Reparaturanfälligkeit von steg-, teleskop- und kugelkopfretinierten Implantat-Suprastrukturen bei der Versorgung zahnloser Unterkiefer - eine vergleichende Literaturstudie


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2011

28 Seiten


Leseprobe


Zusammenfassung

In einer Literaturrecherche wurden die Ergebnisse bei der Versorgung des Unterkiefers mit steg-, kugelkopf- und konuskronenretinierten Suprastrukturen auf Implantaten ausgewertet. Es wurden 35 klinische Studien ausgewertet, von denen 80 % der Evidenzstufe IIb und 20 % der Evidenzstufe IIIb entsprachen. Als Zielkriterium wurde das Retentionsvermögen gewählt.

Der Reparaturaufwand ist im Mittel am geringsten bei Stegen, gefolgt von Kugelköpfen und Konuskronen. Bei Stegen stellen die Aktivierung der Stegreiter und bei Kugelköpfen der Austausch der Matrizen häufige Maßnahmen dar, die unkompliziert und schnell durchgeführt werden können. Bei Konuskronen sind weniger häufig Reparaturen erforderlich. Allerdings ist eine Aktivierung bei Retentionsverlust nur durch vergleichsweise aufwändige Maßnahmen bis hin zur Neuanfertigung der Krone möglich, und es kommt gelegentlich zu einem Implantatbruch.

Insgesamt ist die Literaturdatenlage als nicht zufriedenstellend zu bezeichnen. Es fehlen – besonders für Konuskronen – Langzeitstudien mit größeren Fallzahlen und definierten Erfolgskriterien.

Schlüsselwörter: Steg – Kugelkopf – Konuskrone – Reparatur

Einleitung

An Suprakonstruktionen auf dentalen Implantaten werden zahlreiche Forderungen gestellt: die exakte Passung, die gleichbleibend ausreichende Haftung ohne Lösen der Verbindung während des Kauvorganges, geringe Pfeilerbelastung, Biokompatiblität, geringe Plaqueadhäsion, gute Ästhetik, geringe Kosten und – besonders im Hinblick auf (ältere) Menschen mit eingeschränkten manuellen Fertigkeiten – einfache Handhabbarkeit beim Ein- und Ausgliedern und leichte Zugänglichkeit für Hygienemaßnahmen [63; 64].

Um diese Forderungen zu erfüllen, kommt der Verankerung der Suprakonstruktionen besondere Bedeutung zu. Es wurden bewährte Konzepte aus der konventionellen Prothetik übernommen und für die Verwendung in der Implantologie modifiziert.

Ein Verankerungselement zwischen Prothese und dentalem Implantat soll aus implantologischer Sicht zahlreiche Funktionen übernehmen [13; 57]: Retentions- oder Haltefunktion, Stütz- und Kraftverteilungsfunktion, Verblockungs- oder Schubverteilungsfunktion, Führungsfunktion sowie Kippmeiderfunktion.

Bei Betrachtung dieses umfangreichen Katalogs an Anforderungen erscheint es unwahrscheinlich, dass ein einziges Verankerungselement alle Bedingungen gleich gut erfüllen kann, zumal sich die verschiedenen Systeme deutlich in ihrer Grundkonzeption und ihren Eigenschaften unterscheiden. Daher sollen die Varianten Steg, Kugelkopf und Teleskope hier verglichen werden.

Bei Stegattachments erfolgt die Verankerung der Deckprothesen mit Hilfe von Steg-Reiter-Kombinationen auf den Implantaten, d. h. die Stege als Patrize gewährleisten eine Verbindung über Stegreitermatrizen.

Man kann nach ihrer Querschnittsform runde, ovale und parallelwandige Stege voneinander unterscheiden. Runde – und in geringerem Maße auch ovale – Stege ermöglichen in Zusammenhang mit ihren Stegreitern eine Rotation um die Stegachse, so dass eine gute Stabilität gewährleistet ist und der Kaudruck direkt auf den Kieferkamm übertragen wird. Parallelwandige Stege lassen dagegen keine Rotation zu und werden daher gewählt, wenn die Implantate eng nebeneinander stehen oder wenn rein implantatgetragene Suprakonstruktionen erwünscht sind [53; 55]. Im Vergleich mit anderen Attachmentsystemen ist nur mit Stegkonstruktionen die Möglichkeit der primären Verblockung der Implantate gegeben. Wenngleicheine solche Verblockung aus Gründen der Stabilität erwünscht sein kann, so entstehen hierdurch jedoch einerseits bereits bei Eingliederung der Prothese Spannungen im periimplantären Knochen und Belastungen der Mukosa auf der Arbeitsseite [29]. Andererseits ist es als positiv zu werten, dass vertikal einwirkende Kräfte gleichmäßiger auf die Implantate verteilt werden [22].

