Interpretation des Eddatextes „Der Seherin Gesicht“


Facharbeit (Schule), 2003

66 Seiten, Note: 5,5 (Schweiz) = 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Vorwort

2.Einleitung

3.Was ist die Edda?
3.1 Geschichte
3.2 Das Edda-Lied

4. Was ist die Völuspa?
4.1 Historische Hintergründe

5. Die germanische Mythologie
5.1 Die Welt und ihre Entstehung
5.1.2 Die verschiedenen Geschlechter
5.2 Ragnarök
5.3 Die Götter
5.3.1Odin
5.3.2 Frigg
5.3.3 Baldur
5.3.4 Thor
5.3.5 Tyr
5.3.6Freyja
5.3.7Freyr
5.3.8 Loki
5.3.9 Hel

6.Die Welt und Island um 1000 n. Chr.
6.1 Die Welt
6.2 Island und die Christianisierung
6.2.1 Die Geschichte
6.2.2 Die Christianisierung
6.2.3 Der Ursprung
6.2.4 Die Menschen
6.2.5 Die Gesellschaft
6.2.6 Das Leben
6.2.7 Recht und Ordnung
6.2.8 Das Thing
6.2.9 Kampf und Krieg
6.2.10 Sprache und Schrift
6.2.11 Religion
6.2.12 Europa und die Wikinger
6.2.13 Das Klima

7. Zusammenfassung der Völuspa- Geschehnisse in Prosa

8. Die eddische Dichtung
8.1 Die Verszeilen
8.2 Die Reimformen
8.2.1 Der Stabreim (Alliteration)
8.2.2 Der Binnenreim
8.2.3 Der Endreim
8.3 Die Strophenfrom
8.3.1 Fornyrdalag
8.3.2 Ljodahattr
8.3.3 Galdralag
8.3.4 Runalag
8.4 Wortformen
8.4.1 Heiti
8.4.2 Kenning
8.4.3 Stef

9. Zum Text
9.1 Völuspa- Der Seherin Gesicht
9.2 Kommentar
9.2.1 Gliederung
9.2.2 Die drei Stefs
9.2.3 Kommentar zu den einzelnen Strophen
9.2.4 Ausgelassene Strophen
9.2.5 Historische Bezüge

10. Das Heidentum im Vergleich
10.1 Heidentum und Christentum
10.2 Die germanische und die griechische Mythologie
10.3 Die Völuspa im Vergleich
10.3.1 Die Völuspa und das Heidentum
10.3.2 Die Völuspa und das Christentum

11. Island als möglicher Entstehungsort
11.1 Die Natur
11.2 Die Situation in Island
11.3 Der Dichter

12. Die Frau
12.1 Die Rolle der Frau
12.2 Die Figur der Seherin

13. Eigene Erkenntnisse

14. Quellenverzeichnis
14.1 Buchquellen
14.2 Internetquellen
14.3 Abbildungsverzeichnis

15. Anhang
15.1 Stammbaum
15.2 Runenalphabet
15.3 Glossar
15.4 Aufzählung der Zwergnamen

1.Vorwort

Das Thema „Eine Interpretation des Seherinnen Gesichtes“ habe ich gewählt, da mich die germanische Mythologie schon seit langer Zeit fasziniert. Ich hatte schon einiges gelesen, doch nie die Zeit und Gelegenheit gefunden, mich eingehender mit diesem spannenden Thema zu befassen. Als nun die Maturarbeit näher rückte, beschloss ich dieses Möglichkeit zu ergreifen. Ich las einige Texte der Edda, doch das Gedicht „Der Seherin Gesicht“[1] fesselte mich gleich zu Beginn. Vieles in dem Text war mir ein Rätsel, doch genau das bewog mich dazu, den Text zu wählen. Ich wollte ihn verstehen und mehr darüber wissen. Mit dieser Aufgabenstellung hatte ich eine für mich perfekte Kombination gefunden: Eine Heraus- aber keine Überforderung, ein spannendes Thema, in dem sich meine Interessen für Mythologie, Geschichte und Lyrik geschickt verknüpfen liessen.

Ich danke meinem Betreuer Herrn Markus Fäs für seine Begleitung. Frau Franziska Meier- Fäs beantwortete mir Fragen zur griechischen Mythologie und gab mir eine sehr informative Zeitschrift. Auch meiner Familie, meinen Freunden und Freundinnen bin ich für die Geduld, anregende Diskussionen und ihre Unterstützung dankbar.

2. Einleitung

Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Frage „Wie lässt sich der Eddatext “Der Seherin Gesicht“ interpretieren?“ zu beantworten. Ich will die Hintergründe und Besonderheiten des Gedichtes verstehen und erläutern. Im Vordergrund steht nicht die rein sprachliche Analyse, sondern die Zusammenstellung eines Gesamtüberblickes. Die Interpretation des Gedichtes selbst bot einige Schwierigkeiten, da es viele ungeklärte und verschieden deutbare Stellen besitzt. Doch da ich den isländischen Originaltext aus sprachlichen Gründen nicht verwenden konnte, beschränkte ich mich auf eine deutsche Übersetzung. Zudem forschte ich bei Unklarheiten nicht selbst, sondern stützte mich auf Aussagen anderer Kommentatoren. Diese Einschränkungen ermöglichten es mir, eine Übersicht zu schaffen, die nicht nur sprachliche Details behandelt.

Da ich wenig Vorwissen besass, las ich viel, um mich in die Thematik einzuarbeiten und den genauen Inhalt der Arbeit festzulegen. Eie grosse Hilfe war mir Fachliteratur über die Mythologie, Kommentare zum Gedicht selbst und eine Prosasammlung von germanischen Sagen. Interessante Denkanstösse gaben auch Artikel aus dem Internet und Berichte zum Volk der Germanen. Anfangs sammelte ich Informationen und Ideen. Bevor ich mich dem Gedicht selbst zuwandte, verschaffte ich mir einen Überblick über historische und mythologische Hintergründe. Zuerst verfasste ich die Kapitel, welche die Basis bildeten, um dann am Schluss auf den Text selbst einzugehen. Dabei war es wichtig, nie das Gedicht und dessen Inhalt aus den Augen zu verlieren. Die Lesenden sollen nach der Lektüre dieser Arbeit einen Einblick in die germanische Mythologie, die Dichtung und das Leben der damaligen Zeit erhalten haben, um das Gedicht in seiner Ganzheit erfassen zu können.

3.Was ist die Edda?

Als erstes werde ich erklären, wie und wann die Edda entstanden ist und was sie inhaltlich bietet.

3.1 Geschichte

Es gibt zwei Eddas: Die „jüngere Edda“ oder auch „Snorra Edda“ ist ein Lehrbuch für Dichter und wurde von dem isländischen Gelehrten Snorri Sturluson (1178-1241) zusammen gestellt.

Die „Snorra Edda“ ist in Prosa verfasst und wurde um 1230 geschrieben. Sie ist eine Sammlung von germanischen Göttersagen. Zeitweise werden auch Lieder zitiert, welche der Autor aus mündlichen Überlieferungen kannte. Sie galten lange als verschollen. Doch 1643 entdeckte Bischof Brynjulf Swendson eine Sammlung alter Handschriften von Heldenliedern. Da der Inhalt mit den Zitaten in Snorri’s Edda übereinstimmte, wurde die Sammlung als Quelle für Snorri’s Buch angesehen. Sie erhielt den Namen „ältere Edda“ oder auch „Lieder-Edda“. Der Priester Saemund Sigfusson (1056-1133) war der berühmteste Gelehrte Islands vor Snorri. Deswegen wurde die Sammlung ihm zugeschrieben. Doch diese Annahme wurde wiederlegt, die Handschrift war erst um 1270 verfasst worden. Die „jüngere Edda“ ist also eigentlich die ältere. Sie wurde später in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt und erhielt deshalb den Beinamen “Codex regius“.

