Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. William S. Vickrey - Kurzbiografie
2. James A. Mirrlees - Kurzbiografie
3. Informationsökonomik und Asymmetrische Informationen
4. William Vickrey und die Auktionstheorie
4.1 Auktionsformen
4.1.1 Englische versus holländische Auktion
4.1.2 Offene versus verdeckte Auktion
4.1.3 Erstpreis- versus Zweitpreisauktion
4.2 Anreize und Bietstrategien bei asymmetrischen Informationen
4.2.1 Optimales Gebot
4.2.2 Optimale Auktionsform
4.3 Würdigung von William Spencer Vickrey
5. James Mirrlees und die Optimalsteuertheorie
5.1 Das Steuermodell nach Ramsey
5.2 Mirrlees’ Lösung des „Optimal Income Taxation Problem“
5.3 Würdigung von James Alexander Mirrlees
Anhang: Zusatzlast der Besteuerung
Literaturverzeichnis
1 William S. Vickrey - Kurzbiografie
William Spencer Vickrey wurde 1914 in Kanada geboren. Er besuchte Schulen in Europa und den USA. Sein Studium absolvierte er in Yale, wo er 1935 seinen Bachelor of Science in Mathematik machte, und an der Columbia University in New York, an welcher er 1937 seinen Master of Science erhielt. Anschließend arbeitete Vickrey als Steuerberater, für das “National Resources Planning Board“ in Washington und für die Steuer-Abteilung des US Finanzministeriums. Mit der Arbeit „Agenda for Progressive Taxation“ promovierte er 1947 an der Columbia University, wo er von diesem Zeitpunkt an als Lehrkraft arbeitete. Von seiner Habilitation 1958 bis zu seinem Tod 1996 hatte er einen Lehrstuhl an der Columbia inne. Vickrey forschte an einem Preissystem für die öffentlichen Verkehrsmittel in New York City und war Mitglied der „Shoup Mission“, die ein Programm für die Restrukturierung des japanischen Steuersystems entwickelte. Ausserdem war er als Berater in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Europa und für die Vereinten Nationen tätig. Der Nobelpreis wurde ihm posthum verliehen, da er im Zeitraum zwischen Bekanntgabe der Preisträger und Verleihung der Preise im Alter von 82 Jahren verstarb. (vgl. Frängsmyr, 1997a)
2 James A. Mirrlees - Kurzbiografie
James Alexander Mirrlees wurde 1936 in Schottland geboren. Im Alter von 21 Jahren schloss er sein Studium an der Edinburgh University mit einem Master in „Mathematics and Natural Philosophy“ ab. Mit dem Thema „Optimum Accumulation Under Uncertainty“ promovierte er 1962 an der Cambridge University, wo er anschließend, von 1963 bis 1968, als Ökonom forschte und lehrte. In den Jahren 1962/63 war er Berater am Center for International Studies des Massachusetts Institute of Technologies (MIT) in Neu Delhi. 1968 wechselte Mirrlees an die University of Oxford, wo er bis 1995 die Professur für Ökonomie begleitete. 1995 zog es den Ausnahmeökonomen zurück an die University of Cambridge, an der er seit dem Professor für „Political Economy“ ist. Mehrere Gastprofessuren an den renommiertesten Universitäten der Welt, wie dem MIT in Boston oder der Yale University, zeigen die Klasse des Nobelpreisträgers. Neben Büchern zur Projektevaluierung und zu Modellen ökonomischen Wachstums, veröffentlichte Mirrlees zahllose Artikel und Beiträge. (vgl. Frängsmyr, 1997b, c)
3 Informationsökonomik und Asymmetrische Informationen
Die Informationsökonomik ist ein Zweig der mikroökonomischen Theorie der Volkswirtschaftslehre, der sich mit der Analyse von Märkten bei Unsicherheit und asymmetrischen Informationen befasst. Anders als in den Modellen der neoklassischen Markttheorie wird unterstellt, dass die Marktteilnehmer weder vollkommene Voraussicht über die Zukunft noch vollkommene Informationen über den Markt haben. Sie handeln unter Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Umweltzustände (Ereignisunsicherheit) und unter Unsicherheit über die für die eigenen Dispositionen relevanten Marktdaten (Marktunsicherheit).
Asymmetrische Information bezeichnet den Zustand, in dem zwei Vertragsparteien bei Abschluss eines Vertrages nicht über dieselben Informationen verfügen. Man unterscheidet drei Formen von Informationsasymmetrien: Hidden characteristics, hidden action und hidden information.
Bei hidden characteristics (versteckte Eigenschaften) fehlen dem Akteur ex-ante (vor Vertragsabschluss) Informationen über die Eigenschaften potenzieller Transaktionspartner bzw. über das von Ihnen angebotene Gut. Zum Beispiel ist ein Auktionsteilnehmer nicht informiert über die Zahlungsbereitschaften der anderen Bieter oder die wahre Qualität des Auktionsgutes.
Bei hidden action (versteckte Handlung) fehlen dem Akteur ex-post (nach Vertragsabschluss) Informationen über das Verhalten seines Transaktionspartners; beispielsweise dem Arbeitgeber bezüglich des Verhaltens seines Angestellten.
