Griechische Verbalflexion in Distributed Optimality


Seminararbeit, 2010

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Paradigma
2.1. Trennung von phonologischen Effekten
2.2. Weitere nicht betrachtete Aspekte

3. Merkmalsdekomposition

4. Analyse
4.1. Über Distributed Optimality
4.2. Vocabulary Items
4.3. Einsetzung und Spezifizität
4.4. Die Affixreihenfolge
4.5. Verarmung und Kontexte
4.6. Gesamtranking

5. Schlußwort

A. Abkürzungsverzeichnis

B. Tableau zur 2. Person Singular Präteritum (ékanes)

1. Einleitung

Im Zuge dieser Arbeit werde ich mir ein Verbparadigma aus dem modernen Griechischen heranziehen und es in Distributed Opimality analysieren.

Zuerst werde ich im Abschnitt 2 dieses Paradigma vorstellen und auf die Sachen ver- weisen, die ich ausblende, weil sie den Rahmen der Arbeit sprengen würden oder schlicht nicht in den Aufgabenbereich der Morphologie fallen. Im Abschnitt 3 werden die gram- matischen Kategorien in Merkmale zerlegt, mit denen Synkretismen und natürliche Klas- sen darstellbar sind. Die Analyse selbst ist im Abschnitt 4 zu finden. Dort gebe ich zuerst einen kleinen Überblick über Distributed Optimality und gehe dann zu den Vokabular- einträgen über, die ich annehme. Dann beschreibe ich, wie Probleme wie Spezifizität, Morphemreihenfolgen und Verarmung in Distributed Optimality behandelt werden und setze die Vorgehensweise dabei in einen Bezug zu Distributed Morphology.

2. Das Paradigma

Bei dem Paradigma, das hier analysiert wird, handelt es sich um Verbflexion im modernen Griechischen. Die Daten stammen ich aus meiner persönlichen Kenntnis der Sprache. Verben flektieren im Griechischen für Tempus, Aspekt, Genus Verbi und kongruieren mit dem Subjekt in Person und Numerus. Ich betrachte hier nur das Paradigma im Aktiv und im Imperfektiv (Hinweise dazu im Abschnitt 2.2). Dieses Paradigma folgt unter (1). In dieser Arbeit analysiere ich das Paradigma an dem Beipielverb kano1 »machen«.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Darstellung enthält noch Elemente, die durch phonologische Prozesse vorhersagbar sind. Im Abschnitt 2.1 werde ich die diskutieren. In dem Abschnitt ist auch das Paradigma vor der Phonologie unter (3) zu finden. (Es unterscheidet sich aber nicht grundlegend von dem oben.)

Was das Paradigma für mich interessant macht

1. Person und Numerus werden an sich durch die Suffixe -s, -me, -te und -n ausge- drückt. Die Vokale davor drücken einerseits das Tempus aus, sind andererseits aber auch sensitiv für Person/Numerus. Somit wird die Kongruenz durch zwei Morphe- me dargestellt.

(z. B.: In der 1. Person Plural Präsens kán-u-me markiert -me die 1. Person Plural und gleichzeitig markiert -u Präsens und die 1. oder 3. Person Plural.)

2. die Suffixe -e und -a stehen im Präteritum in komplementärer Verteilung, scheinen also einander zu blockieren. Z. B. blockiert in der 2. Person Singular -e -a: éka- nes, aber nicht *ékanas. In der 2. Person Plural ist es umgekehrt: kánate, aber nicht *kánete. Mehr dazu im Abschnitt 4.2, wo ich die Merkmalsspezifikation der Vokabulareinträge genauer beleuchte.

2.1. Trennung von phonologischen Effekten

Wie bereits angedeutet sind in dem Paradigma in (1) noch phonologische Elemente ent- halten, die in diesem Abschnitt von der morphologischen Analyse getrennt werden.

Die Betonung

Im Griechischen ist die Betonung meistens lexikalisch und nicht durch die Phonologie vorhersagbar. Jedoch kommt es vor, daß die Betonung bei bestimmten Flexionen wech- selt. So auch in diesem Paradigma: Während im Präsens die Betonung auf dem Stamm kan- ist, liegt sie im Präteritum obligatorisch auf der drittletzten Silbe. Da ich es nicht unproblematisch finde, diesen Betonungswechsel als eigenen Vokabulareintrag zu analy- sieren, und eine Diskussion hier den Rahmen sprengen würde, sehe ich von der Betonung im Weiteren ab.