3.2 Das Edda-Lied

Das Edda-Lied umfasst Götterdichtungen wie die „Völuspa“[2], Heldengesänge wie „Das Hunnenschlachtlied“[3] und Spruchweisheiten wie „Das alte Sittengedicht“[4]. Sie boten den Menschen Unterhaltung und der Glaube wurde weitergegeben. Doch vor allem die Spruchweisheiten sollten den Menschen sowohl moralische Grundsätze vermitteln und lehren als auch Rat geben. Die genaue Entstehungszeit der einzelnen Lieder kann kaum festegelegt werden. Die Geschichten wurden über Jahrhunderte mündlich überliefert und erst viel später aufgeschrieben.

4. Was ist die Völuspa?

Die Völuspa ist „ ein grosser visionärer Überblick über das Geschick des Kosmos, von der Entstehung der Welt und der Götter, der Riesen und Menschen bis zum Untergang der Welt und ihrer Wiedererstehung. “ (Genzmer, 2000, S.15) Sie ist das Werk eines unbekannten isländischen Dichters. Erstmals ist die Völuspa im Codex Regius schriftlich enthalten. Das Gedicht wird von einer „Völva“ vorgetragen und die Erzählung ist streng chronologisch. Eine „Völva“ ist eine weise Frau, auch Seherin genannt. Sie besitzt die Gabe, in die Zukunft zu schauen. Der Titel „Völuspa“ kann mit „Die Weissagung der Seherin“[5] oder „Der Seherin Gesicht“[6] übersetzt werden. Es gibt verschieden Versionen, je nachdem welche Strophen als spätere Zusätze beurteilt werden und wie die Reihenfolge gestaltet ist. Bei Genzmer[7] hat sie 57 Strophen. Doch bei Nordal[8] werden 66 Strophen besprochen, seine eigene berichtigte Version enthält aber nur 56. In diesem Gedicht kann nicht alles definitiv geklärt werden, vieles ist unsicher und nicht bekannt.

4.1 Historische Hintergründe

Obwohl der Dichter unbekannt ist, lässt sich das Werk aufgrund des Inhaltes zeitlich einordnen. Der Text selbst liefert Hinweise auf die Entstehungszeit. Der Dichter kennt sowohl das Germanentum als auch das Christentum. Diese Situation lässt auf die Zeit um 1000 n.Chr. schliessen, denn damals wurde in Island die christliche Religion auf Druck des norwegischen Königs Olaf Trygvason offiziell anerkannt. Auch die Weltuntergangsstimmung und der beschriebene Sittenzerfall lassen sich historisch belegen: Zu dieser Zeit gab es zahlreiche Theorien, welche besagten, dass die Welt um 1000 n.Chr. untergehen würde.

5.Die germanische Mythologie

Die germanische Mythologie ist sehr komplex. So gibt es eine grosse Anzahl von Geschichten und einen noch grössere Zahl von Interpretationen. Das kommt daher, dass dieses Wissen meist mündlich weitergegeben wurde und es dabei freistand, Dinge abzuändern. Die Namen der Götter, ihre verwandtschaftlichen Beziehungen und ihre Wichtigkeit sind je nach Stamm und Gegend unterschiedlich. „Der Asenglaube war kein genau bezeichnetes und abgeschlossenes System von Dogmen. Geschichten über die Götter entstanden und wucherten nach Belieben. Jedem Dichter war es gestattet, diese Geschichten zu verändern oder auszuschmücken.“(Nordal,1980, S.133) Frigg und Freyja sind manchmal zwei Namen für die gleiche Person, in anderen Sagen sind sie zwei vollständig verschiedene Gottheiten. Das beeinflusst natürlich die ganze Mythologie und deswegen gibt es auch verschiedene Versionen einer Geschichte.

Ich werde nun auf die Welt, die Wesen und die Geschichten in der germanischen Mythologie eingehen. Dies soll dazu dienen, einen Einblick in dieses verzweigte Gebilde zu erhalten.

5.1 Die Welt und ihre Entstehung

Aus einer grossen Leere namens „Ginnungagap“ entstehen Gebiete aus Feuer und Eis. Als diese beiden aufeinander treffen, bildet sich Leben in Form des Frostriesen Ymir. Aus ihm selbst entspringen dann seine Kinder. Aus dem Schmelzwasser, welches aus dem Zusammentreffen zwischen Feuer und Eis hervorgeht, entsteht auch die Kuh „Adhumbla“, welche Ymir mit ihrer Milch ernährt. Sie selbst leckt salziges Eis, aus dem sie Burri formt. Dieser hat einen Sohn, Bur, der sich mit der Riesin Bestla vermählt und mit ihr die ersten Götter zeugt. Es sind die Asen Odin, Lodur und Hönir. Sie bringen Ymir um und in seinem Blut ertrinken alle Riesen ausser einem Paar. Aus dem Riesenleichnahm bauen sie die Erde und aus den Maden machen sie die Zwerge. Aus zwei Bäumen erschaffen sie die ersten Menschen „Ask“ und „Embla“. Es gibt nun neun Welten auf verschiedenen Ebenen, in deren Mitte sich die Esche Yggdrasil befindet. Das ist der Weltenbaum, das Zentrum der Erde. Wenn sie fällt, geht die Welt unter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Übersicht über die neun Welten

Auf der ersten Ebene befinden sich Asgard, dann folgen Wanaheim, Lichtalbenheim und Muspelheim. Es sind Reiche des Lichtes. Im Zentrum ist Midgard, darunter Jötunheim, Schwarzalbenheim und Nebelheim, welche alle sehr düstre Gegenden sind. Zuunterst befindet sich Helheim.

In den neun Welten leben verschiedenste Wesen und Geschlechter, welche ich hier kurz beschreibe.

5.1.2 Die verschiedenen Geschlechter

- ASEN

Bei den Asen finden sich vor allem Götter für Herrschaft, Krieg und Weisheit.

- WANEN:

Die Wanen sind die anderen Götter. Ihre Entstehung ist unbekannt, doch sind sie wahrscheinlich älter als die Asen. Sie sind für Fruchtbarkeit, Schönheit, Liebe, Reichtum und Glück zuständig. Asen und Wanen vermischen sich nach dem ersten Krieg.

- ZWERGE:

Sie wurden aus den Maden in Ymirs Leib gemacht und sind die kunstfertigsten Schmiede. Sie leben in Felsen und unter der Erde.

- ALBEN:

Es gibt Lichtalben und Schwarzalben. Die Lichtalben sind schön, weise und der Welt gut gesinnt. Die Schwarzalben hingegen sind den Menschen und Göttern gegenüber negativ eingestellt und leben mit den Zwergen unter der Erde.

- NORNEN:

Diese drei Frauen bestimmen die Schicksale aller Wesen: Urd (Vergangenheit), Werdandi (Gegenwart) und Skuld (Zukunft).

- MENSCHEN:

Sie leben in der Mitte dieser Welt und verehren die Götter.

- RIESEN:

Die Riesen sind die ältesten Wesen der Welt. Es gibt Frost- und Feuerriesen. Beide sind Feinde der Götter und fügen ihnen immer wieder grossen Schaden zu. Die Frostriesen leben in Jötunheim, die Feuerriesen in Muspellheim.

Zudem bevölkern viele Wesen wie Drachen und andere verschiedene Tiere die neun Welten.

