Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Einleitung in den Themenbereich Verb
1.2 Der Themenbereich „Verb“ in einer Sachdarstellung
1.2.1 Semantische Klassifikation des Verbs
1.2.2 Funktionsklassen des Verbs
1.2.3 Konjugation des Verbs
2. Unterrichtsvorschlag für die 2. Klasse einer Grundschule zum Thema „Verben“- Die Wörtermaschine
1. Einleitung
1.1 Einleitung in den Themenbereich Verb
Grammatikunterricht gilt auch in der Grundschule als sperriger Unterrichtsstoff, dessen Vermittlung häufig nur mäßig erfolgreich scheint. Großer Zeitdruck bei der Behandlung einzelner Themen, die bisherige Orientierung an Ergebnissen und nicht an Suchprozessen sowie die zu starke Fixierung auf die Bearbeitung von Fehlern in Texten tragen wirkungsvoll zu bestehenden Klischees („Grammatik ist trocken und langweilig.“) bei. Eine große Herausforderung für den Lehrkörper ist die Vereinbarung der traditionellen vorgeschriebenen Inhalte der Grundschulgrammatik mit den didaktischen Anforderungen eines handelnd- entdeckenden Unterrichts.
Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch, die traditionellen Inhalte des Grammatikunterrichts zu vermitteln sowie das Kriterium eines schüleraktiven Unterrichts zu erfüllen.
Ich habe mich zu der Aufbereitung des Themenfeldes „Verb: Kategorien und Formen“ in der 2. Klasse einer Grundschule entschieden, da die Verben das eigentliche Zentrum des Satzes präsentieren: Zu unrecht in vielen Grundschulen als „Tuwort“ bezeichnet, drücken sie nicht nur Handlungen aus, sondern ebenfalls Vorgänge bzw. Zustände.[1] Sie geben Hinweise auf die Zeit und bestimmen in großem Maße über die anderen Wörter im Satz mit: Welche Wörter sind nötig? Welche können noch hinzutreten? Welche flektierte Form muss benutzt werden?[2]
Bsp.: Wer schenkt wem was?
Diese Fähigkeit eines Verbs, seine syntaktische Umgebung vorzustrukturieren, indem es Satzgliedern Bedingungen bezüglich ihres Vorkommens und ihrer grammatischen Eigenschaften auferlegt, wird als „Valenz“ bezeichnet.[3]
1.2 Der Themenbereich „Verb“ in einer Sachdarstellung
1.2.1 Semantische Klassifikation des Verbs
Eine traditionelle Einteilung der Verben besteht darin, „Handlungsverben“, „Vorgangsverben“ und „Zustandsverben“ voneinander zu unterscheiden:
Handlungsverben:
Handlungsverben dienen dazu, die (intentionale) Handlung des Subjekts zu bezeichnen. Sie implizieren stets ein Agens (handelndes, Veränderung vollziehendes Subjekt) (ich esse, du läufst, er spricht). Oft sind die beschriebenen Tätigkeiten auf ein Ziel gerichtet. Somit müssen diese Ziele als vom Verb abhängige Objekte in den Satz eingebaut werden (Ich esse einen Apfel.). Handlungsverben gelten als prototypische Verben.[4] Ein Zeichen dafür findet man bereits in der Grundschule: Die Verben werden oft mit dem Begriff „Tu-Wort“ eingeführt, welcher lediglich die Dimension des Handelns sprachlich umschreibt.
Vorgangsverben:
Diese Verben bezeichnen einen Vorgang bzw. Prozess, der sich an einem Subjekt vollzieht und keine selbstständige Handlung. Deswegen sind Vorgangsverben im Normalfall nicht auf ein Ziel gerichtet und damit auch objektlos. Beispiele für Vorgangsverben sind wachsen, sterben, reifen oder rosten.
