Der Begriff der Gerechtigkeit gilt allgemein als schwer definierbar. Jeder Mensch hat zwar ein Verständnis dafür, was Gerechtigkeit ungefähr ausmacht. Jedoch wird es dann schwer, wenn beurteilt werden muss welche Situation als gerecht oder ungerecht eingestuft werden soll und welche Regeln dieses Verständnis für Gerechtigkeit definieren. Historisch gesehen stammt der Begriff der Gerechtigkeit von der Übereinstimmung des geltenden Rechtes. Gerechtigkeit bestimmt somit die Justiz und wird im Umkehrschluss von dieser bestimmt. Trotz ihrer engen Beziehung zum Recht wird der Gerechtigkeit heute eine viel tiefergehende, moralische Bedeutung zugeschrieben. So fordert sie objektiv gesehen nicht nur eine Richtigkeit des Rechts, sondern bestimmt auch subjektiv die Rechtschaffenheit und somit die Leitziele menschlicher und moralischer Sehnsüchte und Forderungen (HÖFFE, 2004, S. 9).
Innerhalb des Rechtes gerecht zu handeln, beinhaltet auch jeden Menschen als gleich anzusehen. So trägt die in der Kunst dargestellte Göttin Justitia eine Augenbinde, um diese Unparteilichkeit bildlich zum Ausdruck zu bringen (Ebd., S. 11). Diese Auffassung von Gerechtigkeit kann auch auf die Grundlage der Gerechtigkeit Gottes zurückgeführt werden. So bringt die Bibel zum Ausdruck „Gott ist Gerecht“ oder nennt Jesus Christus „den Gerechten“. Diese Verantwortung Gottes führt das deutsche Grundgesetz als Gerechtigkeit der Menschen untereinander weiter, indem es erklärt:
(...)
Trotz dieser historischen, biblischen und politische Auffassungen ist vor allem die Ethik oft der Ansicht, dass diese rechtlichen, aber auch moralischen, Maßstäbe in der Realität, vor allem in der Bewertung sozialer Verhältnisse, nicht immer gerecht, ohne jemanden zu benachteiligen oder zu bevorzugen, zum Ausdruck kommen. So hindern egoistische und auch materielle Interessen oder auch das Streben nach Macht die Menschen daran gerecht und in ihrer Verantwortung füreinander zu handeln.
(...)
Doch trotz aller Verstöße gegen die Prinzipien der Gerechtigkeitsauffassung, hilft es nicht Moral zu predigen. Es bedarf einer konkreten, durchdachten Lösung, eines Vorschlags, wie diese Ungerechtigkeit beseitigt, oder zu mindestens gelindert, werden kann. Die „Theorie der Gerechtigkeit“ von JOHN RAWLS stellt dabei einen durchaus zu durchdenkenden Vorschlag, eine Theorie, dar, wie mit Gerechtigkeit umgegangen werden könnte. Auf die Grenzen der RAWLSschen Konzeption soll in dieser Arbeit erst am Schluss eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Annäherung an den Begriff „Gerechtigkeit"
- Die Person JOHN RAWLS
- Die Theorie der Gerechtigkeit
- Gerechtigkeit als Fairness
- Die beiden Grundsätze der Gerechtigkeit
- Der Urzustand
- Die Maximin-Regel
- Das Uberlegungsgleichgewicht
- Verschiedene Möglichkeiten im Urzustand
- Vergleich mit der utilitaristischen Philosophie
- Kritik an JOHN RAWLS' Theorie der Gerechtigkeit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die „Theorie der Gerechtigkeit" von JOHN RAWLS im Rahmen eines Seminars über Wirtschafts- und Unternehmensethik. Sie strebt danach, die wichtigsten Elemente der Theorie zu erläutern und diese mit anderen Gerechtigkeitsphilosophien, insbesondere dem Utilitarismus, zu vergleichen. Dabei werden die zentralen Gerechtigkeitsgrundsätze, der Urzustand, die Maximin-Regel und die Kritik an RAWLS' Konzeption beleuchtet.
- Gerechtigkeit als Fairness und Gesellschaftsvertragstheorie
- Die beiden Grundsätze der Gerechtigkeit: Freiheit und Chancengleichheit
- Der Urzustand und der Schleier des Nichtwissens
- Vergleich mit dem Utilitarismus und der Kritik an RAWLS' Theorie
- Die Bedeutung der Gerechtigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Problematik des Begriffs „Gerechtigkeit" ein und stellt den Autor JOHN RAWLS vor. Sie beleuchtet seine Biografie und die Einflüsse, die seine Gerechtigkeitskonzeption geprägt haben. Die Theorie der Gerechtigkeit wird im zweiten Kapitel näher betrachtet. Hier werden die zentralen Elemente wie Gerechtigkeit als Fairness, die beiden Grundsätze der Gerechtigkeit, der Urzustand und die Maximin-Regel erläutert. Das dritte Kapitel widmet sich dem Vergleich mit der utilitaristischen Philosophie, insbesondere mit dem „equiprobabillty model" von JOHN C. HARSANYI. Die Kritik an RAWLS' Theorie der Gerechtigkeit wird im vierten Kapitel behandelt. Hier werden die Einwände von JOHN C. HARSANYI, WINFRIED HINSCH, ROBERT NOZICK und JAMES M. BUCHANAN beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Gerechtigkeitstheorie von JOHN RAWLS, die „Gerechtigkeit als Fairness", die beiden Grundsätze der Gerechtigkeit, den Urzustand, den Schleier des Nichtwissens, die Maximin-Regel, den Utilitarismus, das „equiprobabillty model" von JOHN C. HARSANYI und die Kritik an RAWLS' Konzeption. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung der Gerechtigkeit in der Wirtschaft und Gesellschaft und diskutiert die Herausforderungen, die mit der Umsetzung von Gerechtigkeitsgrundsätzen in der Praxis verbunden sind.
- Arbeit zitieren
- Bianca Alle (Autor:in), 2010, John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178948