Die Geschichten berichten nun über den Fortgang der Welt. Einerseits von der stetigen Verschlimmerung bis zu Ragnarök[9] und der Wiederauferhrstehung der Welt, anderseits über die Erlebnisse einzelne Personen. So über die Abenteuer von Göttern, Riesen und Menschen. Nach einiger Zeit beginnt sich die Situation zu ändern, der Weltuntergang naht.

5.2 Ragnarök

Die Riesen schaden den Göttern mit List und Betrug. Die Asen und Wanen verlieren an Macht. Denn langsam fassen wegen den Taten der Riesen in der heilen Welt der Götter Habgier und Krieg Fuss. Diese Verschlechterung haben die Götter selbst verschuldet, da sie Eide und Regeln brechen. Die Sitten zerfallen und die Götter werden unruhig. Das ist der Zeitpunkt, als Odin die Seherin der Völuspa um ihre Weisagung bittet. Doch auch als er weiss, was die Zukunft bringt, können die Götter ihr Los nicht verhindern. So kommt der finale Kampf und der Untergang der Welt. Doch ist das nicht das Ende, denn die Erde aufersteht in einer geläuterten Form. Es kehren nur die Götter wieder, die unschuldig gestorben sind. Der sorgenlose Anfangszustand ist wieder hergestellt. Sogar die zwei Menschen Lif[10] und Liftrase haben am geschützten Ort Gimle überlebt.

5.3.Die Götter

Die Götter besitzen vielschichtige Charaktere und haben auch ihre Schwächen. Oft sind sie von Menschen personifizierte Naturgewalten (z.B. Thor, der Donnergott) oder Gefühle(z.B. Freyr, die Liebe). Sie sind weder allwissend noch allmächtig, wie die Völuspa sehr gut zeigt: Odin, der weiseste unter den Asen, muss die Völva um Rat fragen. Die Götter können ihrem Schicksal nicht entgehen. Sie stürzen sich sogar selbst ins Verderben, indem sie den Krieg in die Welt bringen.[11] Die Götter haben Gefühle und Wünsche und wie die Menschen empfinden sie Leid. Mythologisch ist diese Unvollkommenheit damit zu erklären, dass sie von den Riesen abstammen. Diese „Gene“ sind schuld an ihren schlechten Eigenschaften, gegen welche die Götter versuchen anzukämpfen. Dies gelingt nicht, was schlussendlich zu ihrem Untergang führt.

Es gibt sehr viele Götter, und nicht alle stammen sie nur aus dem Asen - oder Wanengeschlecht. So sind einige Götter mit Riesinnen verheiratet, welche dann auch zu Göttinnen erhoben werden. Skadi ist ursprünglich eine Riesin, doch ist sie mit dem Wanen Njörd verheiratet und Göttin des Eises und der Jagd. Oft ist der Ehepartner nicht der Erzeuger, der im Vordergrund stehenden Kinder. Loki zum Beispiel ist mit der Riesin Sigyn verheiratet, aber trotz seiner zahlreichen, wichtigen Nachkommen ist sind aus dieser Verbindung nur zwei mythologisch eher unbedeutenden Söhne hervor gegangen. Im Gegensatz dazu zeugt er mit der Riesin Angbroda die Midgardschlange, Fenrir und Hel.

Einige der wichtigsten Gottheiten stelle ich hier kurz vor:

5.3.1 Odin

Er ist der Göttervater, der Heeresführer und der weiseste aller Asen. Sein Weg ist vom ewigen Streben nach Wissen geleitet. Er opfert viel dafür; so gab er ein Auge um vom Met[12] der Weisheit und Dichtung trinken zu dürfen. Er ist auch der Gott der Dichter und der Gelehrten. Die Hälfte der gefallenen Krieger, Einherjer genannt, kommt zu ihm nach Walhall. Er verwundete sich mit seinem Speer Gungnir selbst und hängte sich neun Tage und Nächte lang an die Weltesche Yggdrasil. Auf diese Weise wollte er die Geheimnisse der Runen[13] ergründen. Diese Zeichen wurden als magische Symbole verwendet und Odin ist der Schamane und Magier unter den Göttern. Er besitzt sehr viele Wesenszüge und damit verbundene Zweitnamen. Er kann sich auch in viele verschiedene Gestalten verwandeln. Seine Attribute sind sein Speer Gungnir, seine Raben Hugin und Munin, sein Pferd Sleipnir, die Wölfe Geri und Freki und der Ring Draupnir.

5.3.2 Frigg

Frigg ist die Ehefrau von Odin und die Göttermutter. Sie ist die Göttin der Ehefrauen, der Mütter und des Hauses. Sie berät Odin und er hört auf sie, da Frigg die Schicksale aller Wesen kennt, jedoch darüber schweigt. Als sie den Lauf des Lebens jedoch einmal zu ändern versucht, um ihren Sohn Baldur zu retten, verursacht sie gerade dadurch seinen Tod. Frigg ist nicht die untergeordnete Frau; sie überlistet ihren Mann, wenn es sein muss, und handelt selbst.

5.3.3 Baldur

Baldur ist der Gott des Tages, des Lichtes, der Freundlichkeit, des Friedens und der Liebe. Baldur ist ein strahlender, schöner Gott und der Lieblingssohn Friggs. Er kommt unschuldig um und wird so nach Ragnarök wiederkehren. Sein Tod symbolisiert das Ende des Sommers - die Sonne ist verschwunden.

5.3.4 Thor

Er ist ein Donner- und Gewittergott und der Stärkste unter den Asen. Thor ist der erbittertste Feind der Riesen und erschlägt sie mit seinem Hammer Mjölnir, der nach jedem Wurf in seine Hand zurückkehrt. Er trinkt, isst und feiert viel und gerne. Seine Attribute sind eben dieser Hammer und die zwei Böcke, die seinen Wagen ziehen. Da er für das Wetter zuständig war, wurde er vor allem von den Bauern verehrt. Thor war als Gott des einfachen Volkes sehr beliebt.

5.3.5 Tyr

Tyr ist der Gott des Mutes, der Gerechtigkeit, des Krieges und auch des Sieges. Er opfert eine Hand, um den gefährlichen Wolf Fenrir zu fesseln. Tyr ist ein Symbol für Tapferkeit und Aufrichtigkeit. Er hilft der Gemeinschaft mit einem persönlichen Opfer, da er durch seine Tat die Götter von der Gefahr Fenrirs erlöst.

5.3.6 Freyja

Freyja ist die Göttin der Fruchtbarkeit, der Liebe, der Sinnlichkeit und der weiblichen Seidr- Magie. Diese lehrte sie dann Odin und er bringt ihr zum Austausch die Runenmagie bei. Die Hälfte der gefallenen Krieger kommt zu ihr nach Folkvang. Auch sie hat viele verschiedene Charakterzüge und ist ähnlich weise wie Odin. Freyja ist sein weibliches Gegenstück. Zudem ist sie sehr schön und hat auch einige Liebesabenteuer. Ihre Attribute sind der Schmuck Brisingamen, ihr Flügelhemd und Katzen.

5.3.7 Freyr

Freyr ist der männliche Gott für Liebe, Fruchtbarkeit, Vergnügen und Frieden. Er ist Freyjas Bruder und der Herrscher über die Lichtalben. Sein Attribut ist das Schiff Sknibladnir.

Freyja und Freyr sind Lichtgötter und die Schönsten unter den Wanen.