Zustandsverben:
Während die ersten beiden beschriebenen Gruppen Verben bezeichnen, die eine Veränderung hervorrufen (entweder intentional oder am Subjekt vollzogen), drücken Zustandsverben lediglich den momentan stabilen Zustand eines Objektes aus. Beispiele hierfür sind die Verben stehen, liegen, sitzen, sein oder bleiben.[5]
1.2.2 Funktionsklassen des Verbs
Nach ihrer syntaktischen Funktion kann man die Verben des Deutschen in folgende Gruppen einteilen: Vollverben, Hilfsverben, Kopulaverben, Modalverben, modifizierende Verben sowie Funktionsverben.[6]
Vollverben = Verben, welche eine fest umrissene Bedeutung haben. Sie sind für sich allein Valenzträger und können in einem Satz alleine das Prädikat bilden (Er leidet. Sie mauert.)[7]
Hilfsverben (Auxiliarverben)= Verben, die zur Bildung von zusammengesetzten Verbformen dienen. So tragen die Verben haben, sein und werden zur Bildung von Tempusformen bei (Sie haben gelacht.), während das Verb werden in der Form des Konjunktiv Imperfekts (würde, würdest, würden, würdet) in Verbindung mit einem Infinitiv u.a. zur Bildung von Ersatzformen des Konjunktiv II gebraucht wird (Ich würde ja kommen.). Als letzte Form können die Verben werden, sein (sowie bekommen, erhalten, kriegen, gehören) in Verbindung mit dem Partizip II zur Bildung von Passivformen genutzt werden (Alle Plätze wurden besetzt. Er bekam den Kuchen gebracht.)[8]
Kopulaverben= Verben wie sein, werden, bleiben, die im Satz mit einem Prädikativum (Prädikatszusatz) verbunden werden und so das Prädikat eines Satzes bilden (Er ist krank. Sie wird Mauer.)[9]
Modalverben = Die Verben brauchen, dürfen, können, möchte (ohne Infinitiv), mögen müssen, sollen, wollen, sofern sie in Kombination mit einem Vollverb im Infinitiv auftreten (Er muss nach Paris fahren. Er soll arbeiten.)[10]
Modifizierende Verben= Verben wie drohen, haben, lassen, die den Modalverben semantisch sehr nahe stehen und ebenfalls in Kombination mit einem Vollverb im Infinitiv auftreten.[11]
Funktionsverben = Verben wie bringen, finden, stehen, die im Satz nicht alleine stehen können, sondern mit Substantivphrasen oder Präpositionalphrasen als Erweiterungen kombiniert werden müssen, um den Sinn des Satzes zu deuten. Anders als die gleich klingenden Vollverben haben sie nahezu keine eigene lexikalische Bedeutung (Er bringt die Oper zur Aufführung. Das Buch fand Beachtung.)[12]
1.2.3 Konjugation des Verbs
Verben können flektiert werden, ihre Flexion nennt man Konjugation. Sie werden nach fünf verschiedenen grammatischen Kategorien[13] verändert:
a) nach der Person: ich arbeite- du arbeitest- er /sie /es arbeitet (1. ,2. ,3. Person )
Es wird zunächst zwischen den Personen unterschieden, die an einem Gespräch teilnehmen (ich, du) und denen, die nicht daran teilnehmen (er, sie, es) können.
b) nach dem Numerus: ich arbeite/ wir arbeiten- du arbeitest/ ihr arbeitet/- er/ sie/ es arbeitet/ sie arbeiten (Singular und Plural)
Der Numerus drückt die Anzahl aus. Im Deutschen gibt es den Singular (Einzahl), sowie den Plural (Mehrzahl).
c) nach dem Tempus: du arbeitest/ du arbeitetest/ du hast gearbeitet etc. (Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und II)
Es können sechs Zeitformen gebildet werden. Dabei sind zu unterscheiden: schwache Verben mit regelmäßigen Verbformen, starke mit wortspezifischen Formen und unregelmäßige, die teils regelmäßige, teils abweichende Formen aufweisen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Übersicht über die Formen des Verbs (Quelle: Bartnitzky 2005; S. 105)
Allerdings sind die Tempusformen nicht immer mit der entsprechenden Zeitstufe (Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft) gleichzusetzen. Insbesondere die Zeitstufe Zukunft wird sprachlich oft durch andere Mittel realisiert als mit der entsprechenden Verbform Futur.[14]
d) nach dem Modus: komm!- wir kommen- wir kämen- wir würden kommen (Imperativ, Indikativ, Konjunktiv)
Der Modus bestimmt die Aussageweise des Verbs. Ist das Geschehen wirklich (Indikativ), ein Befehl (Imperativ) oder eine Wunschvorstellung bzw. Möglichkeit (Konjunktiv)?
e) nach dem Genus Verbi: sie sehen- sie werden gesehen (Aktiv- Passiv)
Die sechs Zeitformen können bei vielen Verben im Genus Aktiv oder Passiv stehen.