Bei hidden information (versteckte Information) fehlen einem Akteur ex-post Informationen zur Einschätzung der Leistung seines Vertragspartners. Ein Patient kann zum Beispiel nicht beurteilen, ob die Beschwerden auch ohne die Behandlung durch den Arzt verschwunden wären.
4 William Vickrey und die Auktionstheorie
Ein Teilgebiet der Informationsökonomie widmet sich der Erforschung von Preisbildungsmechanismen unter asymmetrischer Information, wobei insbesondere Auktionen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Vickrey leistete auf diesem Gebiet, unter anderem mit seinem Artikel „Counterspeculations, Auctions and Competitive Sealed Tenders“, Pionierarbeit. (vgl. Moldovanu, 1996, S. 4)
Eine Auktion ist eine Marktsituation, bei der durch das Abgeben von Geboten nach festgelegten Regeln sowohl Preise ermittelt als auch die Güterallokationen festgelegt werden. Von organisierten Marktveranstaltungen anderer Art unterscheidet sich die Auktion insbesondere hinsichtlich der Methode, nach der sich die Preisbildung vollzieht und der Kaufabschluss zustande kommt. Über eine Intensivierung des Wettbewerbs durch zeitliche und räumliche Marktverdichtung und ein geeignetes Bietverfahren soll für das angebotene oder ausgeschriebene Gut, das so genannte „Los“, unter den Auktionsteilnehmern der Meistbietende ermittelt werden, der dann den Zuschlag erhält, durch den der Kaufvertrag zustande kommt. Zu Beginn einer Auktion kennt keiner der Beteiligten die Zahlungsbereitschaften der anderen Teilnehmer. Da durch die abgegebenen Gebote Informationen offenbart werden, die die Ressourcenallokation beeinflussen, formulieren die Bieter ihre Gebote auf Basis strategischer Überlegungen.
Die Auktionstheorie hat zwei Hauptströmungen: Ein großer Teil der Literatur beschäftigt sich mit der Frage, wie die Auktionsteilnehmer in verschiedenen Auktionsformen und Situationen bieten. Die zweite Strömung untersucht Fragen wie „Bei welcher Auktionsform und unter welchen Umständen ist die Allokation effizient?“, „Bei welcher Auktionsform kann der Verkäufer den höchsten Preis erzielen?“ Beide Strömungen gehen auf Vickrey zurück. (vgl. Moldovanu, 1996, S. 3)
4.1 Auktionsformen
Betrachten wir zunächst einige bekannte Auktionsformen:
4.1.1 Englische versus holländische Auktion
Die häufigste Form der Versteigerung ist die englische Auktion; dabei wird der Preis sukzessiv erhöht bis nur noch ein Bieter übrig bleibt, der bereit ist, den aktuellen Preis zu zahlen; er bekommt den Zuschlag und bezahlt den Preis in Höhe seines letzten Gebotes. Bei einer holländischen Auktion dagegen nennt der Auktionator zunächst einen relativ hohen Startpreis, der dann immer weiter gesenkt wird, bis ein Käufer bereit ist, das Gut zum aktuellen Preis zu kaufen. Dieser Preis entspricht dann seinem Gebot und dem Preis, den er zahlen muss. (vgl. Bös, 2000, S. 976 f.)
4.1.2 Offene versus verdeckte Auktion
Die englische und die holländische Auktion sind offene Auktionen. Die Gebote werden öffentlich abgegeben und sind somit allen Auktionsteilnehmern bekannt. Bei öffentlichen Ausschreibungen hingegen bedient man sich meist versiegelter Angebote, d.h. die Bieter reichen ihre Gebote in geschlossenen Umschlägen ein. Das Auktionsobjekt wird dann demjenigen zugesprochen, der das höchste Gebot eingereicht hat. Wenn die Gebote die Kosten einer Leistung enthalten, erhält der Bieter mit dem niedrigsten Gebot den Zuschlag. (vgl. Moldovanu, 1996, S. 4)
4.1.3 Erstpreis- versus Zweitpreisauktion
In einer Erstpreisauktion mit versiegelten Geboten muss der Höchstbietende einen Preis in Höhe seines eigenen Gebotes zahlen; unabhängig von den anderen Geboten. In einer Zweitpreisauktion erhält ebenfalls der Meistbietende den Zuschlag; der Preis, den er zahlen muss, entspricht aber nur dem zweithöchsten Gebot. Diese, scheinbar seltsame Versteigerungsart, die auch „Vickrey-Auktion“ genannt wird, hat einzigartige Eigenschaften. Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass ein Verkäufer immer die Erstpreisauktion bevorzugen sollte, weil der Verkaufserlös, den er erhält, höher ist, als bei der Zweitpreisauktion, bei der er nur Einnahmen in Höhe des zweithöchsten Gebotes verzeichnen kann. Diese Sichtweise würde allerdings die verschiedenen strategischen Anreize vernachlässigen, die die zwei Varianten mit sich bringen. Auf diese möchte ich nun näher eingehen. (vgl. Moldovanu, 1996, S. 4)
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