5.3.8 Loki

Loki ist der unruhestiftende und listenreiche Gott. Er steht für Bosheit, Unehrlichkeit und Lügen. Der ehemalige Riese Loki wurde erst durch eine Blutsbrüderschaft mit Odin zum Gott. Er ist mit der Riesin Sigyn verheiratet, zeugt aber mit einer anderen Riesin namens Angbroda die Midgardschlange, Fenrir und Hel. Er bringt die Götter dauernd in auswegslose Lagen, um ihnen dann zu helfen. Er rettet sie auch aus von den Göttern selbst verursachten hoffnungslosen Situationen. In beiden Fällen richtet die Hilfe jedoch meist grossen Schaden an. Er trägt einen Teil der Schuld an Baldurs Tod. Es ist ihm möglich, die Gestalt zu wechseln, so zeugt er z.B. als Stute mit dem Hengst Svadilfari Odins Pferd Sleipnir. Diese Fähigkeit nutzt er, um seine Schandtaten zu begehen. Lokis Element ist das Feuer, welches auch seinen Charakter symbolisiert.

5.3.9 Hel

Hel ist die Göttin der Unterwelt und des Totenreiches. Sie ist eine Tochter von Loki und Angbroda. Helheim ist dunkel und kalt, die an Alterschwäche, Krankheit und Mord verstorbenen kommen zu ihr. Genauso Verbecher und Lügner. Doch ist es kein Ort von Qualen, sondern des ewigen Stillstandes. Sie wurde von Odin unter die Erde geschickt, da sie ein Tochter Lokis ist.

(Siehe Anhang, 15.1 Stammbaum)

6. Die Welt und Island um 1000 n. Chr.

Es ist nicht möglich die Entstehung der Völuspa zu begreifen, ohne etwas über die damalige Zeit zu wissen. Deswegen erläutere ich hier Hintergründe zur Weltlage und den Germanen.

6.1 Die Welt

In der ganzen christlichen Welt herrschte Endzeitstimmung. Die Angst, das jüngste Gericht stünde unmittelbar bevor, war weit verbreitet. Die Menschen beriefen sich auf die folgende Stelle im Neuen Testament. Zitat aus der Bibel, Offenbarung, 20

20 DIE TAUSEND JAHRE

„1 Danach sah ich einen Engel aus dem Himmel herabkommen, der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine lange Kette in der Hand. 2 Er packte den Drachen, die alte Schlange, die auch Teufel und Satan genannt wird, und fesselte ihn für tausend Jahre. 3 Der Engel warf ihn in den Abgrund, schloss den Eingang ab und versiegelte ihn. So konnte der Drache die Völker tausend Jahre lang nicht mehr verführen. Wenn sie um sind, muss er für eine kurze Zeit freigelassen werden.

4 Dann sah ich Thronsessel. Alle, die auf ihnen sassen, hatten die Vollmacht, Gericht zu halten. Ich sah auch die Seelen der Menschen, die hingerichtet worden sind, weil sie öffentlich für Jesus und das Wort Gottes eintraten. Die hatten weder das Tier noch sein Standbild angebetet und trugen auch nicht das Kennzeichen des Tieres auf ihrer Stirn oder ihrer Hand. Zusammen mit Christus lebten und herrschten sie tausend Jahre lang. 5 Die übrigen Toten wurden erst wieder lebendig, als die tausend Jahre um waren. Dies ist die erste Auferstehung. 6 Freuen dürfen sich die Auserwählten, die an der ersten Auferstehung teilhaben. Der zweite Tod kann ihnen nichts anhaben. Sie werden Gott und Christus als Priester dienen und tausend Jahre lang mit Christus herrschen.

DIE NIEDERLAGE DES SATANS

7 Wenn die tausend Jahre um sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis freigelassen. 8 Er wird ausziehen, um die Völker an allen vier Enden der Erde zu überreden- das sind Gog und Magog. Sie sind so zahlreich wie der Sand am Meer, und der Satan wird sie allen zum Kampf sammeln. 9 Sie ergossen sich über die ganze Erde und umstellten das Lager des Gottesvolkes und die Stadt, die Gott geliebt wird. Aber es regnete Feuer vom Himmel, das sie vernichtete. 10 Dann wurde der Teufel, der sie verführt hatte, in den See von brennendem Schwefel geworfen, in dem schon das Tier und der falsche Prophet waren. Dort werden sie für alle Zeiten Tag und Nacht gequält.

DAS ABSCHLIESSENDE GERICHT

11 Dann sah ich einen grossen weissen Thron und den, der darauf sitzt. Die Erde und der Himmel flüchteten bei seinem Anblick und verschwanden für immer. 12 Ich sah allen Toten, Hohe und Niedrige, vor dem Thron stehen. Die Bücher wurden geöffnet, in denen alle Taten aufgeschrieben sind. Dann wurden noch ein Buch aufgeschlagen; das Buch des Lebens. Den Toten wurde das Urteil gesprochen; es richtet sich nach ihren Taten, die in den Büchern aufgeschrieben waren. 13 Auch das Meer hatte seine Toten herausgegeben, und der Tod und die Totenwelt hatten ihre Toten freigelassen. Alle empfingen das Urteil, das ihren Taten entsprach. 14 Der Tod und die Totenwelt wurden in den See von Feuer geworfen. Diese See von Tod ist der zweite Tod. 15 Jeder, dessen Name nicht im Buch des Lebens stand, wurde in den See von Feuer geworfen.“ (Deutsche Bibelgesellschaft,1995, Neues Testament, S. 293)

So interpretieren die Gläubigen alle Naturereignisse als Warnung Gottes und als sicheren Beweis für den nahenden Untergang. Viele rückten näher zu der Kirche und suchten im Glauben Zuflucht. Doch viele Menschen gaben es auf, anständig und nach den Regeln der Kirche zu leben. So traf eine gestärkte Religiosität auf Sittenverfall. Dieser wurde von der Kirche wiederum als eindeutiger Hinweis auf die wachsende Macht des Teufels gesehen. Nur mit diesem Vorwissen lässt sich die Entwicklung in Island verstehen.

6.2 Island und die Christianisierung

Um die Thematik der Völuspa zu verstehen ist es wichtig etwas, über Island und dessen Christianisierung zu erfahren.

6.2.1 Die Geschichte

Im achten und neunten Jahrhundert suchten irische Mönche abgeschiedene Ort, um als Einsiedler zu leben und Gott zu dienen. Sie lebten im Sommer auf Island, doch als die nordischen Wikinger kamen, flohen sie von der Insel. Heute deuten Ortsnamen wie „Papey“[14] und „Irafoss“[15] auf ihre Anwesenheit hin. Ab 870 n.Chr. verirrten sich immer wieder Seefahrer, die auf dem Weg zu den Färöern waren. Diese landeten in Island und waren gezwungen, dort zu überwintern. So der Norweger Naddoddur, der Schwede Gardar Svarsson und der norwegische Wikinger Floki Vilgerdarson. Sie liessen sich- teils mit ihren Familien- an verschiedenen Orten nieder. Doch da sie nicht freiwillig in Island lebten, gelten sie nicht als die ersten Siedler. Erst der Norweger Ingolfur Arnason machte sich aus freien Stücken auf, um vom unruhigen Norwegen in das neue Land zu ziehen. So begann um 874 n. Chr. die nordische Besiedlung und Landnahme, welche bis 930 n.Chr. andauerte. Von dieser Zeit an wurde auch ein Grossteil der norwegischen Gesetze übernommen. Es gab keinen König, Entscheidungen wurden bei der Althingversamlung gefällt. Sie fand einmal im Jahr statt und dauerte ca. zwei Wochen. Der Thingplatz lag im Thingvellir[16]. Alle Männer waren verpflichtet, daran teilzunehmen. Dort wurden dann 36 Häuptlinge für 3 Jahre gewählt, Gericht gehalten, Entscheidungen getroffen und Gesetze erlassen.