In einigen Fällen (Passiv, Tempus, Modus) werden für die Konjugation auch Hilfsverben verwendet.
Finite und infinite Verbformen
Bei den Formen des Verbs unterscheidet man zwischen finiten (lat.: finitum: abgeschlossen, begrenzt) und infiniten (unbegrenzten) Formen. Die konjugierten Verbformen, welche nach den oberen Kriterien bestimmt worden sind, nennt man finite Verbformen (er geht, ich schreibe, sie laufen etc.). Infinite Verbformen sind im Deutschen nur nach Tempus und Genus Verbi bestimmt. Hierzu zählen folgende Verbformen: Infinitive, Partizipien, Gerundivum.[15]
2. Unterrichtsvorschlag für die 2. Klasse einer Grundschule zum Thema „Verben“- Die Wörtermaschine
Die so genannte „Wörtermaschine“ hat sich als Dauerarbeitsmittel fest in der Grundschule etabliert. Für die Herstellung ist folgendes zu beachten:
Man benötigt:
- Material für einen festen Deckel (am besten laminierter Karton oder Moosgummiplatten)
- Papier
- Laminiergerät
- Tacker
-Holzspieße
Zunächst fertigt man den Deckel nach folgendem Schnittmuster an:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Alle gestrichelten Linien werden mit dem Cuttermesser eingeschnitten. Nun besteht die Möglichkeit, drei laminierte Papierstreifen von hinten durch die unteren eingeschnittenen Linien nach vorne zu schieben. Danach werden die Streifen durch die jeweils obere eingeschnittene Linie wieder nach hinten geführt. Somit können die Streifen durch den Deckel durchgezogen werden. Es ist immer nur eine Zeile pro Streifen sichtbar. Der erste Streifen enthält untereinander geschriebene Pronomen, der zweite Streifen enthält Verbstämme. Zum Schluss benötigt man einen Materialstreifen, welcher die möglichen Suffixe bzw. Flexionsänderungen beinhaltet. Die Kinder können nun durch einfaches Verschieben der Streifen verschiedene Kombinationen ausprobieren. Somit bleibt den Kindern viel Freiraum, selbstständig zu experimentieren. In der Praxis hat es sich gut bewährt, die laminierten Streifen zusätzlich mit Holzstäbchen, die man hinten anklebt, zu fixieren. So können die Kinder die Streifen einfacher hoch- und runterschieben. Zusätzliche Stabilität erhält die Wörtermaschine, wenn man eine zweite Moosgummiplatte bzw. Karton hinten an die Maschine tackert. Dieses Material eignet sich meiner Meinung nach gut, um die verschiedenen Flexionsformen der Verben zu besprechen.
[...]
[1] Vgl. (Habermann, Diewald, & Thurmair, 2009, S. 12)
[2] Vgl. (Bartnitzky, 2005, S. 104)
[3] Vgl. (Kürschner, 2005, S. 81)
[4] Vgl. (Hentschel & Weydt, 2003, S. 36)
[5] Vgl. (Hentschel & Weydt, 2003, S. 37)
[6] Vgl. (Hentschel & Weydt, 2003, S. 70)
[7] Vgl. (Kürschner, 2005, S. 85)
[8] Vgl. (Kürschner, 2005, S. 90f.)
[9] Vgl. (Kürschner, 2005, S. 85)
[10] Vgl.(Kürschner, 2005, S. 89)
[11] Vgl.(Kürschner, 2005, S. 89); (Hentschel & Weydt, 2003, S. 82)
[12] Vgl.(Kürschner, 2005, S. 88)
[13] Vgl.(Habermann, Diewald, & Thurmair, 2009, S. 13)
[14] Vgl. (Bartnitzky, 2005, S. 105)
[15] Vgl. (Hentschel & Weydt, 2003, S. 92)