Das scheinbare Präfix é-

Das é-, das auf den ersten Blick ein Affix zu sein scheint, läßt sich in Wirklichkeit phonologisch vorhersagen: Wie oben schon erwähnt, wechselt die Betonung im Präteritum auf die drittletzte Silbe. Wenn das Wort aber keine drittletzte Silbe hat, wird das é- eingefügt, um die Betonung zu gewährleisten. Bei Verben mit mehrsilbigen Stämmen findet der Betonungswechsel ohne die e-Epenthese statt, wie in (2) dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die komplementäre Verteilung von -e und -a

Daß -e und -a nie in derselben Paradigmenzelle vorkommen, könnte auch eine Löschung eines Vokals sein, um eine markierte Struktur wie zum Beispiel einen Hiatus zu vermei- den. Was aber dagegen spricht, ist, daß es im Griechischen durchaus Wörter gibt, die eine ähnliche phonologische Struktur haben, z. B. kréas »Fleisch« oder Ejéo »Ägäis«. Wenn es also einen produktiven Prozeß gibt, der adjazente Vokale löscht, müßte man komplexe Kontexte angeben, wann das passiert und wann nicht. Darüber hinaus würden -e und -a immer noch komplementär verteilt sein. Das Problem wäre also nicht beseitigt, sondern nur weitergeschoben. Man sieht also, daß es mehr Probleme schaffen als beheben würde, die Verteilung phonologisch zu erklären. Deswegen betrachte ich das als ein morphologisches Phänomen.

Das Paradigma vor der Phonologie

Wenn man die Betonung und die e-Epenthese in den Aufgabenbereich der Phonologie übergibt, ergibt sich für die morphologische Analyse folgendes Paradigma:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2. Weitere nicht betrachtete Aspekte

Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, habe ich auf die Betrachtung weiterer interessanter Details verzichtet:

Alternative Form in der 3. Person Plural

In der 3. Person Plural gibt es neben dem Suffix -n auch die Alternative -ne. Das heißt, »wir machen« kann kánun oder kánune heißen. Diese Formen stehen in freier Varianz und es gibt keinen Bedeutungsunterschied. Sprecher wählen einfach die Form, die am besten in den Sprachfluß paßt. Die Verteilung ist nicht durch einen morphologischen oder phonologischen Kontext erklärbar.

Stammalternationen nach Aspekt

Wie in (4) dargestellt, gibt es bei den meisten Verben verschiedene Stämme für den perfektiven und den imperfektiven Aspekt. Eine Diskussion solcher Alternationen würde in dieser Arbeit zu weit führen, deswegen blende ich sie aus und analysiere das Paradigma an dem Wort kano »machen«, das diese Alternation nicht aufweist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Passiv und Deponenzien

Griechische Verben flektieren auch für den Genus Verbi. Jedoch werde ich hier nur das Aktivparadigma behandeln. Auch auf Deponenzien werde ich nicht weiter eingehen.

Andere Flexionsklassen

Das obige Paradigma gehört der Standardklasse an, der die meisten griechischen Verben angehören. Die anderen Klassen verhalten sich zum Teil etwas anders und werden hier von mir nicht weiter betrachtet.

3. Merkmalsdekomposition

Im Folgenden werde ich die durch die Formen im Paradigma ausgedrückten Kategorien in Merkmale dekomponieren. Meistens werde ich binäre Merkmale benutzen. Sie haben den Vorteil, daß man natürliche Klassen, in denen Synkretismen vorkommen, durch Unterspezifikation erfassen kann.

Ich teile das Verb in drei Merkmalsstrukturen auf: Stamm, Tempus und Kongruenz. Die- se Merkmalsstrukturen werden durch Merkmale ausgewiesen. Der Stamm durch STEM, das Tempus durch TNS und die Kongruenz durch AGR. Diese Merkmale sind privativ, weil ich in dieser Analyse keine natürlichen Klassen solcher »ausweisenden Merkmale« feststellen kann.

Stamm

Diese Merkmalsstruktur enthält die semantischen Informationen des Verbs. Im folgenden werde ich diese Informationen in Form der deutschen Übersetzung zusammenfassen (wie kurz in (5) illustriert).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tempus

Diese Merkmalsstruktur enthält die Tempusinformationen. Für das Tempus ist nur ein Merkmal nötig, wenn es binär ist. Hier wähle ich ein Merkmal ±pst, wobei −pst für das Präsens steht und +pst für das Präteritum.

Kongruenz

In dieser Merkmalsstruktur sind die Merkmale zu finden, die für die Kongruenz mit dem Subjekt nötig sind. Es findet Kongruenz mit der Person und dem Numerus des Subjekts statt. Manche Marker (z. B. -i oder -u) bilden Synkretismen in bezug auf die Person. Um die zu erfassen, nehme ich zwei binäre Merkmale an: ±1 und ±2. Die Verteilung der Merkmalswerte wird in (6) zusammengefaßt. So kann man die zweite und dritte Person

[...]


1 Das Griechische verfügt über keinen Infinitiv. Wenn ich über Verben spreche, ohne mich auf eine bestimmte mor- phologische Form zu beziehen, folge ich der gängigen Konvention und gebe die 1. Person Singular Präsens auf -o an.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Griechische Verbalflexion in Distributed Optimality
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Linguistik)
Veranstaltung
Seminar »Distributed Morphology«
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
15
Katalognummer
V173720
ISBN (eBook)
9783640940431
ISBN (Buch)
9783640940226
Dateigröße
402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verbalflexion, griechisch, distributed optimality
Arbeit zitieren
Johannes Englisch (Autor:in), 2010, Griechische Verbalflexion in Distributed Optimality, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173720

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