6.2.2 Die Christianisierung

In der Mitte des zehnten Jahrhunderts hatte das Christentum aus Sachsen und Britannien Einfluss in den skandinavischen Ländern gewonnen. Der sächsische Missionsbischof Friedrich bereiste mit dem getauften Isländer Thorvaldur Vitförli während vier Jahren Island ohne Erfolg. Als Olaf Tryggvason 964 König von Norwegen wurde , setzte er sich zum Ziel, die nordischen Länder zu bekehren. Er selbst war in England zum Christen geworden. Der Isländer Stefnir Thorgilsson erhielt diesen Auftrag. Er zerstörte Tempel und heilige Stätten, was die Stammeshäuptlinge aufbrachte und zu Thorgilssons Verbannung führte. Erst Bischof Thangbrandur hatte Erfolg, und einige Häuptlinge liessen sich taufen. Die Menschen begegneten der neuen Religion im allgemeinen freundlich und offen. So war eine Christianisierung in Island überhaupt möglich. Deswegen verlief sie im Vergleich zu andern Ländern auch überraschend friedlich. Um 1000 n.Chr setze der König die Missionare und die Häuptlinge Islands unter Druck. Er wollte nun eine vollständige Christianisierung. Ein möglicher Grund könnte sein, dass Olaf Tryggvason seine Länder vor dem Fegefeuer retten wollte, denn auch ihm war die Prophezeiung der Bibel bekannt. In Island kam es dadurch fast zum Eklat. Die Endzeitstimmung griff um sich, die Leute waren empfänglich für mögliche Anzeichen der Apokalypse oder von Ragnarök. Zu dieser Zeit nahm die Zahl der Vulkanausbrüche zu und der grösste und am meisten gefürchtete Vulkan Islands, der Katla, brach aus. Die Spannungen zwischen Christen und Heiden hatten den Höhepunkt erreicht. Das Volk war in zwei etwa gleich grosse Teile gespalten; Gegner und Befürworter des Christentums. Wegen der Drohung des Königs, die Heiden zu verfolgen, wurde eine Althingversammlung einberufen. Die beiden Parteien gerieten in einen heftigen Streit, der beinahe in einem Blutbad auf dem heiligen Platz geendet hätte. Doch liessen sich die Streitenden von dem Gesetzsprecher Thorgeir beschwichtigen und so kam eine Einigung zu Stande. Die Freveltat konnte verhindert werden. Das Christentum wurde als offizielle Religion anerkannt, doch stand es jedem frei, seinen heidnischen Glauben weiter zu praktizieren.

Verschiedene Einflüsse hatten dazu beigetragen, dass der christliche Glaube in Skandinavien Fuss fassen konnte. So war das Leben seit Christi Geburt härter geworden. Das Klima hatte sich abgekühlt und die Menschen hungerten. Doch die Opfer an die Götter waren vergeblich. Diese verloren an Macht und Einfluss. Die Kluft zwischen den Menschen und den von ihnen Verehrten wuchs. Als sie dann dank der von Bischof Wulfila (311-383 n.Chr.) ins Gotische übersetze Bibel erfuhren, das der christliche Gott überall sein konnte und nur gerufen werden musste, gefiel ihnen das sehr. Dieser Gott war nicht an Naturplätze gebunden wie der germanischen Götter. Man musste nur ein Haus bauen und es ihm weihen. Das war überall möglich, und er hörte den Bittenden zu. Er musste sich im Gegensatz zu den germanischen Göttern nicht mit eigenen Problemen auseinandersetzen. Auch der Besitz spielte keine Rolle für den Allmächtigen, ein frommes Leben zählte mehr als kostbare Opfergaben. Zudem versprach die Lehre Seeligkeit im Jenseits, das Leben hatte somit ein Ziel. Diese Aussicht tröstete über die harte Zeit hinweg und half diese zu ertragen. Die Hoffnung für jeden im Christentum boten den Menschen, was sie wollten. Die Heiden wurden jedoch auch noch mit Tricks beeinflusst: So war die Bibel eine Spezialübersetzung, welche auf die Vorlieben der Germanen abgestimmt war. Es gab Helden, ehrenhafte Kämpfe und spannende Abenteuer.

Schlussendlich waren die mächtigen Götter leise verschwunden und hatten ihren Untergang selbst besiegelt. Das Christentum erfüllte die neu aufgekommenen Bedürfnisse besser als der alte Glaube.

6.2.3 Der Ursprung

Die Urstämme wurden Indogermanen oder Indoeuropäer genannt. Doch sie waren keine Einheit. Sie unterschieden sich oft in ihrer Kultur und ihren Bräuchen. Um 2000 v. Chr. zogen einige dieser Stämme nach Nordeuropa. Sie unterwarfen die dort lebenden Bauernvölker, doch vermischten sie sich bald mit ihnen. Dieses neue Volk wurde Germanen genannt.

6.2.4 Die Menschen

Die Germanen waren hauptsächlich Vieh- und Ackerbauern. Die Männer gingen auch zur Jagd. Sie besassen Rinder als Zug- und Milchvieh und als Zahlungsmittel. Zudem hielten sie noch Schweine, Schafe und Hunde. Das Pferd nahm einen speziellen Platz ein und wurde verehrt. Noch heute essen Menschen aus dem nördlichen Kulturkreis kaum Pferdefleisch. Einige trieben auch erfolgreichen Handel mit fernen Gebieten. Mit den Römern tauschten sie Bernstein, Pelze und Sklaven gegen schönes Geschirr, Glas und Schmuck. Der Mann hatte die Vormundschaft über die Familie, doch die Frau und die Kinder waren frei. Sie gehörten also nicht ihren Ehegatten oder Vätern und hatten ein Recht auf eigenen Besitz. Die Germanen lebten in Sippen, welche sich auch bekämpften, jedoch weit von einander entfernt siedelten. So war die Familie das Zentrum des Lebens, der Sitten und Bräuche, alles sorgte für ihr Wohl und ihre Ehre.

Die Menschen waren meist hochgewachsen und kräftig. Sie hatten blonde bis rote Haare und helle Augen. Die Haarlänge und -pflege war wichtig, so ist das Bild der wildwuchernden Bärte falsch. Viele waren rasiert, und wenn sie einen Bart hatten, war dieser ordentlich geschnitten. Die Männer trugen einen Kittel, einen Umhang, alles von Fibeln[17] zusammengehalten, und einen Gürtel. An diesem waren wichtige Dinge des alltäglichen Gebrauches und Waffen befestigt. Zudem kam dem Gürtel noch eine magische Bedeutung zu, er war für den Mann sehr wichtig. Oft waren in die Schnallen Runen eingeritzt, um dem Träger Glück und Schutz zu bringen. Hosen waren den Männern nicht bekannt, wenn es im Winter kalt war trugen sie eine Art von Stulpen, „Beinlinge“ genannt. Die Frauen trugen ein ärmelloses Kleid, Fibeln und einen Gürtel, um das Kleid an der Taille zusammenzuraffen. Oft waren die Säume mit farbigen Bändern verziert. Sie trugen gerne Armreife aus Metallen wie Silber oder Bronze und Ketten aus Bernstein. Die Kleider waren aus Wolle, Pelzumhänge wurden nur selten im Winter getragen. Sowohl Männer als auch Frauen trugen einfache Schuhe aus Leder. Die Art und Verziehrungen der Fibeln, Gürtelschnallen und des Schmuckes waren Hinweise auf den sozialen Rang in der Gesellschaft.

