes und Änderung des Münchner Betreuungsmodells
- 2.2 Beschreibung der Gemeinschaftsunterkünfte
- 2.2.1 Lage und bauliche Beschaffenheit
- 2.2.2 Personal in den Unterkünften
- 2.3 Belastungsfaktoren in Unterkünften
- 2.3.1 Entwurzelung und Entfremdung
- 2.3.2 Einfluß der Vergangenheit/Traumatisierung
- 2.3.3 Stigmatisierung und Rassismus
- 2.3.4 Beengte Wohnverhältnisse/Eingeschränkte Intims- und Privatssphäre
- 2.3.5 Sachleistungen und finanzielle Mittel
- 2.3.6 Behörden und Gerichte
- 2.3.7 Ungeziefer
- 2.4 Psychische, psychosomatische und physiologische Auswirkungen
- 2.5 Fallbeispiele von Flüchtlingskindern in Unterkünften
- 2.5.1 Interview mit einem 12jährigen Mädchen aus dem Kosovo
- 2.5.2 Interview mit einem 11jährigen Jungen aus dem Irak
- 2.5.3 Interview mit einem 1ljährigen Mädchen aus dem Irak
- 3. Soziale Netzwerkanalyse
- 3.1 Begriffsklärung und Geschichte
- 3.2 Grundlagen der Netzwerkanalyse
- 3.3 Die ego-zentrierte Netzwerkanalyse
- 3.4 Durchführung der Analyse
- 3.5 Ergebnisse der ego-zentrierten Netzwerkanalyse
- 3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse
- 4. Bewältigungsstrategien und Lösungsansätze
- 4.1 Probleme und Lösungsansätze aus der Sicht professioneller Helfer
- 4.1.1 Interview mit Ulrich Schauler, Erzieher in der städtischen Gemeinschaftsunterkunft Weiglstraße
- 4.1.2 Interview mit Margit Türk, Kunsttherapeutin beim Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer Refugio München
- 4.1.3 Interview mit Christa Nappenbach, Grundschullehrerin an der Blutenburgschule München
- 4.2 Hilfemöglichkeiten auf der Grundlage sozialen Copings
- 4.3 Ressourcen zur Problembewältigung bei Flüchtlingskindern
- Schlußwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit den Lebenslagen von Flüchtlingskindern in Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland und analysiert die Herausforderungen und Belastungsfaktoren, denen sie begegnen. Sie untersucht die Auswirkungen dieser Faktoren auf die psychische, psychosomatische und physiologische Gesundheit der Kinder.
- Rechtliche Rahmenbedingungen und Situation von Flüchtlingskindern in Deutschland
- Belastungsfaktoren in Gemeinschaftsunterkünften, wie z.B. Entwurzelung, Traumatisierung und Stigmatisierung
- Soziale Netzwerke von Flüchtlingskindern und deren Rolle bei der Bewältigung von Schwierigkeiten
- Bewältigungsstrategien und Ressourcen, die Flüchtlingskinder nutzen können
- Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingskindern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema, indem sie Daten, Zahlen und rechtliche Grundlagen zum Thema Flucht beleuchtet. Im zweiten Kapitel werden die Lebenslagen von Flüchtlingskindern in Gemeinschaftsunterkünften genauer betrachtet, wobei insbesondere auf die Belastungsfaktoren und die Auswirkungen auf die Kinder eingegangen wird. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der sozialen Netzwerkanalyse, die zur Analyse der sozialen Beziehungen und Ressourcen der Kinder eingesetzt wird. Im vierten und letzten Kapitel werden Bewältigungsstrategien und Lösungsansätze für die Herausforderungen von Flüchtlingskindern in Unterkünften diskutiert, wobei Interviews mit professionellen Helfern und die Bedeutung des sozialen Copings im Vordergrund stehen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Lebenslagen von Flüchtlingskindern in Gemeinschaftsunterkünften, Belastungsfaktoren, Traumatisierung, soziale Netzwerkanalyse, Ressourcen, Bewältigungsstrategien und Lösungsansätze.
- Arbeit zitieren
- Klaus Grießmeyer (Autor:in), 2003, Lebenslagen von Flüchtlingskindern in Gemeinschaftsunterkünften: Belastungsfaktoren und Bewältigungsformen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17061