Im Gegensatz zu Stegen ermöglichen Kugelkopfsysteme keine primäre Verblockung, sondern sie werden sekundär durch die Implantate abgestützt. Die primäre Verblockung wird allerdings bei Unterkieferversorgungen nicht als unbedingt notwendig angesehen [38;39]. Das Kugelkopfattachment wird den beweglichen Verankerungen zugeordnet, da es Rotationsbewegungen der Prothese in eine oder mehrere Richtungen und/oder vertikale Translationsbewegungen zulässt. Durch die bewegliche Verbindung wird der Hebelarm der am Implantat angreifenden Kippkräfte verkürzt. Die Implantate müssen immer senkrecht zur Okklusalebene stehen, um eine axiale Belastung des implantats zu gewährleisten. Eine präziseOkklusionsgestaltung – balancierte Okklusion mit freedom-in-centric sowie eine optimale Gestaltung der Prothesenbasis beeinflussen ebenfalls die Stabilität der Prothese und die Verteilung der Kaukräfte [66].

Kugelkopfattachments bestehen wie Stege aus einer Patrize, dem eigentlichen Kugelkopf, und einer Matrize, die den Kugelkopf umschließt. Die früher übliche Verwendung von Gummringen („O-Ringe“) oder Kunststoffstoppern als Retentionselemente hat sich nicht bewährt [55]. Stattdessen werden moderne Matrizen aus Metall hergestellt und sind damit ausreichend stabil. Aus dem gleichen Grund werden heute große Durchmesser von etwa 3 mm verwendet. Wegen der fehlenden Verblockung ist es zweckmäßig, Kugelkopfattachments bei Prothesen auf mindestens drei Implantaten zu verwenden, um durch mehr als zwei Verankerungspunkte zu mehr Stabilität der Prothese zu gelangen [38; 39].

In der klassischen Prothetik werden Teleskopkronen („Doppelkronen“) als Verankerungselement häufig verwendet. Aus der großflächigen Umfassung der Krone mit einer Sekundärkonstruktion, d. h. durch ein Verklemmen von Außen- und Innenkrone, ergibt sich ein starker Halt [48]. Die Retentionskraft von Konuskronen wird dabei von dem Konuswinkel, der Anpresskraft, der Legierung und der Oberflächenrauigkeit beeinflusst [36].

Material und Methoden

Im Rahmen der Literaturrecherche in der medizinischen Datenbank PubMed (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez) wurden bis Oktober 2007 klinische Studien zum Vergleich der drei Suprastrukturen Kugelkopfattachment, Teleskop und Steg im zahnlosen Unterkiefer gesucht.

Zunächst wurde eine Schlagwortsuche mit Hilfe der Medical Subject Headings (MeSH) mit folgenden Ergebnissen durchgeführt:

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] – 562 Quellen

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] 143 Quellen

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND "Clinical Trial "[Publication Type] 48 Quellen

Da für die einzelnen Attachmentsysteme keine eigenen MeSH-Schlagworte vorhanden sind, wurde die MeSH-Suche mit Freitext-Suchwörtern kombiniert:

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND "Clinical Trial "[Publication Type] AND bar – 19 Quellen

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND "Clinical Trial "[Publication Type] AND ball – 11 Quellen

"Jaw, Edentulous"[Mesh] AND "Mandible"[Mesh] AND "Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND "Clinical Trial "[Publication Type] AND telescopic crown – 0 Quellen

Um auch Quellen zu erfassen, die nicht explizit durch die Schlagwortkennzeichnung dem zahnlosen Unterkiefer zugeordnet werden, sich aber dennoch hiermit befassen, wurde ergänzend eine Suche mit folgenden Suchkriterien durchgeführt:

"Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] - 691 Quellen

"Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND bar 173 Quellen

"Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND ball 60 Quellen

"Dental Implants"[Mesh] AND "Denture, Overlay"[Mesh] AND telescopic crown 6 Quellen

Anhand der Abstracts wurde eine Vorauswahl nach bestimmten Ein- und Ausschlusskriterien getroffen:

Einschlusskriterien:

Therapiestudie zur Versorgung zahnloser Unterkiefer mit steg-, kugelkopf- oder teleskopretinierten Implantat-Suprastrukturen

Klinische Studie

Untersuchung an lebenden Menschen

Nennung der Fragestellung und der Methodik

Abgeschlossene Studie

Ausschlusskriterien:

Therapiestudie über die prothetische Versorgung des Oberkiefers

Einzelzahnimplantate

Fallbeschreibungen

Bei der Auswertung wurden (wenn möglich) Zahlenangaben zu einzelnen Kriterien – getrennt nach Art des Retentionssystems – einander gegenübergestellt und aus Gründen der Vergleichbarkeit die Patientenzahlen, die Zahl der Implantate und die Beobachtungsdauer berücksichtigt.

Zur Beurteilung der Evidenz der klinischen Studien wurden die Kategorisierung „Levels of Evidence“ des „Oxford Centre for Evidence Based Medicine“ zugrundegelegt [52].

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Reparaturanfälligkeit von steg-, teleskop- und kugelkopfretinierten Implantat-Suprastrukturen bei der Versorgung zahnloser Unterkiefer - eine vergleichende Literaturstudie
Autor
Jahr
2011
Seiten
28
Katalognummer
V183075
ISBN (eBook)
9783656077022
ISBN (Buch)
9783656077077
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
reparaturanfälligkeit, implantat-suprastrukturen, versorgung, unterkiefer, literaturstudie
Arbeit zitieren
Thomas Lux (Autor:in), 2011, Reparaturanfälligkeit von steg-, teleskop- und kugelkopfretinierten Implantat-Suprastrukturen bei der Versorgung zahnloser Unterkiefer - eine vergleichende Literaturstudie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183075

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