Ein Grossteil der Menschen hatte schlechte Zähne, da Steinstaub aus ihren Getreidemühlen in den Frühstücksbrei gelangte. Ansonsten assen sie gesund und beinahe vegetarisch, vor allem nahmen sie Getreide, Breie, Milch und Quark zu sich. Fleisch gab es meist nur zu Festen und kultischen Anlässen. Im Winter war die Ernährung wenig ausgewogen und oft hungerten die Menschen. Sie tranken Wasser, Bier und Met- diesem schrieben sie auch eine magische Wirkung zu-. Alkoholische Getränke brauten die Germanen selbst. Salz und Butter waren sehr wertvoll und oft gab es Konflikte deswegen. Die Gastfreundschaft war ein sehr wichtiges Gebot, welches eingehalten werden musste.

6.2.5 Die Gesellschaft

Die kleinste Einheit ist die Familie, diese sind in Sippen[18] zusammengeschlossen. Danach folgt die Dorfgemeinschaft und der Gau, ein Zusammenschluss mehrerer Dörfer. Die Sippe sorgt in Notsituationen für Frauen, Kinder und Greise. Alle unterstützten sich gegenseitig. Die germanische Gesellschaft war in Stände gegliedert:

ADEL:

Dazu gehören die einflussreichsten und angesehensten Familien. Alle ihre Mitglieder waren rechtsfähig und die Männer durften bei der Thingversammlung abstimmen. Der Adel konnte von seinen Untertanen Abgaben fordern. Die Leitung bei religiösen Riten, Verhandlungen, Verträgen und im Krieg wurde vom Adel übernommen. Der König- falls es in der Sippe einen gab- ging aus dem Adel hervor. Er besass jedoch keine absolute Macht.

FREIE:

Sie waren das Volk und mussten als solches keine Abgaben zahlen. Diese Menschen hatten alle politischen und juristischen Rechte.

MINDERFREIE (HALBFREIE):

Sie mussten Abgaben zahlen und Frondienste leisten. Zudem konnten sie von ihrem Herrn mit dem Land verkauft werden. Sie waren zwar rechts -, jedoch kaum handlungsfähig.

UNFREIE:

Sie waren Sklaven und wurden als Sache und nicht als Person angesehen. Diese Menschen waren der Willkür ihres Besitzers vollkommen ausgeliefert.

In all diese Stände wurde man hineingeboren. Es gab ausser der Freilassung keine Möglichkeit in einen anderen Stand aufzusteigen. Es war verpönt, jemanden mit niedrigerer Herkunft zu heiraten. Trotzdem bot der Familienverband auch den Halb- und Unfreien einen gewissen Schutz. Denn wurde einer aus der Sippe angegriffen, stellte sich alle hinter ihn und gegen den Angreifer. Innerhalb dieser Gemeinschaft waren sich alle gegenseitig zu Hilfe verpflichtet. Wurde jemand von der Sippe verstossen und war somit „sippenlos“, hat er keine Rechte, keinen Besitz und keine Familie mehr. Dieses Urteil entsprach dem „vogelfrei“[19] sein im Mittelalter.

6.2.6 Das Leben

Das Leben war hart und entbehrungsreich. Die Kinder arbeiteten schon früh mit. Die ganze Familie lebte zusammen mit den Tieren in Langhäusern von zehn bis dreissig Metern Länge und vier bis acht Metern Breite. Diese waren aus Holz und Lehm gebaut, mit Dächern aus Stroh, Schilf oder Binsen. Der Boden des Wohnbereiches war mit Brettern ausgelegt. Die Häuser waren schlicht, geschlafen wurde auf Pritschen, welche tagsüber als Sitzgelegenheiten dienten. Es gab keine Fenster nur ein „Windauge“, durch welches der Rauch der offenen Feuerstelle abziehen konnte. Licht wurde mit Holzspänen und Feuer erzeugt. Frische Luft kam durch die zwei Türen an den Längsseiten herein. Dennoch stank es, besonders im Winter. Da lebten Mensch und Tier auf engstem Raum zusammen. Das hatte aber auch einen positiven Effekt: Die Tiere strahlten Wärme ab und waren so eine Art lebendige Heizung, was Feuerholz sparte. Es gab auch Einzelhäuser, welche für bestimmte Arbeiten vorgesehen waren und Grubenhäuser, die als Vorratskammer dienten. Die Häuser waren schnell baufällig oder fielen einem Brand zum Opfer. Dann wurden sie an der selben Stelle neu errichtet.

Das Land war dünnbesiedelt, es gab kaum Fernstrassen. So war der Transport auf dem Wasserweg der bequemste und schnellste für Händler und Reisende. Die Frauen wurden mit 20 verheiratet. Liebe spielte dabei kaum eine Rolle, wichtig waren der Stand und der Reichtum des Bräutigams. Der Mann umwarb die Frau, ein Ehevertrag wurde geschlossen und die beiden tauschen gegenseitig Geschenke aus. Das war die rituelle Bestätigung für die Verbindung und von da an waren die beiden Familien versippt. Bei den meisten Stämmen war die Einehe gängig, doch gab es vereinzelt auch die Vielweiberei. Manche Männer hatten eine halb- oder unfreie Magd als Geliebte. Ehebruch oder eine Affäre war der Frau bei Strafe verboten. Wegen dem harten Leben litten die Menschen im Alter oft unter Arthritis, Rheuma oder Gicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag bei 40. Doch viele starben schon als Kleinkinder. Je nach Stand wurden Beigaben ins Grab gelegt. Der Leichnam wurde nach Osten zu der Sonne blickend begraben.

6.2.7 Recht und Ordnung

In der germanischen Gesellschaft gab es die meiste Zeit kein geschriebenes Recht. Die „Lex Salica“ wurde erst um 500 n.Chr. verfasst. Die Gesetze gab es schon lange, doch sie waren erst dann schriftlich festgehalten worden. Recht und Unrecht waren bekannt. Verbrechen wurden mit strengen Strafen verfolgt. Es gab aber keinen Staat und somit keine Polizei, alle Entscheidungen und Urteile wurden beim Thing beschlossen. Eine Verhandlung oder Verurteilung war sehr formal. Es war wichtig, dass genau die vorgegebenen Worte gesprochen wurden, welche mündlich überliefert worden waren. Viele der Regeln waren von religiösen Vorstellungen geprägt, vom Glauben an die Götter und an beseelte Naturkräfte. Das Ehrgefühl war stark ausgeprägt. Hatte jemand ein Verbrechen gegen ein Mitglied einer Sippe begangen, musste er sich mit dessen gesamter Familie auseinander setzen. Die Ehre gebot Rache. Wer dem nicht folgte, war beschämt und verachtet. Doch um die endlosen Reihen von Blutrache zu beenden, wurden Geldbussen für alle Delikte eingeführt. Wer nicht zahlte, wurde für sippenlos erklärt. Zu den Verbrechen gehörten Ehebruch (bei Frauen), schwerer Diebstahl, Brandstiftung, Notzucht, Leichenraub und Mord. Neben Geldbussen konnte man für Friedensbruch, Landesverrat und Frevel gegen die Götter zum Tod verurteilt werden. Dies konnte durch Hängen, Verbrennen oder Ins- Moor- Werfen geschehen. Wurde jemand ins Moor geworfen, sollte das auch dazu dienen, die Götter zu besänftigen, da die Menschen glaubten, die Moorgebiete würden von Naturwesen und Göttern bewohnt.

6.2.8 Das Thing

Das Thing war die Versammlung aller stimmberechtigter Männer. Diese trafen sich jedes Frühjahr einmal in freier Natur an einer heiligen Stätte. Es war verboten, auf diesem Boden Blut zu vergiessen. Viele kamen von weit her. Die Mitglieder sassen dann in einem Kreis, der Richter mit Stab oder Schwert in der Hand nach Osten blickend auf einem erhöhten Stuhl. Der Richter stammte aus dem Adel. Es wurde Gericht gehalten, Freilassungen bestimmt, über Krieg oder Frieden entschieden und Knaben wurden in die Männergesellschaft aufgenommen. Bei Stämmen mit König wurde dieser wenn nötig am Thing durch Klopfen auf die Schilder gewählt oder bestätigt.

6.2.9 Kampf und Krieg

Jeder freie Mann hatte das Recht und die Pflicht in den Krieg zu ziehen. Halbfreie und Unfreie mussten für ihren Herrn kämpfen. Mut und Tapferkeit waren die wichtigsten Tugenden. Anfangs kämpften die Germanen mit Lanzen und leichten Wurfspeeren, erst unter römischen Einfluss lernten sie im 3.Jahrhundert n. Chr. Pfeil, Bogen und Äxte kennen. Sie schützten sich mit leichten, runden Holzschilden und später auch mit Kettenpanzern. Noch lange kämpften die Männer mit nackten, bemalten Oberkörpern. Um die Wut zu steigern gab es Sprechchöre und die Krieger sangen rituelle Lieder, von Trommeln begleitet. Manchmal versetzten sie sich auch, z.B. durch Fliegenpilze, in Trance. Das führte dann zu der von den Römern so gefürchteten „Berserkerwut“[20]. Das Heer griff in Keilform an, um die Reihen des Feindes zu durchbrechen. Am besten eignete sich für die Germanen aber der Wald als Kampfplatz, so konnten sie guerillaartige Angriffe aus dem Hinterhalt führen.

Die Germanen lernten rasch von den Römern, da einige Adelige in römischen Heeren gedient hatten. Diese brachten ihr Wissen in die Stämme ein.

6.2.10 Sprache und Schrift

Im 5. Jahrhundert v. Chr. entstand die germanische Sprache aus einer indogermanischen Grundsprache. Durch Lauteverschiebung bildeten sich so Nord-, Ost- und Westgermanisch. Aus dem Westgermanischen entwickelte sich im 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. die deutsche Sprache.

Die Schrift der Germanen waren die Runen. Sie entstanden im 1. Jahrhundert n. Chr., die ältesten Runen stammen von 200 n. Chr. Die Bezeichnung stammt von dem Wort „runo“ ab, das „Geflüster“, „Geheimnis“ bedeutet. Es gibt 24 Lautzeichen, welche „Futhark“ genannt werden. Neben den Buchstaben sind jeder Rune noch einige Begriffe zugeordnet.

(Siehe Anhang, 15.2 Runenalphabet)

Da die Runen meist in Gegenstände eingeritzt wurden, sind Rundungen vermieden worden. Einige von diesen Gegenständen sind bis heute erhalten geblieben und sind für die Forschung sehr wichtig, so z. B. der Stein von Rök in Schweden aus dem 9.Jahrhundert. Anfangs beschränkte sich der Gebrauch auf Inschriften. Erst im 6. Jahrhundert n. Chr. wurden erste Briefe geschrieben. Im 8. Jahrhundert wurde das ursprüngliche, „ältere Futhark“ in Skandinavien auf 16 Runen zum „jüngeren Futhark“ gekürzt. Bei der Christianisierung wurden die Runen von der Kirche als heidnisch abgetan und die lateinische Schrift eingeführt.

Die Runen hatten auch eine religiöse Bedeutung. Sie wurden eingeritzt, um Schutz, Glück und Erfolg zu bringen. Sie wurden für magische Zwecke verwendet, wie die Edda in der Runenlehre[21] berichtet. Die Runen wurden auch befragt, um etwas über die Zukunft zu erfahren und um sich Rat zu holen.

6.2.11 Religion

Die Götter wurden in der freien Natur an heiligen Plätzen verehrt. Die Menschen glaubten an einen Aufenthalt im Jenseits, darauf weisen die Grabbeigaben hin. Die Germanen hatten eine grosse Furcht vor Wiedergängern[22] und damit diese keinen Grund hatten zurückzukehren, wurde ihnen alles Nötige ins Grab gelegt. Die Germanen hatten keine Statuen oder Bilder von ihren Göttern. Denn obwohl sie eine sehr persönliche Beziehung zu ihnen hatten, war für sie deren himmlische Art nicht abbildbar. Thor und Odin waren zwei der wichtigsten Götter, sie wurden sehr verehrt. Dies geschah mit Opfergaben in Form von Feldfrüchten, Werkzeugen, Schmuck, Waffen, Tieren und bei einigen Stämmen und in seltenen Fällen auch von Menschen. Diese Gaben wurden oft zu Mooren gebracht, da die Menschen glaubten, dass die Götter dort hausten. Doch sind nicht alle Moorleichen rituelle Opfer. Das Moor diente auch zu regulären Beerdigungen, als Hinrichtungsort für die Todesstrafe und gewiss gab es auch einige Unfalltode.

6.2.12 Europa und die Wikinger

Am 8. Juni 793 n. Chr. unternahmen die Wikinger[23] ihre erste Plünderungsreise. Sie fielen in der christlich-heiligen Insel Lindisfarne in England ein. Von da an überfielen sie während 200 Jahren ganz Europa, raubten Reichtümer und vernichteten alles was ihnen in den Weg kam. Die christliche Bevölkerung war schockiert, da die Wikinger keine Ehrfurcht vor Kirchen zeigten. In diesen reich ausgestatteten Gebäuden liessen sich jeweils grosse Schätze erbeuten. Die Christen dachten, die Wikinger wären eine Strafe Gottes. Sie sahen in ihnen nur gottlose, gewalttätige Seeräuber, obwohl die Stämme in Skandinavien selbst ziemlich friedlich lebten. Sie konnten dank ihrer Langschiffe auf Flüssen bis weit ins Land eindringen. Sie gelangten 845 n. Chr. bis nach Paris und eroberten 862 Köln. Die Schiffe waren die seetüchtigsten ihrer Zeit: Sie waren 20– 30 m lang, 3- 5 m breit und besassen zwei identische Enden, was ihnen ermöglichte in beide Richtungen zu fahren. Die Schiffe waren sehr stabil, leicht und sie hatten einen geringen Tiefgang, ein weiterer Vorteil in Flüssen. Sie wurden mit 30- 50 Ruderern fortbewegt, doch wenn es möglich war, wurde ein quadratisches Segel aufgespannt. Es gab keine Kajüten, so schliefen die Seemänner bei jeder Witterung auf dem Deck unter dem freien Himmel. Früher waren die Schiffe vor allem gebraucht worden, um in fernen Ländern Handel zu treiben. Doch kamen neue Faktoren hinzu: Laut germanischem Recht erbte nur der älteste Sohn, die jüngeren gingen leer aus. Dies animierte die jungen Männer, sich einem Plünderungszug anzuschliessen, um Abenteuer zu erleben und reich zu werden. Zudem war auf Grund der Klimaerwärmung um durchschnittlich 2°C die Menge des geernteten Getreides angestiegen. Die Felder waren fruchtbarer. So litten die Menschen weniger Hunger und die Bevölkerung wuchs. Einerseits konnten mehr Menschen ernährt werden, anderseits starben weniger, denn auch die Winter waren in Folge der Erwärmung weniger hart. Doch konnte die Anbaufläche nicht gesteigert werden und so mussten zusätzliche Quellen erschlossen werden. Die Raubzüge forderten Opfer, mehr Männer kamen im Kampf oder auf See als aus Hunger um.

Die Wikinger unternahmen auf der Suche nach neuem Land auch Expeditionen. So gelangten sie zu den Orkney- und Shetlandinseln, zu den Färöern und auch nach Grönland. Dort zogen sie sich jedoch während der Klimaabkühlung zurück. Sie liessen sich in Irland und Ostengland nieder. Waren die Gebiete schon bevölkert, lebten sie sich friedlich ein. Die Wikinger kamen auf diesen Fahrten auch nach Amerika, 500 Jahre vor Kolumbus. Doch sie wurden von den Indianern vertrieben. In Island war ihre Ansiedlung erfolgreich und auch nach der Anpassung der skandinavischen Höfe an die westeuropäischen blieb diese Insel ein Ort, an dem die germanische Kultur ohne grosse Einflüsse weiterlebte.

6.3.13 Das Klima

Das Klima hatte auf das Leben der Menschen schon immer einen grossen Einfluss. Besonders in früheren Jahrhunderten waren die Menschen den Wettern schutzlos ausgeliefert. So führte das Klima auch zu der Zeit der Germanen zu Veränderungen. Ende des 8. Jahrhunderts fand eine Klimaerwärmung statt, dies führe zu einer Steigerung der Getreidemenge und hob den Lebensstandard der Menschen. Weniger starben an Hunger, und somit gab es mehr Menschen. Um so schlimmer traf es Europa, als sich das Klima nochmals veränderte. Die Temperatur nahm ab, was zu langen, harten und sehr kalten Wintern führte. Die Menschen im Norden waren gezwungen weiter in den Süden zu ziehen, was die Christianisierung beeinflusste.

Es erschien mir sinnvoll, die Hintergründe rund um die Völuspa zu erläutern, da ein Gedicht immer von der Zeit und Situation in der es entstanden ist beeinflusst wird.

Nachdem nun die Situation der Welt und der Menschen beschreiben ist, komme ich auf das Gedicht selbst zu sprechen. Es folgt eine Zusammenfassung der Ereignisse in der Völuspa.[24] [25]

7. Zusammenfassung der Völuspa- Geschehnisse in Prosa

Die Seherin ruft die Götter und Menschen an, ihr zuzuhören. Sie erklärt, das Odin sie darum gebeten hat, ihr Wissen über Vergangenheit, Gegenwart und vor allem die Zukunft preiszugeben. Denn die Welt ist in einer Zeit des Umbruchs, alles verschlechtert sich. Sie erzählt von ihrer Herkunft: Sie wurde von Riesen geboren, welche ihr auch die Magie und das Zukunftswissen lehrten . Sie sagt, sie kenne die neun Welten und die Weltesche Yggdrasil.

Dann beginnt die Seherin von der Entstehung der Welt zu berichten:

Am Anfang gab es nichts ausser der Leere Ginnungagap. Aber irgendwo entstand Nebelheim, in dessen Mitte die Quelle Hvergelmir lag. Von ihr spalteten sich viele Flüsse, Elivar genannt, ab und stürzten in die Leere Ginnungagap. Dort war es eisig kalt, so das alle Flüsse gefroren. Im Süden bildete sich Muspellheim. Dort war es sehr heiss und ständig brannte ein Feuer. Da in Ginnungagap die gefrorenen Flüsse und die Hitze von Muspellheim aufeinander trafen, schmolz das Eis. Aus diesen Wassertropfen entstand der böse Riese Ymir, von ihm stammt das Eisriesengeschlecht ab. Auch die Kuh Audhumbla war aus dem Schmelzwasser hervorgegangen. Sie gab aus ihrem Euter vier Milchströme ab von denen Ymir trank. Audhumbla selbst ernährte sich von dem salzigen Eis, das sie ableckte. Durch ihre Zunge wurde daraus ein gutmütiger Mann Namens Burri geformt. Ymir und er wurden zu Feinden, da sie sich nicht verstanden. Aus Ymirs Achselschweiss entstanden eine Riesin und ein Riese und als er seine Füsse aneinander rieb, hatte das die Schaffung seines Sohnes zur Folge. Doch auch Burri hatte einen Sohn, Bur genannt. Dieser wiederum bekam drei Söhne: Odin, Hönir und Lodur. Sie hatten einige Auseinandersetzungen mit Ymir und brachten ihn schlussendlich um. Das Blut überschwemmte und ertränkte alle Kinder von Ymir. Ausser Bergelmir, welcher seine Frau und sich mit einem ausgehöhlten Baumstamm, der als Boot diente, rettete. Er führte das Geschlecht der Reifriesen weiter. Aus Ymirs totem Körper wurde nun von Odin, Hönir und Lodur die Erde geschaffen. Die Meere aus dem Blut, die Bergketten aus den Knochen, Wälder und Bäume aus den Haaren und die Hirnschale wurde zum Himmel. Aus den Maden in Ymirs Körper erschufen sie das Geschlecht der Zwerge. Vier Zwerge wurden an vier Punkte gestellt, damit sie den Himmel trügen. Sie hiessen Oster, Vester, Norder und Suder . Die drei Brüder hoben das Land noch aus dem Meer, da dies noch darüber floss. Die Erde lag nun in der Mitte, ringsherum von Meer umgeben. Zudem nahmen sie Funken aus Muspellheim, um Licht in de Welt zu bringen. Sie legten diese in den Himmel und gaben ihnen einen festen Weg. Von da an gab es Tag und Nacht, Monate und Jahre. Der zeitliche Ablauf war geregelt.

[...]


[1] Genzmer, 2000, S. 26-35

[2] Genzmer, 2000, S.26-35

[3] Genzmer, 2000, S.195-203

[4] Genzmer, 2000, S.124-132

[5] Hansen, 1993, S. 187

[6] Genzmer, 2000, S.27

[7] Genzmer, 2000, Die Edda

[8] Nordal, 1980,Völuspa.

[9] „Verhängnis der Götter“ (und nicht „Götterdämmerung“, oft begangener Übersetzungsfehler rök= Verhängnis, rokkr= Dämmerung)

[10] „lif“ altnordisch für „Leben“

[11] Genzmer, 2000, S.29, Strophe 18

[12] alkoholisches Getränk aus vergorenem Honig, dem heutigen Bier verwandt

[13] Schriftzeichen der Germanen

[14] Pfaffeninsel

[15] irischer Wasserfall

[16] Thingtal

[17] Eine Art altertümliche Sicherheitsnadel

[18] Grossfamilie, mit Unfreien und sonstigen auf diesem Hoflebenden Untertanen

[19] Geächtet, rechtlos, friedlos

[20] Berserker: Männer die sich in Bären verwandeln können oder sehr stark sind

[21] Genzmer, 2009, S. 162-167

[22] Tote, die auferstehen und noch etwas vom Leben fordern, meist da sie eines unnatürlichen Todes gestorben sind

[23] „Vik“= Bucht, Vikingr für Stämme nur die Plündernden. Für die Europäer: Alle, die aus dem Norden kommen.

[24] Genzmer, 2000, S.26-35

[25] Mudrak, 1961, S. 11-23

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Interpretation des Eddatextes „Der Seherin Gesicht“
Note
5,5 (Schweiz) = 1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
66
Katalognummer
V179062
ISBN (eBook)
9783656015482
ISBN (Buch)
9783656015161
Dateigröße
751 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dies ist nicht nur eine Hausarbeit, sondern eine Maturarbeit (Matur=Schweizer Bezeichnung für Abitur) - also eine Arbeit die jeder Schüler im Zeitraum von 6 Monagen zu einem selbstgewählten Thema neben dem Unterricht selbständig erarbeiten muss um dann zu den Maturprüfungen zugelassen zu werden. Schweizer Notensystem: 6-1, 6 beste Note dh entspricht einer Deutschen 1
Schlagworte
Edda, Seherinen Gesicht, Völuspa, Skandinavisti
Arbeit zitieren
Nina Ratavaara (Autor:in), 2003, Interpretation des Eddatextes „Der Seherin Gesicht“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179062

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